Joffe, Gideon

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Gideon Joffe (Lebensrune.png 3. Juli 1972 in Israel) ist ein jüdischer Volkswirt und Unternehmensberater. Er war von 2005 bis 2008, und ist seit Februar 2012 wieder, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

Werdegang

Gideon Joffe wurde am 3. Juli 1972 geboren und entstammt einer aus Lettland nach Israel ausgewanderten Familie. Im Alter von vier Jahren kam er mit seinen Eltern und der Großmutter nach Berlin. Es verging kein Tag, so Joffe im Tagesspiegel (11. November 2005), an dem seine Großmutter nicht an den „Holocaust“ erinnerte. Joffes Mutter starb, als er elf Jahre alt war.

Joffe ging in Berlin zur Schule und legte sein Abitur 1991 am Marie-Curie-Gymnasium ab. Er studierte Sinologie und Betriebswirtschaftslehre an der Freien Universität Berlin (FU) und wurde 1999 Diplom-Kaufmann. Nach einem 15monatigen Aufenthalt in Peking und Schanghai promovierte er 2003 an der FU im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften zum Dr. rer. oec.

Wirken

Während seiner Promotion arbeitete der in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin vielfach engagierte Gideon Joffe bereits seit 2001 als Unternehmensberater und war nach seiner Promotion auch als Dozent für chinesische Unternehmenskultur tätig.

Bundesweite Aufmerksamkeit wurde ihm am 2. November 2005 mit seiner Wahl zum Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde von Berlin zuteil. Am gleichen Tag war Joffes Vorgänger im Amt, der erfolgreiche und kommunikative Rechtsanwalt und Notar Albert Meyer wegen „unerträglicher Streitigkeiten in der Repräsentantenversammlung, im Vorstand und hinter den Kulissen in der Gemeinde“ zurückgetreten und hatte damit die zerstrittene, mit etwa 11.000 Mitgliedern größte jüdische Gemeinde der BRD wieder in die Schlagzeilen gebracht. Meyer überstand in seiner Amtszeit seit Dezember 2003 elf Mißtrauensanträge in der „Repräsentantenversammlung“, dem Parlament der Gemeinde.

Mit Sorge beobachtete auch der Zentralrat der Juden in Deutschland die Zustände in Berlin. Die Presse machte als Ursache v. a. Glaubens- und Kulturgegensätze zwischen alteingesessenen Mitgliedern und Zuwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion aus. Andere Kommentatoren lehnten diese Interpretation ab. Auch Joffe betonte, daß es in der Gemeinde keine „Ost-West-Problematik“ gebe. Nach Angaben der Gemeinde galt Joffe als ein „idealer Interessenvertreter der deutschen und russischsprachigen Juden“.[1]

Drei Monate nach Joffes Amtsantritt legte mit Julius H. Schoeps der Parlamentsvorsitzende der Berliner Jüdischen Gemeinde wegen unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten mit dem neuen Gemeindevorsitzenden Joffe sein Amt nieder.

Als eigentliche Ursache des Konflikts in der Gemeinde machte Joffe im Februar 2006 deren leistungsschwache Organisation aus. Während sich die Mitgliederzahl positiv entwickelt hätte, sei die Gemeindeverwaltung in ihrer Entwicklung stehen geblieben. Allerdings hatte sich die Zahl der Angestellten von 100 (1990) auf 400 (2005) erhöht, die Gemeinde unterhielt einen Kindergarten, eine Schule, ein Altenheim, betrieb eine aufwändige Sozialarbeit. Der Jahreshaushalt umfaßte 25 Millionen Euro, 85 Prozent kamen vom Land Berlin. Trotzdem hatte die Gemeinde ein Defizit von 1,2 Millionen Euro, sie lebte „auf katastrophale Weise über ihre Verhältnisse“[2] da sie ihren Angestellten nach Medienmeinung zu hohe Betriebsrenten zahlte und der Senat Berlins mehrere Millionen Euro Rentenzuschüsse zurückforderte. Joffes Verwaltungsreform, ein 3-Säulen-Reformprogramm, das von Mitarbeitern des Berliner Senats unterstützt wurde,[3] brachte jedoch nicht die erwarteten Ergebnisse, Joffe habe sich in seiner ersten Amtszeit „keinen Namen als Sanierer gemacht“.[4]

Joffe wertete aber die Gründung der ersten sephardischen Nachkriegssynode in Berlin im ersten Halbjahr seiner Amtszeit als großen Erfolg. In Berlin lebten 2006 rund 1.500 aus dem Kaukasus stammende sephardische Juden. Später hob er auch hervor, daß er als erster Vorsitzender eine Frau als Rabbinerin eingestellt habe.

Schon bald zeigte sich, daß Joffe den „Streit um Positionen, Einfluss und um Geld“ und die „Machtkämpfe ohne Rücksichtnahme auf Personen, Misstrauen und Feindschaft untereinander“[5] nicht eindämmen konnte. Im Oktober 2007 mußte er einen Mißtrauensantrag abwehren, nachdem ihm u. a. vorgeworfen worden war, Finanzbeschlüsse des Vorstands blockiert und entgegen den Parlamentssatzungen an der Gestaltung seines eigenen Gehalts mitgewirkt zu haben.

Am 30. Januar 2008 wählte die Jüdische Gemeinde dann Lala Süsskind zur neuen Vorsitzenden. Joffe war nicht mehr im Vorstand vertreten, blieb aber Mitglied im Gemeindeparlament. Er hatte der Gemeinde ein Defizit von 2,5 Millionen Euro hinterlassen,[6] Joffe selbst sprach nur von 250.000 Euro, Süsskind hätte „die Zahlen verwechselt“. Die neue Vorsitzende erarbeitete in der Folgezeit gemeinsam mit dem Berliner Senat ein Sanierungskonzept, welches die Repräsentantenversammlung im November 2010 und im Dezember 2011 ablehnte. Joffe führte die Oppositionen gegen das Sparprogramm des neuen Vorstandes an. Ab Dezember 2010 war Joffe Geschäftsführer bei der Treberhilfe Berlin gGmbH.

Obwohl die Jüdische Gemeinde in Berlin stark verschuldet ist, bezieht Joffe (über den Berliner Senat, der den Millionen-Euro-Haushalt mitfinanziert) ein Jahresgehalt in Höhe von 125.000 Euro (Stand 2013).[7]

Verweise

Fußnoten