Böhler, Lorenz

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Prof. Dr. Lorenz Böhler

Lorenz Böhler (Lebensrune.png 15. Januar 1885 in Wolfurt, Vorarlberg; Todesrune.png 20. Januar 1973 in Wien) war ein deutscher Arzt, Universitätsprofessor, Schöpfer der modernen Unfallchirurgie sowie Sanitätsoffizier der Gemeinsamen Armee, der k. u. k. Armee, des Bundesheeres und der Wehrmacht, als Oberstabsarzt Beratender Facharzt des OKH und der Militärärztlichen Akademie Berlin, zuletzt Oberfeldarzt der Reserve des Heeres und Träger des Ritterkreuzes des Kriegsverdienstkreuzes im Zweiten Weltkrieg.

Dr. Böhler forderte auch im Zweiten Weltkrieg Sonderlazarette für die Versorgung schwerer Schußfrakturen, die sich schon im Ersten Weltkrieg als besonders erfolgreich herausgestellt hatten. Das von ihm geleitete Unfallkrankenhaus in Wien 20 galt lange Zeit als Muster für ähnliche Anstalten in der ganzen Welt. Er gründete und leitete auch das Rehabilitationszentrum „Medizinische Rehabilitation Stollhof“ in Klosterneuburg.

Werdegang

Lorenz Böhler in der k. u. k. Armee.jpg
Lorenz Böhler als Chirurg.jpg
Von links: Oberfeldarzt der Reserve Prof. Dr. Lorenz Böhler, SS-Brigadeführer und Generalmajor der Waffen-SS Prof. Dr. med. Karl Brandt (Generalkommissar des Führers für das Sanitäts- und Gesundheitswesen) und Generalstabsarzt Dr. med. Arthur Zimmer (Korpsarzt beim Stellvertretenden Gen.-Kdo XVII. Armee-Korps und Wehrkreis-Arzt Wien).
Prof. em. Dr. Adolf Lorenz und Professor Dr. Lorenz Böhler (rechts), 1944
Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft für Adolf Lorenz, 22. April 1944; in der zweiten Reihe Lorenz Böhler, direkt hinter ihm Heinz Rühmann.
Familie Böhler-Ehrengrab auf dem Friedhof Döbling

Lorenz Böhler, Begründer der Unfallchirurgie wurde 1885 geboren und stammt aus Wolfurt in Vorarlberg. 1896 besuchte er das fürstbischöfliche Knabenseminar in Brixen. Nach zwei Jahren wechselte er als Koststudent in das Gymnasium in Bregenz, die Matura legte Böhler 1905 ab. Im selben Jahr begann er in Wien Medizin zu studieren (bis Herbst 1909). Besonders wesentlich für seine Entwicklung waren die Erfahrungen, die er als Militärarzt im Lazarett von Bozen während des Ersten Weltkrieges sammelte.

„Durch den großflächigen Einsatz kam es im Ersten Weltkrieg gehäuft zu bis dahin nicht aufgetretenen Verletzungen im Gesicht. Mit einem Schlag waren Konzepte notwendig, um Gesichter zu rekonstruieren.“ — Univ.-Prof. Michael Kunze, Sozialmediziner, MedUni Wien

Als er 1916 zum Leiter dieses Lazarettes für Leichtverletzte wurde, begann er mit dessen Neuorganisation. Aufgrund seiner großen Erfolge bei der Behandlung von schweren Schußbrüchen wurde diese medizinische Versorgungseinrichtung bereits im Herbst desselben Jahres in eine „Spezialabteilung für Knochenschußbrüche und Gelenkschüsse“ umgewandelt. Seine dort während des Krieges geleistete Arbeit wurde schon ein Jahr später in einer Qualifikationsbeschreibung als bahnbrechend bezeichnet.

Nach Kriegsende konnte Böhler den Vorstand der Arbeiterunfallversicherung davon überzeugen, daß durch planmäßige, sachgerechte Behandlung von Frischverletzten die Ausgaben der Anstalt wesentlich verringert werden könnten. Er forderte daher die Einrichtung eines entsprechenden Krankenhauses und die Möglichkeit zu einem wissenschaftlichen Ausbau seiner Behandlungsmethoden. So entstand 1925 das erste Wiener Unfallkrankenhaus, dessen Primarius und Direktor Prof. Dr. Böhler bis 1963 war. Diesem folgte das neu errichtete „Unfallkrankenhaus Lorenz Böhler“, das im November 1972 eröffnet wurde.

