Verhoeven, Paul (1938)

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Paul Verhoeven (1984)

Paul Verhoeven (Lebensrune.png 18. Juli 1938 in Den Haag, Niederlande) ist ein niederländischer Filmregisseur, Drehbuchautor, Filmproduzent und Physiker.[1][2]

Leben

Herkunft

Paul Verhoeven wurde am 18. Juli 1938 in Den Haag (Niederlande) als Sohn eines Historikers geboren. Der Zweite Weltkrieg in Holland prägte seine Kindheit, er erlebte den Krieg auch als "eine großartige, aufregende Zeit".[3][4]

Ausbildung

Paul Verhoeven studierte Physik und Mathematik an der holländischen Universität Leiden und wurde mit einer Arbeit zur Relativitätstheorie promoviert. Während seiner Militärzeit konnte er in der Königlich Niederländischen Marine (Filmdienst der Marineinfanterie) erste Erfahrungen mit Massen- und Schlachtenszenen sammeln.

Wirken

Paul Verhoeven gilt als der erfolgreichste Regisseur der Niederlande und gehört zu den wichtigsten, aber auch umstrittensten „Hollywood“-Filmemachern. Seine Filme sind immer eine "Gratwanderung zwischen künstlerischem Anspruch und Sex, gemischt mit plakativen komödiantischen oder gewalttätigen Effekten".[5] Kein anderer Regisseur hat sich so häufig mit der Zensur angelegt wie er.[6] "Das wirklich Zynische an Verhoevens Filmen ist ihre Doppelbödigkeit", befand Sonntag Aktuell (8. Oktober 2000).

Schon in den frühen 1960er Jahren trat Verhoeven, der nach seinem Studium zunächst als Lehrer arbeitete, mit Kurzfilmen in Erscheinung, so etwa 1960 mit "A Lizard too much" und 1963 mit "Let's have a party", bevor er Dokumentarfilme für die niederländische Marine sowie Fernsehserien zu drehen begann. 1968 war die Fernsehserie Floris von Rosemund der Anfang seiner erfolgreichen Zusammenarbeit mit Rutger Hauer, die 1985 in unversöhnlichem Streit endete. 1970 begann seine langjährige Zusammenarbeit mit Kameramann Jan de Bont. Mit seinen ersten Spielfilmen, überwiegend Literaturverfilmungen, sorgte Verhoeven dann in den 1970er Jahren für eine Renaissance des niederländischen Kinos.

Verhoeven & Elizabeth Berkley
Showgirls (1994)
Dina Meyer & Casper van Dien
Starship Trooper (1997)
Carice van Houten
Black Book (2006)

"Was sehe ich ...!" hieß 1971 Verhoevens erster Spielfilm, eine antibürgerliche Sex-Komödie um zwei Amsterdamer Huren. 1973 folgte das als bester ausländischer Film für den Oscar nominierte Liebesdrama "Türkische Früchte", dessen "streckenweise ekelerregende Mischung aus krassem Sex, genüsslichem Sadismus und Melodramatik"[7] im Nachhinein als "Meilenstein des befreiten Filmemachens"[8] eingeordnet wurde. Ins historische Amsterdam des ausgehenden 19. Jahrhunderts führte das 1975 gedrehte Sozialdrama "Das Mädchen Keetje Tippel", das wegen einer drastischen Entjungferungsszene in vielen Ländern geschnitten wurde. Seit Ende der 1970er Jahre hat er auch mehrmals mit dem deutschen Kameramann Jost Vacano zusammengearbeitet. Mit zahlreichen internationalen Preisen wurde dann Verhoevens Epos "Der Soldat von Oranien" (1978) bedacht, das die Spaltung der niederländischen Nation während des Zweiten Weltkrieges thematisierte.

Viel Beachtung, auch bei der amerikanischen Kritik, fand Verhoeven, inzwischen von einem größeren Kinopublikum akzeptiert, 1984 mit seinem „Psycho-Thriller“ "Der vierte Mann", in dem der Schriftsteller Gerard von einer spinnengleich ihre Gatten mordenden Schönheit nach dem Liebesakt umgebracht werden soll. Dieser Streifen errang zahlreiche Preise auf internationalen Festivals, sollte aber zugleich Verhoevens vorläufig letzter Film in den Niederlanden sein. Die staatlichen Filmstellen, auf deren finanzielle Förderung Paul Verhoeven weiterhin angewesen war, drangsalierten den Skandalfilmer trotz seines relativen Erfolgs, da man seine Drehbücher für "zu gewalttätig, sexuell und dekadent"[9] befand.

