Okkultismus
Okkultismus (von lat.: occultus, „verborgen“, „verdeckt“, „geheim“) ist im weiteren Sinne eine Bezeichnung für die Beschäftigung mit nicht rational erklärbaren Vorgängen. Okkulte Vereinigungen tradieren oppositionelles religiöses Gedankengut. Eine ganze europäische Gegengeschichte spiritueller Dissidenz findet an theologischen Lehrstühlen der Universitäten keinerlei Resonanz, speist aber die wachsende Esoterik-Szene. In engerer Bedeutung handelt es sich um eine Benennung von spirituellen und politischen Absichten, welche bewußt und mit Vorbedacht nicht öffentlich bzw. vertraulich, also im geheimem Rahmen thematisiert werden. Wird hierbei eine Böswilligkeit vermutet, so findet häufig der Begriff Machtverschwörung Verwendung.
Im Zuge eines sogenannten Modernismus in der Bildenden Kunst und einer zunehmenden Obsoleszenz der architektonischen, kunsthandwerklichen, künstlerischen, insbesondere kulturellen und musikkulturellen Werte sind die großen kulturellen Errungenschaften des europäischen Abendlandes durch okkult betriebene, das Volk degenerierende Umerziehungsprogramme stark gefährdet. Gegen diese zweifelhafte Tendenz stellt sich vielerorts eine Opposition, welche regional verwurzelte, volkstypische Handwerks- und Kunsttraditionen wieder entdecken bzw. erhalten möchte.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Das Okkulte, das Mystische, das Dogmatische
- 2 Geheime Geschichte, Gegenhistorie und dissidente Geschichtsdeutung
- 3 Die besondere Rolle freimaurerischer Traditionen
- 4 Die gesellschaftliche Ächtung okkulten Denkens
- 5 Die eigentliche überzeitliche, okkulte Wahrheit
- 6 Siehe auch
- 7 Literatur
- 8 Verweise
- 9 Fußnoten
Das Okkulte, das Mystische, das Dogmatische
Religionswissenschaftlich gilt: Jede religiöse Strömung, jede organisierte Religion und jede religiöse Praktik kann auf dreierlei Weise in Erscheinung treten: Nämlich als okkulte, zweitens als mystische oder drittens als dogmatische Verkörperung. Es liegt auf der Hand, daß diese genauen technischen Bezeichnungen jeweils an den Rändern ihres Wortfeldes gleichsam ausfransen, es mithin zu Bedeutungsüberschneidungen kommt oder daß sogar absichtlich – mittels einer interessengeleiteten Umbenennung – die eigene ideelle Position aufgewertet oder eine gegnerische Position bei religiösen Konflikten herabgesetzt werden soll. Die Dreiteilung kann so verstanden werden, daß jeder religiöse Mensch entweder in besonderer Weise sich an sprachlich genau festgelegten Formulierungen orientiert (Dogma, Institution) oder aber der sinnlichen Überwältigung die höchste religiöse Kraft zuspricht (Mystik, Schau) oder auch der Einwirkung mittels geheimer Ritualformeln insgesamt die größte Aufmerksamkeit schenkt (das Okkulte, das Numinose, die Magie).
Metaphysik ist in dieser Dreiteilung am ehesten noch dem dogmatischen religiösen Empfinden nahe und Esoterik allen dreien. Für den Begriff des „Okkultismus“ gilt die vorgenannte definitorische Schwierigkeit (der begrifflichen Interferenz) sogar in herausgehobener Weise. Es nimmt daher nicht wunder, daß sich mit dem Begriff des „Okkultismus“ eine tatsächlich überbordende Fülle sektiererischer, verschwörerischer und spekulativer Traditionen verbindet, deren wissenschaftliche oder dokumentarische Darlegung hineinreicht bis weit in Gebiete einer pseudo-wissenschaftlichen oder sogar propagandistischen Literatur.
