Charlotte von Preußen (1798)
Friederike Luise Charlotte Wilhelmine von Preußen ( 13. Juli 1798 auf Schloß Charlottenburg bei Berlin; 1. November 1860 in Puschkin) war durch ihre Heirat mit Kaiser Nikolaus I. als Alexandra Fjodorowna Kaiserin von Rußland. Die Statue der Prinzessin Charlotte wurde als „Juno des Friedens“ von Christian Daniel Rauch für das Nationaldenkmal für die Befreiungskriege geschaffen.
Inhaltsverzeichnis
Leben
- Alexandra Fjodorowna war eine russische Zarin und preußische Prinzessin, die eigentlich Charlotte hieß. Sie war die älteste Tochter von Königin Luise sowie die Schwester von König Friedrich Wilhelm IV. Von einfachem Gemüt bewirkte sie einen deutsch-russischen Kulturaustausch. Charlotte war die älteste Tochter des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. und seiner Gattin Königin Luise von Mecklenburg-Strelitz. An ihrem 19. Geburtstag verheirateten die Eltern Lotte mit dem russischen Großfürsten Nikolaus, dem Bruder von Zar Alexander I. Zur Verlobung konvertierte Charlotte vom protestantischen zum orthodoxen Glauben und trat in die russsische Kirche ein; die orthodoxe Firmung war eine Bedingung für die Eheschließung mit dem russischen Großfürsten. Die sogenannte Myronsalbung wurde wie eine Neugeburt inszeniert. Die preußische Prinzessin nahm einen neuen Namen an und aus Charlotte wurde Alexandra Fjodorowna (Александра Фёдоровна). Ihr Vorname war eine Referenz an den amtierenden Zaren Alexander, der zweite Name leitete sich vom Namen ihres Vaters Friedrich („Fjodor“) Wilhelm ab. Nun hieß die Frau nach zwei mächtigen Männern und konnte einen dritten heiraten. Die Ehe war frühzeitig arrangiert worden. Ursprünglich sollte dadurch das im Krieg gegen Napoleon geschlossene Bündnis zwischen Russen und Prussen gefestigt werden. Charlotte-Alexandras Aufgabe war von vornherein klar definiert: sie musste einen männlichen Erben gebären. Der kam dann ein Jahr nach der Hochzeit auf die Welt. Man nannte ihn Alexander, wieder eine Referenz an den Zaren. Insgesamt hatte das Paar, das sich „Niks“ und „Muffi“ nannte, neun Kinder. Als Zar Alexander im Dezember 1825 ohne leibliche Nachkommen starb, bestieg sein Bruder als Nikolaus I. den Thron. Die vormalige preußische Prinzessin war nun plötzlich Zaritsa – Zarin. Der Thronwechsel wurde von einer Verschwörung intellektueller, liberaler und schwärmerischer Kräfte begleitet, die nach dem betreffenden Monat als „Dekabristen“ in die russische Geschichte eingingen. Die „Dezemberianer“, zu denen auch der Autor Fjodor Dostojewski gehörte, erhofften sich vom neuen Zaren eine Abschaffung der Leibeigenschaft und eine Reform Russlands nach westlichem Vorbild. Doch Zar Nikolaus I. ließ den Aufstand niederschlagen und die Dekabristen nach Sibirien verbannen. Alexandre Dumas schrieb darüber den Roman „Erinnerungen eines Fechtmeisters“ (1840/41), den auch die Kaiserin las, allerdings heimlich, denn Zar Nikolaus hatte ihn verboten. Dumas durfte Russland deshalb erst in den Jahren 1858/59 bereisen, also nach Zar Nikolausens Tod. […] Die Zarin blieb dem französischen Autor ihr Leben lang eine treue Leserin. Als letztes Buch ihres Lebens las sie angeblich im Oktober 1860 Dumas Roman „Le Page du Duc de Savoie“ („Der Page des Herzogs von Savoyen“). Als deutsche Kulturbotschafterin machte Charlotte-Alexandra das orthodoxe Russland mit einigen deutschen Traditionen bekannt. So führte sie ballspielsweise den Weihnachtsbaum, eine lutherische Erfindung, sowie den Kindergeburtstag ein. Außerdem war sie eine wichtige Förderin von Caspar David Friedrich. Als dessen düster-romantischer Malstil in Deutschland aus der Mode kam, kaufte die Kaiserin weiterhin Friedrichs Bilder und sicherte so dessen künstlerische Existenz. Im nach ihr benannten Landschaftspark Alexandrien (1826/29 bei St. Petersburg) entstand nach Entwürfen des preußischen Architekten Karl Friedrich Schinkel die Alexander-Newski-Kapelle (1831/33). Und Carlo Rossi, ein russischer Architekt italienischer Herkunft, errichtete für sie am Ostrowski-Platz das Alexandra-Theater (1832). Darin hatte 1836 Gogols Komödie „Der Revisor“ seine Premiere. Darüber hinaus begründete sie einen Trend, der bis heute anhält. Durch ihre regelmäßigen Kuren im französischen Nizza lockte Alexandra den russischen Wohlstandstourismus an die Côte d’Azur. Als der Kaiser 1855 starb, rutschte der älteste Sohn auf den Thron. Dieser regierte als Zar Alexander II. – bis ihn 1881 ein Attentat von der Regierungsverantwortung erlöste. Der Tod ihres Erstgeborenen blieb der Kaiserinmutter jedoch erspart. Alexandra erlebte nur die ersten fünf Jahre seiner Regentschaft. Damals wohnte sie im Alexander-Palast von Zarskoje Selo (heute Puschkin), ihrem Alterssitz. Was bleibt? In Berlin leiht die junge Charlotte der Juno von Christian Daniel Rauch auf dem Kreuzberg ihr Gesicht. Und bei Potsdam erinnert das Blockhaus Nikolskoje mit der benachbarten Kirche St. Peter und Paul von Friedrich August Stüler an die deutsch-russische Verbindung von „Niks“ und seiner „Muffi“.[1]
Nachkommen
Aus der Ehe mit Nikolaus I. sind neun Kinder entsprossen:
- Alexander II. ( 29. April 1818; 13. März 1881), Kaiser von Rußland
- Maria ( 18. August 1819; 21. Februar 1876) ∞ Maximilian de Beauharnais, 3. Herzog von Leuchtenberg
- Eine totgeborene Tochter ( 1820)
- Olga ( 11. September 1822; 30. Oktober 1892) ∞ Karl I., König von Württemberg
- Eine totgeborene Tochter ( 1823)
- Alexandra ( 24. Juni 1825; 10. August 1844) ∞ Landgraf Friedrich Wilhelm von Hessen-Rumpenheim
- Konstantin ( 21. September 1827; 25. Januar 1892), Großfürst von Rußland
- Nikolai ( 8. August 1831; 25. April 1891), Großfürst von Rußland
- Michael ( 25. Oktober 1832; 18. Dezember 1909), Großfürst von Rußland
Literatur
- Paul Bailleu: Reisebriefe des Prinzen Wilhelm (Kaiser Wilhelms des Großen) an seine Schwester Prinzessin Charlotte Kurfürstin Alexandra Feodorowna in: Hohenzollern-Jahrbuch. Forschungen und Abbildungen zur Geschichte der Hohenzollern in Brandenburg-Preußen, 1915 (PDF-Datei)