1932

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Januar 1932

  • In ganz Deutschland kommt es Mitte des Monats infolge des plötzlich einsetzenden Tauwetters zu gewaltigen Überschwemmungskatastrophen.
  • 22. Januar: In Moskau wird der zweite russische Fünfjahresplan bekanntgegeben. Durch den ersten Plan war neben der Aufhebung des freien Bauerntums eine große militärische Verstärkung erreicht. Der zweite Plan sieht vor allem eine Verbesserung der Warenqualität, eine bedeutende Erhöhung der Roheisen- und Erdölgewinnung und des Maschinenbaues vor. In der Landwirtschaft soll eine Vergrößerung des gesamten Ernteertrages erzielt werden.
  • 25. Januar: Zwischen Polen und Rußland wird ein Nichtangriffspakt unterzeichnet.
  • 28. Januar: Ausbruch des japanisch-chinesischen Krieges. Nach der Besetzung Mukdens hatten die Japaner von seiten Chinas einen stärkeren Widerstand erwartet« Dieser erfolgte jedoch nicht. General Tschang schonte seine Truppen und überließ die Kämpfe gegen die Japaner chinesischen Räuberbanden. Während inzwischen der Völkerbund ergebnislos zu vermitteln suchte_ setzten die Japaner ihren Vormarsch vom Süden bis ums Norden der Mandschurei fort_ ließen am 2. Januar 1952 in Charbin den Staat Mandschuko ausrufen und setzten hier einen regierenden Ausschuß ein_ Dieser wählte am Februar den letzten Kaiser von China Pu Yi, zum Regierungschef und Präsidenten.
Aber nicht nur in der Mandschurei, sondern auch in der Gegend von Schanghai unternahm Japan jetzt ernstliche Schritte, um seine Siedler zu sichern. Bei dieser Gelegenheit stößt am 28. Januar 1932 japanische Marineinfanterie bei Schanghai auf reguläre chinesische Truppen; die daraus entstehenden Kämpfe ziehen sich mit kurzen Unterbrechungen zunächst bis zum 5. Mai 1932 hin. Überall sind die Japaner im Vorteil.

Februar 1932

  • 2. Februar: Eröffnung einer Abrüstungskonferenz in Genf. Hierbei sind 54 Staaten vertreten. Die Beratungen dauern länger als ein Jahr, ohne daß es zu praktischen Ergebnissen kommt.
  • 6. Februar: Litauischer Staatsstreich im Memelgebiet.
Der deutschgesinnte Präsident des Landesdirektoriums, Böttcher, wird abgesetzt und verhaftet. Ein Litauer wird zum Präsidenten bestellt.
  • 16. Februar: In Frankreich wird aus innerpolitischen Gründen das Kabinett Laval gestürzt. Ministerpräsident wird Tardieu.
  • 26. Februar: Adolf Hitler wird zum Regierungsrat bei der nationalsozialistischen Braunschweiger Regierung ernannt und erwirbt dadurch die deutsche Staatsangehörigkeit. Er wird der braunschweigschen Gesandtschaft in Berlin zugeteilt.

März 1932

Aristide Briand wurde 1862 geboren, ging 1891 als Advokat nach Paris und wurde 1902 Abgeordneter. Als Unterrichtsminister (seit 1906) führte er in Frankreich die Trennung von Kirche und Staat durch. Nach Clemenceaus Rücktritt bildete er sein erstes Kabinett (Juli 1909 bis Februar 1911). 1912 war er Justizminister im Kabinett Poincarè. Im Jahre 1913 war er von neuem auf kurze Zeit Ministerpräsident. Während des Weltkrieges wurde er im Oktober 1915 wiederum an die Spitze der Regierung gestellt; jedoch nötigte ihn der Misserfolg des Saloniki-Unternehmens im März 1917 zum Rücktritt. Seit 1921 hat er dann fast ständig teils als Ministerpräsident, teils als Außenminister in sehr geschickter Weise die französische Politik vertreten. Im Besonderen hat er 4 1/2 Jahre lang den deutschen Außenminister Stresemann in der Frage der Rheinlandräumung hingehalten.
  • 13. März: Erster Wahlgang zur Reichspräsidentenwahl.
Im Frühjahr 1932 ist Paul von Hindenburgs 7jährige Amtszeit abgelaufen. Schon im Dezember 1931 hatte die Regierung Brüning bei Hitler angefragt, unter welchen Bedingungen er für die Wiederwahl des Feldmarschalls eintreten könnte. Hitler machte seine Zustimmung von einer Garantie für die Änderung des Reichskurses abhängig. Dies lief praktisch auf Neuwahlen zum Reichste hinaus, was Brüning jedoch vermeiden wollte. Es kam zu keiner Einigung; dennoch Hindenburg am 15. Februar — um sich bis zum letztem Atemzug in dem Dienst des Vaterlandes zu stellen, die neue Kandidatur an. Am 15. März kommt es zum ersten Wahlgang. Inzwischen ist die Harzburger Front auseinandergebrochen Der Stahlhelm hat Duesterberg, die NSDAP Hitler aufgestellt Hindenburg erhält 18,6 — Hitler 11,3 —Duesterberg 2,5 — Thälmann (Kommunist) 4,9 Millionen Stimmen. Die verfassungsmäßige Entscheidung ist damit nicht gefallen.

