Schlußwort im Nürnberger Prozeß: Joachim von Ribbentrop

Aus Metapedia
Wechseln zu: Navigation, Suche
Quelle
Folgender Text ist eine Quellenwiedergabe. Unter Umständen können Rechtschreibfehler korrigiert oder kleinere inhaltliche Fehler kommentiert worden sein. Der Ursprung des Textes ist als Quellennachweis angegeben.
Joachim von Ribbentrop mit seinem Sohn

Dieser Prozeß sollte zur Erforschung der geschichtlichen Wahrheit geführt werden.

Vom Standpunkt der deutschen Außenpolitik kann ich nur sagen: Dieser Prozeß wird in die Geschichte eingehen als ein Musterbeispiel, wie man unter Berufung auf bisher unbekannte juristische Formeln und auf die Fairneß um die Kardinalprobleme von 25 Jahren schwerster Menschheitsgeschichte herumgehen kann.

Wenn die Wurzeln unseres Übels in Versailles liegen – und sie liegen dort – war es dann wirklich zweckmäßig, eine Auseinandersetzung über einen Vertrag zu inhibieren, den schon die Einsichtigen unter seinen Urhebern als die Quelle künftigen Übels bezeichnet hatten und während die Gescheitesten schon damals voraussagten, über welchen Fehler von Versailles es zu einem neuen Weltkrieg kommen würde.

Über 20 Jahre meines Lebens habe ich der Beseitigung dieses Übels gewidmet mit dem Ergebnis, daß ausländische Staatsmänner, die darum wußten, heute in ihren Affidavits schreiben, sie hätten mir das nicht geglaubt. Sie hätten schreiben müssen, daß sie mir im Interesse ihres Landes das nicht glauben dürfen.

Man macht mich für die Führung der Außenpolitik verantwortlich, die ein anderer bestimmte. Ich weiß von ihr immerhin so viel, daß sie sich niemals mit Weltherrschaftsplänen beschäftigte, wohl aber zum Beispiel mit der Beseitigung der Folgen von Versailles und mit der Ernährungsfrage des deutschen Volkes.

Wenn ich bestreite, daß diese deutsche Außenpolitik einen Angriffskrieg geplant und vorbereitet habe, so ist das keine Ausrede. Diese Wahrheit wird bewiesen durch die Tatsache, welche Stärke im Verlauf des zweiten Weltkrieges wir entfalteten und wie schwach wir dagegen zu Beginn dieses Krieges waren. Die Geschichte wird es uns glauben, wenn ich sage, daß wir einen Angriffskrieg ungleich besser vorbereitet haben würden, sofern wir ihn tatsächlich beabsichtigt hätten.

Was wir beabsichtigten war, unsere elementaren Daseinsbedingungen wahrzunehmen, genauso wie England seine Interessen wahrgenommen hat, um sich ein Fünftel der Welt Untertan zu machen, wie die USA einen ganzen Kontinent und Rußland, die größte Binnenländermasse der Erde, unter ihre Hegemonie brachten.

Der einzige Unterschied der Politik dieser Länder zu der unseren lag darin, daß wir die gegen jedes Recht uns genommenen Länderpartikel, wie Danzig und den Korridor, beanspruchten, während jene Mächte nur in Kontinenten zu denken gewohnt sind.

Vor der Errichtung des Statuts dieses Gerichtshofs müssen wohl auch die Signatarmächte des Londoner Abkommens andere Absichten über Völkerrecht und Politik gehabt haben als heute.

Als ich 1939 nach Moskau zu Marschall Stalin kam, besprach er mit mir nicht die Möglichkeiten einer friedlichen Beilegung des deutsch-polnischen Konfliktes im Rahmen des Briand-Kellogg-Paktes, sondern er ließ durchblicken, wenn er zur Hälfte Polens und den baltischen Ländern nicht noch Litauen mit dem Hafen Libau bekäme, könne ich wohl gleich wieder zurückfliegen.

Das Kriegführen galt dort offensichtlich 1939 auch noch nicht als ein internationales Verbrechen gegen den Frieden, sonst könnte ich mir Stalins Telegramm nach Abschluß des Polenfeldzuges nicht erklären, dieses lautet – ich zitiere: „Die Freundschaft Deutschlands und der Sowjetunion, begründet durch gemeinsam vergossenes Blut, hat alle Aussicht darauf, dauerhaft und fest zu sein.“

Ich möchte das hier unterstreichen und betonen: Auch ich habe diese Freundschaft damals heiß gewünscht. Von derselben ist heute für Europa und die Welt nur noch das Kernproblem geblieben: Wird Asien Europa beherrschen, oder werden die Westmächte den Einfluß der Sowjets an der Elbe, an der Adriatischen Küste und an den Dardanellen aufhalten oder gar zurückdrängen können?

Mit anderen Worten, Großbritannien und die USA stehen heute praktisch vor dem gleichen Dilemma, wie Deutschland zur Zeit der von mir geführten Verhandlungen mit Rußland. Ich hoffe von ganzem Herzen für mein Land, daß sie im Ergebnis erfolgreicher sein mögen.

Was ist nun in diesem Prozeß über den kriminellen Charakter der deutschen Außenpolitik schon bewiesen worden? Daß von über 300 vorgelegten Verteidigungsurkunden 150 ohne stichhaltige Begründung abgelehnt wurden. Daß die Archive der Gegenseite und sogar die deutschen für die Verteidigung unzugänglich waren. Daß Churchills freundliche Andeutung mir gegenüber, ein zu starkes Deutschland werde vernichtet werden, für die Beurteilung der Motive der deutschen Außenpolitik vor diesem Forum für unerheblich erklärt wird.

Eine Revolution wird nicht verständlicher, wenn man sie unter dem Gesichtspunkt einer Verschwörung betrachtet.

Das Schicksal hat mich zu einem der Exponenten dieser Revolution gemacht. Ich beklage die mir hier bekanntgewordenen scheußlichen Verbrechen, die diese Revolution beschmutzen. Ich vermag sie aber nicht alle an puritanischen Moralmaßstäben zu messen, um so weniger, nachdem ich gesehen habe, daß auch die Gegenseite trotz eines totalen Sieges Scheußlichkeiten größten Ausmaßes weder verhindern konnte noch will.

Man mag zur Theorie der Verschwörung stehen wie man will, für den kritischen Beobachter ist sie eine Verlegenheitslösung. Wer an entscheidender Stelle im Dritten Reich gewirkt hat, weiß, daß sie einfach eine geschichtliche Unwahrheit darstellt, und der Vater des Statuts dieses Gerichtshofs beweist mit seiner Erfindung nur, welchem Milieu sein Denken entspringt.

Ich könnte ebensogut behaupten, daß die Signatarmächte dieses Statuts eine Verschwörung zur Unterdrückung elementarster Bedürfnisse eines hochentwickelten, tüchtigen und tapferen Volkes gebildet hätten. Wenn ich auf mein Tun und Wollen zurückblicke, so kann ich nur schließen: Das einzige, dessen ich mich vor meinem Volke, und nicht vor diesem Gericht, schuldig fühle, ist, daß mein außenpolitisches Wollen ohne Erfolg geblieben ist.

Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg, Nürnberg 1947, Bd. 22, S. 426 f. (Zeno)


Schlußworte im Nürnberger Prozeß