Groß Olkowitz
Staat: | Deutsches Reich |
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Gau: | Niederdonau |
Einwohner (1930): | 1277 |
Höhe: | 199 m ü. NN |
Koordinaten: | 48° 54′ 7″ N, 16° 14′ 54″ O |
Groß Olkowitz befindet sich seit 1945 unter Fremdherrschaft. Das Gebiet ist von der Tschechei vorübergehend besetzt, die einheimische Bevölkerung wurde vertrieben oder ermordet und deren Eigentum gestohlen.
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Groß Olkowitz ist ein deutscher Ort in Südmähren, Sudetenland, südwestlich von Mißlitz gelegen. Nachbarorte sind Teßwitz im Südwesten und Wainitz im Nordwesten. Im Norden liegt Hosterlitz und im Westen Proßmeritz.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Mittelalter
Groß Olkowitz wurde erstmals 1199 urkundlich erwähnt. Bereits 1201 wurde eine Kirche genannt und 1220 die Pfarrei, womit diese nachweislich eine der ältesten Pfarreien des Landes ist. Der Name des Ortes durchlief verschiedene Änderungen auf den erhaltenen Urkunden: 1190 „Oleczovicz“, 1363 „Olokowitz“, 1529 „Groß Alexovitz“ und 1672 „Olkowitz“. Seit dem 18. Jahrhundert war „Groß Olkowitz“ gebräuchlich.
Bereits am 10. April 1336 erfolgte die Markterhebung sowie ein halbes Jahr später der Erhalt der Gerichtsbarkeit durch König Johann von Böhmen. Von dieser Gerichtsbarkeit zeugten bis zur Entfernung durch die „tschecho-slowakische“ Verwaltung 1945 noch der Prangerstein und Faust mit Schwert an einer Hausecke am Marktplatz. 1338 wurde das Rathaus erbaut.
Neuzeit
In der Reformationszeit, zu Beginn des 16. Jahrhunderts, entstand die Glaubensgemeinschaft der Täufer, die auch in Groß Olkowitz Einfluß hatte. Noch heute steht der sogenannte Tempel (das Gebetshaus) links vom Friedhofseingang hinter der Kirche. Er wurde von der katholischen Pfarrei zu einem Beinhaus umfunktioniert. Durch das Einsetzen der Gegenreformation im Lauf des Dreißigjährigen Krieges wurden sie allerdings außer Landes verwiesen. Viele von ihnen zogen nach Siebenbürgen weiter.
Am 1. August 1606 bestätigte der deutsche Kaiser Rudolf II. (1551-1612) Marktrecht und Gerichtsbarkeit und bewilligte zwei Jahrmärkte. An jedem 29. Juni war der Bindermarkt, welcher am Binderplatz vor der Volksschule abgehalten wurde. Der zweite Jahrmarkt fand am Montag nach dem 15. August statt. Am 14., 15. und 16. August fand auch die Kirchweih des Ortes statt.
Im Dreißigjährigen Krieg wird Groß Olkowitz von schwedischen Truppen geplündert. Im Jahre 1692 kam Olkowitz an das Stift Klosterbruck. Das Kloster wurde unter Kaiser Joseph II. aufgelöst.
Danach entstand auf den Gründen des Karlhofes der Ortsteil Mausdorf, der von Häuslern der Herrschaft Lechwitz besiedelt wurde.
1855 forderten Pest und Cholera viele Opfer in den Dörfern. 1866, als preußische Truppen im preußisch-österreichischen Krieg den Ort besetzten, brach eine Choleraepidemie aus. Die Preußen verlangten eine Kriegskontribution. Wegen Zahlungsunfähigkeit mußten die Ortsbewohner Rinder abliefern. Später wurde der Schaden von der Regierung der Monarchie rückvergütet. Von dem Geld wurden Kreuzwegstationen für die Kirche gestaltet.
1895 bekam Groß Olkowitz ein Wasserreservoir um Überschwemmungen vorzubeugen. Grippe (bzw. die „Spanische Grippe“) und Ruhr forderten 1918 20 Todesopfer unter den Olkowitzern.
Der Erste Weltkrieg forderte einige Gefallene aus dem Ort, für die ein Kriegerdenkmal vor dem Pfarrhaus errichtet wurde. Dieses wurde 1945 von der tschechischen Besatzung zerstört.
Im Zuge der Bodenreform in der „Tschecho-Slowakei“ wurden zwischen 1921 und 1924 die Herrschaftsgüter aufgeteilt. Auf einem Grundstück wurde eine tschechischsprachige Schule gebaut. Nach der Angliederung an das nationalsozialistische Deutsche Reich 1938 wurde ein Teil dieser ehemaligen Herrschaftsgüter wiederum staatlich und später an einen niederösterreichischen Gutsbesitzer gegen Grund bei Tulln eingetauscht, da dort ein Flugplatz errichtet werden sollte. Der Zweite Weltkrieg forderte 106 Opfer unter den Einwohnern.
