Schlußwort im Nürnberger Prozeß: Walther Funk

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Quelle
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In Zeiten schwerster Not meines Volkes habe ich mich der politischen Bewegung angeschlossen, deren Ziel der Kampf für die Freiheit und die Ehre meines Vaterlandes und für eine wahre soziale Volksgemeinschaft war.

Diese Bewegung erhielt auf legalem Wege die Führung des Staates.

Diesem Staat habe ich gedient auf Grund meiner Dienstpflicht als Beamter und in Vollzug der deutschen Gesetze.

An diese Pflichterfüllung fühlte ich mich in erhöhtem Maße gebunden in Zeiten der Kriegsgefahr und im Kriege selbst, in welchem die Existenz des Vaterlandes auf das höchste bedroht war. Im Kriege aber ist der Staat unbedingt auf die Treue und Loyalität seiner Beamten angewiesen.

Nun sind hier grauenvolle Verbrechen bekanntgeworden, in die zum Teil auch die von mir geleiteten Behörden hineingezogen wurden. Das habe ich erst hier vor Gericht erfahren. Ich habe diese Verbrechen nicht gekannt und nicht zu erkennen vermocht. Diese verbrecherischen Taten erfüllen mich wie jeden Deutschen mit tiefer Scham.

Ich habe mein Gewissen und mein Gedächtnis auf das sorgfältigste geprüft, ich habe dem Gericht offen und ehrlich alles gesagt, was ich wußte, und ich habe nichts verschwiegen. Auch hinsichtlich dieser SS-Depots bei der Reichsbank handelte ich in Erfüllung der mir als Präsident der Reichsbank obliegenden Amtspflichten. Die Annahme von Gold und Devisen gehörte nach den gesetzlichen Bestimmungen zu den geschäftlichen Aufgaben der Reichsbank. Daß die Beschlagnahme dieser Werte durch die Himmler unterstehenden SS-Organe erfolgte, konnte in mir keinen Verdacht aufkommen lassen. Himmler unterstand die gesamte Polizei, die Grenzkontrolle und insbesondere auch die gesamte Devisenfahndung im Reich und in allen besetzten Gebieten; aber ich bin hier von Himmler getäuscht und hintergangen worden. Ich habe bis zu diesem Prozeß nicht gewußt und nicht geahnt, daß unter den bei der Reichsbank eingelieferten Werten sich Riesenmengen von Perlen, Edelsteinen, Schmuck, Goldsachen sogar Brillengestelle und – entsetzlich zu sagen – Goldzähne befanden. Das ist mir niemals mitgeteilt worden, und ich habe es auch niemals wahrgenommen. Ich habe diese Dinge nie gesehen.

Ich wußte aber bis zu diesem Prozeß ebenfalls nichts davon, daß Millionen von Juden in Konzentrationslagern oder durch Einsatzkommandos im Osten ermordet worden sind.

Niemals hat ein Mensch auch nur ein Wort mit mir über diese Dinge gesprochen. Die Existenz derartiger Vernichtungslager war mir völlig unbekannt. Ich kannte keinen einzigen dieser Namen. Ich habe auch niemals ein Konzentrationslager betreten.

Daß die bei der Reichsbank abgelieferten Gold-und Devisenwerte zum Teil auch aus Konzentrationslagern stammten, habe auch ich angenommen und das habe ich von Anfang an bei allen Vernehmungen auch offen gesagt. Aber jedermann mußte nach deutschem Gesetz solche Werte abliefern.

Im übrigen waren mir Art und Umfang auch dieser Lieferungen der SS nie bekanntgegeben worden. Wie konnte ich aber auch nur ahnen, daß die SS diese Werte im Wege der Leichenschändung erworben hatte!

Hätte ich diese grauenvollen Zusammenhänge gekannt, so hätte meine Reichsbank niemals solche Werte zur Aufbewahrung und zur Verwertung angenommen! Ich hätte dies abgelehnt, selbst auf die Gefahr hin, daß es mich den Kopf gekostet hätte. Wenn ich diese Verbrechen gekannt hätte, dann würde ich, meine Herren Richter, hier heute nicht auf dieser Anklagebank sitzen, davon können Sie überzeugt sein.

Dann würde mir die Erde leichter sein als dieses qualvolle Leben, dieses Leben voll von Verdächtigungen, Verleumdungen und gemeinen Beschuldigungen.

Durch von mir angeordnete Maßnahmen ist kein Mensch ums Leben gekommen.

Fremdes Eigentum habe ich stets geachtet. Immer war ich darauf bedacht, Menschen in der Not zu helfen und, soweit dies in meinen Kräften stand, Glück und Freude in ihr Dasein zu bringen. Und dafür wer den mir auch viele dankbar sein und bleiben.

Das menschliche Leben besteht aus Irrtum und Schuld.

Auch ich habe in vielem geirrt, auch ich habe mich in vielem täuschen lassen, und ich gestehe offen, ich gebe dies zu, allzu leicht habe ich mich täuschen lassen und bin in vielem viel zu unbekümmert und zu gutgläubig gewesen. Darin ersehe ich meine Schuld; aber von einer strafrechtlichen Schuld, die ich durch pflichtgemäße Führung meiner Ämter begangen haben soll, fühle ich mich frei.

In dieser Hinsicht habe ich heute am Ende dieses Prozesses genauso ein reines Gewissen als an dem Tage, als ich vor zehn Monaten zum erstenmal diesen Gerichtssaal betreten habe.

Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg, Nürnberg 1947, Bd. 22, S. 440 ff. (Zeno)


Schlußworte im Nürnberger Prozeß