April 1932

  • Anfang d. M.: Die Reichsregierung stellt für Stadtrandsiedlungen wiederum 25 Millionen RM. zur Verfügung, welche die Errichtung von etwa 10.000 Stellen und die Unterbringung von etwa 50.000 Menschen ermöglichen. Diese Stadtrandsiedlungen sind jedoch, mit den ganz anders gearteten nationalsozialistischen Siedlungsplänen nicht zu verwechseln.
  • Stahlhelmaufmarsch in Berlin. 200 000 Teilnehmer. Inzwischen sind auch hier Jugendorganisationen gegründet worden.
  • 8. April: Adolf Hitler, der Führer der nationalsozialistischen Bewegung, spricht im Rahmen einer Wahlkampfveranstaltung in der Halle Münsterland in Münster (Westfalen), Hauptstadt des Gaues Westfalen-Nord, vor einer Versammlung von etwa 10.000 Volksgenossen, von denen etwa 3.000 seiner Rede wegen mangelnder Plätze von außerhalb der Halle zuhören müssen.
  • 10. April: Zweiter Wahlgang zur Reichspräsidentenwahl.
Hindenburg erhält 19,5 — Hitler 13,4 — Thälmann 3,7 Millionen Stimmen. Durch diese Stichwahl wird Hindenburg zum zweiten Mal Reichspräsident. Gleichzeitig scheint damit die Regierung Brüning gesichert
Sofort nach dem Wahlkampf hat Hitler die Losung ausgegeben, daß "der Kampf ohne Pause weitergeht". Demgegenüber holt jetzt die Reichsregierung zu einem großen politischen Schlag aus. Die preußische Regierung Braun- Severing hatte in den Büros der NSDAP Hausdurchsuchungen veranstaltet und das gefundene Material mit entsprechenden Erläuterungen der Reichsregierung übergeben, indem sie den Hitlerformationen „Wehrverrat“ unterstellte. Groener, der in seiner Person das Wehrministerium mit dem Reichsinnenministerium vereinigt, wartet eine sachliche Prüfung dieses Materials nicht ab; er erzwingt jetzt die Auflösung und das Verbot der „Privatarmee Hitlers“.
Welche Tragweite diese Maßnahme besitzt, ergibt sich aus den Zahlen: Damals umfassten die SA und SS neben ihren Reserven, Motor-, Marine- und Reiterstürmen, ihren Kraftfahrkorps, Sanitätskolonnen, Führerschulen und Zeugmeistereien bereits eine Gemeinschaft von etwa einer halben Million. Jetzt werden ihre Heime und Mittagsküchen geschlossen und den Stellungslosen unter ihnen die letzte Betätigung entzogen. Hitler erhebt gegen diese Maßnahme sofort Einspruch und strengt beim Reichsgericht in Leipzig einen Prozess an.
Aber auch der damalige Chef des Ministeramtes im Wehrministerium Groener widerspricht diesen Maßnahmen. Als er damit nicht durchdringt, sucht er den Weg zum Reichspräsidenten und bereitet hier den Sturz der derzeitigen Reichsregierung vor.
Im Vordergrund des politischen Interesses hatten die Preußenwahlen gestanden. Hier hatte der alte Landtag in seiner letzten Sitzung beschlossen, daß ein Ministerpräsident fortan nur mit absoluter Mehrheit gewählt werden könne, während bisher im zweiten Wahlgang nur, relative Mehrheit erforderlich war. Diese Änderung der Geschäftsordnung zielte bewußt auf Lahmlegung der preußischen Staatsführung hin; denn es war vorauszusehen, daß der künftige Landtag für die NSDAP. zwar eine relative, nicht aber eine absolute Mehrheit ergeben werde.
In der Tat bringt die Wahl einen Aufstieg der Nationalsozialisten auf 162 Mandate, einen Abstieg der Sozialdemokratie auf 94. Zum ersten Mal hat damit die Hitlerbewegung auch in Preußen das Übergewicht. Die Regierung Braun-Severing tritt nun zwar offiziell zurück, erklärt aber, sie werde sich um kein Misstrauensvotum mehr kümmern. Sie werde weiterregieren, bis der neue Ministerpräsident gewählt sei — nach dem vorliegenden Beschluss vorläufig ein Ding der Unmöglichkeit.