Vertreibung der deutschen Bevölkerung 1945/46
Ende Mai wurden von tschechischen „Revolutionsgardisten“ 13 Männer, bei denen eine Verbindung zur nationalsozialistischen Bewegung festgestellt worden war oder zumindest in dieser Hinsicht verdächtigt wurden, verhaftet und in Znaim interniert und mißhandelt. Die meisten anderen Männer wurden in den Keller des Klosters Mariahilf gesperrt und dort mißhandelt. Insgesamt starben dadurch vier Männer (einer erlag später seinen Verletzungen). Am 18. August 1945 wurde der Großteil der deutschen Einwohner vertrieben. Sie kamen unter Bewachung der tschechischen Milizen an die österreichische Grenze. Dort wurden sie abgewiesen und mußten zurück nach Znaim bzw. Gerstenfeld, von wo sie später nach in von den Westalliierten besetzte Teile Deutschlands weiter deportiert wurden. Vielen gelang jedoch vorher die Flucht über die österreichische Grenze. Nur 111 Personen durften in Groß Olkowitz bleiben. Von den Vertriebenen blieb ein Teil in Österreich während der andere Teil nach dem „Potsdamer Abkommen“ 1946 in andere Teile Deutschlands abgeschoben wurde.
Wirtschaft und Infrastruktur (vor der Vertreibung)
Landwirtschaft: Den größten Teil von der 2.058 ha großen Gemeindefläche nahm um 1900 Ackerland ein. Angebaut wurde hauptsächlich Getreide und Gemüse (vor allem Gurken). Daneben spielte auch der Weinbau mit 36 ha eine beachtliche Rolle. 114 ha entfielen auf Wald. Im Ort wurden um die vorletzte Jahrhundertwende ca. 600 Rinder und 230 Schweine gehalten (daneben 130 Pferde und Ziegen).
Gewerbe: Ziegelofen (bis 1920er Jahre), Gastwirte, Fleischer, Greissler, Tischler, Schmiede und Händler.
Einrichtungen: Postamt (1913), Armenhaus mit Notspital (1924), Telegraphenamt (1926), Elektrifizierung (1930), Volksschule (Neubauten 1760, 1829 und 1893/94, später erweitert), Freiwillige Feuerwehr (1894)
Einwohnerentwicklung
Volkszählung | Einwohner gesamt | Volkszugehörigkeit der Einwohner | ||
---|---|---|---|---|
Jahr | Deutsche | Tschechen | Andere | |
1880 | 1065 | 1045 | 19 | 1 |
1890 | 1081 | 1081 | 0 | 0 |
1900 | 1103 | 1074 | 29 | 0 |
1910 | 1177 | 1113 | 46 | 18 |
1921 | 1276 | 1192 | 54 | 30 |
1930 | 1277 | 1131 | 126 | 20 |
2010 | 689 | |||
2013 | 681 |
Kulturerbe
- Pfarrkirche „Mariae Himmelfahrt“: 1192 eingepfarrt beim Kloster Bruck. Die Kirche hat einen frühgotischen kreuzrippengewölbten Chor mit Dreiviertel-Schluss und Sessionsnische aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, ein dreischiffiges Langhaus aus der gleichen Zeit, im 16. Jahrhundert zur Hallenkirche umgebaut, ein Mittelschiff und nördliches Seitenschiff (netzrippengewölbt), ein südliches Seitenschiff (sternrippengewölbt), ein spätgotisches Tor um 1500, einen Hochaltarblatt von Joseph Winterhalter II. (zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts), Seitenaltäre des hl. Norbert und hl. Josef, eine frühklassizistische Kanzel um 1780 und ein Vesperbild um 1400.
- Pfarrhof: Zweigeschossig erbaut im 16. Jahrhundert, 1776 umgebaut.
- Rathaus: Ursprünglich von 1338, 1832 und 1925 umgebaut.
- Bildsäulen: Hl. Florian 16. Jahrhundert.; Johann von Nepomuk erste Hälfte des 18. Jahrhunderts; Hl. Dreifaltigkeit 1760, Martersäule von 1595
- Gebetshaus der Täufer: Viereckiger Bau, sehr niedrig, mit einem spitzen, rot angestrichenen Turm, welcher vierkantig zur Spitze oben endet. Auf der Spitze befindet sich ein ungefähr 2 m hoher eiserner Stab, auf welchem ein eisernes Sternchen angebracht ist. Dieses Gebäude wurde nach der Ausweisung der Täufer als „Baanaheis'l“ (Beinhaus) und zur Aufbewahrung der Geräte des Totengräbers benutzt.
Siegel
In einem Blütenkranz steht ein ovaler Barockschild mit einem Turm mit kreuzbestecktem Spitzdach und den Initialen P und R (?).
Bekannte, in Groß Olkowitz geborene Personen
- Martin Bauer (1833-1921), Dekan der Universität Wien und Hofkaplan
- Alois Springer (1935), Dirigent
Literatur
- A. Johann: Groß-Olkowitz — Heimatkunde 7. 1899
- Franz Zuckriegl: Heimatbuch der Marktgemeinde Groß-Olkowitz-Mausdorf. 1952