Ger (Wurfspieß)

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Nach archäologischen Funden waren die Eisenspitzen der Germanenspieße zwischen 20 und 28 cm lang.

Das Ger (Pl. Gere) oder die Frame bzw. latinisiert Framĕa ist ein germanischer Wurf- und Kampfspieß, die Standardwaffe der Krieger Germaniens. Der Ger/die Frame (je nach Machart und Vorliebe zwischen 1,20 und 1,60 m) löste dabei um die Zeitenwende die 2 bis 3 m lange Stoßlanze ab, da sich die kürzere und leichtere Frame gleichermaßen gut für den Nah- wie für den Fernkampf eignete und einen größeren taktischen Spielraum bot.

Ger oder Frame

Germanische Sonnenwendfeier in der späten Bronzezeit (protogermanischen, frühgermanischen Ära, ca. 1000 v. d. Z.), mutmaßlich auf dem Questenberg (Vorläufer des Questenfests). Hier benutzten die Altgermanen noch die lange Stoßlanze.

Ob von den Germanen der Begriff Ger oder Frame verwendet wurde, bleibt Streitpunkt der Historiker und Sprachwissenschaftler. Gut möglich erscheint die Theorie, daß die Germanen durchgehend Frame als Bezeichnung verwendet haben, ob für die lange Stoßlanze oder für das spätere kurze Ger, bis am Ende der Antike allmählich das Schwert als Nahkampfwaffe, die lange Lanze als Abwehrwaffe gegen die zunehmende Reiterei und die schon im 1. Jahrhundert von Germanen gebauten, aber zunächst für die Schlacht als ehrlos verachteten Kurz- und Langbogen[1] als Fernwaffe Einzug fanden.

Laut Meyers Konversations-Lexikon war der Ausdruck Ger noch 1905 in der Turnkunst (Gerwerfen nach dem Zielpfahl mit Pfahlkopf) gebräuchlich. Ger als Bestandteil befindet sich auch in zahlreichen germanischen und althochdeutschen Namen.

Etymologie

Die Volksbezeichnung „Germanen“ leitet sich von „Ger-Männer“ her (römisch: manus – Hand).

Waffenkunde und Wertigkeit

Als verhältnismäßig leichter Speer mit einer knappen und kurzen, aber sehr scharfen Eisenspitze wird die Frame von Tacitus bezeichnet, ebenso, daß sie die am häufigsten geführte Waffe der Germanen sei. Dokumentarisch gesichert hat er sogar den germanischen Namen registriert: Frame. Die Frame werde sowohl vom Fußvolk als auch von der Reiterei verwendet. Schwerter und schwere Lanzen oder Spieße würden, so berichtet er in Kapitel 6, auch wegen des hohen Preises von Eisen, nur von wenigen getragen:

Auch an Eisen ist kein Überfluß, wie die Art der Bewaffnung zeigt. Nur wenige haben ein Schwert oder eine größere Lanze. Sie tragen Speere oder, wie sie selbst sagen, Framen, mit schmaler und kurzer Eisenspitze, die jedoch so scharf und handlich ist, daß sie dieselbe Waffe je nach Bedarf für den Nah- oder Fernkampf verwenden können. Selbst der Reiter begnügt sich mit Schild und Frame; die Fußsoldaten werfen auch kleine Spieße, jeder mehrere, und sie schleudern sie ungeheuer weit: sie sind halb nackt oder tragen nur einen leichten Umhang. Prunken mit Waffenschmuck ist ihnen fremd; nur die Schilde bemalen sie mit auffallenden Farben. Wenige haben einen Panzer, kaum der eine oder andere einen Helm oder eine Lederkappe.