Mai 1932

  • 6. Mai: Staatspräsident Downer wird ermordet (vgl. 13. 5. 1931 und Bild 189). Sein Nachfolger wird Lebrun.
  • Mitte d. M.: Reichspräsident v. Hindenburg hat gefordert, daß sich die Nachprüfung! des Verbotes der Hitlerverbände ebenfalls auf die Wehrorganisation der Linken —Reichsbanner und Eiserne Front - solle. Groener weicht aus und verwebt im Reichstag seine Politik zu vertreten, findet aber in Göring einen überlegenen Gegner. Seine Rede mißlingt inhaltlich wie rhetorisch. Da er auch des Vertrauens des Reichspräsidenten nicht mehr sicher ist, so tritt er zunächst als Wehrminister zurück. Als Reichsinnenminister wird er von Brüning zunächst noch gehalten.
  • 20. Mai: Kabinett Dollfuß in Österreich.
Die österreichische Außenpolitik der Nachkriegszeit des ersten Weltkrieges war vor allem von den Bundeskanzlern Schober und Seipel geleitet worden. Die große Inflationskrise und die Weltwirtschaftskrise hatten auch hier viele Opfer gefordert. Nach dem Rücktritt Schobers als Vizekanzler und Außenminister im Januar 1932 bildete auf kurze Zeit der christlich-soziale Buresch eine neue Regierung; sie muß aber jetzt einem neuen Kabinett unter Dollfuß Platz machen. Diesem fällt als erste Aufgabe die Wiederherstellung der österreichischen Finanzen zu.
Reichspräsident von Hindenburg hat sich inzwischen auf sein Gut Neudeck begeben und prüft hier — getrennt von Berlin— die innerpolitische Lage des Reichs gründlich durch. :Währenddessen nimmt Reichskanzler Brüning an Verhandlungen in Genf teil, welche die Reparations- und die Abrüstungsfrage betreffen. Es fällt seine bekannte Äußerung, daß er sich „100 Meter vor dem Ziel befände“. Im Juni soll in Lausanne eine abschließende Reparationskonferenz stattfinden. Hierfür will sich Brüning vom Reichspräsidenten jedwede Vollmacht geben lassen, die ihm zugleich auch die innerpolitische Stabilität garantiert. Hindenburg lehnt jedoch den Empfang des Kanzlers in Neudeck ab, kehrt nach Pfingsten nach Berlin zurück und nimmt jetzt den Vortrag Brünings entgegen. Hierbei fordert er das Ausscheiden Groeners auch als Innenminister. Als unter diesen Umständen Brüning seinen Rücktritt in Aussicht stellt, nimmt Hindenburg diesen an.

Juni 1932

Er bildet ein „Kabinett der nationalen Konzentration“. Reichswehrminister: Kurt von Schleicher, Reichsinnenminister: Freiherr v. Gayl (deutschnational). Schon vorher hat v. Papen auch mit der NSDAP vertrauliche Fühlung gesucht. Jetzt wird Hitler zu Hindenburg gebeten, um zu beraten, unter welchen Bedingungen eine Mitwirkung seiner Bewegung möglich sei. Hitler will der „Präsidialregierung“ als Übergangskabinett nicht feindlich im Wege stehen, fordert aber sofortige Auflösung des Reichstages und als selbstverständliche Voraussetzung dieser Tolerierungspolitik die Aufhebung des SA -Verbotes.
  • 4. Juni: Franz von Papen löst den Reichstag auf und setzt Neuwahlen für den 31. Juli des Jahres fest.
  • 15. Juni: Der SA und SS -Verbot wird aufgehoben, der Rundfunk wird für die NSDAP -Führer freigegeben. Gleichzeitig wird eine Notverordnung gegen politische Ausschreitungen erlassen.
  • 16. Juni (bis 9. Juli): Reparationskonferenz in Lausanne. Es ist die 35. Konferenz dieser Art. Als deutsche Delegierte nehmen v. Papen und Außenminister v. Neurath daran teil. Eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach dem Youngplan hat sich inzwischen als unmöglich herausgestellt. Der deutsche Reichskanzler fordert jetzt die völlige Aufhebung dieses Planes. „Die Reparationen waren ursprünglich zum Wiederaufbau der durch den Krieg zerstörten Gebiete bestimmt. Inzwischen haben sich ihre Wirkungen in das Gegenteil verkehrt; sie bauen nicht auf. sondern sie zerstören. Die Zeit der Experimente, der Atempausen, der Vertagungen ist endgültig vorbei. Es muß jetzt ganze Arbeit geleistet werden. Demgegenüber verlangen die Franzosen noch mindestens 4 Milliarden Mark. Nach hartnäckigem Handeln einigt man sich auf 3 Milliarden. Diese sollen nach dreijähriger Pause gezahlt werden, wenn die alten Reparationsanleihen wieder mit 90% ihres Wertes gehandelt würden; sollte dieser Fall innerhalb 15 Jahren —also bis zum Jahre 1947 — nicht eintreten, so würde der Anspruch ganz erlöschen. Eine solche Abschlusszahlung würde mittels einer Anleihe beschafft werden. Damit ist der Youngplan, der einst so viel Staub aufgewirbelt hatte, endgültig begraben.
Auf der gleichen Konferenz wird auch Österreich ein Transfermoratorium bewilligt. Im weiteren Verlauf der Verhandlungen unterzeichnet Dollfuß am 15. Juli 1932 das Lausanner Anleiheprotokoll und verzichtet damit endgültig auf den Anschluß an Deutschland.

Juli 1932

  • 5. Juli: Carmona ernennt Salazar zum Ministerpräsidenten
  • 13. Juli: Bekanntgabe eines englisch-französischen Konsultativpaktes, d. h. die betreffenden Mächte wollen sich gegenseitig bei eintretenden Schwierigkeiten beraten.
  • 16. Juli: Erweiterung des Freiwilligen Arbeitsdienstes.
Bis zum Juni 1932 waren etwa 60.000 Arbeitsdienstfreiwillige in allen Gegenden Deutschlands in voller Tätigkeit. Jetzt erweiterte die Reichsanstalt die Zulassung zu diesem Dienst durch Vermehrung der Mittel: Nunmehr darf jeder bis zu 25 Jahren — also auch die Empfänger von Wohlfahrtunterstützungen — an dieser Einrichtung teilnehmen, überall treten jetzt verschärfte Devisensperren in Kraft. so daß die Auslandsforderungen ganzen Länder "einfrieren". Das Streben nach „Autarkie“ — versteht darunter den Zustand der Selbstgenügsamkeit eines Landes, das alle: erzeugt, was es verbraucht, aber nur so viel, als es verbrauchen kann — erreicht überall den Höhepunkt. Man strebt aufs eifrigste danach, weder auf die Einfuhr noch auf die Ausfuhr von Waren angewiesen zu sein. Voran gehen die Vereinigten Staaten und Rußland, die von Natur aus durch ihre ungeheure Ausdehnung hierfür veranlagt sind. Auch Großbritannien verfolgt mit der Ausgestaltung des britischen Reichshandels jetzt in verstärkten Maß dieses Ziel.
Linksradikale Elemente überfallen Angehörige der Hitlerbewegung. Die Unsicherheit auf der Straße und die auf: äußerste gespannte innerpolitische Lage treten dadurch unvermittelt klar in Erscheinung.
Nach den Schießereien in Altona entwickelt sich zwischen Reichs- und Preußenregierung ein offener Konflikt. Letztere hatte bisher den Schutz der Rechtsverbände planmäßig vernachlässigt und offen die Linksverbände begünstigt.
Ja- sie hatte ihr Polizeirecht dazu benützt, die Aufhebung des SA -Verbotes praktisch dadurch unwirksam zu machen, daß sie ein Verbot von Umzügen und Versammlungen unter freiem Himmel erließ. Ähnlich waren auch die süddeutschen Länderregierungen vorgegangen. In München wurden sogar Landtagsabgeordnete der NSDAP, die in Uniform erschienen, von der Kriminalpolizei aus dem Hause gewiesen. Daraufhin hatte die Reichsregierung, um ihre Autorität zu wahren, eine Notverordnung erlassen, die das Polizeirecht der Länder beschränkte; diese aber fand den heftigsten Widerstand Bayerns, das sich einen solchen Eingriff in seine Sonderbelange nicht gefallen lassen wollte.
Jetzt greift das Kabinett v. Papen energisch zu, und zwar zunächst in Preußen: Hier verkündet am 20. Juli eine Notverordnung die Berufung des Reichskanzlers zum Reichskommissar. Als seinen Stellvertreter bestimmt v. Papen den ihm befreundeten Essener Oberbürgermeister Bracht. Er erklärt diese Maßnahme damit, daß „der begründete Verdacht bestehe, daß den hohen preußischen Behörden das Zielbewusstsein für den Kampf gegen die kommunistische Bewegung fehle“. Der politische Eindruck dieses Erlasses ist außerordentlich. Severing weigert sich, sein Amt niederzulegen, und erklärt, er werde nur der Gewalt weichen. Am gleichen Tage wird daher über Berlin und die Provinz Brandenburg der Ausnahmezustand verhängt. Die Reichswehr besetzt die wichtigsten preußischen Behör- den. Durch „einen Leutnant und 10 Mann“ werden der preußische Ministerpräsident Braun, Innenminister Severing, der Berliner Polizeipräsident Grzesinski und sein Vizepräsident Weiß ihrer Ämter entsetzt bzw. in Schutzhaft genommen. Da die preußischen Staatsminister, soweit sie nicht des Amtes enthoben sind. eine Zusammenarbeit mit dem neuen Reichskommissar ablehnen, werden sie ebenfalls entfernt.
Die Arbeiterschaft verhält sich bei dieser Neuordnung ruhig und verzichtet auf Streiks. Schon nach wenigen Tagen kann daher der Ausnahmezustand wieder aufgehoben werden. Mit diesem Zugriff hat die Reichsregierung v. Papen den seit langem untragbar gewordenen Dualismus zwischen Preußen und dem Reich endgültig beseitigt. Auch in Süddeutschland verfehlt dieses Vorgehen seinen Eindruck nicht.
  • 21. Juli (bis 20. August): Große britische Reichskonferenz in Ottawa. Die Weltwirtschaftskrise zwingt England, dessen Export durch die Autarkiebestrebungen aller Länder aufs empfindlichste leidet, zu besonderen Vereinbarungen mit den Dominions, d. h. mit den überseeischen Staaten des Britischen Reiches, denen volle Selbstregierung gewährt ist. Es fasst nunmehr durch besondere Zollerleichterungen alle diese Staaten zu einem neuen Großwirtschaftsraum zusammen.

