Marschall von Bieberstein, Fritz Freiherr

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Friedrich „Fritz“ Adolf Hans Freiherr Marschall von Bieberstein (Lebensrune.png 11. April 1883 in Karlsruhe; Todesrune.png 17. Oktober 1939 in Freiburg im Breisgau) war ein deutscher Jurist, Reserveoffizier und Hochschullehrer.

Werdegang

Marschall von Bieberstein entstammt der Unteribentäler Linie der um die bad. und deutsche Geschichte hochverdienten „Dynastie“ der gleichnamigen Freiherrn. So war etwa Adolf Hermann von Marschall von Bieberstein […] ein Vetter seines Vaters. Nach Abschluss seines juristischen Studiums wurden seine Promotion und Habilitation von Gerhard Anschütz […] gefördert. Wegen des I. Weltkriegs, den er von Anfang bis Ende bei der kämpfenden Truppe mitmachte, konnte er seine akademische Wirksamkeit erst 1919/20 entfalten. In Freiburg war er neben Wilhelm van Calker (1869–1937) und ab 1935 Theodor Maunz (1901–1993) Fachvertreter für den Gesamtbereich des Öffentlichen Rechts, engagierte sich aber auch für die deutsche Rechtsgeschichte. Unter den Juristen, deren Promotion er betreut hat, ragt Hermann Kopf […] mit seiner Dissertation „Der Rhein im internationalen öffentlichen Recht unter besonderer Berücksichtigung des Versailler Vertrags und der seitherigen Rechtsentwicklung“ (1925) heraus. 1930 fand unter seiner Ägide die Habilitation von Ernst Forsthoff […] statt, eines Schülers von Carl Schmitt (1888–1985). Mitbedingt durch die Folgen eines Unfalls, den er 1930 erlitten hat, war er gesundheitlich angeschlagen und ist schon mit 56 Jahren an einer Blutvergiftung gestorben. Marschall von Bieberstein hat nur ein schmales wissenschaftliches Œuvre hinterlassen. Mit seiner Habilitationsschrift, in der er gegen die herrschende Meinung die These verfocht, dass auch Akte der Kommandogewalt der Gegenzeichnung durch den verantwortlichen Minister bedürfen, hat er seinen Ruf als eines außerordentlich gründlichen und gewissenhaften Wissenschaftlers begründet. Nicht von ungefähr wurde ihm deshalb später das Thema Ministerverantwortlichkeit im repräsentativen „Handbuch des Deutschen Staatsrechts“ anvertraut. Bekannt wurde er aber vor allem durch den „Fall Marschall“, einen damals stark beachteten und kontrovers diskutierten Hochschulkonflikt, der durch seine am 17. Januar 1925 gehaltene Rede zum Reichsgründungstag ausgelöst wurde. Die in Versform konzipierte Rede handelte „Vom Kampf des Rechtes gegen die Gesetze“. In ihr wandte sich Marschall von Bieberstein gegen den vorherrschenden Formalismus und Positivismus, den er in einem Parlamentsabsolutismus zum Ausdruck kommen sah, und bekannte sich zu einer Fundierung des Rechts im „Rechtsgewissen“, das seine Maßstäbe in einer von der Sittlichkeitsanschauung des deutschen Idealismus und vom Kulturprotestantismus geprägten Tradition findet. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtsphilosophie darf diese Rede noch heute Beachtung beanspruchen, weil sie das Grundproblem des Verhältnisses von Gesetz und Recht und damit die Möglichkeit von Unrecht in Gesetzesform – gesetzliches Unrecht – kenntnisreich diskutiert. Damals aber ist sie in erster Linie als Ausdruck des Kampfes gegen die Weimarer Demokratie verstanden worden. Die deutschnational-rechtskonservative Schlagseite trat deutlich in dem Passus hervor, in dem Marschall von Bieberstein von den „Herren Haase, Ebert und Genossen“ als „Usurpatoren“ sprach, deren Willensakte „nichts als Hochverrat“ gewesen seien, „de facto freilich die Gesundung vorbereitend“, wie abschwächend hinzugefügt wurde. Das hat im Zusammenhang mit heftigen Diskussionen in der Öffentlichkeit und im bad. Landtag auch Auseinandersetzungen um das Prinzip der akademischen Lehrfreiheit ausgelöst und zu einem Disziplinarverfahren geführt. Dieses ist zwar eingestellt worden; es blieb aber bei einem Verweis als dienstpolizeiliche Ordnungsstrafe. Zu seinen politischen Grundüberzeugungen passt, dass sich Marschall von Bieberstein 1926 im Streit um die Fürstenenteignung aus betont monarchistischer Gesinnung aktiv für das Scheitern des von der Linken angestrebten Volksentscheids einsetzte.[1]
Beileidsschreiben (datiert Heidelberg, den 8. Juli 1910) des Theologen Ernst Peter Wilhelm Troeltsch (1865–1923) an den Referendar Fritz Marschall von Bieberstein anläßlich des Todes dessen Mutter.