1985 verließ Paul Verhoeven Europa und suchte sich in den USA eine neue (Film)-Heimat. Dort inszenierte er gleich drei Kassenschlager hintereinander: die „Action“-Spektakel "RoboCop" (1987) und "Total Recall" (1990) sowie den „Erotikthriller“ "Basic Instinct" (1991). "RoboCop", der von einem ermordeten Polizisten erzählt, der durch „High-Technology“ zu künstlichem Leben erweckt wird und als Synthese von Mensch und Roboter auf Verbrecherjagd geht, war optisch hervorragend gestaltet, freilich voller brutaler Gewaltexzesse. In gleicher Machart realisierte Verhoeven die 55 Millionen US-Dollar teure Produktion "Total Recall". Die Zukunftsgeschichte handelt von dem im 21. Jahrhundert lebenden Bauarbeiter Doug Quaid (Arnold Schwarzenegger), der von bösen Alpträumen von einem früheren Leben auf dem Planeten Mars geplagt wird. Quaid begibt sich als Retter des kolonialisierten, von Kriminellen beherrschten Planeten auf die Suche nach der "totalen Erinnerung" an seine frühere Identität als Geheimagent, der gegen den Mars-Diktator revoltierte.

Danach drehte Paul Verhoeven den als skandalumwitterten Tabubrecher angekündigten Sex-„Thriller“ "Basic Instinct", in dem ein Polizist auf der Suche nach einer Mörderin der mutmaßlichen Täterin verfällt. Über den auf einem Drehbuch von Joe Eszterhas beruhenden Film mit Michael Douglas und Sharon Stone in den Hauptrollen schrieb Hellmuth Karasek, der „Porno“ halte Einzug in den großen Hollywood-Film, doch abgesehen von der Freizügigkeit der Bettszenen sei "Basic Instinct" ein "geschickt und rasant gedrehter, mit den bewährten Mitteln des Action-Films operierender Krimi".[10] Eine Fortsetzung wurde 2006 unter der Regie von Briten Michael Caton-Jones gedreht.

An diese Erfolgsserie konnte Paul Verhoeven in den Jahren darauf nicht anknüpfen. "Showgirls" (1995; mit Elizabeth Berkley in einer der Hauptrollen), ein Melodram über eine Nackttänzerin in Las Vegas, und das Science-Fiction-Kriegsspektakel "Starship Troopers" (1997; mit Casper Van Dien und Denise Richards in den Hauptrollen), in dem junge Rekruten nach demagogischer Gehirnwäsche zum Kriegseinsatz gegen Monsterkäfer in eine andere Galaxie geschickt werden, wurden von der US-Kritik zunächst verrissen. "Starship Troopers" wurde zudem mit Faschismus-Vorwürfen konfrontiert. Der Schriftsteller Helmut Krausser urteilte dagegen, es handele sich um "eine düstere Zukunftsvision, perfide getarnt durch grelle Farben".[11] Die Süddeutsche Zeitung (30. Januar 1998) beklagte sogar, Verhoeven werde - wohl wegen seiner scheinbar immer so eindeutigen Bilder und Szenen - notorisch unterschätzt. DIE WELT (18. Juli 2008) wies darauf hin, dass beide Filme mit den Jahren doch noch erfolgreich und umgedeutet wurden. So zähle "Showgirls" durch die DVD-Auswertung zu den 20 erfolgreichsten Produktionen des Filmstudios MGM. Und "Starship Troopers" gelte mittlerweile "als einer der bedeutendsten Filme" des Regisseurs. "Nichts an dem Film ist eindeutig, alles steht zur Disposition" (ebd.).

Nach dem Thriller "Hollow Man" (2000), die Geschichte des genialen Wissenschaftlers Sebastian Caine (Kevin Bacon), der in einem Selbstversuch ein unsichtbar machendes Serum testet und zur Bestie wird, gönnte sich Paul Verhoeven eine längere Auszeit. Ein Filmprojekt über die Prostituierte Victoria Woodhull, die Ende des 19. Jahrhunderts als US-Präsidentin kandidierte, scheiterte.

Mit seinem Weltkriegsdrama "Black Book" (2006; mit Sebastian Koch und Carice van Houten in den Hauptrollen), eine holländisch-deutsche Koproduktion (gedreht im Studio Babelsberg), kehrte er dann nach Holland zurück - eine politische Entscheidung, wie der Regisseur in Interviews erklärte, angesichts der harschen US-Kritik an seinen letzten Filmen und der Unmöglichkeit, sich wieder realistischen Stoffen zuzuwenden.[12] Die Kritik an "Black Book", der den Leidensweg einer Sängerin in den Niederlanden während und nach dem Zweiten Weltkrieg schildert, fiel überraschend positiv aus.[13] Die Fachpresse würdigte Paul Verhoeven als düsteren Romantiker wie sardonischen Gesellschaftskritiker.[14] So schrieb z. B. der film-dienst (10/2007): "Der Frontverlauf zwischen Gut und Böse mag so unübersichtlich sein wie in allen Verhoeven-Filmen, der Weg zu dieser Erkenntnis ist jedoch auch für deren Verhältnisse ungewöhnlich wendungsreich und schillernd inszeniert." Es gab allerdings auch Kritiker, die das Drehbuch hanebüchen und die Gefühle der „Holocaust-Opfer“ verletzt sahen.[15]

2008 veröffentlichte Verhoeven, der auch Mitglied einer Gruppe Bibelkritiker ist, ein Buch über den historischen Jesus, an dem er über sieben Jahre gearbeitet hatte. In "Jesus of Nazareth: A Realistic Portrait" versucht er zu beweisen, dass Maria Jesus nicht von Gott empfangen hat, sondern von einem römischen Soldaten vergewaltigt wurde.