Die Wahlen zum Deutschen Reichstage 1928 bis 1933: Die Verteilung der Abgeordnetensitzes:

20.5.1928 14.9.1930 31.7.1932 6.11.1932 5.3.1933
Nattonalsozialist. Deutsche Arbeiterpartei 12 107 230 196 288
Sozialdemokratie 153 143 133 121 120
Kommunistische Partei 54 77 89 100 81•
Zentrum 61 68 75 70 73
Deutschnationale Volkspartei 78 44 39 54 53
Bayerische Volkspartei 17 19 22 19 19
Deutsche Volkspartei 45 30 7 11 2
Christlich-Sozialer Volksdienst 14 3 5 4
Deutsche Staatspartei (Demokr. Partei) 25 20 4 2 5
Deutsche Bauernpartei 8 6 2 3 2
Deutsch - Hannoversche Partei 4 3 1
Wirtschaftspartei 23 23 2 2
Christlich-Nationale Bauern- u. Landvolkpartei(Deutsch.Landvolk) 9 19 1
Konservative Volkspartei 4
Volksrechtspartei 2 1

• Keine Ausübung der Mandate.


  • 31. Juli: Reichstagswahl.
  • Die Nationalsozialisten wachsen von 107 auf 230 Mandate an. Sie haben bereits fast das ganze Bürgertum mit Ausnahme des Zentrums aufgesogen. Die Linke hingegen ist parlamentarisch noch nicht geschlagen. Sie geht etwa gleich stark aus dem Wahlkampf hervor. Ist aber jetzt bereits schwächer als der Nationalsozialismus. Durch eine „bloße Revolution des Stimmzettels” scheint somit das große Ziel der Hitlerbewegung nicht erreicht zu werden. Dies bedarf einer staatsrevolutionären Wende. Während aber Hitler an seinem Grundsatz, die Macht nur auf legalem Wege zu erreichen, auch jetzt noch festhält, sind manche leidenschaftliche Kämpfer der Partei nicht mehr zu zügeln. Es geht ihnen zu langsam vorwärts. Man verhandelt mit der Reichswehr und fragt, ob diese auch gegen Hakenkreuzkolonnen vorgehen werde. Die Antwort ist ein unbedingtes „Ja.

