Burckhardt, Jacob

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Prof. Dr. phil. Jacob Christoph Burckhardt

Jacob Christoph Burckhardt (Lebensrune.png 25. Mai 1818 in Basel; Todesrune.png 8. August 1897 ebenda) war ein deutscher Kunsthistoriker aus der Schweiz. Er gehört neben Georg Voigt zu den Begründern einer modernen Renaissanceforschung.

Leben

Plakette von Hans Frei 1898
Büste von Arthur J. W. Volkmann (Rom, 1899)

Jacob Burckhardt begann 1837 in Basel ein Theologiestudium und befaßte sich nebenbei auch mit Geschichte und Philologie. 1839 wechselte er dann endgültig zum Geschichtsstudium und studierte bis 1843 in Berlin Geschichte und Kunstgeschichte. 1843 wurde er in Basel zum Dr. phil. promoviert. 1844 habilitierte er sich als Dozent für Geschichte, 1845 wurde er außerordentlicher Professor. Zudem arbeitete er als politischer Redakteur bei der konservativen Basler Zeitung, gab diese Tätigkeit Ende 1845 jedoch wieder auf. 1846 und 1847/48 folgten zwei mehrmonatige Aufenthalte in Italien; dazwischen lebte er in Berlin. 1848 nahm Burckhardt seine Tätigkeit an der Basler Universität wieder auf und unterrichtete Geschichte in Gymnasialklassen. Von März 1853 bis April 1854 reiste er nochmals nach Italien. Anschließend arbeitete er wieder in Basel, bis er im Herbst 1855 als Professor für Kunstgeschichte an das Polytechnikum Zürich berufen wurde. Im Frühjahr 1858 wechselte er als Ordinarius für Geschichte an die Universität Basel, wo er bis Ende 1885 Geschichte und von 1882 bis 1893 auch Kunstgeschichte lehrte.

