Brandl, Walter
Walter Karl Erich Brandl ( 12. Juni 1886 in Sinsheim, Großherzogtum Baden; 1975 in Offenburg) war ein deutscher Pfarrer und Feldgeistlicher.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Walter wurde als Sohn eines altkatholischen Priesters und Lehrers für alte Sprachen geboren. Da die Eltern kurz nach seiner Geburt zum Protestantismus übertraten, wurde er evangelisch erzogen. Seit 1889 in Pforzheim wohnhaft, besuchte Brandl dort die Volksschule und das Gymnasium, das er 1904 mit dem Abitur verließ. Anschließend studierte Brandl Theologie in Heidelberg und Berlin. Nach Ablegung der beiden theologischen Examen erhielt er 1908/09 eine Anstellung als Assistent am Neutestamentlichen Seminar der Universität Berlin. 1909 wurde Brandl zum Pfarrer ordiniert und arbeitete kurze Zeit als 3. Stadtvikar in Pforzheim. 1909/10 leistete er als Einjährig-Freiwilliger seinen Militärdienst Infanterie-Regiment „von Lützow“ (1. Rheinisches) Nr. 25 und im Füsilier-Regiment „Fürst Karl-Anton von Hohenzollern“ (Hohenzollernsches) Nr. 40, beide in Rastatt. 1910 berief ihn Großherzog Friedrich II. als provisorischen Hofvikar an die Karlsruher Schloßkirche.
1914 meldete er sich anläßlich des Ersten Weltkrieges als Feldpfarrer an die Kriegsfront. 1916 wurde ihm das Amt des Hofdiakons übertragen. 1917 meldete er sich erneut zum freiwilligen Dienst im Deutschen Heer, diesmal im Rang eines Divisionspfarrers. Nach dem Kriege folgten 1919 Pfarrstellen in Stein/Amt Bretten (bis 1927) und an der evangelischen Diakonissenanstalt Karlsruhe-Rüppurr. Seine letzte berufliche Station führte Brandl 1938 nach Baden-Baden, wo er bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 1956 als Pfarrer und ab 1953 als Dekan des Kirchenbezirks Baden-Baden tätig war.
Die Evangelische Stadtkirche in Baden-Baden und Ihre Pfarrer
- „Pfarrer Walter Brandl […], bisher Krankenhauspfarrer im Diakonissenhaus Rüppurr, wurde noch durch seinen Vorgänger 1938 als Pfarrer der Altstadtgemeinde eingeführt. Einen Dekan jedoch gab es nicht mehr. Inzwischen brauchten alle Entscheidungen, die finanzielle Auswirkungen hatten, die Genehmigung der vom NS-Staat eingesetzten „Finanzabteilung". Da aber nicht zu erwarten war, daß ein von der Kirchenleitung ernannter Dekan den NS-Behörden genehm sein würde, ließ man das Dekanat nur kommissarisch verwalten. Die Antwort der Finanzabteilung bestand 1940 in der Auflösung des Kirchenbezirks: Ein Teil wurde dem Dekanat Karlsruhe, der andere dem Dekanat Rheinbischofsheim (jetzt Kehl) zugewiesen. […] Die Innere Mission wurde durch die NS-Volkswohlfahrt immer mehr eingeengt, der Religionsunterricht eingeschränkt. Die Jugendkreise, soweit sie nicht der Hitlerjugend einverleibt waren, wurden beargwöhnt, die Vereine der Kindergärten und des Kirchenchors nur durch Eingliederung in die Kirchengemeinde gerettet. […] Die Schwierigkeiten verstärkten sich im Krieg. Mit dem Pfarrer von Lichtental mußte auch der Dienst der einberufenen Amtsbrüder übernommen werden. Aus den bombengefährdeten Großstädten, wie etwa Dortmund, wurden abkömmliche Einwohner nach Baden-Baden verschickt. Ganzen Schulklassen wurde Asyl gewährt, die evangelischen Schüler mitkonfirmiert, 12 Evakuierte hatte das Pfarrhaus aufgenommen. Am 13. April 1945 war für Baden-Baden durch die französische Besetzung der Krieg zu Ende. Eine große Hilfe in den Nöten der Nachkriegszeit war der französische Feldbischof D. Marcel Sturm,[1] dem Pfarrer Brandl im Gemeindehaus eine Dienststelle einrichten konnte: ‚Er trug mit an den Problemen und Aufgaben unserer Kirche, als wären es die Seinigen, und war immer mit vornehmem Takt bemüht, daß die Gemeinschaft völlig frei bleiben sollte von dem Eindruck, als ob hier nur die Besatzungsmacht ihres Amtes walte.