Neiding

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Ein schwarzer Kater als Symbol für Verräter über einer Zelle in den mittelalterlichen Lochgefängnissen in Nürnberg

Neiding (ahdt. nidding, altnd. níðing, angels. nithing, mhd. nîdinc, nîdunc; schwed., norw., engl. Niding) bezeichnete bei den Germanen einen Verräter und/oder Feigling ohne Ehre. Seine hervorstechendste Eigenschaft ist der nid(d) (altnd. níð, angels. nith, in eingeschränkter Bedeutung Nhd. Neid). Wörtlich bedeutet dieser zugrundeliegende nid soviel wie „Neid“, „Bosheit“, „Heimtücke“.

Da für die Germanen die Ehre als der wichtigste Wert schlechthin galt, verloren Personen, die keine Ehre mehr besaßen, jedwede Anerkennung und erhielten vollständige Verachtung.

Wessen Ehre dagegen unverletzt war, der besaß auch Heil. Dies galt umso stärker, je vornehmer die Person und Familie war, so daß folglich das Königsheil das gewaltigste und mächtigste Heil darstellte. Wer dagegen gemeinen Verrat verübte oder sich als Feigling offenbarte, verlor somit jedwedes Heil und wurde aus der Gemeinschaft der Freien ausgeschlossen.

Der Beweis der Neidingsschaft

Als der Neidingsschaft überführt galt derjenige, der auf diese schwerste Beleidigung nicht unverzüglich mit roher Gewalt bis zum Tode seines Beleidigers oder der Zurücknahme und Sühne der geschehenen Beschuldigung gegen diesen vorging, denn das Ausbleiben dieser Reaktion stempelte den Beschuldigten automatisch als feigen und schwächlichen Neiding ab.[1]

Der Schadenszauber Seidr

Der nid des Neidings war für die Germanen das wahrscheinlichste Motiv zur Anwendung des bösen Schadenszaubers namens Seidr.[2] Aufgrund seines grundsätzlich unbegrenzten nid (Neid, Bosheit, Heimtücke) in bezug auf den ihm überlegenen Menschen und seine Fähigkeiten bediente sich der Neiding seines Seidrs, um dem Menschen zu schaden und schlußendlich die Menschheit mitsamt Midgard, der Menschenwelt, zu vernichten.[3]

Die Schelte des Neidings

Der Neiding mußte der Schelte (ahd. scelta, anord. skald, isländ. skalda, angels. scald, engl. scolding) unterworfen werden, d. h., man mußte ihm laut und in allerschlimmsten Beleidigungen seine Neidingsschaft ins Gesicht schreien, um ihn dieserart vor der Sippe anzuklagen, denn die Schelte sollte seinen bösen Seidr schwächen, so daß hinter der magischen Tarnung als Mensch sein wahres, unmenschliches Wesen zu Tage tritt.[4] Außer Unmännlichkeit, Lüsternheit und Schadenszauberei wurden besonders entmenschlichende Tierausdrücke bevorzugt in der Schelte verwendet.

Die Schelte des Neidings konnte, außer mit Worten, auch durch verunglimpfende Darstellung ausgeführt werden, besonders durch sogenannte Neidstangen. Es handelt sich dabei um ein einer Vogelscheuche ähnliches Gestell, wobei bevorzugt zwei davon gemeinsam in der Stellung des Analverkehrs aufgestellt wurden.[5]

Die Bestrafung des Neidings

Friedloslegung und bürgerlicher Tod

Pfeil 2 siehe auch.pngSiehe auch: Acht, Reichsacht
Sobald ein Mensch der Neidingsschaft überführt war, wurde über ihn die sofortige Friedlosigkeit verhängt.[6]

Daher darf ihn niemand unterstützen, beherbergen und nähren. Er ist vogelfrei und muß im Walde Schutz suchen gleich dem Wolfe.
Aber das ist nur die eine Seite der Friedlosigkeit. Der Friedlose ist nicht nur ausgestoßen, sondern er ist geradezu der Feind seiner Genossen geworden.[7]

Alte, entmenschlichende Synonyme wurden für den Friedlosen schon im Altertum verwendet, die alle ausnahmslos sowohl „Wolf“ als auch „Würger“ bedeuten; dabei handelt es sich um ahd. warc, salfr. wargus, anord. vargr, angels. vearg.[8]

Der Friedlose galt als für das Recht tot,[9] sein Ehegatte rechtlich als verwitwet und seine Kinder als Waisen, sein Hab und Gut wurde entweder durch die Sippe eingezogen oder verfiel der Wüstung, d. h., es wurde zerstört.[10][11]

Flucht in die Einsamkeit

Gelang einem als Neiding Überführten wider aller Wahrscheinlichkeit die Flucht, mußte er fortan einsam und fern von allen Menschen in der freien Natur sein Dasein fristen.

