Binding, Rudolf
Rudolf Georg Binding ( 13. August 1867 in Basel; 4. August 1938 in Starnberg) war ein deutscher Schriftsteller, der sich bereits zur Zeit der Weimarer Republik für die nationalsozialistische Sache einsetzte.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Binding kam aus wohlhabenden Verhältnissen. Sein Vater Karl Binding entstammte einer traditionsreichen Anwaltsfamilie und war Ehrenbürger von Leipzig. 1867 in der Schweiz geboren, zog er mit seiner Familie um das Jahr 1870 herum nach Freiburg im Breisgau, um dann ins - nun wieder deutsche - Straßburg zu ziehen. Doch auch hier sollte es sie nicht lange halten und so zogen sie 1873 nach Leipzig, wo Rudolf auch zur Schule ging. Er studierte Rechtswissenschaften und Medizin in Heidelberg, Tübingen und Berlin. Im Ersten Weltkrieg war Binding Rittmeister und später Stabsoffizier. 1928 bekam er im Zuge der Olympischen Spiele in Amsterdam, die silberne Medaille für sein Werk Reitvorschrift (von 1912 bis 1948 wurden auch Medaillen für künstlerische Verdienste vergeben). Er war Ehrendoktor der Universität Frankfurt/Main.
Wirken
Nach dem Ersten Weltkrieg schrieb er Kurzgeschichten, Novellen, autobiographische Erzählungen und auch Legenden. Im Jahre 1919 wurde er mit seiner Erzählung namens Keuschheitslegende einem breiten Publikum bekannt. Er war überzeugter Patriot und würdigte in seinen Werken den männlich-soldatischen Geist, sowie die Opferbereitschaft für das Vaterland.
Von Freiheit und Vaterland
Einem deutschen Knaben
Von Rudolf G. Binding
Dir, mein Sohn, gelten diese Sätze von Freiheit und Vaterland. Denn wenn du auch jetzt noch Knabe bist - fast noch ein Kind -, so wirst du doch in wenigen Jahren zum Jüngling heranwachsen. Und da es dir das Schicksal erlaubt, ein deutscher Jüngling zu sein, so sollst du wissen, da du deutsch bist, was dein eigen ist und was nicht. Du sollst wissen, was dich stolz machen darf und was nicht. Du sollst wissen, für was du leben und auch für was du sterben darfst. Du sollst wissen, daß du das Leben lieben mußt, da du es einsetzen darfst. Du sollst das Gestirn kennen, das über dir steht als dein Schicksal, als deine Hoffnung, als dein Leitstern und als das eigentliche Gewissen deines Lebens.
Das Gestirn, das als Schicksal über dir steht und zugleich als Gewissen in dir liegt - wenn anders du ein Deutscher bist -, ist unveränderlich für alle Zeit. Kein Volk der Erde gibt es, noch hat es gegeben, das unter ihm in gleicher ewiger Verknüpfung lebt, leidet, jauchzt, weint, hofft, kämpft, unterliegt und siegt wie das deutsche. Daher nimm du, mein Sohn, diesen ersten Satz in dein junges Herz auf: daß für den Deutschen Freiheit und Vaterland untrennbar sind.
Indem ich das Wort an dich richte, richte ich es an einen deutschen Jüngling. Denn du sollst wissen, daß du nur einer unter vielen bist und durch nichts ausgezeichnet als durch das, wodurch du dich in deinem Leben selber unter dem gemeinsamen Stern bewährst und auszeichnest. Du wirst in einer höchsten und durch nichts zu überbietenden Gemeinschaft mit deinesgleichen leben, die wir Volk nennen. Und wenn du auch den Willen und den Mut haben sollst, mehr zu leisten als jeder und dadurch mehr zu sein, so bist du doch aus gleicher Saat wie die vielen deines Volkes, und jeder mag dir gleich sein und mancher dich übertreffen.
