Nationalratswahl in Österreich 1930
Die Nationalratswahl in Österreich 1930 fand am 9. Nebelung statt und war die vierte nach Errichtung der Republik im Jahre 1918, zugleich auch die letzte der Ersten Republik. Wie bei allen österreichischen Nationalratswahlen seit 1918 (mit Ausnahme der Wahlen 1971, 1975 und 1979) gab es eine deutliche bürgerliche Mehrheit, wiewohl die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs stimmen- und mandatsstärkste Bewegung wurde. Der zweite Rang ging an die Christlichsoziale Partei, die gemeinsam mit der Heimwehr antrat. Ein Listenverband aus Großdeutschen und Landbund wurde drittstärkste Kraft. Ebenfalls in den Nationalrat schaffte es eine als Heimatblock kandidierende Heimwehr-Abspaltung um Ernst Rüdiger Starhemberg und Carl Vaugoin.
Wahlberechtigt waren 4.121.282 Menschen. Die Wahlbeteiligung betrug 90,5 vom Hundert (1927: 89,3 v.H.).
Inhaltsverzeichnis
Hintergrund
Nachdem Christlichsoziale, Großdeutsche und Teile der nationalsozialistischen Bewegung bei den Nationalratswahlen 1927 als Einheitsliste antraten, kandidierten sie bei dieser Wahl wieder getrennt. Die Christlichsoziale Partei bildete in manchen Ländern eine Wahlpartei mit der Heimwehr (die andernorts selbständig unter dem Namen Heimatblock antrat), während die Großdeutschen unter dem Listennamen „Nationaler Wirtschaftsblock“ eine Wahlallianz mit dem Landbund eingingen.
Wahlkampf
Der Wahlkampf spiegelte die starken Konflikte zwischen den politischen Lagern wider. So richteten sich die Plakate der Christlichsozialen Partei stark gegen die Sozialdemokraten, der man die Schuld an der der linken Julirevolte 1927 gab. Auch der sozialdemokratische Glöckel-Erlass, der den starken Einfluss der römisch-katholische Kirche auf das Schulsystem verminderte, wurde zum Wahlkampfthema der Christlichsozialen.
Die Sozialdemokraten warben mit einer Stärkung des Mieterschutzes, den sie durch die Christlichsozialen bedroht sahen, und forderten die Einführung eines allgemeinen Arbeitslosengeldes. Den Christlichsozialen warfen sie vor, nichts gegen die hohe Arbeitslosigkeit zu unternehmen. Die schlechte wirtschaftliche Situation und Themen wie der Bundesbahnskandal und diverse Bankenaffären, in die christlichsoziale Politiker maßgeblich involviert waren, beherrschten den sozialdemokratischen Wahlkampf. Des Weiteren warnten sie auf ihren Plakaten vor einem drohenden Bürgerkrieg und forderten eine allgemeine Abrüstung.
Endergebnis
Wahlwerber | Stimmen | Anteil | Sitze | ||
---|---|---|---|---|---|
1930 | ± | 1930 | ± | ||
Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) | 1.517.146 | 41,1 v.H. | -1,2 | 72 | +1 |
Christlichsoziale Partei und Heimwehr (CS) 1) | 1.314.956 | 35,7 v.H. | -12,5 | 66 | -7 |
Nationaler Wirtschaftsblock und Landbund | 428.255 | 11,6 v.H. | +5,3 | 19 | +7 |
Heimatblock | 227.401 | 6,2 v.H. | n.a. | 8 | +8 |
Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei (DNSAP) | 111.627 | 3,0 v.H. | +3,0 | 0 | ±0 |
Landbund für Österreich | 43.689 | 1,2 v.H. | n.a. | 0 | – |
Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) | 20.951 | 0,6 v.H. | +0,2 | 0 | ±0 |
Österreichische Volkspartei (Harandbewegung) | 14.980 | 0,4 v.H. | n.a. | 0 | – |
Demokratische Mittelpartei (DMP) | 6.719 | 0,2 v.H. | n.a. | 0 | – |
Jüdische Liste | 2.133 | 0,1 v.H. | -0,2 | 0 | ±0 |
Kaisertreue Volkspartei (Wolff-Verband) | 157 | 0,0 v.H. | n.a. | 0 | – |
Nationaldemokratische Vereinigung (Höberth-Partei) | 54 | 0,0 v.H. | n.a. | 0 | – |
n.a. = nicht angetreten
1) Christlichsoziale Partei und Heimwehr in Wien und Niederösterreich, Christlichsoziale Partei
Folgen
Die Nationalratswahl 1930 war die letzte vor der Errichtung des Ständestaates im Zuge der Selbstausschaltung des Parlaments am 4. Lenzing 1933.
Netzseiten
- www.bmi.gv.at Ergebnis der Wahlen in Stimmen und vom Hundert (PDF-Datei; 11 kB)