Schily, Otto
Otto Georg Schily ( 20. Juli 1932 in Bochum) ist ein deutscher Rechtsanwalt und ehemaliger Politiker der SPD. Von 1998 bis 2005 stand er dem Bundesministerium des Innern vor. Er war Mitbegründer der Partei Die Grünen, von der er im November 1989 zur SPD wechselte.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Herkunft
Otto Georg Schily wurde am 20. Juli 1932 in Bochum geboren. Sein Vater, Franz Schily, war promovierter Hüttendirektor. Zu Schilys Vorfahren zählen der Dichter und Komponist Peter Cornelius sowie der Anwalt Victor Schily, ein Freund von Karl Marx. Der Großvater mütterlicherseits, Prof. Theo Schmuz-Baudiss, leitete die königlich-preußische Porzellanmanufaktur in Berlin. Schilys jüngerer Bruder Konrad Schily ist Arzt, war viele Jahre lang Präsident der Privatuniversität Witten/Herdecke und zog 2005 als FDP-Abgeordneter in den Bundestag ein. Als Zehnjähriger erlebte Otto Schily die ersten massiven Bombardements seiner Heimatstadt Bochum. Mit Zunahme der Luftangriffe gegen Kriegsende flüchtete die Familie nach Garmisch-Partenkirchen.
Ausbildung
Hier machte Schily am Werdenfels-Gymnasium auch Abitur. Danach studierte er Jura in München und Hamburg sowie Politikwissenschaft an der Hochschule für Politik in Berlin. Das Zweite Juristische Staatsexamen legte er 1962 ab.
Wirken
1963 erhielt Otto Schily die Zulassung als Rechtsanwalt. Der Rechtsanwalt Schily war in den 1960er Jahren in Berlin kein Radikaler oder Revoluzzer, sondern ein Schily, ein schicker Linker. Schily hat sich immer eher auf Distanz gehalten. Er war, das ist biographisch wichtig, ja älter. Er war 1968 älter als die Studenten, die er verteidigt hat, er war als RAF-Anwalt älter als die anderen RAF-Anwälte. Er war als Grüner wesentlich älter als die anderen Grünen und er war zu jener Zeit der älteste Minister im Kabinett. Das ist wichtig, um seine Position und seine Blickrichtung zu verstehen.
Schon früh verteidigte Schily zwei spätere RAF-Gründer: Horst Mahler, seinen ehemaligen Kollegen, und Gudrun Ensslin, die er aus seiner Stammkneipe kannte. Nach der Verhaftung der ersten Generation der Baader-Meinhof-Gruppe wurde Otto Schily zu einem der Stammheimer RAF-Anwälte – wieder war Gudrun Ensslin seine Mandantin, Anfang der 1970er Jahre keine leichte Aufgabe. Er selbst geriet unter Druck, wurde verdächtigt, ein Sympathisant der RAF zu sein. Die Stimmung im Land war aufgeheizt: In Stuttgart-Stammheim wurde extra ein Sondergefängnis mit eigenem Gerichtssaal gebaut. Gesetze wurden für das große RAF-Verfahren geändert. Die Justiz war voreingenommen. Anwalt Schily zog alle Register, um die Rechte seiner Mandantin zu verteidigen und schrieb damit bundesdeutsche Rechtsgeschichte: Trotzdem wahrte Schily wie immer Distanz, ließ sich – im Gegensatz zu Kollegen – nie von der RAF instrumentalisieren. Dennoch, Anfang 1977 legte er die Verteidigung nieder. 1977 weigerte Schily sich, den Stammheimer Gerichtssaal zu betreten, weil Gespräche von ihm mit seiner Mandantin Gudrun Ensslin offenbar abgehört worden waren. 1997 verhandelte er für die SPD den großen Lauschangriff und ging dabei sehr weit in der Möglichkeit von Überwachung. Und es gibt einen ganz offenkundigen Widerspruch zwischen diesen beiden Haltungen, zwischen denen 20 Jahre liegen.
Der Terror wurde für Otto Schily eine prägende Erfahrung: 1977 Buback, Ponto und der Deutsche Herbst. Schleyer wird entführt, die Landshut entführt; schließlich der angebliche Selbstmord von Ensslin, Jan-Carl Raspe, und Andreas Baader in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim. Der Anwalt verlor seine Mandantin – endgültig.