August 1932

  • 9. August: Notverordnung gegen den politischen Terror.
  • Die Reichsregierung erkennt sehr wohl die heraufziehende Gefahr. Sie will jetzt nicht nur gegen links, sondern auch gegen rechts durchgreifen und erläßt daher verschärfte Verbote: In den Unruhegebieten werden Sondergerichte eingesetzt, die in beschleunigtem Verfahren strengste Strafen verhängen sollen: Todesstrafe für blutigen Anschlag keine Rechtsmittel, sofortige Vollstreckung. — Am Tag des Erlasses dieser Verfügung kommt es bereits in Beuthen zum eines solchen Falles
  • 11. August: Die Weimarer Verfassung wird zum Erstaunen des nationalen Deutschland auch von der Regierung von Papen festlich begangen. Innenminister v. Gayl führt in seiner Festrede aus: „Man mag zu Einzelheiten der Weimarer Verfassung stehen wie man will. Sie ist heute der Grund, auf den als auf dem alle unbeschadet ihrer weltanschaulichen und politischen Meinung stehen müssen, die einen deutschen Staat überhaupt bejahen.
Auf Grund der Ergebnisse der Reichstagswahlen vom 31. Juli versucht v. Papen sich mit Hitler zu einigen und bietet ihm eine Teilung der Kanzlerschaft an: Hitler soll Vizekanzler mit nahezu gleichen Rechten werden. Dein gegenüber besteht Hitler auf seiner Forderung nach der ganzen Macht. Er braucht sie, um seine Ideen in die Wirklichkeit umzusetzen. In den Mittagsstunden orientieren v. Papen und v. Schleicher den Reichspräsidenten über den Stand der Verhandlungen. Dieser wünscht Hitler hierzu auch persönlich zu hören. Eine Einigung kommt jedoch bei dieser Begegnung nicht zustande, im Gegenteil : man hat sich wieder weiter voneinander entfernt. Beim Abschied bittet jedoch der Feldmarschall den jungen Tribun, seinen Kampf ritterlich zu führen, und nimmt Abschied mit den Worten: „Wir sind beide alte Kameraden, und so will ich Ihnen auch jetzt die Hand reichen.
Hitler zieht sich in sein Landhaus bei Berchtesgaden zurück. Die NSDAP. nimmt jetzt wieder Kampfstellung gegen die Reichsregierung ein. Dies wird zuerst offenkundig, als am 22. August das Beuthener Sondergericht fünf oberschlesische SA -Männer, zum Tode verurteil. Hitler setzt sich mit seiner ganzen die Vollstreckung dieses Urteil ein.
  • 25. August: Japan erkennt den Mandschukuo- Staat an. Nach der Ernennung Pu Yi`s zum Präsidenten des neuen Mandschukuo - Staates hat Japan die erste Etappe seines Zieles erreicht und sichert zunächst diese: Am 5. Mai 1932 schließt es mit China einen Waffenstillstand und räumt hierbei Schanghai, die Wusungforts und Tschapei. Im Juli aber beginnt es neu vorzustoßen: Es besetzt weitere Teile von Mandschukuo und dringt in die Provinz Jehol vor. Auch erkennt es am 25. August den neuen Mandschukuo- Staat feierlich an, beruft japanische Beamte und Offiziere als Berater und gewährt dem neuen Reich eine große Anleihe.
Inzwischen hat der Völkerbund zum Studium des Konfliktes in Ostasien einen Kommissar — Lytton — entsandt, welcher empfiehlt, die Neuordnung im Fernen Osten nicht anzuerkennen. Japan lässt sich aber dadurch nicht beirren. Es dehnt die Besetzung von Jehol immer mehr aus, dessen wichtigste Städte im März 1933 sämtlich erobert sind.
  • 28. August: v. Papen gibt in Münster sein Wirtschaftsprogramm bekannt. Er will zur Ankurbelung der Privatwirtschaft 2 Milliarden Reichsmark auswerfen, und zwar durch Ausgabe von „Steueranrechnungsscheinen“, mit denen die Unternehmer, die diese Scheine erwerben, vom Jahre 1934 ab ihre Steuern bezahlen sollen. Daneben bestimmt die am 4. September 1932 erlassene Notverordnung zur Belebung der Wirtschaft, daß derjenige Unternehmer, welcher neue Arbeiter einstellt, Vergütungen erhält und sogar die Lohntarife unterschreiten darf. Dies findet den teilweisen Widerstand der Arbeiterschaft, um so mehr, als damit die Arbeitslosigkeit nicht sofort vermindert wird. Eine neue Streikwelle ist die Folge.
  • 30. August: Der neu gewählte Reichstag wird durch die kommunistische Abgeordnete, Clara Zetkin, als Alterspräsidentin eröffnet. Hierbei kommt es zu erregten Szenen im Reichstag und zu Unruhen auf den Straßen in Berlin. In dieser Eröffnungssitzung wird Göring mit 367 gegen 220 Stimmen zum Reichstagspräsidenten gewählt. Im deutschen Parlament ist nun zwar eine arbeitsfähige Mehrheit wieder vorhanden; aber sie lehnt das Kabinett v. Papen ab. Dieses stützt sich in der Hauptsache nur auf die Deutschnationalen. Außerdem steht der Reichspräsident und der Reichswehrminister hinter ihm. Um seine Basis zu verbreitern, wird nunmehr eine Art Bündnis mit dem Stahlhelm abgeschlossen.

