Schütte, Johann
Johann Heinrich Karl Schütte ( 26. Februar 1873 in Osternburg bei Oldenburg; 29. März 1940 in Dresden) war ein deutscher Schiffbauingenieur, Luftschiffkonstrukteur, Unternehmer. Gemeinsam mit Karl Lanz war er Gründer der Luftschiffbau Schütte-Lanz.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Im Jahre 1892 erfolgte seine Immatrikulation an der Technischen Hochschule Berlin Charlottenburg und am 2. Februar 1898 der Abschluß des Schiffbaustudiums. Danach war er beim Norddeutschen Lloyd und an der Hochschule in Danzig tätig.
Er führte umfassende Untersuchungen zu Schiffsformen und den Rollbewegungen von Schiffen durch und galt durch diese Erkenntnisse als Experte im Bereich der Hydrodynamik. Außerdem erfand Schütte den Pallographen, der zur Messung von Schiffsschwingungen diente sowie den Schütte-Kessel, einen neuartigen Schiffszylinderkessel.
In der Zeit von 1908 bis 1914 widmete er sich verstärkt dem Luftschiffbau und brachte auch hier Verbesserungen des Starrluftschiffs hervor. Sein Unternehmen baute zwei Luftschiffe (SL1 und SL2), die sich von den herkömmlichen unter anderem durch ihre stromlinienförmigen Körper unterschieden. Die neuartige Gerippekonstruktion aus Holz führte zu einer verbesserten Aerodynamik und folglich zu einer größeren Geschwindigkeit. Schütte-Lanz-Luftschiffe waren in vielen Bereichen den Zeppelin-Luftschiffen voraus, konnten jedoch nicht an deren Erfolge anknüpfen.
Zur Person
Von 1924 bis 1926 wirkte Johann Schütte als Honorarprofessor und von 1926 bis zu seiner Emeritierung 1938 als ordentlicher Professor für Entwerfen von Schiffen (Schiffbau und Luftschiffbau sowie Luftfahrzeugbau) in den Lehrgebieten Schiffbau und Luftfahrt in der Fachabteilung für Schiff-, Schiffsmaschinen- und Luftfahrzeugbau in der Fakultät III für Maschinenwirtschaft (ab 1928 Fakultät III für Maschinenwesen) an der Technischen Hochschule zu Berlin. Als 1926 Walter Laas seine Professur niederlegte und in den Vorstand des Germanischen Loyd in Berlin eintrat übernahm Johann Schütte sein Lehrgebiet.
Wissenschaftliche Schwerpunkte
Johann Schütte gilt als Erfinder der Stromlinienform, darüber hinaus erfand er einen Schwingungsmesser und konstruierte einen raum- und gewichtssparenden, schnell aufheizbaren Schiffskessel.
Gremientätigkeiten und Mitgliedschaften
- 1919 bis 1935: Vorsitzender der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Luftfahrt
- 1930 bis 1939: Vorsitzender der Schiffbautechnischen Gesellschaft
Neue Deutsche Biographie
- S. besuchte 1879-92 die Oberrealschule in Oldenburg und studierte danach Schiffbau an der TH Charlottenburg, wo er 1898 die Bauführerprüfung, 1902 die Prüfung zum Diplomingenieur bestand. Schon während seines Studiums war S. 1897 beim „Norddeutschen Lloyd“ eingestellt worden. Nachdem er 1899 nachgewiesen hatte, daß der gerade gelieferte Schnelldampfer „Kaiser Friedrich“ aufgrund seiner ungünstigen Hinterschiffsform die vertraglich vereinbarte Geschwindigkeit nicht erreichen konnte, beauftragte ihn der Lloyd mit dem Bau einer Schleppmodell-Versuchsstation in Bremerhaven, um die hydrodynamisch günstigsten Formen für die Hochseeschiffe des Lloyd zu ermitteln. Dank S.s Einsatz konnte dieses Laboratorium schon 1900 als „Abteilung für Schiffhautechnische Versuche“ eröffnet werden. Als Leiter der damals einzigen derartigen Einrichtung im Dt. Reich, wurde S. bald zum Experten für Fragen des Wasserwiderstandes unterschiedlicher Rumpfformen und der jeweils erzielbaren Geschwindigkeit. Neben seiner Tätigkeit beim Lloyd engagierte sich S. an führender Stelle beim Bau der ersten dt. Kabelleger und wurde zeitweilig zum schiffbautechnischen Berater von Ghzg. Friedrich August v. Oldenburg. Darüber hinaus erfand er einen Pallographen zur Messung von Schiffsschwingungen und den „Schütte-Kessel“, einen für kleinere, wendige Schiffe besonders geeigneten Schiffszylinderkessel, für den er 1904 auf der Weltausstellung in St. Louis eine Goldmedaille erhielt. Im Mai desselben Jahres ernannte ihn Ks. Wilhelm II. zum Professor für „Theorie des Schiffes und Entwerfen von Schiffen“ an der neugegründeten TH Danzig, wo er bis 1922 erfolgreich wirkte. Seine Pläne zur Errichtung einer Versuchsanstalt für Schiffbau scheiterten allerdings Ende 1907 an den hohen Kosten. Hinzu kam, daß S. 1909 bei dem in der Schiffbauindustrie und bei großen Reedereien einflußreichen Großherzog von Oldenburg aus privaten Gründen in Ungnade fiel.