Chronologie

Ruhestätte auf dem Hauptfriedhof Freiburg
  • Unterricht im elterlichen Hause
  • 1901 Abitur in Karlsruhe, dann Studium der Rechtswissenschaft in Genf, Berlin, München und Heidelberg
  • 1905 I. Juristische Staatsprüfung
    • Die von ihm jetzt schon geplante Dissertation konnte er nicht schreiben, weil er die Akten, deren Benutzung ihm zugesagt war, nicht erhielt.
  • 1905 bis 1906 Einjährig-Freiwilliger bei der Preußischen Armee
  • 1906 bis 1911 Rechtspraktikant
  • 1910 II. Juristische Staatsprüfung
  • 14. Oktober 1910 Promotion zum Dr. iur. an der Universität Heidelberg bei Prof. Dr. iur. Gerhard Anschütz (1867–1948)
    • Titel der Arbeit: „Armeebefehl und Armeeverordnung in der staatsrechtlichen Theorie des 19. Jahrhunderts“
    • Erweitert erschien das Werk unter dem Titel „Verantwortlichkeit und Gegenzeichnung bei Anordnungen des Obersten Kriegsherren“.
  • 26. Januar 1912 Regierungsassessor
  • 24. April 1912 Habilitation: „Verantwortlichkeit und Gegenzeichnung bei Anordnungen des obersten Kriegsherrn“; Privatdozent in Berlin
  • 1913 Als an der Universität Halle ein Extraordinariat bzw. außerordentlicher (ao.) Professur für öffentliches Recht eingerichtet wurde, trat Bieberstein die Stelle an.
  • 3. August 1914 bis 4. Juli 1919 Kriegsdienst bei der Artillerie des Deutschen Heeres bis 1918, zuletzt Hauptmann der Reserve, dann Kriegsgefangenschaft
  • 1915 Berufung als Ordinarius an die Staatswissenschaftliche Fakultät Tübingen als Nachfolger Rudolf Smends
  • 27. Februar 1920 ordentlicher (o.) Professor des Staats-, Verwaltungs- und Völkerrechts, der Staatslehre sowie der deutschen Rechtsgeschichte als Nachfolger von Heinrich Rosin in Freiburg im Br.
    • Als Vertreter der naturrechtlichen Richtung setzte er sich kritisch mit der Gesetzgebung der Weimarer Demokratie auseinander („Vom Kampf des Rechtes gegen die Gesetze“, 1927).
    • Außerdem gab er eine Sammlung der verfassungsrechtlichen Reichsgesetze und wichtigen Verordnungen heraus (1929).

Familie

Fritz war der Sohn des badischen Ministers des Großherzoglichen Hauses und der Auswärtigen Angelegenheiten Adolf Freiherr Marschall von Bieberstein (1848–1920) und dessen Frau Elisabeth „Lisa“, geb. von Porbeck (1857–1910). Seine Geschwister waren Erika (1882–1953) und Hellmuth (1884–1945).

Ehe

Prof. Dr. jur. Fritz Freiherr Marschall von Bieberstein heiratete 1927 in Freiburg im Br. seine Verlobte Nora, geb. Kübler (1894–1981). Aus der Ehe sind vier Kinder entsprossen:

  • Wolfgang (1928–2003), Professor der Rechte in Bonn
  • Walther (1930–2014), Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Bangladesch (1979–85) und Myanmar (1985–95)
  • Ruth (1933–2011), Diplom-Psychologin
  • Helmuth (1937–2014), 45 Jahre Arbeit in der Universitätsbibliothek Freiburg

Auszeichnungen (Auszug)

Fußnoten