Kadettenanstalt

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Kadetten-Unteroffizier vom Preußischen Kadettenkorps (Hauptkadettenanstalt), errichtet am 1. September 1717 in Berlin als „Königlich Preußisches Corps des Cadets“, ab 14. August 1878 Hauptkadettenanstalt Lichterfelde

Kadettenanstalten oder Kadettenschulen sind weiterführende Schulen für Kadetten bzw. Kadettenschüler zur Vorbereitung auf eine militärische Karriere als Offizier.

Preußen

Truppenfahne der preußischen Kadettenhäuser
Preußisches Kadettenkorps – Offizier und Kadetten (Kopfbedeckung mit „Gardestern“)

Der Große Kurfürst gründete das sogenannte Kadettenkorps mit den Anstalten in Kolberg, Berlin und Magdeburg. Der erste Stamm des Kadettenkorps war in Kolberg und bestand aus 60 bis 70 Kadetten, die im Jahr 1716 in das neu gebildete „Königlich Preußische Kadettenkorps“ in Berlin verlegt und auf 110 vermehrt wurden. Die Berliner Anstalt wurde von König Friedrich Wilhelm I. als „Pflanzschule“ des Preußischen Offizierskorps gegründet. Für dieses Korps bestand von 1717 an in Berlin ein eigenes Kadettenhaus in einem älteren Gebäude an der Festungsmauer. Im Jahr 1719 wurden auch die Kadetten von Magdeburg nach Berlin verlegt, und das Berliner Kadettenkorps bestand nun aus 150 Kadetten. 1776 erfolgte der Neubau des Berliner Kadettenhauses in der Neuen Friedrichstraße 13 gegenüber dem Gymnasium zum Grauen Kloster. Nachdem am 1. März 1790 auch das Pagen-Institut dem Berliner Kadettenkorps einverleibt wurde, befanden sich darin 252 Kadetten.[1] Von 1880 ab residierte die Hauptkadettenanstalt in neuen und großen Gebäuden in Groß-Lichterfelde bei Berlin.

Weitere Kadettenanstalten wurden in Stolp (1769), Kulm (1776) und in Kalisch (1793) gegründet. Die von Friedrich dem Großen gestiftete Kadettenanstalt in Stolp war anfangs für 48 Kadetten ausgelegt worden und wurde im Jahr 1778 auf bis zu 96 Kadetten erweitert, die in sechs Klassen unterrichtet wurden.[1] Das Kadettenhaus in Kulm war anfangs für 60 Kadetten ausgelegt und wurde im Jahr 1787 durch eine Bewilligung von König Friedrich Wilhelm II. auf 100 Kadetten erweitert.[1] 1793 wurden in Berlin 260 Kadetten, in Potsdam 40 Kadetten, in Stolp 96 Kadetten und in Kulm und Kalisch je 100 Kadetten unterrichtet.[2] Im Tilsiter Frieden wurden Kulm und Kalisch abgetreten, Stolp wurde 1811 aufgelöst und nach Potsdam verlegt.[3] Nach dem Ende der Befreiungskriege wurde Kulm wieder errichtet, bevor die Anstalt dann 1890 nach Köslin verlegt wurde.

1902 bestand das Preußische Kadettenkorps insgesamt aus acht Kadettenhäusern und der Hauptkadettenanstalt.

Die Anmeldung konnte nach Vollendung des achten Lebensjahres beim Kommando des Kadettenkorps erfolgen; der Aufzunehmende musste das zehnte Lebensjahr vollendet und durfte das fünfzehnte Lebensjahr nicht überschritten haben. Der Erziehungsbeitrag betrug um die Jahrhundertwende 900 Mark per annum (das entsprach etwa dem Gehalt eines Leutnants), dieser Betrag konnte je nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern auf bis zu 10 Prozent gesenkt werden; Ausländer zahlten 2000 Mark.[4]

Das Kadetten-Korps in Preußen war seit dem Reformwerk des Generals Ernst von Rüchel (1754–1823) dem Inspekteur des militärischen Erziehungs- und Bildungswesens unterstellt. Aktive Offiziere taten in ihm als Erzieher Dienst. Die militärische Ausbildung war auf den Infanteriedienst beschränkt.

Der Kadett konnte nach abgeschlossenem Besuch der Obersekunda zum Fähnrichs-Examen zugelassen werden und trat nach bestandenem Examen sofort in die Preußische Armee ein. Auch der Primaner mußte noch ein Jahr lang nach dem Abitur als Fähnrich Dienst tun, wurde aber bei seiner Ernennung zum Offizier zwei Jahre vorpatentiert.

Vor Ernennung zum Leutnant mußte der Fähnrich die Kriegsschule erfolgreich absolvieren.

Kadettenhäuser

Das Kadettenkorps gliederte sich zuletzt in acht Vorkorps (Kadettenvoranstalten, später Kadettenhäuser genannt) zu je zwei Kompanien in Plön (seit 1868), Köslin (1890), Potsdam (seit 1801), Bensberg (seit 1840), Naumburg (Saale) (seit 1900), Wahlstatt (seit 1838), Oranienstein, (seit 1867) Karlsruhe (seit 1892) und die Preußische Hauptkadettenanstalt (HKA) in Groß-Lichterfelde (seit 1878) zu zehn Kompanien.

