Potocki-Berichte

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Die Potocki-Berichte bilden historische Schlüsseldokumente zu einer Beurteilung der Außenpolitik des Dritten Reiches und der zeitgeschichtlichen Forschung zu den Ursachen des Zweiten Weltkrieges. Die Berichte des polnischen Botschafters in den USA, Jerzy Potocki, an den polnischen Außenminister bezeugen seine Sicht zur innerpolitischen Lage der USA im Jahre 1938 und 1939.

Erläuterung

Das Dokument konnte nach dem deutschen Sieg über Polen in Warschau gefunden und sichergestellt werden. Der im Nürnberger Prozeß aufgrund Verbrechens gegen den Weltfrieden und der Judenverfolgung angeklagte Parteiideologe Alfred Rosenberg versuchte vergebens, dieses Dokument als Beweismaterial dafür einzuführen, daß seine vermeintlich antijüdische Aufklärungsarbeit und kriminalisierte Propaganda letztendlich nur eine Gegenposition gegen die US-jüdische Pressehetze nach der Machtübernahme gegen das nationalsozialistische Deutschland war. Das Siegertribunal verwarf das Dokument als „unerheblich“.

Der Journalist Giselher Wirsing gibt in seinem Standardwerk „Der maßlose Kontinent. Roosevelts Kampf und die Weltherrschaft“ (S. 236) eine Unterhaltung William C. Bullitts mit dem polnischen Botschafters Potocki im November 1938 wieder:

„Auf meine Frage, ob die Vereinigten Staaten an einem solchen Krieg teilnehmen würden, antwortete er: ‚Zweifellos ja, aber erst dann, wenn England und Frankreich zuerst losschlagen.‘ Die Stimmung in den Vereinigten Staaten ist, wie er sagte, gegenüber dem Nazismus und Hitlerismus so gespannt, daß schon heute unter den Amerikanern eine ähnliche Psychose herrscht wie vor der Kriegserklärung Amerikas an Deutschland im Jahr 1917.“

Potocki-Bericht vom 21. November 1938

Über den Wunsch der demokratischen Staaten nach einem deutsch-russischen Krieg berichtete Potocki im Bericht vom 21. November 1938 über seine Unterredung mit Bullitt.

Quelle
Folgender Text ist eine Quellenwiedergabe. Unter Umständen können Rechtschreibfehler korrigiert oder kleinere inhaltliche Fehler kommentiert worden sein. Der Ursprung des Textes ist als Quellennachweis angegeben.

Botschaft der Republik Polen in Washington
Washington, den 21.11.1938

Betr.: Unterredung mit Botschafter Bullitt

An den Herrn Außenminister in Warschau

Vorgestern hatte ich eine längere Unterredung mit dem Botschafter Bullitt, der hier im Urlaub ist. Eingangs bemerkte er, daß sehr herzliche Beziehungen ihn mit dem Botschafter Lukasiewicz in Paris verbinden und daß er mit ihm sehr gern verkehrt.

Da Bullitt den Präsidenten Roosevelt über die internationale Situation in Europa ständig informiert, und vor allem über Rußland, werden seine Mitteilungen vom Präsidenten Roosevelt und dem Staatsdepartement mit graßer Aufmerksamkeit aufgenommen. Bullitt spricht lebhaft und interessant. Jedoch entspricht seine Reaktion auf die europäischen Ereignisse mehr der Ansicht eines Journalisten als Politikers, da er in seiner Unterhaltung die ganze Skala der sehr verwickelten europäischen Fragen berührte. Aus ihnen zieht er sehr negative Folgerungen.

Bullitt zeigte in seiner Unterhaltung im Allgemeinen einen großen Pessimismus. Er sprach davon, dass das Frühjahr 1939 zweifellos wiederum sehr aufregend sein wird, verstärkt noch durch das ständige Aufblitzen der Kriegsmöglichkeiten und der Drohungen von Seiten Deutschlands sowie der Gefahr der ungeklärten Verhältnisse in Europa. Er stimmt mit mir überein, dass der Schwerpunkt der europäischen Frage sich von Westen nach dem Osten verschoben habe, da die Kapitulation der demokratischen Staaten in München ihre Schwäche gegenüber dem Deutschen Reiche offenbart hat.

Sodann sprach Bullitt über das vollständige Nichtvorbereitetsein Großbritanniens zum Kriege und über die Unmöglichkeit, die englische Industrie auf die Massenkriegsproduktion, insbesondere auf dem Gebiet des Flugzeugwesens, umzustellen. Über die französische Armee äußerte er sich mit ungewöhnlichem Enthusiasmus, bestätigte jedoch, daß das französische Flugwesen überaltet sei. Nach dem, was die Militär-Experten Bullitt während der Herbstkrise des Jahres 1938 gesagt haben, würde ein Krieg mindestens 6 Jahre dauern und würde nach ihrer Ansicht mit einer völligen Zerschlagung Europas und mit dem Kommunismus in allen Staaten enden. Zweifellos würde Sowjetrußland am Schluß davon den Nutzen ziehen.

Über Sowjetrußland sprach er mit Geringschätzung. Er redete davon, daß die letzte Reinigung, und insbesondere die Beseitigung Blüchers, eine vollständige Desorientierung in der Roten Armee hervorgegufen habe, die zu keiner kriegerischen aktiven Anstrengung fähig sei. Im allgemeinen ist Rußland, wie er sagte, gegenwärtig der Kranke Mann von Europa. Er verglich es mit dem ottomanischen Vorkriegsstaat.

Über Deutschland und den Kanzler Hitler äußerte er sich mit größter Vehemenz und mit starkem Haß. Er sprach davon, daß nur Gewalt, schließlich ein Krieg der wahnsinnigen Expansion Deutschlands in Zukunft ein Ende machen kann. Auf meine Frage, wie er sich diesen kommenden Krieg vorstelle, erwiderte er, daß vor allem die Vereinigten Staaten, Frankreich und England gewaltig aufrüsten müßten, um der deutschen Macht die Stirn bieten zu können.

Dann erst, wenn der Augenblick reif ist (sprach Bullitt weiter), wird man zu der letzten Entscheidung schreiten können. Ich fragte ihn, in welcher Weise die Auseinandersetzung erfolgen könne, da Deutschland vermutlich nicht England und Frankreich als erster angreifen werde. Ich sehe einfach nicht den anhakenden Punkt in dieser ganzen Kombination.

Bullitt erwiderte, dass die demokratischen Staaten absolut noch zwei bis zur vollständigen Aufrüstung bräuchten. In der Zwischenzeit wurde Deutschland vermutlich mit seiner Expansion in östlicher Richtung vorwärtsschreiten. Es würde der Wunsch der demokratischen Staaten sein, dass es dort im Osten zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem Deutschen Reich und Russland komme. Da das Kräftepotenzial der Sowjetunion bisher nicht bekannt sei, könne es sein, das sich Deutschland zu weit von seiner Basis entfernt und zu einem langen und schwächenden Krieg verurteilt wird. Dass erst würden die demokratischen Staaten, wie Bullitt meint, Deutschland attackieren und zur Kapitulation zwingen.

Auf meine Frage, ob die Vereinigten Staaten an einem solchen Kriege teilnehmen würden, antwortete er: „Zweifellos ja, aber erst dann, wenn England und Frankreich zuerst losschlagen!“ Die Stimmung in der Vereinigten Staaten ist, wie er sagte, gegenüber dem Narzissmus und Hitlerismus so gespannt, das schon heute unter den Amerikanern eine ähnliche Psychose herrscht wie vor der Kriegserklärung Amerikas an Deutschland im Jahre 1917.

Bullitt erkundigte sich dann über Polen und über unsere Situation in Osteuropa. Er bestätigte, daß Polen noch ein Staat ist, der mit Waffen in den Kampf schreiten würde, wenn Deutschland seine Grenzen überschritte. Ich verstehe, sagte er, die Frage einer gemeinsamen Grenze mit Ungarn gut. Die Ungarn sind gleichfalls ein tüchtiges Volk. Eine gemeinsame Verteidigungslinie mit Jugoslawien würde es gegenüber der deutschen Expansion erheblich leichter haben.

Sodann sprach Bullitt über die ukrainische Frage und über die deutschen Absichten auf die Ukraine. Er bestätigte, daß Deutschland einen vollständig ukrainischen Stab habe, der in Zukunft die Regierung der Ukraine übernehmen und dort einen unabhängigen ukrainischen Staat unter deutschem Einfluß gründen solle. "Eine solche Ukraine", sprach Bullitt weiter, "würde natürlich für Sie sehr gefährlich sein, da diese unmittelbar auf die Ukrainer im östlichen Klein-Polen einwirken würde." Schon heute, sagte er, ginge die deutsche Propaganda ganz in ukrainisch-nationalistischer Richtung, und als Ausgangspunkt für dieses künftige Unternehmen soll die Karpatho-Ruthenische Ukraine dienen, an deren Fortbestehen Deutschland, hauptsächlich aus strategischen Gründen, gelegen ist.

Bullit zeigte sich hinsichtlich der Situation in Osteuropa nicht allzu gut informiert und führte die Konversation in ziemlich oberflächlicher Weise.

Jerzy Potocki
Botschafter der Republik Polen


Potocki-Bericht vom 12. Januar 1939

Quelle
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Botschaft der Republik Polen in Washington
Washington, den 12. Januar 1939

Nr. 3/SZ-tjn-3 Geheim

Betr.: Innerpolitische Lage in USA. (Die Stimmung gegen Deutschland, Judenfrage)

An den Herrn Außenminister in Warschau

Die Stimmung, die augenblicklich in den Vereinigten Staaten herrscht, zeichnet sich durch einen immer zunehmenden Haß gegen den Faschismus aus, besonders gegen alles, was mit dem Nationalsozialismus zusammenhängt. Die Propaganda ist vor allem in jüdischen Händen, ihnen gehört fast zu 100 % das Radio, der Film, die Presse und Zeitschriften. Obgleich diese Propaganda sehr grob gehandhabt wird und Deutschland so schlecht wie möglich hingestellt – man nutzt vor allem die religiösen Verfolgungen und die Konzentrationslager aus –, wirkt sie doch so gründlich, da das hiesige Publikum vollständig unwissend ist und keine Ahnung hat von der Lage in Europa. Augenblicklich halten die meisten Amerikaner den Kanzler Hitler und den Nationalsozialismus für das größte Übel und die größte Gefahr, die über der Welt schwebt.