Geheime Geschichte, Gegenhistorie und dissidente Geschichtsdeutung
Insbesondere der Ehrgeiz eigentlich aller Vertreter eines okkulten religiösen oder spirituellen Standpunktes, ihre Gegenversion von Geschichte zu formulieren, führt zu einander ausschließenden Thesen über das, was die Geschichte der Menschheit, die Geschichte der Religion oder die Geschichte Europas ist. Diese vielfältigen Versionen des tatsächlichen Geschichtsgeschehens konkurrieren untereinander um Anerkennung bei ihrem jeweiligen religiösen Publikum. Kennzeichnend für diese Versionen der wahren Interpretation von Vergangenheit und Bestimmung ist zugleich aber ein ausgeprägtes Mißtrauen gegen offiziöse, staatliche, kirchenamtliche und universitäre Vorfestlegungen in Sachen der spirituellen Überzeugung.
Die besondere Rolle freimaurerischer Traditionen
Oftmals wird die geschilderte Gemengelage religiöser Verwerfungen und Dispute simpel reduziert auf den Standpunkt, eigentlicher Okkultismus sei freimaurerischer Okkultismus; ein Verständnis der okkulten Traditionen in der Kulturgeschichte der Menschheit sei gleichbedeutend mit einem Verständnis des Freimaurertums. Dieser Auffassung liegt sowohl ein Mißverständnis der tatsächlichen Herkunft des Freimaurertums zugrunde, als auch ein gänzlich verkehrtes Verständnis der tatsächlichen Reichweite okkulter Fragestellungen in Vergangenheit und Gegenwart. Die seit Madame Blavatsky in Europa dominierend gewordene Version okkulter Religiosität faßt die christliche Dogmatik als „Fabelei“ auf, hinter der jedoch Reste einer – der ganzen Menschheit anfangs gemeinsamen – Urreligion noch zu fassen seien. In dieser Urreligion, in der tibetanische Alte Meister (auch deren gegenwärtige Einwirkung) eine große Rolle spielen, ordnen sich – nach Madame Blavatskys Festlegungen – jüdisch-mystische Glaubensüberlieferungen zwanglos ein, während der christliche Glaubensbestand darin ein Fremdkörper und eine Abirrung bleibt.
Die gesellschaftliche Ächtung okkulten Denkens
Dem erwähnten Mißtrauen der Okkultisten gegen das Offiziöse, das Staatliche, das Kirchenamtliche und das Universitäre entspricht spiegelbildlich die gesellschaftliche Ablehnung okkulter Verbünde oder okkulter Erkenntnisansprüche. So schreibt der Religionswissenschaftler Hartmut Zinser in seiner Einleitung zu einer Aufklärungsbroschüre der Hamburger Innenbehörde:
- „Über ein Verborgenes können eigentlich keine Aussagen gemacht werden, dann wäre es kein Verborgenes mehr. Anhänger des Okkultismus und der Esoterik aber machen genau dies. Sie schreiben dem Unbekannten und Verborgenen bestimmte Eigenschaften zu, beispielsweise die Wirkung von Geistern, Toten, anderen Lebenden oder eines Weltbewusstseins usw. zu sein. Es ist dies der Grundfehler der Esoterik und des Okkultismus, dass er über ein tatsächliches oder angenommenes Unbekanntes Aussagen macht. Wenn immer es möglich ist, diese Aussagen zu überprüfen, stellt sich heraus, dass die esoterischen Aussagen über ein Unbekanntes und Verborgenes falsch, unnötig und irreführend sind. Esoteriker wie Okkultisten ertragen offensichtlich die Tatsache nicht, dass uns Menschen vieles unbekannt und verborgen ist und schreiben sich ein Wissen und auch Macht über das Unbekannte und Verborgene zu. Dies mag ihren Wünschen entsprechen, nicht aber der Wirklichkeit.“[1]
Die eigentliche überzeitliche, okkulte Wahrheit
Jene schroffe Zurückweisung eines jeglichen Wahrheitsanspruchs und jeder intellektuellen Bedeutung der okkulten Überlieferung ist selbst – genauer betrachtet – eigentlich Ausdruck eines ideologischen Traditionshasses. Wer das Denken und alle Fragen der persönlichen spirituellen Erfahrung so herablassend zum Gegenstand einer stromlinienförmigen sozialen Kontrolle zu machen versucht wie Zinser in dem zitierten „Aufklärungs“-Werklein, der verfehlt in exemplarischer Weise eben das Wesen des Spirituellen selbst (und sollte sich vielleicht nicht ausgerechnet „Religionswissenschaftler“ nennen).