Die Gemeinschaft aber haben dein Vater und deiner Volksgenossen Väter erstmals auf den Schlachtfeldern des großen Krieges geschaut und erkämpft, haben sie dann wieder verloren sehen müssen, bis sie einer jener Kämpfer nach schweren Jahren der Ohnmacht und der Niederhaltung zu einem übermächtigen Erwachen brachte, in dem sich euer Volk neu erhob. Ihr also, ihr Jünglinge, dürft die Volksgemeinschaft schon wie eine euch überkommene Gewißheit überall walten und herrschen fühlen. Sie ist euch gegeben, und du hast sie mit allen gemeinsam zu wahren. Aber du sollst wissen, daß du dich nicht auf dieser Gemeinschaft schlafen legen darfst - als ob es etwas wäre, daß du unter Millionen ein Gleicher seist. Denn ein deutscher Jüngling zu sein ist zwar gewiß groß und herrlich, weil deutsch sein von jeher hieß: ein Mann sein und ein Wort haben. Aber "ein Mann ein Wort" als stolzeste Gleichsetzung deutscher Werte gilt für dich erst, wenn du dich als freier Mann so aufrecht fühlen darfst wie die besten deiner Väter und Vorfahren deines Volkes. An diesen und den besten Lebenden sollst du deine eigene Freiheit und dich selbst in deinem Vaterlande messen. Aber du sollst dich nicht voreilig und selbstgefällig vergangener Herrlichkeit und Größe rühmen.
Du sollst vielmehr als zweiten Satz von Freiheit und Vaterland bewahren: daß sich weder ein einzelner noch eine Volksgemeinschaft der Taten oder Errungenschaften ihrer Vorfahren nicht aus des nachfolgenden Geschlechts, das solchen Anspruch auf sie erhebt, rühmen dürfen. Dies sei das Maß bei allen deinen Taten.
Als deutsche Jünglinge, die ihr in der großen Gemeinschaft eures Volkes lebt, sollt ihr wissen: daß Freiheit und Vaterland keine leeren Worte oder Begriffe sind, die man von der Wirklichkeit abgezogen hat, sondern eine all- einige und alleinigende Wirklichkeit. Freiheit und Vaterland - sie sind keine romantischen Vorstellungen, wie sie vielleicht Jünglingen anderer Zeiten waren, sondern Dinge und Wesen, die vor euer aller Augen liegen: von euch zu erleben, zu erfahren, zu fühlen und zu schmecken, zu umwerben und zu umlieben mit allen euren Sinnen.
Du sollst in keiner Blumenwiese, an keinem Waldesrand, in keinem Ährenfeld, an keinem frischen Bach, an keinem Seeufer in West und Ost, Süd und Nord dieses Landes liegen dürfen, ohne zu wissen: dies ist freie deutsche Erde unter mir, aus der das Gefühl zu meinem Herzen steigt: ich bin ein freier Mann.
Daher sollst du zwar gewiß alles Große und Herrliche lesen und lernen, was von diesem Land je gesagt ist und gesagt werden kann, aber du sollst es auch mit eigenen Augen anschauen, erwandern, "erfahren", erobern, umschreiten in möglichst vielen Grenzen.
Du sollst erst dein Vaterland kennen - ganz: im Geruch und Atem seiner Erde - ehe du den Blick weiter lenkst. Dies ist der dritte Satz von Freiheit und Vaterland.
Das Land, das dein Vaterland ist, ist streng, nicht von der Gnade der Sonne, von der Tragwilligkeit der Erde verwöhnt, nicht von besonderen unterirdischen Reichtümern gespeist. Weder die Gunst der Geschichte noch die Wohltat natürlicher starker Grenzen sind ihm beschieden. Das sollst du wissen, damit du gerecht seiest gegen das Land, dessen Kind du bist.