Neue Deutsche Biographie

Auf dem Basler Gymnasium fand B. ausgezeichnete Lehrer, wie →F. D. Gerlach, →W. Vischer, →A. Vinet und →W. Wackernagel. Die Zeit vom August 1836 bis zum April 1837 verbrachte er im schweizerischen Neuenburg in der Familie Godet, um sich ins Französische einzuleben. Auf den Wunsch des Vaters studierte er in Basel Theologie vom Frühling 1837 bis zum Herbst 1839, wobei →K. R. Hagenbach und →W. L. M. De Wette seine bedeutendsten Lehrer waren. Ein Studium von Geschichte und Philologie hatte schon im Sommer 1836 in Basel eingesetzt, war dann neben dem theologischen einhergegangen und wurde zur Hauptsache seit dem Herbst 1839. In Berlin hörte B. die Vorlesungen J. G. Droysens, Rankes, A. Boeckhs und F. Kuglers, in Bonn im Sommer 1841 vornehmlich diejenigen F. G. Welckers und wieder in Berlin vom Herbst 1841 bis zum Frühling 1843 Ranke, Kugler und J. Grimm. Der deutsche Freundeskreis von B.s Jugend war im Dichterischen von spätromantischen (Bonner Maikäferbund, Johanna und →Gottfried Kinkel, Bettina von Arnim) und im Politischen von liberalen und nationalen Impulsen bestimmt (Hermann und Eduard Schauenburg, Kinkels Wendung zur Opposition und zum Sozialismus). B. ging seinen eigenen Weg zwischen der konservativen Haltung seiner Lehrer und der revolutionären Stimmung seiner Freunde.|Aus der deutschen Studienzeit stammen die beiden von Ranke angeregten Arbeiten über →Karl Martell und über →Konrad von Hochstaden, auf Grund deren er in Basel 1843 in absentia zum Dr. phil. ernannt wurde, ferner der sogenannte Belgische Cicerone („Die Kunstwerke der belgischen Städte“), dann Gedichte und Novellen, die zum Teil verloren sind, und kleinere wissenschaftliche Aufsätze. - Ein Aufenthalt von vier Monaten in Paris brachte B. im Sommer 1843 mit französischer und spanischer Kunst in Berührung und diente Archiv- und Bibliotheksarbeiten zur Geschichte des 15. und 16. Jahrhunderts, insbesondere der Gegenreformation in der Schweiz. Es folgte die Habilitation in Basel und eine politische Redaktorentätigkeit an der „Basler Zeitung“, dem wichtigsten konservativen Organ der damaligen protestantischen Schweiz in den bewegten Jahren der Freischarenzüge, die dem Sonderbundskrieg vorausgingen. Mit dem Abschied von dieser Publizistik (Jahresende 1845) und der Abreise nach Italien (März 1846) begann das reife wissenschaftliche Leben B.s. Diesem Termin waren vorausgegangen: Vorträge und Quellenpublikationen zur Geschichte der Gegenreformation in der Schweiz, eine Schrift über „Die Alemannen und ihre Bekehrung zum Christentum“, die umfassende Arbeit am Brockhausschen Konversationslexikon über alle Gebiete der Kunstwissenschaft, sowie eine doppelte Reihe öffentlicher Vorträge zur Geschichte der Malerei. Die Zeit der klassischen Werke wird eröffnet durch Aufenthalte in Rom (März-Juni 1846 und Oktober 1847-April 1848). Dazwischen liegt der letzte große Aufenthalt in Berlin, der vom Oktober 1846 bis zum September 1847 dauerte und der Neubearbeitung der Handbücher Franz Kuglers zur gesamten Kunstgeschichte gewidmet ist. Sowohl diese wissenschaftliche Arbeit wie die beiden Aufenthalte in Rom standen unter dem Zeichen einer Rückkehr zu den klassischen Akzenten der Epoche Winckelmanns, Goethes und zu den universalen Horizonten Alexander von Humboldts, unter gleichzeitiger Abkehr von den romantischen und nationalen Einseitigkeiten der Frühzeit. Eine Abkehr vom Mittelalter bedeutete dies nicht; denn gerade in einer Vortragsreihe vom Winter 1849/50 wird die „Blütezeit des Mittelalters“, das heißt das 12. und 13. Jahrhundert, als eine der klassischen Kulturepochen Europas dargestellt. Dieser Arbeit war schon im Winter 1848/49 eine Darstellung der römischen Kaiserzeit als Vorlesung vorausgegangen, die in das erste der publizierten Hauptwerke mündet: „Die Zeit Konstantins des Großen“, in welchem diese Epoche nicht als decline and fall im Sinne Voltaires und Gibbons, sondern als notwendiger Übergang von der sterbenden Antike zum Christentum und als Grundlage aller mittelalterlichen Kultur aufgefaßt wird. Mit diesem Buch (Jahresende 1852) beginnt die Reihe der drei „klassischen“ Werke B.s, die alle innert sieben Jahren erschienen sind: „Der Cicerone, Eine Anleitung zum Genuß der Kunstwerke Italiens“, folgt 1855 und „Die Kultur der Renaissance in Italien, Ein Versuch“, September 1860. Die Veröffentlichung des „Cicerone“ hatte die Berufung auf einen Lehrstuhl der Kunstgeschichte an der neugegründeten Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich zur Folge, den B. vom Herbst 1855 bis zum Frühling 1858 verwaltete. Dann kam die Berufung nach Basel