Chemnitz, Bogislaw Philipp von

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Bogislaw Philipp von Chemnitz (* 9. Mai 1605 in Stettin; † 19. Mai 1678 auf Hof Hallsta, Gemeinde Västeras in Schweden) war Staatsrechtler und Historiker und ist außerdem als reichsfeindlicher Publizist bekannt.

Leben

Sein Vater war der Jurist und Professor an der Universität Rostock Martin Chemnitz der Jüngere (1561–1627). Sein Großvater war der Theologe Martin Chemnitz aus Treuenbrietzen. Bogislaw Philipp von Chemnitz wuchs in Rostock auf und studierte Geschichte und Recht in Rostock und Jena.

1627 stand er im Kriegsdienst für die Niederlande und schloß sich 1630 nach dessen Landung in Pommern dem Heer der Schweden unter Gustav Adolf an. In diesem Heer erreichte er den Rang eines Capitäns (Hauptmanns). Ab 1637 stand er als Mitarbeiter der Heeresverwaltung in schwedischen Diensten und begann mit seinen staatsrechtlichen und geschichtlichen Publikationen. Darin erweist er sich als Gegner des deutschen Kaisertums. Eines seiner wichtigsten Werke ist eine mehrbändige Geschichte des Dreißigjährigen Krieges aus schwedischer Sicht.

Mit 3. Januar 1644 wurde er Reichs-Historiograph der Königin Christine von Schweden. 1646 heiratete er die Tochter eines brandenburgischen Amtmannes aus Tangermünde. 1648 wurde er in den schwedischen Adelsstand erhoben und 1675 zum Hofrat ernannt.

Bogislaw Philipp von Chemnitz starb 1678 auf seinem Landgut in Schweden. Seine Werke wurden bis in das 18. Jahrhundert nachgedruckt und in Übersetzungen herausgegeben.

Hippolithus a Lapide

Dieses Pseudonym ist abgeleitet vom Vornamen Philipp und von der Bedeutung des Orts- und Familiennamens „Chemnitz“. Dieses Wort geht auf die Bezeichnung Kamjenica (sorbisch: Steinbach; vgl. Kamenz) zurück (von kamjen' – der Stein). „Stein“ bedeutet auf lateinisch lapis; a lapide somit: „vom Stein“.

Unter diesem Pseudonym veröffentlichte Bogislaw Philipp von Chemnitz in den Niederlanden ab 1640 in mindestens zwei Ausgaben eines der umstrittensten Bücher über die Verfassung des Deutschen Reiches (Heiliges römisches Reich deutscher Nation): Die Dissertatio de ratione status in imperio nostro Romano-Germanico. Es handelte sich um eine Kampfschrift gegen Kaiser und Reich. Darin stellte er die Rolle des Kaisers in Frage und vertrat die Ansicht, daß die Souveränität des Reiches nicht beim Kaiser liege, sondern bei den Reichsständen. Diese Position ist als jedenfalls verengt und verfehlt zurückzuweisen.

Die Schrift trat zur Zeit der abschließenden Verhandlungen zum Westfälischen Frieden an die Öffentlichkeit. Sie wurde als massive Attacke auf die Spitze des deutschen Reiches in einer heiklen Verhandlungssituation verstanden: Kaiser Ferdinand III. hatte sich anfangs gegen die Beteiligung der Reichsstände an den Friedensverhandlungen gewehrt, wurde aber insbesondere durch Frankreich gezwungen, die Beteiligung der Reichsstände zuzulassen. Dadurch bedeutete das Auftreten des Deutschen Reiches in Osnabrück, wo 1643–1648 neben Münster der Westfälische Friede ausgehandelt wurde, nicht nur die Verhandlungen zwischen dem Reich und Schweden, sondern gleichzeitig einen deutschen Verfassungskonvent.

Obwohl die Beteiligung der Reichsstände an den Verhandlungen mehrfach gefordert wurde (Admissionsfrage), hatte der Kaiser das Reich anfangs alleine vertreten. Ein seit 1642/43 in Frankfurt tagender Reichstag beriet die verfassungspolitischen Probleme des Reiches.

Bogislaw Philipp von Chemnitz war nicht der Einzige, der die Souveränität des deutschen Kaisers anzweifelte. Schon vor ihm hatte Johannes Althusius solche Gedanken geäußert, auch sein Zeitgenosse Johannes Limnäus unterstützte in seinen Werken die Auffassung, dass die Souveränität beim Reichsvolk bzw. dessen Vertretern, den Reichsständen liege. Wohl aber gehörte Bogislaw Philipp von Chemnitz zu den radikalsten Vertretern in den Debatten um die Reichsverfassung des 17. Jahrhunderts.

Seine „Dissertatio de ratione status“ wird als eine der bedeutendsten staatsrechtlichen Schriften in der sogenannten „Reichspublizistik“ betrachtet und wurde wichtige Verhandlungsunterlage für die Gegner des Kaisers. Dieses Werk fügte dem Kaiser mehr Schaden zu als manche verlorene Schlacht im Dreißigjährigen Krieg. Im kaiserlichen Einflußgebiet war es zu Recht verboten und seine Verbrennung durch Henkershand angeordnet.