Weil du aber, nach Abstammung, Geburt, Wohnung und Vaterhaus - wahrscheinlich auch nach Temperament und Neigung - ein westlicher Mensch bist, dem Rheine zugehörig, und doch - kraft deines Vaterlandes - mit jedem deines Alters im fernsten Osten, in Nord und Süd zu der großen Volksgemeinschaft vereint, in der wir leben, sollst du dein Vaterland als eine Einung großer Gegensätze und Unterschiede achten lernen. In deinem Vaterlande allein sind in der gleichen Rasse die höchsten und tiefsten Unterschiede menschlich-seelischer Kräfte ausgebildet, die in ihrer Gesamtheit den Deutschen ausmachen und ihn für die Umwelt so gewaltig, so unerklärlich und oft so unheimlich erscheinen lassen. Der Rhein, den du kennst und liebst, ist der Weg, auf dem die Kultur, das Schöne und das Heitere nach Deutschland kam. Glaube nur, daß es das Schöne ist, was der Deutsche immer wieder mit der hungernden Seele sucht, dem er nachgeht in dem fernen, glücklicheren Süden und das er ohne Gefahr, als Ausgleich des stärkeren Nordtums in ihm, in sein männliches Wesen aufnimmt. Vergegenwärtige dir etwa als Deutscher des Westens innerhalb des Gemeinsamen, daß vom Rhein - von Mainz die alles verbindende Kunst des Buchdrucks über die Welt und auch nach dem deutschen Osten drang und daß dort vom Osten, in umgekehrter Richtung jener gewaltige "kategorische Imperativ" eines deutschen Philosophen zu uns kam, der - preußischer als alles, was diesen Namen trägt - ein Befehl für die ganze Menschheit geworden ist.
Werte sie gleich innerhalb des Gemeinsamen, diese Unterschiede: die vulkanische, glühende, mühevolle, ewig pochende, stampfende, über und unter der Erde schaffende Menschenwelt der Arbeit an Sieg, Wupper und Ruhr und den gleichförmigen, nimmer müden Schritt des Bauern in der Furche des Pflugs über die weiten östlichen Äcker.
Wo Gegensätze sich im Gemeinsamen berühren: das ist Deutschland.
Als Sohn dieses deines Vaterlandes sollst du für es und seine Freiheit leben und zu sterben vermögen. Aber nur, wenn du dein Vaterland zu deiner seligsten Gewißheit, zu deinem Glauben und zu Deinem dich beherrschenden Gewissen erhoben hast, bist du sein rechter Sohn. In diese große Sohn- und Vaterschaft wird jeder deutsche Jüngling entlassen. Dieser Sohnschaft dient er. Du sollst Vater und Mutter um diese höhere Sohn- und Vaterschaft aufgeben dürfen. Denn das Vaterland darf dein Blut fordern, Vater und Mutter nicht. Was aber heißt es: das Vaterland zu deinem Gewissen machen?
Du sollst fühlen lernen:
- das, was dein Vaterland ehrt, ehrt auch dich;
- das, was dem Vaterlande dient, dient auch dir;
- das, was dem Vaterlande nützt, nützt auch dir;
- das, was dem Vaterlande not tut, tut auch dir not;
- worauf dein Vaterland stolz ist, wird auch dich stolz machen.
- Dies sei der stolzeste Satz von Freiheit und Vaterland.
Dein Vaterland aber ist nicht ohne die Freiheit. Erst wenn du frei bist, darfst du deines Landes, deiner Dichter Lieder singen. Ein Nicht-Freier kann nicht singen. Wo nähme er das Herz dazu her?
Mein Sohn, wenn du nicht für die Freiheit wirst sterben können, so kannst du auch nicht für das Vaterland sterben. Wisse für ewig: Freiheit und Vaterland sind eines. Gehe Deutschland dahin, wenn es nicht so ist.
Daß du dein Leben wagst, das gilt nicht viel - denn vielen gilt das Leben wenig, und manch einer weiß so wenig Gültiges und Schönes daraus zu machen, daß er es leicht wegwirft. Erst wenn du dein Leben für eine Herrlichkeit des Vaterlandes und der Freiheit wagst, wie sie herrlicher nicht vorstellbar ist - wenn du es an diese Freiheit und dieses Vaterland jauchzend wagst - wagst du es recht.
An dieser Herrlichkeit also schaffe. Das sei der fünfte und schwerste Satz von Freiheit und Vaterland.