‘ Unter großer Anteilnahme wurde Sturm 1950 nach plötzlichem Herzschlag zu Grabe getragen. Das Pfarrhaus war inzwischen fast zu einem ‚christlichen Hospiz‘ geworden, in dem Pfarrer Brandls Ehefrau Gisela Wunder der Unterbringung und Verköstigung vollbrachte. Denn nun strömten die Wanderer aus allen Himmelsrichtungen vorbei: Heimkehrende Soldaten, Heimatvertriebene und Flüchtlinge aller Art. Nachdem das ‚Ev. Hilfswerk‘ gegründet war und die Gaben aus den vor kurzer Zeit noch feindlichen Ländern eintrafen, nahm im Erdgeschoß des Pfarrhauses die Hilfswerkstelle für den ganzen Kirchenbezirk ihre Tätigkeit auf. Im Gemeindehaus wurden zwei Jahre lang Altenspeisungen veranstaltet, für die im Marthahaus gekocht wurde. 1942 waren, mitten in der Karwoche, die Kirchenglocken für Kriegszwecke abtransportiert worden. Jahrelang bemühte sich Pfarrer Brandl um die Anschaffung eines neuen Geläutes, bis 1952 unter dem schwesterlichen Geläut der katholischen Stiftskirche fünf neue Bronzeglocken, in Karlsruhe gegossen, feierlich eingeholt wurden. Aus dem Vikariat in Oos war 1949 eine eigene Pfarrei entstanden, in der Weststadt 1946 die Pauluspfarrei, die 1958 ihr eigenes Gotteshaus mit Gemeindezentrum erhielt. 1953 konnte Pfarrer Brandl erreichen, daß der alte, 1940 durch staatlichen Eingriff zerstückelte Kirchenbezirk Baden-Baden wiederhergestellt wurde, er wurde dessen Dekan. In diese Zeit fällt der Kirchenwiederaufbau in Gaggenau, und der Kirchenbau in Muggensturm 1953, Weisenbach 1954, Staufenberg 1955 und Malsch 1956. Dekan Brandl ging 1956 in den Ruhestand und lebte als treuer Kirchengänger und mit regem Interesse am Ergehen der Gemeinden bis ins höchste Alter in Baden-Baden.“[2]
Familie
Erste Ehe
Brandl heiratete 1911 seine Verlobte Frieda Maria Kritzinger ( 1886 in Klein-Glienicke bei Potsdam; 1925 in Pforzheim), aus der Ehe sind drei Töchter und ein Sohn entsprossen.
Eberhard Friedrich Brandl
Sohn Eberhard Friedrich Brandl (1916–1971) verließ 1934 das Realgymnasium. 1937 legte er in Karlsruhe die Industrie-Facharbeiter-Prüfung als Maschinenschlosser ab. Danach leistete er bis 1939 Militärdienst bei verschiedenen Flakregimenten der Luftwaffe in Göppingen und Fürth. Aus dem Kriegsdienst schied er 1945 als Oberleutnant der Reserve in einem Fallschirmjägerregiment der 5. Fallschirmjäger-Division aus. Zuvor, 1943 und 1944, wurde Brandl wegen einer schweren Kriegsverwundung und einer Malaria-Erkrankung in verschiedenen süddeutschen Lazaretten behandelt. 1946–1949 bildete er sich am Staatstechnikum Konstanz zum Ingenieur für Hochbau aus. Anschließend setzte Brandl bis 1952 sein Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg fort, Fachgebiet Architektur bei Sep Ruf. Es folgte 1957/1958 die freie Mitarbeit bei Cailler-Caillard architectes in Genf. Von 1959 bis 1966 war Brandl als freier Architekt Mitglied der Architektenkammer Baden-Württemberg (Übersiedlung nach Berlin 1965).
Zweite Ehe
Im Jahre 1927, zwei Jahre nach dem Tod der ersten Gattin, heiratete Brandl Gisela Wendling ( 1902 in Zabern, Reichsland Elsaß-Lothringen; 1976 in Oeschelbronn). Aus dieser Ehe sind zwei weitere Töchter und ein Sohn entsprossen.
Auszeichnungen (Auszug)
- Eisernes Kreuz (1914), II. Klasse am 6. November 1915
- Orden vom Zähringer Löwen, Ritterkreuz II. Klasse mit Schwertern (BZ3b⚔) am 27. Oktober 1917 als überplanmäßiger Feldgeistlicher in der 28. Reserve-Division
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer