Leibovitz, Annie

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Annie Leibovitz, gebürtig: Anna-Lou Leibovitz, (* 2. Oktober 1949 in Waterbury, Connecticut, VSA) ist eine jüdische Fotografin in den VSA. Sie war die lesbische Partnerin der jüdischen Autorin Susan Sontag (1933-2004).[1][2]

Werdegang

Annie Leibovitz wurde als drittes von sechs Kindern einer jüdischen Familie geboren. Ihr Vater Samuel Leibovitz (gest. 2006) diente als Offizier (Oberstleutnant) in der US Air Force und ihre Mutter Marilyn Edith Leibovitz (1923-2007) arbeitete als Tänzerin und Tanzlehrerin für Modern Dance. Wegen der häufigen Versetzungen ihres Vaters nahm sie ihre ersten Fotos auf den Philippinen auf, wo ihr Vater gerade wegen des Vietnamkrieges stationiert war.[3]

Ermutigt von ihrem damaligen Freund, einem Fotografen bei einer kalifornischen Tageszeitung, reichte sie noch während ihres Studiums eine Aufnahme des Dichters Allen Ginsberg, die sie selbst geschossen hatte und die den Dichter bei einem Friedensmarsch mit Marihuana-Zigarette zeigt, bei der Zeitschrift „Rolling Stone“ ein. In der Folgezeit übernahm sie für die Zeitschrift eine Reihe weiterer kleinerer (schlecht bezahlter) Aufträge für Personenporträts, 1973 – im Alter von 23 Jahren – wurde sie zur Cheffotografin von „Rolling Stone“ gekürt. Bekannt wurde Leibovitz zunächst v. a. durch ihre Bildreportagen, allen voran eine Reportage über die VSA-Tournee der Rockgruppe „The Rolling Stones“ 1975, aber auch durch ihre eigenwilligen politischen Reportagen von Wahlkampagnen oder etwa von Richard Nixons Rücktritt als Präsident, in denen anstelle der Protagonisten selbst die Symbole der Macht, Medienvertreter, Zaungäste und Begleitumstände in den Vordergrund gerückt wurden.

Leibovitz arbeitet seit den 1960er Jahren für Zeitschriften wie „Vogue“, „Vanity Fair“ und „Rolling Stone“ und hat [vorzugsweise meist jüdische] Prominente in aller Welt porträtiert.

Dabei kamen pro Fotoshooting bis zu 50 Assistenten ins Spiel - einige von ihnen stellten ihr eine tägliche Gage von bis zu 6000 Dollar in Rechnung. Unter ihren Mitarbeitern ist sie allerdings nicht beliebt: Am Set bekommt sie oft Wutanfälle, wirft das Material um sich und für ihr Team ist sie nur noch „the bitch“, das Miststück.[4]

Leibovitzs Thema wurden die Stars des Showbusiness, Schauspieler, Musiker und Tänzer. Ihr wohl berühmtestes Bild zeigt John Lennon nackt, in Fötus-Stellung und die schwarz bekleidete Yoko Ono umarmend, aufgenommen am 8. Dezember 1980, wenige Stunden, bevor er ermordet wurde.[5] Ihre Fotos zeichnen sich durch ihre Inszeniertheit, unerwartete Posen der Porträtierten und eine verblüffende Farbkomposition aus. Sie fotografierte Stars wie Mick Jagger, Stevie Wonder, Bob Dylan, John Belushi, Bruce Springsteen (seinem Image als Vertreter des „guten“, ursprünglichen Amerika entsprechend vor amerikanischer Flagge), Woody Allen (in einem pink-farbenen Badezimmer), Clint Eastwood (gefesselt), Bette Midler (in Rosen gebettet), Lauren Hutton (schlammbedeckt) oder Goldie Hawn (auf einem Elefantenrüssel). Nachdem sie die hochschwangere, nackte Demi Moore für ein Vanity-Fair-Cover abgelichtet hatte, durfte das Heft nur noch unter der Ladentheke verkauft werden und die Auflage stieg von 800.000 auf über eine Million. Verschiedene Fachkritiker attestierten Leibovitzs Aufnahmen eine besondere Unmittelbarkeit und Authentizität, während andere ihre Kunst hauptsächlich darin erschöpft sahen, Stars zu möglichst unkonventionellen Posen zu ermutigen.

