Gravenreuth, Karl von
Karl Friedrich Freiherr von Gravenreuth ( 12. Dezember 1858 in Augsburg; gefallen 5. November 1891 vor Buea, Kamerun) war ein deutscher Offizier und Afrikaforscher. Nach seinem Tod übernahm Leutnant Hans Ramsay die Süd-Kamerun-Hinterland-Expedition (Tschadsee-Expedition).
Inhaltsverzeichnis
Leben
Am 21. November 1885 trat er der Kilimandscharo-Expedition unter Gustav Hörnecke bei und war am Kampf gegen die Sklavenhändlerrevolte in Deutsch-Ostafrika beteiligt. 1888 kehrte er dann nach Deutschland zurück und war danach in Deutsch-Ostafrika stellvertretender Reichskommissar. Zwischenzeitlich im Auswärtigen Amt tätig, wurde er 1891 nun in Kamerun eingesetzt.
Allgemeine Deutsche Biographie
- Karl Freiherr von G., Colonialbeamter und Afrikaforscher, wurde am 12. December 1858 in München als Sohn eines Kgl. bairischen Kämmerers geboren. Er erhielt den Traditionen seiner Familie gemäß eine militärische Erziehung, trat im Sommer 1877 in das 3. bairische Infanterieregiment ein und wurde am 7. Mai 1879 zum Secondlieutenant in demselben befördert. Als er mehrere Jahre gedient hatte, empfand er das Verlangen nach einem größeren und abwechselungsreicheren Wirkungskreise. Er ging deshalb im Februar 1885 zur Reserve über und trat in den Dienst der Deutsch-ostafrikanischen Gesellschaft. Diese schickte ihn nach Ostafrika, wo er 1886 die Station Korogwe in Usambara gründete. Als 1888 der Aufstand der durch die deutsche Besitznahme in ihren Interessen bedrohten arabischen Händler ausbrach, zeichnete er sich, unterstützt von den deutschen Kriegsschiffen, bei der Vertheidigung von Bagamoyo aus und wurde dafür vom Kaiser noch in demselben Jahre mit dem rothen Adlerorden decorirt. Als im Frühjahr 1889 der Reichscommissar Wißmann an der Küste eintraf, um eine Expedition zur Wiederherstellung der Ruhe im Schutzgebiete auszurüsten, schloß sich G. ihm an, trat in den Reichsdienst und wurde zum Premierlieutenant befördert. Er betheiligte sich nun in hervorragender Weise an der Niederwerfung des Aufstandes, namentlich an der Eroberung der stark verschanzten arabischen Stellungen. So zeichnete er sich besonders bei der Erstürmung des Lagers von Buschiri bei Bagamoyo am 8. Mai, sowie bei der Einnahme von Saadani am 6. Juni 1889 aus. Als Wißmann im September desselben Jahres seinen bekannten Zug nach Mpwapwa unternahm, ließ er G. als seinen Stellvertreter an der Küste zurück. Dieser besetzte zunächst Kondutschi, einen wichtigen Stützpunkt der Sklavenhändler, besuchte dann die Station Tanga, wo er die Bevölkerung auf friedliche Weise beruhigte, und zog darauf entlang der Küste durch das Gebiet der Wadigos. In Pangani und Bagamoyo fand er die Ordnung ungestört, doch kamen ihm Gerüchte zu Ohren, daß Buschiri den wilden und räuberischen Stamm der Mafiti zu einem Plünderungszuge nach der Küste überredet hätte. Anfang October langten große Scharen von Flüchtigen in Bagamoyo an und berichteten, daß Buschiri wenige Tagereisen weit bei Jombo in einem stark befestigten Lager stehe. G. brach sofort auf, um den Gegner zu überraschen, erschien am 19. October ganz unerwartet vor dem Lager und eroberte es nach halbstündigem Kampfe. Kaum hatte er sich der Verschanzungen bemächtigt, so wurde er von den Mafitis überfallen. Diese kämpften mit äußerster Tapferkeit, mußten aber nach dreimaligem vergeblichem Angriffe fliehen. G. kehrte nach dieser glänzenden Waffenthat an die Küste zurück. Ende 1889 und Anfang 1890 sicherte er durch eine größere Expedition das Hinterland von Bagamoyo und Saadani, sodaß der Karawanenverkehr nach dem Innern wieder eröffnet werden konnte. Am 4. Januar 1890 half er das Araberlager bei Mlembule erobern, und am 9. März trieb er gemeinschaftlich mit Wißmann die letzten Reste der Aufständischen unter Bana Heri, dem früheren Wali von Saadani, bei Palamakaa auseinander. Bana Heri entfloh zwar, konnte sich aber nicht länger halten und ergab sich deshalb bereits am 6. April in Saadani an G., nachdem ihm dieser Begnadigung und Rückgabe seiner beschlagnahmten Güter versprochen hatte. Nach der Niederwerfung des Aufstandes kehrte G. in die Heimath zurück. Hier wurde er in Anerkennung seiner Verdienste zum Hauptmann befördert, doch ernannte man ihn nicht, wie von vielen Seiten und wohl auch von ihm selbst erwartet worden war, zum Commandeur der ostafrikanischen Schutztruppe. Nachdem er einige Zeit in der Colonialabtheilung des Auswärtigen Amtes gearbeitet hatte, wurde er beauftragt, eine vom Premierlieutenant Morgen in umfassender Weise vorbereitete Forschungsexpedition in das Hinterland von Südkamerun zu führen. Im Juli 1891 reiste er von Hamburg ab und kam glücklich in Westafrika an. Er lebte sich schnell in die neuen Verhältnisse ein, vermochte aber die geplante Forschungsreise nicht zur Ausführung zu bringen, da sich vorerst ein Streifzug gegen die aufständischen Stämme am Abofluß nöthig machte. Diese hatten dem Gouverneur von Kamerun den Gehorsam verweigert und den zu ihrer Beruhigung herbeigeeilten Kanzler Leist angegriffen. G. rückte gegen sie vor und erstürmte nach heftigem Kampfe ihre beiden befestigten Hauptorte, Miang und Bonakwase. Leider fand er bald darauf bei einem Angriffe auf das hartnäckig vertheidigte Dorf Buea im Gebiete der Bakwiri an der Ostseite des Kamerungebirges am 5. November 1891 heldenmüthig kämpfend durch einen Schuß seinen Tod. Er wurde neben dem Missionshause dieses Ortes begraben. Er war nicht nur ein hervorragender Soldat und Truppenführer, sondern auch ein tüchtiger Verwaltungsbeamter und ein warmer Freund der Mission, namentlich der katholischen, der er als strenggläubiger Katholik besonders nahestand.[1]
Tod
Bei einer Expedition kam es zum Kampf mit terrorisierenden Negerbanden und bewaffneten Eingeborenen. Beim Sturm auf das befestigte Buea fiel er, von einer feindlichen Kugel tödlich getroffen.