Das stimmt mit der Häufigkeit solcher Waffen im archäologischen Fundbestand gut überein. Von großer Relevanz ist der ebenfalls von Tacitus überlieferte Sachverhalt, daß man jene Framen sowohl als Wurfgeschoß als auch zum Fechten im Nahkampf einsetzte. Dies läßt sich bei Speerschäften, die in nordischen Moorfunden erhalten geblieben sind, anhand von Hiebmarken nachvollziehen.[2]

Unter den Germanen war die Frame neben dem Schild das wichtigste Statussymbol des freien Mannes, das bei öffentlichen Beratungen wie auch bei Zechgelagen stets mitgeführt wurde, auch während des Things und der Hochzeitsfeierlichkeiten, wie Tacitus im 11. und 18. Kapitel seiner Germania berichtete:

Sobald es der Menge beliebt, nimmt man Platz, und zwar in Waffen. Ruhe gebieten die Priester; sie haben jetzt auch das Recht zu strafen. Dann hört man den König an oder die Stammeshäupter, jeweils nach dem Alter, nach dem Adel, nach dem Kriegsruhm, nach der Redegabe; hierbei kommt es mehr auf Überzeugungskraft an als auf Befehlsgewalt. Mißfällt ein Vorschlag, so weist man ihn durch Murren ab; findet er jedoch Beifall, so schlägt man die Framen aneinander. Das Lob mit den Waffen ist die ehrenvollste Art der Zustimmung. [...] Die Mitgift bringt nicht die Gattin dem Manne, sondern der Mann der Gattin. Eltern und Verwandte sind zugegen und prüfen die Gaben, und zwar Gaben, die nicht für die weibliche Eitelkeit und nicht zum Schmuck der Neuvermählten bestimmt sind, sondern Rinder und ein gezäumtes Roß und einen Schild mit Frame und Schwert. Für diese Gaben erhält der Mann die Gattin, die nun auch ihrerseits dem Manne eine Waffe schenkt. Das gilt ihnen als die stärkste Bindung, als geheime Weihe, als göttlicher Schutz der Ehe.

Geschichte der Lexika-Definitionen

  • Framea (Stecher), nannte Tacitus den vorn mit einer kurzen scharfen Eisenspitze versehenen Speer der alten Deutschen; man leitet das Wort vom altdeutsch. Brame, stechen (daher Bremse, Brombeere) ab. — Herders Conversations-Lexikon, Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 745–746
  • Framĕa, 1) (deutsche Ant.), Speer mit Eisenspitze, s. Deutschland (Ant.) C); 2) im Mittelalter Stockdegen, Dolch. — Pierer’s Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 454
  • Ger/Gēr, Wurfspieß der Deutschen. — Pierer’s Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 214
  • Framea, der Spieß der alten Germanen, ihre einzige Waffe, die Tacitus näher schildert: sie sei zugleich mörderisch und siegreich. Die Wehrhaftmachung geschieht durch Überreichung von Schild und Framea, die Framea begleitet den Mann in die Volksversammlung, Jünglinge führen zwischen Schwertern und gefällten Frameas den Kriegstanz aus, und Verlobte schenken sich gegenseitig die Framea. Geschildert wird die Waffe, Germania 6, als ein Spieß von schmalem und kurzem Eisen, aber so scharf und brauchbar, daß sie mit derselben Waffe, wie es die Umstände erfordern, in der Nähe sowohl als aus der Ferne streiten können; ihre Klinge steht also im Gegensatze zu der der römischen Lanze, welche die Gestalt, eines Weidenblattes hatte. Die verbreitete Annahme, daß die Framea eine zur Lanzenspitze umgearbeitete Axt, vorn mit breiter Schneide sei, wird von Lindenschmit (Lindenschmit, Handb. I, 163; Jähns, 406.) durchaus zurückgewiesen. Von framea, dessen etymol. Ursprung mit Sicherheit nicht erkannt worden ist, sind abgeleitet das angelsächsische franca und weiter francisca, wahrscheinlich auch Franco, der Franke. — Reallexicon der Deutschen Altertümer, Leipzig 1885, S. 209
  • Framěa (lat., im Altdeutschen brame, Stachel, von bremen, stechen, woraus Bremse und Brombeere), der von Tacitus als Nationalwaffe der alten Deutschen beschriebene Speer mit schmalem, kurzem Eisen. — Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 816
  • Ger, der Wurfspieß der alten Deutschen; neuerdings als Turngerät ein 2–3,5 m langer Wurfstab. — Brockhaus’ Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1, Leipzig 1911, S. 667

Fußnoten

  1. Im Stuttgarter Psalter (einer karolingischen Bilderhandschrift um 830 n. d. Z.) werden Kampfszenen mit Pfeil und Bogen zwischen Awaren und Franken gezeigt.
  2. Germanen: Unterwegs zu höherer Zivilisation