September 1932

  • 4. September: Reichsfrontsoldatentag des Stahlhelms, der auf Wunsch der Regierung in Berlin stattfindet.
  • 12. September: Auflösung des Reichstages unter dramatischen Umständen (Konflikt Göring - v. Papen). Bei der Abstimmung über einen Misstrauensantrag gegen das Kabinett v. Papen erhebt sich gegen dieses eine Gegnerschaft von 513 gegen 31 Stimmen der Hugenbergpartei. Die Wahl des neuen Reichstages wird auf den 6. November 1932 festgesetzt.
  • 14. September: Deutschland scheidet zum ersten Mal aus der Abrüstungskonferenz aus.
Die große Abrüstungskonferenz (2. Februar 1932) unter dem Vorsitz des Engländers Henderson war im Laufe des Jahres in Genf völlig festgefahren. Vor allem nach drei verschiedenen Richtungen hin hatten sich die Erörterungen bewegt: Frankreich stellte — wie so oft — die „Sicherheitsfrage“ in den Vordergrund. Es nimmt seine alte Idee einer internationalen Polizeitruppe wieder auf und verlangt für den Völkerbund den Oberbefehl über einen bestimmten Teil aller Großflugzeuge, schwerer Artillerie, Linienschiffe und Unterseeboote. So sollen sich alle Völkerbundsmitglieder gemeinsam gegen jeden wenden, der den Fortbestand der Versailler Ordnung stören sollte.
Deutschland fordert demgegenüber „die effektive Abrüstung“, d. h. die Mächte, die bisher jede Möglichkeit der Waffentechnik und Rekrutierung ausgenutzt haben, sollen nunmehr endlich ihren Rüstungsstand wirklich beschränken. Hierbei soll der gesamte Rüstungsumfang eines Staates genießen und auf seinen militärischen Kriegswert geschätzt werden.
Die dritte Richtung befasste sich vor allem mit der „spezialistetem Abrüstung“. Man will einzelne Waffengattungen und Kampfmethoden, wie schwere Geschütze. Gaskrieg wir. einschränken oder ganz verbieten. Aber auf diesem Gebiete stoßen erst recht die verschiedenen Interessen im samtnen. Niemand will gerade auf die Kriegsmittel verzichten. in deren Beherrschung er Meister ist. Jeder weist auf seine besondere geographische oder politische Lage und auf die verschiedensten Sonderinteressen hin.
Irgendwelche positiven Ergebnisse werden somit nicht erzielt. Auf der anderen Seite will man aber auch Deutschland, das seinen Verpflichtungen aus dem Versailler Vertrag restlos nachgekommen ist, eine Angleichung an die Rüstungen der anderen Staaten nicht zugestehen. Die Folge davon ist daß die deutsche Regierung am 14. September 1932 ihre Vertreter abberuft.

Oktober 1932

  • 1. Oktober: Die Reichsregierung stellt für die Stadtrandsiedlungen weitere 40 Millionen Reichsmark zur Verfügung, die den Bau von 16.000 Stellen und die Unterbringung von 80.000 Menschen ermöglichen April 1932).

November 1932

Es ist die 5. große Wahlschlacht dieses Jahres. Sie endet mit einem Verlust der NSDAP von 2 Millionen Stimmen und damit von 34 Mandaten. Dagegen ziehen die Kommunisten zum ersten Mal mit 100 Mandaten in den Reichs- tag ein; dennoch bleibt die NSDAP mit 196 Stimmen säe bei weitem stärkste Partei des neuen Parlamentes
Die Lage ist jetzt folgende: Gegen die "Reaktion" der Regierung v. Papen- Hugenberg haben die Linksparteien ihre Kräfte energisch zusammengefasst, wobei die radikale Richtung bedeutenden Zuwachs erhalten hat. Zentrum und Bayrische Volkspartei stehen Gewehr bei Fuß: Sie sympathisieren nicht mit der Reichsregierung, aber sie wollen auch einen allzu scharfen Gegensatz zu ihr vermeiden. Die NSDAP hat zwar gegenüber den Wahlen vom 31. Juli 1932 eine Anzahl Mitläufer verloren, denen die Änderung der Verhältnisse nicht rasch genug vorwärts geht — teilweise hat auch eine gewisse Wahlmüdigkeit eingesetzt. Die nationalsozialistische Partei selbst aber steht vollkommen intakt, und zwar angriffsbereit. Mehr denn je ist ihre Leitung davon überzeugt, daß nur eine gänzliche Veränderung aller wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse den Umschwung herbeizuführen vermag. Es lohnt nicht mehr, an das Alte anzuknüpfen; es muss etwas ganz Neues an seine Stelle treten.
Am gleichen Tage tritt Reichskanzler v. Papen zurück, nachdem er sieht, daß sein Kabinett im Volk ohne jeden Rückhalt bleibt und sich sogar die Mehrzahl der Kabinettsmitglieder unter Führung des Reichswehrministers v. Schleicher gegen die Fortsetzung der jetzigen Regierungspolitik wenden.
Wieder wird die Frage akut, ob Hitler Reichskanzler werden soll: Kann er als Kanzler und damit als Vertrauensmann des Reichspräsidenten gleichzeitig Oberhaupt der größten parlamentarischen Partei Deutschlands sein? Liegt dann nicht die Gefahr nahe, daß es zu einer „Parteidiktatur“ kommt, die mit Hindenburgs Auffassung von einer überparteilichen Regierung unvereinbar ist? In dieser Regierungskrise hat Hitler zwei Unterredungen mit Hindenburg —eine am 19. November — die andere am 21. November.
  • 19. November: Der Reichspräsident erteilt Hitler den Auftrag, eine Mehrheitsregierung zu bilden für den Fall, daß er mit dem Zentrum und den Deutschnationalen einig wird. Hitler erklärt sich zu einem Versuch bereit. Zunächst geht man daran, die Sicherungsbedingungen zu formulieren.
  • 21. November: Hitler erhält die Bedingungen für die Übernahme der Kanzlerschaft schriftlich ausgehändigt: er soll ein „Präsidialkabinett“ auf Grund des Artikels 48 der Reichsverfassung bilden. Hindenburg verabschiedet sich von Hitler mit den Worten: „Ob Sie den Auftrag erfüllen können, steht bei Gart. Wie die Verhandlungen auch ausfallen, auf jeden Fall wird Ihnen von jetzt ab meine Tür stets offen stehen.
Zwischen "Kaiserhof", dem Standquartier Hitlers, den Reichskanzleien und den Vorständen des Zentrums und der Deutschnationalen Partei kommt es jetzt zu ununterbrochenen Beratungen, denen jedoch ein Erfolg im Sinne des Reichspräsidenten versagt bleibt. Hitlers Auffassung wird aufs neue bestätigt: der Auftrag ist "innerlich undurchführbar! Am 24. November bricht er die Verhandlungen ab. Mancher seiner Anhänger versteht dieses „Nein“ nicht. Schon äußert man sich dahin, daß die Entwicklung über Hitler hinweggegangen sei.
  • 25. November: Der Reichspräsident erteilt dem Zentrumsführer, Prälat Kaas, den gleichen Auftrag unter gleichen Bedingungen. Auch hier scheitern die Verhandlungen.
  • 29. November: Frankreich und Rußland schließen einen „Nichtangriffspakt“ ab.