- Die Matrosen des „Habicht“ und der Kompagnie Volkamer unter Kapitänlieutenant Krause griffen das stark verpallisadierte Miang (Dorf) der Abos von der Ostseite an, Gravenreuth mit dem Landungskorps der „Hyäne“ und den beiden Kompagnien Stetten und Richter stieß gegen die Südseite vor und zerstörte es mittels Feuer. Am 4.November begann dann der zweite gegen den eigentlichen Herd des Aufstandes, d.h. gegen Buea gerichtete Theil der Unternehmung. Auf schmalen und vielfach gewundenen Wadwegen gelangte man in die Nähe des verschanzten feindlichen Lagers bei dem Orte Fenz. Gravenreuth ließ sofort die Fahne schwenken und wollte nochmals friedlich verhandeln, auf ungefähr 150 Meter Entfernung aber gaben die Feinde die erste Salve ab. Da ließ Gravenreuth das Marinegeschütz, welches die Expedition mit sich führte, kommen und rief Lieutenant von Stetten an dasselbe vor, da es grundsätzlich nur von deutscher Hand bedient werden sollte. Der Mechanismus war indessen in Unordnung gerathen, und trotz aller Versuche wollte kein Schuß losgehen. Die Schutztruppe, welche das Geschütz gewissermaßen als Fetisch betrachtet hatte, war sehr niedergeschlagen, als es im kritischen Augenblick versagte, und zudem erhielten während der vergeblichen Bemühungen Stetten einen Prellschuß und Dr. Richter drei Schüsse. Die fast ganz zusammengeschossene Maximekanone wurde endlich in einen Busch getragen, um dort weiterer Behandlung unterzogen zu werden. In diesem Augenblick stürmte Gravenreuth trotz des heftigen Feuers der Feinde vor. Aber nur drei Schwarze folgten ihm, alle anderen blieben zurück. Einer der Tapferen der Schutztruppe wurde sofort in den Kopf getroffen und blieb tot, und auch die anderen zwei erhielten Schüsse. Da das Maximegeschütz durchaus nicht gefechtstüchtig zu machen war, verließ es Lieutenant Stetten, eilte zu seiner Kompagnie und griff den Feind von der Flanke an, ein Manöver, das durch den Sumpf erschwert wurde. Unterdessen ging Gravenreuth nochmals mit nur zwölf Schwarzen vor. Fünfzehn Schritte vor der feindlichen Boma, der feindlichen Verschanzung, erhielt der Muthige drei Schüsse ins Herz. Er brach tot zusammen, ohne noch ein Wort sprechen zu können. Nach dem Tode Gravenreuths übernahm Stetten das Kommando und führte das Gefecht glücklich zu Ende. Die Toten, im ganzen vier brachte man in das nahe gelegene Missionshaus; Wachen wurden aufgestellt und die Truppe richtete sich für die Nacht ein. Die Expedition selbst aber hatte ihren Zweck erreicht, wenn auch ihr Abschluß ein überaus Schmerzlicher war.[2]
Beisetzung
Er wurde vor Ort beigesetzt, Herz und Kopf jedoch nach Kamerun gebracht, wo diese Überreste neben dem Denkmal Gustav Nachtigals beigesetzt wurden. Am Gouvernements-Gebäude wurde ihm von Familie und Freunden 1894/95 ein Löwen-Denkmal erreichtet, wohin seine sterblichen Überreste, die bei der zweiten erfolgreichen Erstürmung Bueas am 22. Dezember 1891 geborgen (nach anderen Quellen war es Hans Dominik, der 1894 die Gebeine bergen konnte) und ebenfalls nach Kamerun (in Duala beigesetzt) gebracht wurden, 1895 umgebettet und vor dem Denkmal beigesetzt wurden. Die Teilnahme beinahe sämtlicher in Kamerun ansässiger Europäer sowie die Mitwirkung der Kaiserlichen Marine und der Kaiserlichen Schutztruppe gestalteten die Feier zu einer würdigen Kundgebung. Nach dem Umzug des Gouverneurs 1901 nach Buea wurde das Gebäude als Bezirksamtmanns-Gebäude betitelt.
- „Wir geben heute unsern Lesern das Bild des Denkmals, welches in Kamerun für ihn errichtet wurde. Auf mächtigem Granitsockel erhebt sich die majestätische Gestalt des bayerischen Löwen, der schützend seine mächtigen Pranken auf die gefährdete Fahne setzt. Ein von einem Lorbeerkranze umgebenes Medaillon zeigt uns die edlen Züge des gefeierten Helden. Das Denkmal wird vor dem Gouvernementsgebäude zu Kamerun seine Aufstellung finden. Das herrliche imposante Werk ist eine Schöpfung Ferdinands von Miller.“ — Zeitschrift „Bayerland“, 1895
Löwendenkmal
Bild des Denkmals und Bericht über die Umbettung:[3]
Literatur
- Conrad Weidmann: Deutsche Männer in Afrika: Lexicon der hervorragendsten deutschen Afrika-Forscher, Missionare etc. mit 64 Portraits in Lichtdruck, 1894