Stille SMS
Als stille SMS (engl. auch stealth ping oder silent SMS) wird eine spezielle Form einer über SMS gesendeten Kurznachricht bezeichnet, welche nicht auf dem Bildschirm des Mobiltelefons angezeigt wird und kein akustisches Signal auslöst. Beim Mobilfunkanbieter fallen jedoch Verbindungsdaten an, die anschließend ausgewertet werden können. Ursprünglich sollte der Dienst für Sonderdienste der Netzbetreiber eingesetzt werden, wird heute aber hauptsächlich zur Ortung und unbemerkten Überwachung von Zielpersonen verwendet.
Inhaltsverzeichnis
Erläuterung
Funktionsweise zur Ortung von Zielpersonen
Funkzellenermittlung in der Bundesrepublik Deutschland
„Stille SMS“ werden z. B. von Ermittlungsbehörden zur Ortung von mobilen Telefonen oder zur Erstellung von Bewegungsprofilen[1] verwendet. Am häufigsten wird die „stille SMS“ von den Behörden der Zollfahndung (2012: 199.023), des „Verfassungs“schutzes (2014: ca. 195.000)[2] und des BKA (2. HJ 2015: ca. 117.000)[3] genutzt.
Schon in den Jahren von 2007 bis 2012 haben Bundesbehörden insgesamt 1,7 Millionen stille SMS verschickt, um Besitzer von Mobiltelefonen zu orten.[4] Im Jahr 2012 wurden 328.572 Ortungen durch Ermittlungsbehörden („Verfassungs“schutz, Bundeskriminalamt, Bundespolizei und Zoll) vorgenommen, davon stammten 138.779 Ortungen vom Zoll.[5] Im ersten Halbjahr 2013 waren es 264.648.[5][6] Im ersten Halbjahr 2015 ging der Versand stiller SMS zurück,[7] stieg im zweiten Halbjahr dagegen stark an.[3] Die aktuellen Statistiken belegen einen weiteren sehr starken Anstieg des Versandes von stillen SMS durch den Bundes„verfassungs“schutz.[8]
BRD-Paragraphen
Das Bundeskriminalamt bezieht sich auf §§ 100a und 100b der Strafprozeßordnung sowie auf § 20l des Bundeskriminalamtgesetzes (präventiv). Das Bundesinnenministerium hingegen beruft sich für die Behörden der Strafverfolgung auf § 100g der Strafprozeßordnung und für den „Verfassungs“schutz auf die §§ 1, 3 des Artikel-10-Gesetzes.[9][10] Es ist in der juristischen Diskussion, ob für Stille SMS überhaupt eine Ermächtigungsgrundlage besteht.[11] Der Oberstaatsanwalt Stuttgarts mahnte 2003 den Generalstaatsanwalt an, daß Auskünfte über Standortdaten eines im Standby-Betrieb befindlichen Handys nur streng im Rahmen des Paragraphen 100 a erlaubt seien. Andernfalls halte er eine Erstellung eines Bewegungsprofils durch heimliches Herstellen einer Verbindung für unzulässig.[12]
Nutzung durch den BRD-„Verfassungs“schutz
Auch die Landesbehörden für „Verfassungs“schutz nutzen das Verfahren: Das Innenministerium Nordrhein-Westfalens legte 2011 Zahlen vor. Demnach erhielten im bevölkerungsreichsten BRD-Bundesland 2.644 Anschlußinhaber insgesamt 255.784 „Ortungsimpulse“, um ihren Aufenthaltsort bestimmen zu können. Für die stille SMS nutzen die Polizeibehörden eine eigene Software und entsprechende „SMS-Server“. Die Funkzellenauswertung und das Versenden von Ortungsimpulsen sind laut Innenministerium des Landes rechtlich wie technisch unterschiedliche Maßnahmen.[13] Die Bundesbehörden und Landesbehörden können von den Mobilfunkbetreibern die Herausgabe sämtlicher Daten verlangen. Der Chaos Computer Club sprach von einer „Ortungswanze“.
Schutzmaßnahmen
Die unerkennbaren Nachrichten von stillen SMS werden von den anvisierten Endgeräten automatisch beantwortet. Es gibt keine Funktion, mit der sich dies abstellen ließe. Selbst wenn das Mobiltelefon ausgeschaltet ist, kann es seinen Standort mitteilen.
Die einzigen bisher bekannten Möglichkeiten, eine Ortung wirkungsvoll zu verhindern, sind:
- Entfernen des Akkus (sofern möglich)
- Entfernen der SIM-Karte
Nach allem ist ein Mobiltelefon auch als mobile Wanze anzusehen.
Nimmt man es zu politischen Veranstaltungen, Aufmärschen, Demonstrationen, politischen Stammtischen mit oder sollen absolut verschwiegene Unterhaltungen geführt werden, kompromittiert das Gerät seine Besitzer. Als Mindestschutz ist es ratsam, wenigstens eine Stunde vor Aufbruch zu einem Treffen die oben angegebenen Möglichkeiten zu nutzen.
Filmbeiträge
Siehe auch
Verweise
- Zur Ortung von Verdächtigen: Sicherheitsbehörden verschicken über 600.000 „stille SMS“, Epoch Times, 16. August 2017
- Stille SMS erkennen: Infos zur geheimen Staatsüberwachung, CHIP Magazin, 14. November 2022