Dein Vaterland ist ein Staat, in welchem ein Volk mit dem Bewußtsein einer Nation lebt. Eine Nation sein heißt oder ist ein Füreinander- oder Miteinander-Geborensein eines Volkes. Nation ist die lebendige Substanz eines Volkes in ihren Äußerungen und Wirkungen. Staat ist der Zustand, der status, die Ordnung, in die sich die Nation begibt, um ihre Äußerungen und Wirkungen zu erzeugen und auszuwerten. Der Staat aber, in dem du lebst, ist ein geeintes Reich - ein einziger Staat, der seine Ordnung in einer autoritativen, alle bindenden Führung höchster Art sieht.
Diese einfachen Dinge sollst du, ein deutscher Jüngling wissen.
Freiheit aber, deutscher Jüngling, wie du sie verstehen sollst, ist die freiwillige Einfügung oder Einordnung in eine höchste unter Menschen geltende Ordnung. Anders wäre Freiheit Unordnung und Anarchie. Fühle, daß sie das nicht sein kann. Wir leben unter dem Gewölbe der Freiheit wie unter einem weit gespannten Himmel, der über uns steht; aber wir ständen im Leeren und entfielen allen menschlichen hohen Gesetzen und Rechten, wenn wir den Himmel durchstießen.
Die Freiheit, die dir in deinem Vaterlande gehört und die du zu wahren hast, ist kein von andern Völkern übernommener Begriff oder eine Anschauung oder eine Forderung - etwa der französischen Revolution - noch eine liberale Erfindung oder eine Utopie, sondern nichts Geringeres als deutsche Manneseigenschaft von alters her.
Diese wisse und bewahre als den letzten Satz von Freiheit und Vaterland.
Ich aber sage Dir als einem Sohne Deutschlands - und sage es in dir allen deutschen Jünglingen:
Freiheit und Vaterland - wer diese Worte im Munde führen darf, muß für sie sterben können. Anderen verbietet davon zu reden!
Schriften (Auswahl)
- Frankfurt am Main, zwei Aufsätze (1900) (PDF-Datei)
- An eine Geliebte – Briefe für Joi.
- Dies war das Maß. Die gesammelten Kriegsdichtungen und Tagebücher.
- Reitvorschrift für eine Geliebte
- Der Opfergang. Eine Novelle. (Netzbuch und einzelne Seiten als PDF-Dateien speicherbar) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar! (HTML-Version)
- Der Wingult (Novelle) (HTML-Version)
- Das große Rudolf-G.-Binding-Buch. Eine Auswahl aus dem Werk.
- Moselfahrt aus Liebeskummer, Novelle einer Landschaft.
- Wir fordern Reims zur Übergabe auf.
- Coelestina: Eine Märchenlegende. (HTML-Version)
- Sankt Georgs Stellvertreter: Legende. (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!
- Legenden der Zeit (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!
- Keuschheitslegende (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!
- Stolz und Trauer (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!
- Unsterblichkeit (Netzbuch und einzelne Seiten als PDF-Dateien speicherbar) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar! (HTML-Version)
- Die Geige, Vier Novellen (Netzbuch und einzelne Seiten als PDF-Dateien speicherbar) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar! (HTML-Version)
- Gedichte (Netzbuch und einzelne Seiten als PDF-Dateien speicherbar) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!
- Aus dem Kriege, 1929
- Antwort eines Deutschen an die Welt, 1933
- Sechs Bekenntnisse zum neuen Deutschland, 1933
- Georg Kolbe, Kunstbücher des Volkes - Band 2,1933
- Das Heiligtum der Pferde: Hier ist Trakehnen, 1935
- Von der Kraft deutschen Worts als Ausdruck der Nation, 1936
- Rufe und Reden, 1938
- Wunder der Sprache, 1938
- Von Freiheit und Vaterland, 1940
- Vom Adel des Menschen
- Erlebtes Leben (Autobiographie) (HTML-Version)
Literatur
- Walter Grupe: Rudolf G. Binding. Ein Künder deutscher Gottschau, 1936