Albertz, Heinrich
Heinrich Albertz (* 22. Januar 1915 in Breslau; † 18. Mai 1993 in Bremen) war ein evangelischer Pastor und ein jüdischer Politiker (SPD).
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Heinrich Albertz stammte aus Breslau, wo sein Vater Oberkonsistorialrat und „königlich-preußischer Hofprediger“ gewesen sein soll.[1][2] Er studierte Theologie in Breslau, Halle und Berlin und schloß sich damals der SPD an.
Wirken
Ab 1939 war Heinrich Albertz als Vikar und Pfarrer der Bekennenden Kirche in Breslau und im Kreis Kreutzburg/O.S. tätig. Er wurde mehrmals verhaftet und verhört. 1941 an die Front geschickt, erhielt er 1943 wegen eines Fürbitte-Gottesdienstes für Pastor Martin Niemöller eine längere Freiheitsstrafe.[3] Trotzdem erreichte er die Beförderung zum Obergefreiten. Albertz behauptete, er habe über seine Mutter (einer geborenen Meinhof) „polnisches Blut in den Adern“.[4] Vor Verfolgung wegen „jüdischen Blutes“ bewahrte ihn in der Wehrmacht zur Kriegszeit General von Grolman.[5]
Im Sommer 1945 kam er nach Celle und nahm sich dort der Betreuung von Flüchtlingen an. 1946 trat er der SPD wieder bei.[5] 1946 unterstellte ihm Celle das Flüchtlingsamt.[6] 1947 als erster Flüchtlingsabgeordneter in den Niedersächsischen Landtag gewählt, gehörte Albertz ab 9. Juni 1948 als Flüchtlingsminister der Regierung an.[7] Mitte Juni 1951 wurde ihm das Sozialministerium übertragen. Mit der Regierung Hinrich Kopf trat er im Mai 1955 zurück.[8]
Ab 1955 trieb Albertz SPD-Politik in Berlin. 1961 wurde er Innensenator von Berlin-West. 1966/67 fungierte er als Regierender Bürgermeister.[5] Nach den blutigen APO-Krawallen anläßlich des Schah-Besuches mit einem Todesopfer trat er 1967 zurück.[9]
In den 1970er Jahren war Albertz als Sympathisant linker Bewegungen aktiv. Er avancierte zum Vertrauensmann der Baader-Meinhof-Terroristen (Albertz: „sogenannte Terroristen“), machte sich für eine Hausbesetzer-Amnestie stark, war aktiv in der „Friedensbewegung“ und stellte zum Diskurs, ob nicht öffentlich zur Wehrpflichtverweigerung aufgerufen werden müsse. In bezug auf jugendliche nationalistische Aktivisten „Rechtsextremisten“ sagte er: „Denen gehört der Hintern versohlt und ab ins Gefängnis!“ [5]
Linkstheologe Albertz gehörte zu den energischen Befürwortern der „neuen Ostpolitik“ Brandts.
Heinrich-Albertz-Friedenspreis
Es gibt den Heinrich-Albertz-Friedenspreis der Arbeiterwohlfahrt (AWO), den 2001 der zuvor verstorbene Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, verliehen bekam.[10] Weitere: Hans-Jochen Vogel (2008), Johannes Rau (1999).
Familie
Heinrich Albertz starb, politisch verbittert,[5] am 18. Mai 1993 in einem Altenheim der Arbeiterwohlfahrt in Bremen. Er hinterließ seine Witwe Ilse Albertz, mit der er seit 1939 verheiratet war, sowie drei Kinder.
Halbbruder von Heinrich Albertz war der Theologe und Oppositionelle Martin Albertz (1883–1956). Sein Sohn Rainer Albertz (* 1943) ist evangelischer Theologe (Professor für Altes Testament an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster).
Fußnoten
- Jüdischer BRD-Politiker
- SPD-Mitglied
- Landesminister (Niedersachsen)
- Senator von Berlin
- Bürgermeister (Berlin)
- Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin
- Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern und Schulterband
- Träger der Carl-von-Ossietzky-Medaille
- Träger der Ernst-Reuter-Plakette
- Landtagsabgeordneter (Niedersachsen)
- Geboren 1915
- Gestorben 1993