Dienststellen und Werdegang (Auswahl)

Lorenz Böhler.png
  • Herbst 1909 halbjährige militärische Ausbildung mit dem Chargendienstgrad Unterjäger (Korporal) beim 4. Regiment der Tiroler Kaiserjäger in Bregenz
  • 1. Juli 1911 nach dem Staatsexamen an der Universität Wien zum Dr. med. (Doktor der gesamten Heilkunde) promoviert
  • 1. September 1911 Operationszögling an der Zweiten Chirurgischen Universitätsklinik Wien (Prof. Hochenegg)
  • Ende 1911/Frühjahr 1912 Schiffsarzt bei der Austria-Americana nach Brasilien und Argentinien
  • 1. Mai 1912 eingerückt als k. u. k. Assistenzarztstellvertreter im Garnisonspital 24 in Ragusa, 5 Monate in Kroatien
  • Herbst 1912 Sekundärarzt in der Chirurg. Abteilung Bozen (Primarius Dr. Hepperger)
  • März 1913 Sekundararzt am Krankenhaus Tetschen an der Elbe (Primarius Dr. Greussing), zugleich Schularzt
  • März 1914 mit Ehefrau an Bord der „Imperator“ zum Internationalen Chirurgen-Kongreß nach Neu York, frühzeitige Rückkehr nach dem Attentat von Sarajevo
  • 10. August 1914 k. u. k. Assistenzarzt der Reserve im k. u. k. Feldhaubitz-Regiment „Ritter von Krobatin“ Nr. 14 in Vill bei Neumarkt in Südtirol, später in das Feldspital 4/14 nach Linz versetzt
  • Sommer 1915 k. u. k. Oberarzt der Reserve (außer der Rangtour) in der Divisions-Sanitäts-Anstalt Nr. 8 der Tiroler Kaiserjäger in Innsbruck
  • Juli 1915 Dienst an der Isonzofront
  • 18. September 1915 mit dreißig Jahren zum jüngsten Regimentsarzt der k. u. k. Armee ernannt
  • Januar 1916 schwer erkrankt, zwei Monate Genesungsurlaub in Brixen und Innsbruck
  • 1. August 1916 Chefarzt des Reserve-Lazaretts für Leichtverwundete im ehemaligen Dominikanerkloster Bozen, später Umbenennung in „Spezialabteilung für Knochenschußbrüche und Gelenkschüsse“, bis Kriegsende 1214 Frakturen geheilt
    • Für kurze Zeit geriet Böhler 1918 in Kriegsgefangenschaft und wurde als beratender Chirurg der italienischen Militärspitäler herangezogen. Ein halbes Jahr nach Kriegsende wurde das Lazarett geschlossen.
  • 1919 Praxis der Allgemeinchirurgie in einer Villa in Gries bei Bozen, wo die Familie seit mindesten 1917 wohnte
  • Mai 1924 Primarius (Chefchirurg) am Brixner Spital, Südtirol
  • 1924 Stabsarzt der Reserve des Bundesheeres
  • 1. Dezember 1925 Chefarzt (ärztlicher Direktor) des Unfall-Krankenhauses der Arbeiterunfallversicherung, Wien, Webergasse 2 bis 6
  • 1926 Facharzt für Chirurgie
  • 1929 Veröffentlichung von „Die Technik der Knochenbruchbehandlung“, 13 Auflagen
  • 29. März 1930 Böhler habilitierte sich für Chirurgie an der medizinischen Fakultät der Universität Wien; Dozent an der Universität Wien
  • 1930 Vortragsreisen nach VSA, Benelux, Skandinavien und Großbritannien
  • 1936 Außerordentlicher Professor in Wien; Titel verliehen durch den Bundespräsidenten
  • 1939 Eintritt in die Wehrmacht als Sanitätsoffizier, zuerst Stabsarzt, dann Oberstabsarzt, schließlich Oberfeldarzt der Reserve; u. a. Oberfeldführer der Landesstelle XVII im Dekanat der Medizinischen Fakultät der Universität Wien
  • 1940 Beratender Chirurg im Generalgouvernement für Lazarette und Krankenhäuser
  • 1941/42 Beratender Chirurg an der Ostfront
  • 1942 Chefarzt am Wiener Rudolfspital (Reservelazarett XIa) im 3. Wiener Gemeindebezirk, Boerhavegasse 8 mit 400 Betten, wo er eine chirurgische Abteilung bzw. ein Sonderlazarett für Schußbrüche und Gelenkschüsse leitete
  • 1942/43 als Beratender Chirurg der 17. Armee gemeinsam mit Prof. Frey Erprobung der Knochenmarknagelung (nach Prof. Küntscher) nach Schußverletzung auf dem Hauptverbandsplatz Werchne Bakanskaja (Vorkaukasus), Armee-Sanitätsabteilung 523 (Chefarzt des Feldlazaretts Dr. Werner Teschendorf).
  • 25. bis 26. Mai 1943 als Oberfeldarzt d. Res. Teilnehmer in der Chirurgen-Gruppe an der „3. Arbeitstagung Ost der Beratenden Ärzte“ in der Militärärztlichen Akademie in Berlin.
  • 1943 schwer erkrankt, mehrere Monate im Sanatorium in Semmering
  • 22. April 1944 bei der Verleihung der Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft an Adolf Lorenz gehörte Lorenz Böhler zu den Ehrengästen, ebenso Generalarzt der Reserve Prof. Dr. med. Ferdinand Sauerbruch, Franz Richter, SS-Brigadeführer Prof. Dr. Johann „Hanns“ Blaschke, der spätere Generalarzt der Reserve und Rektor der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin Prof. Dr. med. Lothar Kreuz, aber auch Heinz Rühmann.
  • 7. September 1944 zum wirklichen außerordentlichen Professor ernannt
  • 1945 waren an Böhlers Unfallkrankenhaus in der Webergasse durch Terrorflieger und während der Schlacht um Wien durch die bolschewistische Artillerie schwere Schäden entstanden, doch der Betrieb ging weiter. Operiert wurde bei Kerzenschein, und mit Hilfe der Ärzte und des Pflegepersonals überdauerte man auch die schwierige Phase der Nachkriegszeit nach dem Einfall der Roten Armee (ab dem 13. April 1945).
  • Bis 1946 als „Illegaler“ geführt, erhielt Folge dessen bis 1947 ein Lehrverbot an der Universität Wien. Erst durch die Intervention von Karl Renner wurde er amnestiert; weiterhin Chefarzt (ärztlicher Direktor) am Wiener Unfallkrankenhaus
  • 1951 wurde das Fachgebiet Unfallchirurgie gebildet, Sohn Jörg wurde in Linz der erste Facharzt für Unfallchirurgie
  • 1954 verlieh ihm der Bundespräsident den Titel eines ordentlichen Universitätsprofessors
  • 1963 mit 78 Jahren in den Ruhestand, er blieb Berater der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt
  • 1965 Die „Österreichische Gesellschaft für Unfallchirurgie“ wurde gegründet, Prof. Dr. Böhler wurde zum ersten Präsidenten gewählt
  • 9. November 1972 Sohn Jörg Böhler (schon 1970 zum ärztlichen Leiter bestellt) wurde nach Fertigstellung und Inbetriebnahme Primarius des neuen Unfallkrankenhauses Wien Lorenz Böhler bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1983