Die RAF-Prozesse haben Schily berühmt gemacht. Jetzt brauchte er eine neue Herausforderung, er ging in die Politik und gründete die Grünen mit. 1982 zog Schilly in den Bundestag. Er wurde Fraktionssprecher, später Chef und sorgte für Fraktionsdisziplin.
Schily akzeptierte in der Fraktion nur sehr wenige als gleichwertig. Seine große Rolle fand er im Flick-Untersuchungsausschuß. Sämtliche etablierten Parteien stecken tief im Spendensumpf. Wieder konnte er sich als Anwalt profilieren. Schließlich erstattete er zwei Anzeigen gegen den Bundeskanzler Helmut Kohl.
Für so einen war auf Dauer kein Platz bei den Grünen. Die Kluft zu den (zumeist altkommunistischen) „Fundis“ wurde immer größer. Die Basis strafte Schily ab, er mußte den Bundestag verlassen. Schily suchte sich eine neue Heimat: die SPD.
Otto Schily wollte als Innenminister der BRD die NPD vom Bundesverfassungsgericht verbieten lassen, scheiterte aber wegen seiner eigenen schmutzigen Tricks. Das Verfahren wurde eingestellt, was dem Rechtsanwalt Schilly mißfiel, und er akzeptierte diese Entscheidung nicht. Er kommentierte hierzu: „Die Auffassung der Minderheit des Senats halte ich schlicht für abwegig.“ Wenn Schily verliert, dann sind ausschließlich die Richter schuld. Sie seien sogar für die Erfolge der NPD verantwortlich, schimpfte der Bundesinnenminister. Wegen dieser Äußerung wurde im Bundestag eine Versammlung einberufen, in der die Abgeordneten forderten, daß Schilly die Richterschelte zurücknehmen sollte. Anfang Mai 2008 kündigte Schily für 2009 seinen Rückzug aus der Politik an.
Es wird berichtet, Schily habe seinen alten Weggefährten Mahler im Strafvollzug besucht.[1]
Auszeichnungen (Auswahl)
„Preis für Verständigung und Toleranz“ vom Jüdischen Museum Berlin (2003), Leo-Baeck-Medaille vom Leo-Baeck-Institut in Neu York (2005), „Big Brother Lifetime Award“ (2005), „Schild des Keren Hayesod“ (2006)
Netzwerke (Auswahl)
Schily nahm an „Bilderberger“-Konferenzen Teil.
Familie
Otto Schily ist in zweiter Ehe mit Linda Tatjana Chajmovic verheiratet, deren jüdischer Vater als Partisan[2] in Rußland gegen die Wehrmacht gekämpft hatte.[3][4] Schily äußerte sich über diesen während einer Rede im Deutschen Bundestag wie folgt: „Nun sage ich einen Satz, der in seiner Härte und Klarheit von mir und uns allen angenommen werden muß: Der einzige von allen vier genannten Personen – der einzige! –, der für eine gerechte Sache sein Leben eingesetzt hat, war Jindrich Chajmovic.“[5] Ihre Mutter arbeitete in den 1990er Jahren für Steven Spielbergs „Shoah Foundation“.[3] Schily hat zwei Kinder (Jenny, geb. 1967 und Anna, geb. 1981) aus erster Ehe. Im August 1998 trat Otto Schily mit seiner Tochter, der Schauspielerin Jenny Schily, im Münchner Theater Heppel & Ettlich mit Jerome Kiltys Sprechstück „Geliebter Lügner“ auf. [6] Schily besitzt südlich von Siena ein Haus in der Toskana.
Verweise
Schily:„Wiedervereinigung bedeutet Deutsches Reich“
Fußnoten
- Geboren 1932
- Bundesinnenminister
- Bundestagsabgeordneter (Nordrhein-Westfalen)
- Bundestagsabgeordneter (Bayern)
- Bündnis-90/Die-Grünen-Mitglied
- SPD-Mitglied
- Rechtsanwalt (BRD)
- Bilderberger
- Herrschaftsstabilisierung
- Person der Gesinnungsindustrie
- Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes
- Träger der Leo-Baeck-Medaille
- Träger des Ordens der Eichenkrone (Großkreuz)
- BRD-Politiker
- 68er-Bewegung