Hinrichtung

Aufgrund seines magischen Seidrs wurde der Neiding als Untoter und Wiedergänger über den Tod hinaus gefürchtet und verachtet;[12][13][14] darüber hinaus galt selbst der tote Körper des Schadenszauberers noch als hoch giftig und ansteckend.[15]

Um die Rückkehr der Seele in den Körper zu verhindern, mußte der Körper des Neidings vollkommen unbeweglich gemacht werden, bevorzugt durch Pfählen,[16][17][18] Verbrennen,[19][20][21][22][23][24] Versenken in Flüssen oder Mooren (s. a. Tacitus)[25] oder auch alles zugleich. „Keine Sicherheitsmaßregel ist zu umständlich.

Siehe auch

Verweise

Fußnoten

  1. Andreas Heusler: Das Strafrecht der Isländersagas, Leipzig 1911, S. 56
  2. Helmut Schoeck: „Der Neid – Eine Theorie der Gesellschaft“, Freiburg und München 1966, S. 24
  3. Wilhelm Grönbech: Kultur und Religion der Germanen, Band 1, Darmstadt 1954, S. 251
  4. Jan de Vries: Die Religion der Nordgermanen, in: Altgermanische Religionsgeschichte, Bd. 2, 1957, S. 51
  5. Vgl. in: Sammlung Thule, Bd. 9, 1964, S. 99
  6. Siehe z. B. Rudolf His: Das Strafrecht der Friesen im Mittelalter, Leipzig 1901, S. 166.
  7. Rudolf His: Das Strafrecht der Friesen im Mittelalter, Leipzig 1901, S. 176
  8. Heinrich Brunner: Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. 1, Berlin 1961, S. 167
  9. Lily Weiser-Aall: Zur Geschichte der altgermanischen Todesstrafe und Friedlosigkeit, Bd. 33, 1933, S. 225
  10. Heinrich Brunner: Grundzüge der deutschen Rechtsgeschichte, 7. Aufl., München/Leipzig 1921, S. 192
  11. Franz Rickenbacher: Das Strafrecht des alten Landes Schwyz, Leipzig 1902, S. 31
  12. Carl Clemen: Urgeschichtliche Religion, Bonn 1932, S. 22E.
  13. Maaß: Die Lebenden und die Toten, in: Neue Jahrbücher für das klassische Altertum, Bd. 49, Jg. 25, Leipzig und Berlin 1927, S. 207
  14. Vgl. Herwörlied der Edda, in: Sammlung Thule, Bd. 1, 1936, S. 210 ff
  15. Wilhelm Grönbech: Kultur und Religion der Germanen, Bd. 1, Darmstadt 1954, S. 340
  16. Hans v. Hentig: Die Strafe – Frühformen und gesellschaftliche Zusammenhänge, Berlin, Göttingen und Heidelberg 1954, S. 328
  17. Rudolf His: Der Totenglaube in der Geschichte des germanischen Strafrechts, in: Schriften der Gesellschaft zur Förderung der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster, Bd. 9, 1929
  18. Will-Erich Peuckert: Deutscher Volksglaube des Spätmittelalters, Stuttgart 1942, S. 111
  19. Hans Vordemfelde: Die germanische Religion in den deutschen Volksrechten, in: Religionsgeschichtliche Versuche und Vorarbeiten, Gießen 1923, S. 148
  20. Heinrich Brunner: Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. 1, Berlin 1961, S. 264
  21. Wilhelm Eduard Wilda: Das Strafrecht der Germanen, Halle 1842, S. 100, 504
  22. Jan de Vries: Die Religion der Nordgermanen, in: Altgermanische Religionsgeschichte, Bd. 2, 1957, S. 66
  23. Claudius v. Schwerin: Grundzüge der deutschen Rechtsgeschichte, Berlin und München 1950, S. 30
  24. Rudolf His: Deutsches Strafrecht bis zur Karolina, München und Berlin 1928, S. 56
  25. P. V. Glob: Die Schläfer im Moor, München 1966, S. 58