- Solchermaßen zu einer Neuorientierung gezwungen, beschäftigte sich S. nach dem Unglück des Zeppelin-Luftschiffs LZ 4 Anfang Aug. 1908 intensiver mit der Luftschiffahrt. Bereits im Herbst 1908 entwickelte er die Pläne für ein eigenes Luftschiff, das sich u. a. durch seine aerodynamische Form und sein Gerippe aus Holz auszeichnete. Im Frühjahr 1909 konnte S. den Luftfahrtmäzen →Karl Lanz (1873–1921), Inhaber einer Mannheimer Landmaschinenfabrik, als finanzkräftigen Investor gewinnen, und es kam zur Gründung der Firma „Luftschiffbau Schütte-Lanz“ mit Sitz in Mannheim-Rheinau. Nach einer Bauzeit von zweieinhalb Jahren startete S.s erstes Luftschiff „SL 1“ am 17.10.1911 zu seiner Jungfernfahrt und wurde anschließend von S. und seinen Ingenieuren intensiv erprobt. Seit Ende 1912 im Dienst des preuß. Heeres, bewies das Schiff bis zu seiner Zerstörung in einem Sturm im Juli 1913 seine Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit. Sein Nachfolger, der „SL 2“, übertraf bei seiner Erprobung 1914 deutlich alle an ihn gestellten technischen Leistungsanforderungen, erwies sich als leistungsfähiger und moderner als alle damals in Dienst befindlichen Luftschiffe. Dadurch wurde S. zum stärksten Konkurrenten Zeppelins und zu einem der weltweit führenden Experten in der Aerodynamik und im Starrluftschiffbau. Im 1. Weltkrieg wurde er mit zwanzig Luftschiffen der zweitgrößte Produzent von militärischen Groß-Luftschiffen des starren Typs, welche u. a. für die Bombardierung von Zielen in England eingesetzt wurden.
- S. erkannte schon 1910 die technischen Möglichkeiten des Flugzeugs und sorgte zunächst für die Entwicklung von Prototypen in Rheinau. Während des 1. Weltkriegs wurden auf dem Gelände der 1916 eröffneten großen Werft in Zeesen bei Königswusterhausen einige hundert Aufklärer, Jagdflugzeuge und Fernbomber in Lizenz gefertigt. Nach Kriegsende litt der dt. Luftschiffbau unter Auftragsmangel. S.s Verhandlungen mit ausländischen Unternehmen über den Verkauf und die Verwertung seiner Luftschiffpatente, den Bau von Luftschiffen und die Einrichtung von inter- und intrakontinentalen Luftschifflinien scheiterten. Ein gleichzeitig geführter Patentrechtsstreit mit der Fa. Zeppelin endete 1924 mit einem für S. ungünstigen Vergleich, was ihn zwang, Konkurs anzumelden. Als zur selben Zeit auch noch sein Sohn starb, zog sich S. aus dem Wirtschaftsleben zurück, versuchte aber bis 1935, seine Luftschiffpatente zu verwerten. Daneben war er von 1927 bis zu seiner Emeritierung 1938 als Professor für Schiffbau an der TH Berlin-Charlottenburg tätig.[1]
Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)
- 1904: Oldenburgischer Haus- und Verdienstorden des Herzogs Peter Friedrich Ludwig, Ritterkreuz I. Klasse
- 1906: Preußischer Kronenorden, IV. Klasse
- 1906: Orden von Oranien-Nassau, Offizierkreuz
- Roter Adlerorden, IV. Klasse mit der Krone[2]
- 1913: preußischer Geheimer Regierungsrat
- Franz-Joseph-Orden
- Dezember 1917: Ernennung zum Ehrendoktor der Technischen Hochschule zu Berlin (Dr.-Ing. E. h.)
- 1922: Ernennung zum Ehrenbürger der Technischen Hochschule Danzig
- 1938 : Ernennung zum Ehrensenator der Technischen Hochschule Berlin
Werke (Auswahl)
- Untersuchungen über Hinterschiffsformen, speziell über Wellenaustritte, in: Jahrbuch der Schiffbautechnischen Gesellschaft, Heft 2, 1902, S. 332–70
- Einfluß auf den Widerstand und der Rollbewegung der Schiffe in ruhigem Wasser, in: Jahrbuch der Schiffbautechnischen Gesellschaft, Heft 4, 1903, S. 341–78
- Der Luftschiffbau Schütte-Lanz 1909-1925, 1926 (Nachdruck im Oldenbourg-Verlag, München 1984)
Literatur
- Joh. Friedrich Jahn: „Technischer Nachlaß Johann Schütte. Ein Bericht“, 1978
- Jürgen Bleibler, Zeppelin-Museum: „Der Traum vom Fliegen. Johann Schütte, ein Pionier der Luftschiff-Fahrt“, ISBN 3-89598-693-3