Albrecht, Karl I.

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Karl Iwanowitsch Albrecht (eigentlich Karl Matthäus Löw; Lebensrune.png 10. Dezember 1897; Todesrune.png 22. August 1969 in Tübingen) war ein deutscher Kommunist, Nationalsozialist, SS-Hauptsturmführer und Autor.

Wirken

Karl Albrecht wurde am 8. November 1897 in Weingarten geboren und unter dem Namen Karl Matthäus Low in das Standesamtsregister eingetragen. Sein Vater, Johannes Löw, laut standesamtlicher Eintragung „Feldwebel am hiesigen Husarenregiment“, starb früh, so daß Karl mit der Mutter und den Geschwistern in ärmlichen Verhältnissen leben mußte.

Er besuchte die Volksschule und anschließend eine Militärschule der württembergischen Armee, um die Unteroffizierslaufbahn einzuschlagen. Mit Beginn des Ersten Weltkrieges wurde der knapp Siebzehnjährige an der Westfront eingesetzt, nach dem Urteil seiner Vorgesetzten galt er als tapfer und einsatzfreudig. Er wurde fünfmal verwundet, erhielt das Eiserne Kreuz I. Klasse und erlebte das Kriegsende als Vizefeldwebel.

Ende Dezember 1918 trat der junge Mann in die württembergische Ordnungstruppe ein, die im Auftrag der sozialdemokratischen Regierung die innere Sicherheit besonders gegen den Spartakusbund, die späteren Kommunisten, garantieren sollte. Von seinen Kameraden wurde er zum Vorsitzenden des Batailfons-Soldatenrates und später zum stellvertretenden Kommandeur der Truppe gewählt.

Im Januar 1919 begleitete er einen Transport verhafteter Führer des Spartakusaufstandes von Stuttgart nach Ulm. Unterwegs sollten die Gefangenen „auf der Flucht“ erschossen werden, doch Karl rettete das Leben der Verhafteten – unter ihnen war auch Willi Münzenberg, der spätere Organisator des großen kommunistischen Pressekonzerns und der Roten Hilfe.

Der junge Mann blieb bei den Freikorps, kämpfte in München unter General Epp gegen die Räterepublik, im Ruhrgebiet unter General Watter gegen die Rote Ruhrarmee und betrieb gleichzeitig seine Ausbildung als Förster. Im Januar 1921 trat er in den württembergischen Staatsforstdienst ein und leitete anschließend das Forstamt eines großen Privatgutes. 1924 ging Karl, inzwischen überzeugtes Mitglied der KPD, durch Vermittlung Willi Münzenbergs und Clara Zetkins als Forst- und Holzspezialist in die Sowjetunion. Obwohl als Kriegsversehrter zu sechzig Prozent erwerbsbeschränkt, wollte er sich mit ganzer Kraft dem Aufbau des Sozialismus widmen.

In der Sowjetunion nannte er sich Karl Iwanowitsch Albrecht. Er behielt folglich seinen Vornamen, übernahm nach russischer Sitte den Vatersnamen (Johannes = Iwan) und änderte seinen Nachnamen Low in Albrecht. Warum er das tat, ist nicht bekannt. Denkbar ist, daß er jeden Anschein vermeiden wollte, aufgrund seines bisherigen Namens als Jude zu gelten.

Für Unklarheiten in seinem umfangreichen Erlebnisbericht „Der verratene Sozialismus“ gibt es mehrere Erklärungen. Karl Albrecht schrieb sein Buch zwischen 1935 und 1938 unter dürftigen materiellen Bedingungen in der Türkei und in der Schweiz. Er hat sich anscheinend nur auf sein Gedächtnis gestützt und weder Akten noch Tagebücher heranziehen können.

Nach vier Jahren wurde Karl Albrecht Mitglied des Zentralkomitees der Gewerkschaft für Waldarbeiter und Arbeiter der Holzindustrie. Gleichzeitig erhielt er den Parteiauftrag, sich nebenamtlich um die organisatorische Zusammenfassung aller Ausländer zu bemühen, die in der Sowjetunion arbeiteten und sich um ihre Arbeits- und Lebensbedingungen zu kümmern.

In „Der verratene Sozialismus“ heißt es dazu:

„In der Zeit vom 1. Oktober 1928 bis zum 31. September 1931 leitete ich ... in der ZKK-RKI (Zentralkommission der Kommunistischen Partei und Arbeiter- und Bauerninspektion der Sowjetunion) die Sektion für Forstwirtschaft und mechanische und chemische Holzbearbeitungsindustrie der Sowjetunion. In dieser Eigenschaft wurde mir vom Sekretariat des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion der Spezialausweis eines leitenden Staats- und Parteifunktionärs ausgestellt. Mit diesem Ausweis hatte ich das Recht, den Kreml, die Diensträume des Zentralkomitees der Partei sowie der GPU und aller anderen in Moskau untergebrachten obersten Partei- und Staatsbehörden zu betreten.“

Wenn man einmal vom Stil und von der Tatsache absehen, daß es im Kalender keinen 31. September gibt, besteht kein Grund, die übrigen Angaben anzuzweifeln. In der Frühzeit der Sowjetunion war es durchaus möglich, daß ein Mann mit unklarem Ausbildungsabschluß, ohne sowjetischer Staatsbürger zu sein, hohe Funktionen ausüben konnte. Im Dezember 1931 wird Albrecht „Außerordentlicher Bevollmächtigter der Zentralleitung von Staat und Partei“, erhält einen Ausweis mit Stalins und Molotows Unterschrift, verbunden mit der Befehlsbefugnis, in den Waldgebieten des Ural die Holzproduktion anzukurbeln.