auf den Lehrstuhl der Geschichte. Der „Cicerone“ gab eine Darstellung und Deutung der gesamten italienischen Kunstwelt von der Antike bis zur neuesten Zeit und ist in immer neuen Auflagen das führende Handbuch der Italienreisenden deutscher Sprache bis 1914 geblieben. Die „Kultur der Renaissance in Italien“ gab zum ersten Mal eine umfassende, geistvoll geschriebene Darstellung der Renaissance, die dem Zeitalter seine Gestalt verlieh, Früheres zusammenfaßte und überholte und dem Späteren die Grundlage bot sowohl für die Kritik wie für weitere Forschung. Den ursprünglichen Plan, Kunstgeschichte und Kulturgeschichte in derselben Darstellung zusammenzufassen, hat B. im letzten Augenblick preisgegeben und später nur ein Fragment der „Kunstgeschichte der Renaissance“ - die Darstellung der Baukunst - publiziert (1867). Das Buch von 1860 hat indessen, abgesehen vom Sonderthema, auch methodisch Epoche gemacht als Meisterwerk kulturgeschichtlicher Darstellung. In der Gedichtsammlung „E Hämpfeli Lieder“ (1853) ist B. Ausgezeichnetes gelungen auf dem Gebiet der alemannischen Mundartdichtung, angeregt von J. P. Hebel und nach eigenem Bekenntnis von den römischen Elegikern. Von seinem vierzigsten Lebensjahr an hat B. auf das Bücherschreiben weitgehend verzichtet und ganz seinem Basler Lehramt gelebt. Erst aus dem Nachlaß sind die beiden Hauptwerke seines Alters publiziert worden: die „Weltgeschichtlichen Betrachtungen“ (entstanden in den Jahren 1868-73) und die „Griechische Kulturgeschichte“ (vorbereitet seit 1860, ausgearbeitet seit 1870, beim Tod als unvollendetes Manuskript hinterlassen). Beide Werke sind in sehr sorgfältiger, getreuer Redaktionsarbeit von B.s Neffen, dem Altphilologen Jakob Oeri, zum Druck gebracht worden. Ebenfalls aus dem Nachlaß, aber auf Grund eines völlig ausgearbeiteten Manuskripts ist 1898 die letzte Schrift B.s durch Hans Trog veröffentlicht worden: „Erinnerungen aus Rubens“. Die Hauptarbeit dieser zweiten Lebenshälfte galt den Vorlesungen und Vorträgen (Verzeichnis der Vorträge im letzten Band der Gesamtausgabe). Über den Kreis seiner Zuhörer hinaus hat B. gewirkt durch seine Briefe, die zum Teil schon bei Lebzeiten wider seinen Willen und in breitem Strom seit 1918 gedruckt worden sind. Während B. auf seine Zeitgenossen vornehmlich als Geschichtsschreiber der Renaissance, als Deuter der italienischen Kunst und als Mitbegründer der Kunstgeschichte gewirkt hat, erkannte die Nachwelt seit 1918 in ihm den Kritiker seines Jahrhunderts und den ahnungsvollen Deuter der Zeit, der sich vom „ruchlosen Optimismus“ seiner Generation freihielt und die zu Niedergang und Katastrophe führenden Tendenzen von allgemeiner Politisierung, Vermassung und Staatsvergötterung frühzeitig bemerkte. Seine eigene Arbeit war der Erhaltung kultureller Kontinuität gewidmet, nach dem Satz: „Untergehen können wir alle; ich aber will mir wenigstens das Interesse aussuchen, für welches ich untergehe, nämlich die Bildung Alt-Europas“ (1846). Die Schönheit von B.s Briefstil und seiner wissenschaftlichen Prosa wirkt heute noch zu unmittelbar, als daß sie schon als sprachgeschichtliche Erscheinung gewürdigt wäre. Bei der geringen Zahl der publizierten Hauptwerke wird der universale Horizont dieses Kulturhistorikers und seine Stellung in der Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts erst allmählich sichtbar. In seinen Vorlesungen hat B. alle Epochen der europäischen Kulturgeschichte behandelt. Vom Jahr 1886 an las er nur noch über Kunstgeschichte, so daß der unmittelbare Eindruck, der in den Schülern seines Alters weiterlebte, von der Kunstgeschichte bestimmt war. Im Frühling 1893 ist er ganz vom Lehramt zurückgetreten. Carl Neumann hat um 1900 die Arbeiten B.s als „die größten Meisterwerke des kulturgeschichtlichen Stils“ bezeichnet. Vierzig Jahre später nannte ihn Johan Huizinga „im Selbstgespräch“ gerne „den weisesten Geist des neunzehnten Jahrhunderts“. Das ergreifendste Zeugnis über B. ist vielleicht das Wort des kranken Nietzsche: „Nun sind Sie - bist Du - unser großer, größter Lehrer“. In der Kunstgeschichte hat B. seinen bedeutendsten Schüler in Heinrich Wölfflin gefunden.[1]

Zitate

Werke (Auswahl)

Literatur

  • Erich Rothacker: Jakob Burckhardt, in: Willy Andreas / Wilhelm von Scholz (Hg.): Die Großen Deutschen. Neue Deutsche Biographie. Propyläen Verlag, Berlin, 4 Bde. 1935–1937, 1 Ergänzungsbd. 1943; Dritter Band, S. 620–635

Fußnoten

  1. Burckhardt, Jacob in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 36–38
  2. zitiert in: Fritz Kaphahn: Jacob Burckhardt – Briefe, mit einer biographischen Einleitung, 1940