Wenn Zinser zugesteht, daß dem, was Menschen wissen, ein ungleich größerer Bereich gegenübersteht von dem, was Menschen eben nicht durchschauen und nicht begreifen, dann versteht doch jeder, daß dieses Unwissen und diese Unkenntnis unablässig hineinragt, hineinwirkt und hineindrängt in die alltägliche Sphäre von Trott, von Routine und von unüberlegter Floskelhaftigkeit. Das riesige Unwissen ist daher eine beständige Fehlerquelle für dieses fehlerhafte, dieses irrtumsbehaftete, dieses scheiternde – oder gleichsam unter einem Bann stehende – Alltagshandeln!
Ein Vernunftanspruch hingegen, der behauptet, die Beschäftigung mit dem Okkulten sei „unvernünftig“, sie führe zu nichts, ist seinerseits hochgradig beschränkt. Dieser beschränkte, naive und anmaßende Vernunftanspruch ist es schließlich, der zivilisatorisches Scheitern in ganz großem Maßstab (und biographische Fehlschläge aller Art) überhaupt erst verursacht, weil er der Achtsamkeit gegenüber dem Okkulten (der Unwägbarkeit und Rätselhaftigkeit der Existenz überhaupt) – aus bloß Vorbehalten heraus – jede Anerkennung versagt.
Die moderne Industriezivilisation mit ihren schweren Dysfunktionalitäten – auch mit ihrer Verhäßlichung, Entortung und Anonymisierung des persönlichen Lebens – belegt geradezu idealtypisch, wie falsch und gänzlich lebensfern jener arrogante Vernunftanspruch der Okkultismus-Verächter in Wahrheit ist.
Siehe auch
Literatur
- Peter Antes / Donate Pahnke (Hgg.): Die Religion von Oberschichten. Religion – Profession – Intellektualismus, diagonal-Verlag, Marburg 1989 (= Veröffentlichungen der 19. Jahrestagung der Deutschen Vereinigung für Religionsgeschichte vom 3. bis 7. Oktober 1988 in Hannover; 316 S.), ISBN 978-3-927165-02-1
- Karin A. Rainer: Literatur des Bösen. Satan, Teufelskult und Schwarze Messen in der Literatur, Tectum Verlag, Marburg 2007, ISBN 978-3-8288-9342-9
- Colin Wilson: Das Okkulte. Aus dem Englischen von Helma Schleif und Nils Thomas Lindquist. Parkland Verlag, Köln 2004 [englische Originalausgabe: 1971], ISBN 3-893-40062-1
- Horst E. Miers: Lexikon des Geheimwissens. Wilhelm Goldmann Verlag, München 1993, ISBN 3-442-12179-5, S. 455 f.
- Fanny Moser: Das große Buch des Okkultismus. Originalgetreue Wiedergabe des zweibändigen Werkes ›Okkultismus – Täuschungen und Tatsachen‹ [2 Bände, Ernst Reinhadt Verlag, 1935]. Mit einer Einleitung von Prof. Dr. Hans Bender. Walter-Verlag, Olten und Freiburg im Breisgau 1974, ISBN 3-530-57900-9 [Fanny Moser promovierte 1902 in Zoologie.]
- Rainer Schmitz: Schwärmer – Schwindler – Scharlatane. Magie und geheime Wissenschaften, Böhlau-Verlag, Wien/Köln/Weimar 2011, ISBN 978-3-205-78744-0 [403 S., zahlreiche Illustrationen]
- Ursula Keller / Natalja Sharandak: Madame Blavatsky. Eine Biographie. Insel Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-458-17572-8
- Wolfgang Bauer / Sergius Golowin / Christian Rätsch / Clemens Zerling (Hgg.): Das Lexikon des Dunklen: Mythen – Kunst – Musik. Von der Antike über die Romantik bis zur Gothic-Kultur. Arun-Verlag, Uhlstädt-Kirchhasel 2006, ISBN 3-866-63006-9
- Hans Freimark: Okkultismus und Sexualität. Beiträge zur Kulturgeschichte der Vergangenheit und Gegenwart. Mit einer Einführung von Hans Thomas Hakl; Verlag AAGW, Sinzheim 2003 (Originalausgabe: Leipzig 1909), limitierte und numerierte Auflage (400 Stück) ohne ISBN [282 S.]