Ende März 1932 wird Albrecht von Moskau in die Schwarzmeerstadt Noworossijsk versetzt, um sich auf eine künftige Tätigkeit im sowjetischen Außenhandel vorzubereiten. Außerdem berichtet Albrecht, er habe zwischen 1925 und 1930 als Offizier der Roten Armee an Reserveübungen teilgenommen und es bis zum Brigadegeneral der Reserve gebracht.

Am 6. Februar 1930 heiratet er (wahrscheinlich in Moskau) eine Staatsbürgerin der Sowjetunion, 1932 wird die gemeinsame Tochter Eleonore geboren. Im Juni desselben Jahres verhaftet ihn die GPU in Noworossijsk unter der Beschuldigung, ein Spion der deutschen Reichswehr zu sein. Bis zu diesem Zeitpunkt hat er viel gesehen: die Ausbeutung der hungernden, frierenden und unzulänglich untergebrachten Waldarbeiter, Schwerstarbeit verrichtende Frauen und Mädchen und nicht zuletzt die Roheit und Willkür von Wachmannschaften in den Haftarbeitslagern, die er als Kontrolleur besuchte. Nirgends konnte er den Werkzeugmangel beheben, die chaotische Arbeitsorganisation ändern und den Raubbau an den Wäldern aufhalten. Erschreckende ökologische Schäden waren die Folge. Man kann ihm glauben, daß er durch diesen Anschauungsunterricht seine kommunistische Überzeugung verloren hat.

Sicherlich war der Spionagevorwurf absurd und nicht der eigentliche Grund für seine Inhaftierung. Die Willkür der sowjetischen Staatssicherheitsorgane wurde durch formale Gesetze gedeckt und durch kein Kontrollorgan eingedämmt. Das konnten sich Intriganten und Neider zunutze machen, indem sie Personen denunzierten, die ihnen mißliebig waren.

Er wird nach Moskau überführt und verbleibt etwa eineinhalb Jahre in verschiedenen Gefängnissen. Dort hat er die üblichen Erlebnisse: Isolation im Wechsel mit dem Dasein in völlig überfüllten Zellen, Hunger, Kälte, Schmutz, Ungewißheit über das Schicksal der Angehörigen und die eigene Zukunft, Dauerverhöre, Schlafentzug, Dahinvegetieren ohne Beschäftigung und ohne Tageslicht, plötzliche Haftvergünstigungen und ebenso plötzliche Haftverschärfungen.

Albrecht berichtet weiter, daß die GPU ihn immer wieder bedrängt habe, für sie zu arbeiten und sowjetischer Staatsbürger zu werden. Seine Frau habe ihn bei Haftbesuchen gebeten, diese Forderungen zu erfüllen, weil sie hoffte, daß er dann aus dem Gefängnis entlassen würde. Trotzdem habe er abgelehnt. Daraufhin muß sich seine Frau von ihm scheiden lassen, um die Aufenthaltserlaubnis für Moskau, die bisherige Wohnung und das gemeinsame Eigentum auch nach seiner Verurteilung behalten zu können. Sie nimmt für sich und das Kind ihren Mädchennamen wieder an. Kurz nach der Zustellung des Scheidungsurteils wird Karl Albrecht, wahrscheinlich Ende 1933, als deutscher Militärspion zum Tode verurteilt.

GPU-Chef Jagoda und Generalstaatsanwalt Krylenko bieten Albrecht an, die Todesstrafe nicht vollstrecken zu lassen, wenn er nun endlich die Forderungen der GPU erfülle. Er weigert sich weiterhin, als Spion tätig zu werden, wird aber trotzdem nach etwa drei Wochen begnadigt und aus dem Gefängnis entlassen, nachdem er eine Verpflichtung unterschrieben hat, über alle Erlebnisse in der Sowjetunion ewig zu schweigen.[1]

Ungefähr im März 1934 kommt Albrecht in die Moskauer Botschaft des Deutschen Reiches und bittet für sich und seine Familie um Hilfe bei der Rückkehr in die Heimat.

Vierzehn Tage später darf Albrecht mit seiner kleinen Tochter nach Deutschland ausreisen; seine Frau muß als „Geheimnisträgerin“ zurückbleiben, weil sie in einem kriegswichtigen Unternehmen als Sekretärin arbeitet. Ihre spätere Ausreise wird von den sowjetischen Behörden in Aussicht gestellt.

Schriften

Fußnoten

  1. Peter Boris: Im Zickzack durch die Zeit, Die Zeit, 9. September 1988 Vorsicht! Umerziehungsliteratur im antideutschen Sinne!