Dezember 1932

  • 3. Dezember: General v. Schleicher bildet ein neues „Präsidialkabinett“. Als Reichswehrminister hatte er eine Zeitlang die Kanzlerschaft Hitlers befürwortet. Jetzt versucht er, Verbindung mit dem Nationalsozialismus aufzunehmen, will jedoch hierbei Hitler ausschalten. Aber nur einer aus Hitlers Führerstab geht zu ihm über: Gregor Straßer. Auch mit den Linksparteien wird die Verbindung jetzt wieder aufgenommen. Man nennt das neue Kabinett, das die Mehrzahl der Minister aus der Regierung v. Papen übernommen hat, eine „Arbeiter- und Soldatenregierung“. Schleicher selbst äußert sich, daß er ein „Stückchen Sozialismus“ mitmachen werde; aber noch liegt ein klares Programm nicht vor.
  • 11. Dezember: In Genf wird die grundsätzliche militärische Gleichberechtigung Deutschlands ausgesprochen. Das Reich entsendet daraufhin wieder auf die Abrüstungskonferenz seine Vertreter.
  • 14. Dezember: In Frankreich wird aus innerpolitischen Gründen das Kabinett Herriot gestürzt. Sein Nachfolger wird Paul-Boncour.
  • 15. Dezember: Adolf Hitler ordnet die Gründung eines „Kampfbundes des gewerblichen Mittelstandes“ an.
  • 23. Dezember: Die Reichsregierung erlässt ein „Sofortprogramm für Arbeitsbeschaffung“.
Die Zahl der Arbeitslosen ist inzwischen auf 5 773 000 angestiegen. Man geht in einen trostlosen Winter hinein, umso mehr, als man sich von irgendwelchen Regierungsmaßnahmen keinen Erfolg mehr verspricht. Nur eine zukunftbergende Neuleistung wird in der gleichen Zeit systematisch weitergefördert: „Das Hilfswerk für die deutsche Jugend“, welches „Freiwilligen Arbeitsdienst“ und „wehrsportliche Ertüchtigung“ verbindet. Der Zustrom zum Freiwilligen Arbeitsdienst war sehr rege geworden, seine Auswirkungen nach jeder Richtung hin nutzbringend. Die Regierung stellte daher weitere Mittel zur Verfügung. Ende 1932 gab es etwa 200.000 im Arbeitsdienst beschäftigte junge Leute.
Die NSDAP, auf welche in erster Linie diese Gedanken zurückgingen, betrieb den Freiwilligen Arbeitsdienst als „Verein für Umschulung freiwilliger Arbeitskräfte“ und verband damit von Anfang an auch Erziehung in sozialem und vaterländischem Geiste.
Die Gesamtmitgliederzahl der NSDAP betrug Ende 1932 etwa 1,5 Millionen.

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