- Will-Erich Peuckert: Geheimkulte. Das Standardwerk. Nikol Verlagsgesellschaft, Hamburg 2005 [Erstausgabe: Hildesheim 1988], ISBN 3-933-20366-X
- Margit Dahlke / Rüdiger Dahlke: Okkultismus. Der Esoterik-Boom – Ursachen • Gefahren • Chancen, Heyne-Verlag, München 1995, ISBN 978-3-453-04014-4 [199 S.]
- Jonathan Black [Pseudonym von Mark Booth]: Die geheime Geschichte der Welt. Geheimgesellschaften und das okkulte Wissen der Menschheit. Aus dem Englischen von Andrea Panster. Goldmann Arkana, München 2008, ISBN 978-3-442-33802-3 [Englische Originalausgabe: London 2007; diese dissidente Kulturgeschichte eines englischen Sachbuchlektors aus okkulter Sicht ist ungewöhnlich dadurch, daß sie als Beispiel für christlichen Okkultismus gelten kann.]
- James Webb: Das Zeitalter des Irrationalen. Politik, Kultur & Okkultismus im 20. Jahrhundert. Marix, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-86539-152-0. Mit einem Vorwort von Marco Frenschkowski: James Webb und die Epistemologie des Irrationalen, S. 7–27 [Englischsprachige Originalausgabe: The Occult Establishment. Open Court, La Salle IL 1976, ISBN 0-912050-56-X]
- Peter-Robert König: Das OTO-Phänomen. 100 Jahre Magische Geheimbünde und ihre Protagonisten. Ein historisches Aufklärungswerk [= Hiram-Edition, Bd. 16] Arbeitsgemeinschaft für Religions- und Weltanschauungsfragen (ARW), München 1994, ISBN 3-927890-14-6
- Burkhardt Gorissen: Ich war Freimaurer. Verlagsgruppe Weltbild, Augsburg 2013, ISBN 978-3-8289-4494-7
- Gerhard Zacharias: Satanskult und Schwarze Messe. Ein Beitrag zur Phänomenologie der Religion. Limes-Verlag, Wiesbaden ²1970 [keine ISBN zugewiesen, Erstausgabe: 1964]
- Alexandre Adler: Das Geheimnis der Templer. Von Leonardo da Vinci bis Rennes-le-Château. Verlag C.H. Beck, München 2015, ISBN 978-3-406-67535-5 [Auf dem äußeren Umschlag erscheint abweichend der Untertitel: Von den Rosenkreuzern bis Rennes-le-Château. Bibliographiert wird hier, wie üblich, nach dem Innentitelblatt; ferner entspricht der französische Originaltitel der bibliographierten Version.]
- Wladimir Awdejew: Lenins Mumie. Okkulte und rassische Aspekte (archiviert); PDF-Datei (archiviert), 23. Februar – 3. März 1998
- Lewis Spence: An Encyclopaedia of Occultism. A compendium of information on the occult sciences, occult personalities, psychic science, magic, demonology, spiritism and mysticism. [Erstausgabe: 1920, Neuausgabe: 2006 (456 S.)], ISBN 978-1596052376
- Eduard Bulwer-Lytton: Margrave. Die seltsame Geschichte eines schwarzen Magiers (1913) (Okkulter Roman), (Netzbuch)
- Paul Madsack: Der schwarze Magier (Okkulter Roman) (1924) (Netzbuch)
Verweise
- Iain Davies: Die okkulte Täuschung, Netzpräsenz Axel B. C. Krauss, 14. Mai 2024 (dt. Übersetzung)
- Hermann Rehwaldt:
- Rassenkunde und Rassenwahn – Okkultes Gift gegen Volkserhaltung, Verlag Deutsche Revolution, Düsseldorf 1936
- Die kommende Religion – Okkultwahn als Nachfolger des Christentums, 1936
- Beware! Occultists masquerading as “Traditional Catholics”, Netzpräsenz Novus Ordo Watch, 5. April 2021 – Betrachtung aus katholisch-traditionalistischer Sicht