Die Kadettenhäuser umfaßten 1902 die Klassen von Sexta bis Untertertia (5. bis 8. Klasse) und hatten etwa 150 bis 240 Kadetten, die Hauptkadettenanstalt hatte die Klassenstufen von Untersekunda bis Oberprima sowie der „Selekta“ (Oberstufe). Der Bildungsgang entsprach in etwa dem des Realgymnasiums, mit Lateinisch ab Sexta, Französisch ab Quarta und Englisch ab Obertertia.

In Karlsruhe befand sich das einzige Vorkorps auf außerpreußischem Gebiet. Es wurde gegründet durch ein Abkommen Preußens mit den süddeutschen Staaten (außer Bayern). Bayern und Sachsen hatten, wie außerhalb des Reiches weiter die k. u. k. Monarchie, eigene deutsche Kadettenanstalten. Ähnlichen, aber halb privaten Charakters war die Ritterakademie in Liegnitz (Schlesien) sowie in Dom Brandenburg.

Der älteste Jahrgang jedes Kadettenhauses trat mit Beginn des neuen Schuljahres (am 1. April) zur Hauptkadettenanstalt über.

Sachsen

Das Kadettenkorps der Sächsischen Armee in Dresden ging aus einer 1725 errichteten Kadettenkompanie hervor. Seine Zöglinge legten nach einer sechsklassigen Ausbildung die Fähnrichsprüfung vor der preußischen Obermilitärexaminationskommission ab, die sich hierfür nach Dresden begab.

Graf August Christoph von Wackerbarth legte den Grundstein zur militärischen Bildungsanstalt in Dresden.[5] Ab 1822 formte Karl Friedrich Wilhelm von Gersdorff das Institut zu einer Musterschule.

Bayern

Das Kadettenkorps der bayerischen Armee in München wurde 1755 gegründet und 1868 den Realgymnasien gleichgestellt.

Württemberg

Die 1820 gegründete württembergische Offizierbildungsanstalt in Ludwigsburg, ab 1852 Allgemeine Kriegsschule genannt, bestand aus einer Kadettenschule und einer Portepeefähnrichsschule. Die Kadettenschule nahm 15-jährige Offiziersanwärter auf, vermittelte ihnen eine dem Realgymnasium analoge schulische und eine ihrem Alter gemäße militärische Erziehung, und entließ sie nach 2½ Jahren mit der wissenschaftlichen Prüfung zum Portepeefähnrich. Nach weiteren sechs Monaten praktischen Diensts bei einem Regiment wurde der Offiziersanwärter dann als Portepeefähnrich an die Portepeefähnrichsschule kommandiert, wo er die kriegswissenschaftliche Ausbildung zum Offizier erhielt und nach einem Jahr die Offiziersprüfung ablegte und daraufhin zum Leutnant ernannt wurde.[6]

Als Folge der Militärkonvention vom 21./25.November 1870 löste Württemberg seine Portepeefähnrichsschule auf, und die württembergischen Offiziersanwärter, einschließlich der Absolventen der Kadettenschule, besuchten statt dessen ab 1871 die preußischen Kriegsschulen und legten vor der Ober-Militär-Examinationskommission in Berlin ihr Offizier-Examen ab. Ende Mai 1874 löste Württemberg dann auch seine Kadettenschule auf, und württembergische Offiziersanwärter wurden danach in das preußische Kadettenkorps aufgenommen.[7]

Siehe auch

Fußnoten

  1. 1,0 1,1 1,2 Christian Friedrich Wutstrack: Kurze historisch-geographisch-statistische Beschreibung von dem königlich-preussischen Herzogthume Vor- und Hinterpommern. Stettin 1793, S. 691-693.
  2. Gottfried Traugott Gallus: Geschichte der Mark Brandenburg für Freunde historischer Kunde. Band 6, Züllich und Freistadt 1805, S. 274.
  3. Handbuch der historischen Stätten Deutschlands. Band 12: Mecklenburg – Pommern, Kröner, Stuttgart 1996, S. 289-290.
  4. Aufnahmebestimmungen des Königlichen Kadetten-Korps 1899; abgedruckt im Firks Taschenkalender für das Heer, 42.Jahrg. 1919, hrsg.v. Frh. von Gall, Berlin 1918
  5. Näheres nachzulesen in Heinrich Meschwitz: Geschichte des Kgl. Sächs. Kadetten und Pagenkorps von dessen Begründung bis zur Gegenwart, Dresden 1907 (sowie Band 2, Dresden 1913). Ein Exemplar ist im Sächs. Staatsarchiv Dresden einsehbar.
  6. http://books.google.de/books?id=PbVKAAAAcAAJ Verhandlungen der Württembergischen Kammer der Abgeordneten in den Jahren 1868 und 1870. Zweiter Beilagen-Band. Stuttgart, 1870. (S. 177)
  7. Bestand M 13; Einführung: 1. Zur Geschichte der Militär-Examinationskommission