Familie

Paul Verhoeven ist seit dem 7. April 1967 mit Martine Tours verheiratet und hat drei Kinder (zwei erwachsene Töchter).

Filmografie

  • 1969: Floris (Fernsehserie)
  • 1970: De Worstelaar
  • 1971: Was sehe ich...! Was sehe ich...! (Wat zien ik)
  • 1973: Türkische Früchte (Turks fruit)
  • 1975: Das Mädchen Keetje Tippel (Keetje Tippel)
  • 1977: Der Soldat von Oranien (Soldaat van Oranje)
  • 1979: Voorbij, voorbij
  • 1980: Spetters – knallhart und romantisch (Spetters)
  • 1983: Der vierte Mann (De vierde man)
  • 1985: Flesh and Blood (Flesh & Blood)
  • 1987: RoboCop - (Der Film wurde 1988 für zwei Oscars nominiert)
  • 1990: Die totale Erinnerung – Total Recall (Total Recall)
  • 1992: Basic Instinct
  • 1995: Showgirls
  • 1997: Starship Troopers - (Drehbuch: Edward Neumeier, nach dem Roman von Robert A. Heinlein)[16][17][18]
  • 2000: Hollow Man – Unsichtbare Gefahr (Hollow Man)
  • 2006: Black Book (Zwartboek)

Produzent

  • 1999: Starship Troopers (Fernsehserie)

Auszeichnungen

  • 1982: FIPRESCI Award
  • 1983: Kritikerpreis des Toronto International Film Festivals für De vierde man
  • 1984, 1988: Preis der Jury von Avoriaz
  • 1985: Hauptpreis des Nederlands Film Festival für Flesh+Blood
  • 1985, 1992, 1999, 2006 Goldenes Kalb des niederländischen Filmfestivals
  • 1988: Saturn Award (Bester Regisseur) für RoboCop
  • 1996: Goldene Himbeere als schlechtester Regisseur für Showgirls [19]
  • 1999: Auszeichnung für den besten niederländischen Film des Jahrhunderts auf dem Nederlands Film Festival, für Turks fruit
  • 2000: Publikumspreis des Locarno International Film Festival für Hollow Man
  • 2002: DIVA-Award
  • 2002: Lifetime Achievement Award des Amsterdam Fantastic Film Festivals
  • 2006: Hauptpreis des Nederlands Film Festival für Zwartboek
  • 2006: Young Cinema Award des Filmfestivals von Venedig

Filmbeitrag

Starship Troopers (1997)

Literatur

  • Paul Verhoeven: Jesus - Die Geschichte eines Menschen. Pendo Verlag, München 2009, ISBN 978-3-86612-225-3.
  • Douglas Keesey / Paul Duncan (Hg.): Paul Verhoeven. Taschen Verlag, Köln 2005, ISBN 3-8228-3098-4.

Verweise

Fußnoten

  1. Internationales Biographisches Archiv 39/2008 vom 23. September 2008 (mf)
  2. Vgl.: MA-Journal bis KW 15/2009
  3. Vgl. Süddeutsche Zeitung, 9. August 1990
  4. Vgl.: ttt – titel, thesen, temperamente, August 1990
  5. Lexikon Regisseure und Kameraleute, 1999
  6. Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften, 10. März 1999: Starship Troopers - Entscheidung Nr. 4881
  7. „Lexikon des internationalen Films“
  8. Vgl. Süddeutsche Zeitung, 18. Juli 2008
  9. Vgl. taz, 2. August 1990
  10. Vgl. SPIEGEL, 4. Mai 1992
  11. Vgl. SPIEGEL, 26. Januar 1998
  12. Vgl. Focus (Weltnetz), 10. Mai 2007
  13. Frankfurter Allgemeine, 4. Mai 2007: „Wir wollten gegen die Hollywood-Konvention angehen“ - Wir wollten diesen amerikanischen Moralismus aufbrechen, der einfach sagt: „Das sind die Guten, das sind die Bösen.“
  14. Vgl. Süddeutsche Zeitung, 18. Juli 2008
  15. Vgl. Die Welt, 2. September 2006; Frankfurter Rundschau, 2. September 2006
  16. follow-me-now: body starship troopers
  17. „Online-Filmdatenbank“: Starship-Troopers
  18. Thiazi-Forum: Welche Filme habt ihr zuletzt gesehen? Starship Troopers Verweis defekt, gelöscht oder zensiert!
  19. Himbeere für den Film in insgesamt acht Kategorien