Mit ihrem Wechsel zu dem von ihr mit begründeten VS-amerikanischen Hochglanzmagazin „Vanity Fair“ (1983) wandelte sich auch der Kreis der Porträtierten. Neue Aufnahmen zeigten den Immobilien-Magnaten Donald J. Trump, Schauspieler John Cleese oder den 14. Dalai Lama. Ihr Inszenierungsstil blieb der gleiche, auch wenn spätere Bilder einen noch stärkeren Hang zum Artifiziellen erkennen ließen. Den Dalai Lama ließ sie in New Jersey auf einen Felsen sitzen, den Schriftsteller Robert P. Warren fotografierte sie mit nackter Brust, die Schauspielerin Roseanne Barr zeigte sie im Schlammringkampf mit ihrem Ehemann und Whoopi Goldbergs dunkelhäutige Arme, Beine und Gesicht ließ sie aus einer Wanne voll warmer Milch herausblitzen. Den Neu Yorker Graffiti-Künstler Keith Haring zeigte sie als geweißten, mit Graffiti beschriebenen Nackten in geweißtem Raum. 2007 fotografierte sie Königin Elizabeth II. für das offizielle Hofporträt und 2009 die VS-Präsidentenfamilie Obama.

Neben der Arbeit für „Vanity Fair“ übernahm Leibovitz auch Aufträge im Bereich der Werbung und fotografierte u. a. für Honda, den Rat der Rindfleischindustrie und American Express. Ihre Aufnahmen für die Anzeigenserie von American Express (1987) brachten ihr jene Berühmtheit, die bislang diejenigen auszeichnete, die ihr Modell saßen. Zu den aufsehenerregendsten Fotos dieser Kampagne gehörten die Aufnahmen der Jazz-Legende Ella Fitzgerald in rotem Anzug vor ihrem 1959er Mercedes Cabrio, vom Sprecher des Repräsentantenhauses Tip O’Neill in einem Liegestuhl am Strand oder – v. a. in Zeitschriften der BRD abgedruckt – von Fußballstar Lothar Matthäus, der Schauspielerin Marianne Sägebrecht und dem Hamburger Altbürgermeister Klaus von Dohnanyi. Für die Werbekampagne „Year of a Million Dreams“ von Disney inszenierte Leibovitz 2007 Stars wie Scarlett Johansson, Beyoncé oder David Beckham für ihre Märchenfiguren.

Im Frühling 1991 wurden Leibovitzs Arbeiten erstmals in einer Museumsausstellung in der National Portrait Gallery in Washington, D. C., gezeigt, nachdem Teile in den 1980er Jahren schon in verschiedenen Galerien zu sehen waren. Von Washington wanderte die Ausstellung in das International Center of Photography in Neu York und schließlich nach Europa und Asien. Ihre Europa-Premiere feierte die Ausstellung im Januar 1992 im Münchner Stadtmuseum. Ganz im Rahmen der bisherigen Kritik bewegten sich auch die Rezensionen zu ihrem Foto-Band „Women“ (1999), zu dem Susan Sontag ein Essay beisteuerte, und dem Fotoband „American Music“ (2003) mit Porträts u. a. von Johnny Cash, Elvis Presley oder Eminem. Neuere Tendenzen in ihrer Fotografie stellten Landschaftsaufnahmen in Schwarz-Weiß dar. Leicht verwischt wirkten die Bilder wie seltsam vorläufige Ansichten von Steinwüsten, Flüssen oder Vulkanlandschaften.

