Duzen
Das Duzen (mhd. duzen, dutzen, duzeln[1][2]), das heißt, jemanden mit „Du“ anzureden, stellt die natürlichste und ursprünglichste Anrede an eine andere Person dar. Derzeit gilt das Duzen im deutschen Kultur- und Sprachbereich noch vorwiegend oder doch noch sehr häufig als Zeichen der Vertrautheit, des betont Freundschaftlichen, namentlich auch des Privaten und Intimen, In neuester Zeit allerdings verdrängt das Duzen – im Zuge der egalitaristischen Ideologisierung – zunehmend das zum Zwecke der Distinktion, einem wesentlichen Baustein gehobener Kultur und Gesellschaft, verwendete Siezen; diese Entwicklung setzte, zunächst noch auf links-subkulturelle Kreise beschränkt, seit dem Wirken der sogenannten 68er-Bewegung ein und erfaßt in der spätliberalistischen BRD mittlerweile immer weitere Bevölkerungsteile.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
In der Antike kannten das Altgriechische, Lateinische und Gotische ausschließlich das „Du“ als Anrede, wobei allerdings andere (nichtsprachliche) Formen der Distinktion existierten. Aber schon im frühen Mittelalter des 8. und 9. Jahrhunderts wurden Fürsten und hohe Würdenträger mit „Ihr“ angesprochen, eine Sitte, die allerdings das Volk noch kaum mitmachte. Im höfischen Zeitalter war das „Ihrzen“ hingegen schon allgemein verbreitet, wobei aber das Volk das „Du“ weiterhin vorzog. Bis zum 13. Jahrhundert hatte sich in etwa folgende Gewohnheit ausgeprägt: geihrzt wurden höhergestellte von niedergestellten Personen, der Vater von den Kindern sowie Geistliche, Fremde, vornehmere Eheleute untereinander etc.; geduzt wurden niedergestellte von höhergestellten Personen, Kinder von Eltern und das gemeine Volk untereinander. Im 15. und 16. Jahrhundert wurde es Sitte, daß Könige, Fürsten und hohe Würdenträger statt mit „Ihr“ vielmehr mit ihrem Titel: Majestät, Fürstliche Gnaden etc. angeredet wurden und dann die Rede in der dritten Person fortgeführt wurde, und zwar im Singular oder im Plural, je nachdem, welche die Anrede war.
Seit dem 17. Jahrhundert wurde „Herr“ und „Frau“ in der Anrede zum bloßen Höflichkeitszeichen; man verband damit anfangs noch das „Ihr“, aber bald fing man, die indirekte dritte Person dazuzusetzen, so daß die Anrede „Er“ und „Sie“ („Erzen“ und „Siezen“ im Singular) im 17. Jahrhundert die vornehmste Anredeform war, gefolgt von „Ihr“, während „Du“ die am wenigsten respektvolle war. Gegen Ende desselben Jahrhunderts versetzte man die Anrede in der dritten Person in den Plural und sagte zum Beispiel nicht mehr „Er ist“, sondern „Sie sind“.
Zitate
- „der pabst ihrzet niemand dan sich selbst, der römische kaiser dutzet alle geistliche bis an den pabst. bewerte poeten dutzen pabst kaiser könige und alle andere, doch nur in ihren gedichten.“ — Justus Georg Schottelius
- „Dollt du mich dutzen? weiszt du nicht
- dasz ich ein königlicher Diener bin?“ — Andreas Gryphius
- „Den Reichen helt man für ein Herrn,
- irzt in und hat in werth in Ehrn,
- aber den Armen der gleich alt
- dutzet man.“ — Jeremias Nikolaus Eyring
Literatur
- Friedrich August Eckstein: Zur Geschichte der Anrede im Deutschen, Halle 1840
- Friedrich Theodor Nölting: Über den Gebrauch der deutschen Anredefürwörter in der Poesie, Wismar 1853
- Jacob Grimm: Über den Personenwechsel in der Rede, Berlin 1856
Verweise
- Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache: „duzen“
- Uni Leipzig: Wortschatz-Lexikon: „duzen“
- Konjugation des deutschen Verbs duzen
- Gerhard Wisnewski: Schleichende Umerziehung: Warum wir uns alle duzen sollen…, Netzpräsenz Gerhard Wisnewski, 2. März 2021
- Thomas Fasbender: Wenn nur das Sie verschwindet, kommen wir noch gut davon, Junge Freiheit, 17. August 2016