Kossinna, Gustaf
Gustaf Hermann Kossinna (fälschlicherweise auch: Gustav und Kossina; 28. September 1858 in Tilsit; 20. Dezember 1931 in Berlin) war ein deutscher Philologe und Professor der deutschen Archäologie an der Universität Berlin. Er war seinerzeit neben Carl Schuchhardt der bedeutendste Prähistoriker und Schöpfer der Siedlungsarchäologischen Methode.
Inhaltsverzeichnis
Wirken
- „Vor allem ist es notwendig, daß der Deutsche sich seines eigenen Wertes, der Kulturschöpfungen seiner Vorväter und der gesamten nordischen Rasse bewußt wird!“
Mit diesen Worten trat Kossinna zu Beginn des 20. Jahrhunderts an, um die in den zurückliegenden Jahrzehnten angekratzte Germanenehre wiederherzustellen. Die deutschen Vorfahren waren keine plumpen Barbaren, sondern Vertreter eines Kulturvolkes. Damit sprach Kossinna etwas aus, das den Zeitgeist traf.
Leben
Im Anschluß an die Grundschul- und Gymnasialausbildung studierte der Sohn eines Gymnasiallehrers ab 1876 an den Universitäten Göttingen, Leipzig, Berlin und Straßburg klassische und germanische Philologie. Maßgebenden Einfluß hatte auf ihn der seit 1858 in Berlin wirkende Germanist Karl Müllenhoff (1818–1884), zumal dessen auch heute noch gültige „Deutsche Altertumskunde“ (5. Bde., 1870–1900), durch die er Neues insofern schuf, als daß er die germanische Sprachgeschichte mit den ergrabenen Funden bzw. mit der Archäologie verband.
Angeregt für die Vorgeschichte wurde Kossinna durch den gebürtigen Breslauer Otto Tischler (1843–1891), seit 1869 Bibliothekar der Physikalisch-ökonomischen Gesellschaft in Königsberg, der als Privatgelehrter zahlreiche Ausgrabungen in Ostpreußen durchführte, aus denen sich eine Gliederung der vorrömischen Eisenzeit sowie eine Chronologie der römischen Kaiserzeit ableiten ließ. Zunächst jedoch sollte Kossinnas Laufbahn einen anderen Weg als den des Siedlungsarchäologen nehmen.
Nachdem er 1881 in Straßburg promoviert worden war, schlug er die Bibliothekslaufbahn ein. 1887 wurde er Kustos an der Universitätsbibliothek Bonn, 1892 an der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Er erhielt im Jahre 1902 den ersten Lehrstuhl für deutsche Archäologie (Vorgeschichte) an der Berliner Universität. 1909 gründete er die „Deutsche Gesellschaft für Vorgeschichte“.[1] Kossinnas Bedeutung basiert nicht zuletzt auf der Gründung der Zeitschrift „Mannus“ (1909), deren Herausgeber er wurde, sowie der Mannus-Bibliothek (1910). In ihr erschienen bis 1945 insgesamt 73 Bände zur Vorgeschichte.
Seine bedeutendste wissenschaftliche Leistung ist die von ihm eingeführte Forschungsmethode der vorgeschichtlichen Siedlungsarchäologie, die sich namentlich bezüglich der Germanengeschichte als ungemein fruchtbar erwiesen hat. Bedeutung erlangte er darüber hinaus als Bearbeiter zahlreicher Einzelfunde in Museen und bei Privatleuten in den nord- und mitteldeutschen Räumen. Aufgrund der durch ihn entwickelten siedlungsgeschichtlichen Methode „zur Umschreibung stammesgeschichtlicher Kulturkreise“ erfuhr die europäische Vorgeschichtsforschung wesentliche Impulse.
Kossinna war Mitglied der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. Außerdem gehörte er verschiedenen völkischen und antisemitischen Gruppierungen an. 1928 wurde er öffentlicher Förderer des Kampfbundes für deutsche Kultur. Er war auch Mitglied im rassekundlichen Nordischen Ring.
Schüler
Zu Kossinnas Schülern von Rang gehörten Ernst Wahle, Martin Jahn, Ernst Sprockhoff, Walter Matthes, Herbert Kühn, die Spanier Bosch-Gimpera und Castillo Juritta.
Publikationen (Auswahl)
- Über verzierte Eisenlanzenspitzen als Kennzeichen der Germanen. In: Zeitschrift für Ethnologie. Band 37, 1905, S. 369–407
- Großgartacher und Rössener Stil. In: Zeitschrift für Ethnologie. 1908, S. 569 ff.
- Die deutsche Vorgeschichte, eine hervorragend nationale Wissenschaft. Curt Kabitzsch Verlag, Leipzig 1912; 8. Auflage, J. A. Barth, Leipzig 1941
- Die Herkunft der Germanen. Zur Methode der Siedlungsarchäologie (= Mannus-Bibliothek, Band 6). Würzburg 1911; 2. Auflage, Kabitzsch, Leipzig 1920
- Der Goldfund vom Messingwerk bei Eberswalde und die goldenen Kultgefäße der Germanen (= Mannus-Bibliothek, Band 12). Kabitzsch, Würzburg 1913
- Die deutsche Ostmark, ein Heimatboden der Germanen. Berlin 1919
- Das Weichselland. Ein uralter Heimatboden der Germanen. [A. W. Kafemann], [Danzig] 1919; 4. Auflage, J. A. Barth, Leipzig 1943
- Altgermanische Kulturhöhe. Eine Einführung in die deutsche Vor- und Frühgeschichte. J. F. Lehmanns Verlag, München 1927; 8. Auflage, J. A. Barth, Leipzig 1942. Neue Ausgabe Orion-Heimreiter-Verlag, 2011, ISBN 978-3890930329 [96 Seiten]
- Ursprung und Verbreitung der Germanen in vor- und frühgeschichtlicher Zeit. Germanen-Verlag, Berlin-Lichterfelde 1926 und 1927; 3. Auflage, Kabitzsch, Leipzig 1936
- Germanische Kultur im 1. Jahrtausend nach Christus. Kabitzsch, Leipzig 1932
- Über die ältesten hochfränkischen Sprachdenkmäler (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!
Kossinna war der Herausgeber der Zeitschrift Mannus (1909–1942) und Begründer der Mannus-Bibliothek. (Band 4, PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!