24 Millionen Dollar Schulden

Leibovitz schuldet Art Capital insgesamt 24 Millionen Dollar (17 Millionen Euro) plus Zinsen und Gebühren. Sie war von dem Institut verklagt worden, weil sie bei ihren Ratenzahlungen zu weit im Rückstand war. Das Geldinstitut wirft Leibovitz vor, das Recht der Bank missachtet zu haben. Die Fotografin hatte sich im Jahr 2008, 24 Millionen Dollar geborgt, um Hypothekenkredite zu bedienen und Steuerschulden zu bezahlen. Die VS-Investmentbank Goldman Sachs kündigte im August 2009 an, der hochverschuldeten Künstlerin aus der Klemme helfen zu wollen. Ein Teil der Kredite war, die Leibovitz bis zum 8. September 2009 an das Kunstleihhaus Art Capital zurückzahlen muss, von Goldman Sachs finanziert worden.[6]

Die Fotografin führte einen teuren Lebensstil: Auf Pump kaufte sie drei Häuser im Herzen Manhattans und ein Landhaus in Rhinebeck, New York. 14 Millionen Dollar liess sie sich die luxuriösen Umbauarbeiten ihrer Immobilien und das Einrichten der Wohnungen kosten. Im Jahre 2008 erdrückten sie die Raten für die Hypotheken und ihrem Auftraggeber Condé Nast schuldete sie sieben Millionen Dollar wegen eines Kredits, den sie 2006 aufgenommen hatte. Leibovitz hatte zudem Steuerschulden und offene Rechnungen bei ihren Lieferanten: Insgesamt 2,7 Millionen Dollar. Von ihrer Stylistin und einer Beleuchtungsfirma ist sie bereits verklagt worden.

2011 hatte sich Lady Gaga nackt von Leibovitz fotografieren lassen.[7]

Privates

Leibovitzs Lebensgefährtin war bis zu deren Tod 2004 die 16 Jahre ältere jüdische Publizistin Susan Sontag. Beide hatten sich Ende der 1980er Jahre kennengelernt und lebten, in einer lesbischen Beziehung, in einem Apartmentkomplex im Neu Yorker Stadtteil Manhattan, wo Leibovitz auch ein Atelier unterhält. Zudem besitzt sie ein Landhaus in Rhinebeck im Bundesstaat Neu York.

Im Alter von 52 Jahren brachte Leibovitz am 16. Oktober 2001 ihre Tochter Sarah Cameron zur Welt. Als Vater gilt ein anonymer Spender einer Samenbank.[8] Im Mai 2005 wurden mit Hilfe einer Leihmutter Leibovitzs Zwillinge Susan Anna und Samuelle Edith geboren. Das Kinderkriegen stellt sich als teure Sache heraus: Die künstliche Befruchtung kostete 40.000 Dollar, für jedes fremd ausgetragene Kind bezahlte Leibovitz 120.000 Fed-Dollar.

Fußnoten

  1. Annie Leibovitz: Wer dich liebt, hält dich aus, tagesspiegel.de, 21. Februar 2009
  2. Millionenklage gegen Annie Leibovitz: wegen Schulden in Höhe von 24 Millionen Dollar (17 Millionen Euro) von ihrem Kreditgeber verklagt worden, 3sat.de, 31. Juli 2009
  3. Rachel Cooke: „How I shot my sister Annie…“, The Observer, 3. Februar 2008
  4. Annie Leibovitz vor Ruin, 20min.ch, 07. September 2009
  5. Annie Leibovitz vor dem finanziellen Ruin, Deutschlandradio Kultur, 6. September 2009
  6. Goldman Sachs will Leibovitz helfen, 3sat.de, 19. August 2009
  7. Die Aktbilder der Sängerin sind in der Januar-Ausgabe 2012 der US-Zeitschrift Vanity Fair zu sehen.
  8. Vgl. Bunte, 13. Dezember 2001