Mitgliedschaften

Tod

Prof. Dr. Lorenz Böhler verstarb 1973 in Wien. Er ruht auf dem Döblinger Friedhof; Endgrablage: Gruppe 26, Nummer 35.

Familie

Böhler heiratete am 1. Januar 1912 seine Verlobte, die Krankenschwester Leopoldine „Poldi“ Settari aus Dreikirchen (1883–1972), die er nach seiner Promotion im Krankenhaus Bozen kennenlernte. Zu den sechs Kindern des Ehepaares gehörten Lenz Böhler (1914–1948), Johann Georg „Jörg“ Böhler (1917–2005), der sein Nachfolger werden sollte, Michael „Michel“ Böhler (1921–2006), Leopoldine „Polla“ Böhler (1922–2010) und Peter Böhler (Lebensrune.png 23. Juni 1924; Todesrune.png gefallen 2. April 1945).

Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)

Ehrungen

  • Ehrenmitglied von weltweit 33 Fachgesellschaften
  • Der 1972 eröffnete Neubau des Unfallkrankenhauses (Unfallkrankenhaus Wien Lorenz Böhler) wurde nach ihm benannt
  • Eine Straße im 20. Wiener Gemeindebezirk wurde nach ihm benannt
  • In Bozen ist die Straße vor dem Regionalkrankenhaus nach Lorenz Böhler benannt
  • 1957 Ehrenbürger der Gemeinde Wolfurt
    • Bei diesem Anlaß stiftete Dr. Böhler einen Preis für besondere Leistungen in den Wolfurter Schulen. 1965 nach dem Bau der Hauptschule erhöhte er diesen Preis. Seither erhalten jedes Jahr der beste Schüler und die beste Schülerin der Hauptschule diesen begehrten Preis in Form eines Buches und eines Geldbetrages aus der Stiftung.

Publikationen

Insgesamt hat Lorenz Böhler zwischen 400 und 450 wissenschaftliche Arbeiten verfaßt.[1][2]

  • Die Technik der Knochenbruchbehandlung, Band I, Band II, Ergänzungsband. Reprint der 12.-13. Auflage 1953/1963, Nachdruck 1996. 3 Bände, leinengeb., Schutzumschlag, 2.483 S. zuzügl. Sachverzeichnis, ca. 4.800 Abb., Maudrich 1996, ISBN 3-85175-666-5.
  • Die Spezialisierung der Frakturbehandlung für die Kriegszeit, eine Frage von größter volkswirtschaftlicher Bedeutung. In: Zentralblatt für Chirurgie 44 (1918)
  • Wie schützen wir die Verwundeten vor Amputation und Krüppeltum? In: Zeitschrift für orthopädische Chirurgie 45 (1924): S. 244–281.
  • Knochenbrüche und Unfallchirurgie in ihren Beziehungen zur Umwelt. Maudrich, Wien 1933.
  • Wundbehandlung. In: Zeitschrift für ärztliche Fortbildung. 38 (22) (1941): S. 545–552.
  • Unfallkrankenhäuser, Unfallabteilungen, Unfallkliniken. In: Archiv für orthopädische und Unfall-Chirurgie 42 (1) (1942): S. 5–23.
  • Vorschlag zur Marknagelung nach Küntscher bei frischen Oberschenkelschußbrüchen. In: Der Chirurg 15 (1) (1943): S. 8–13.
  • Verbandlehre für Schwestern, Helfer, Studenten und Ärzte. Maudrich, Wien 1947.

Literatur

  • Hubert Fischer: Der deutsche Sanitätsdienst 1921-1945, Biblio, Osnabrück 1982–1988, 5 Bände, 2 Supplementbände 1999
  • Werner Wachsmuth: Ein Leben mit dem Jahrhundert, Springer Verlag, Berlin - Heidelberg 1985
  • Jörg Böhler: Lorenz Böhler. Der Vater der Unfallchirurgie. 15. Januar 1885 bis 20. Januar 1973, in: „Zentralblatt für Chirurgie“, 1985: 110(4), S. 194–199.
  • Inge Lehne: Lorenz Böhler. Die Geschichte eines Erfolges, Verlag Wilhelm Maudrich, Wien - München - Bern 1991
  • Fritz Povacz: Der Geist der Böhler-Schule, Maudrich, Wien 2004, ISBN 3-85175-806-4

Verweise

Fußnoten

  1. Wolfgang U. Eckart (Hrsg.): Ärzte-Lexikon. Bd. 1. Springer, Heidelberg 2006, ISBN 3-540-29584-4, S. 68.
  2. Sein Sohn Jörg Böhler spricht in einer Würdigung zum 100. Geburtstag von 450 Arbeiten. Jörg Böhler: Lorenz Böhler. Der Vater der Unfallchirurgie. 15. Januar 1885 bis 20. Januar 1973. In: Zentralblatt für Chirurgie. 110 (4) (1985): S. 194–199.