Die Lage hierzulande bildet ein ausgezeichnetes Forum für alle Art Redner und für Emigranten aus Deutschland und der Tschechoslowakei, die an Worten nicht sparen, um durch die verschiedensten Verleumdungen das hiesige Publikum aufzuhetzen. Sie preisen die amerikanische Freiheit an, im Gegensatz zu den totalitären Staaten. Es ist sehr interessant, daß in dieser sehr gut durchdachten Kampagne, die hauptsächlich gegen den Nationalsozialismus geführt wird, Sowjetrußland fast ganz ausgeschaltet ist. Wenn es überhaupt erwähnt wird, so tut man es in freundlicher Weise und stellt die Dinge so dar, als ob Sowjetrußland mit dem Block der demokratischen Staaten zusammenhinge. Dank einer geschickten Propaganda ist die Sympathie des amerikanischen Publikums ganz auf seiten des Roten Spaniens. Außer dieser Propaganda wird auch noch künstlich eine Kriegspsychose geschaffen:

Es wird dem amerikanischen Volk eingeredet, daß der Frieden in Europa nur noch an einem Faden hängt, ein Krieg sei unvermeidlich. Dabei wird dem amerikanischen Volk unzweideutig klargemacht, daß Amerika im Falle eines Weltkrieges auch aktiv vorgehen müsse, um die Losungen von Freiheit und Demokratie in der Welt zu verteidigen.

Der Präsident Roosevelt war der erste, der den Haß auf den Faschismus zum Ausdruck brachte. Er verfolgte dabei einen doppelten Zweck: 1. Er wollte die Aufmerksamkeit des amerikanischen Volkes von den innerpolitischen Problemen ablenken, vor allem vom Problem des Kampfes zwischen Kapital und Arbeit. 2. Durch die Schaffung einer Kriegsstimmung und die Gerüchte einer Europa drohenden Gefahr wollte er das amerikanische Volk dazu veranlassen, das enorme Aufrüstungsprogramm Amerikas anzunehmen, denn es geht über die Verteidigungsbedürfnisse der Vereinigten Staaten hinaus.

Zum ersten Punkt muß man sagen, daß die innere Lage auf dem Arbeitsmarkt sich dauernd verschlechtert, die Zahl der Arbeitslosen beträgt heute schon zwölf Millionen. Die Ausgaben der Reichs- und Staatsverwaltung nehmen täglich größere Ausmaße an. Nur die Milliardensummen, die der Staatsschatz für die Notstandsarbeiten ausgibt, erhalten noch eine gewisse Ruhe im Lande. Bisher kam es nur zu den üblichen Streiks und lokalen Unruhen. Wie lange aber diese Art staatliche Beihilfe durchgehalten werden kann, kann man heute nicht sagen. Die Aufregung und Empörung der öffentlichen Meinung und die schweren Konflikte zwischen den Privatunternehmungen und enormen Trusts einerseits und der Arbeiterschaft andererseits haben Roosevelt viele Feinde geschaffen und bringen ihm viele schlaflose Nächte.

Zum zweiten Punkt kann ich nur sagen, daß der Präsident Roosevelt als geschickter politischer Spieler und als Kenner der amerikanischen Psychologie die Aufmerksamkeit des amerikanischen Publikums sehr von der innerpolitischen Lage ablenkt hat, um es für die Außenpolitik zu interessieren. Der Weg war ganz einfach, man mußte nur von der einen Seite die Kriegsgefahr richtig inszenieren, die wegen des Kanzlers Hitler über der Welt hängt, andererseits mußte man ein Gespenst schaffen, das von einem Angriff der totalen Staaten auf die Vereinigten Staaten faselt. Der Münchener Pakt ist dem Präsidenten Roosevelt sehr gelegen gekommen. Er stellte ihn als eine Kapitulation Frankreichs und Englands vor dem kampflustigen Militarismus hin. Wie man hier zu sagen pflegt, hat Hitler Chamberlain die Pistole auf die Brust gesetzt, Frankreich und England hatten also gar keine Wahl und mußten einen schändlichen Frieden schließen.

Ferner ist das brutale Vorgehen gegen die Juden in Deutschland und das Emigrantenproblem, die den herrschenden Haß immer neu schüren gegen alles, was irgendwie mit dem deutschen Nationalsozialismus zusammenhängt. An dieser Aktion haben die einzelnen jüdischen Intellektuellen teilgenommen, z. B. Bernard Baruch, der Gouverneur des Staates New York Lehmann, der neu ernannte Richter des Obersten Gerichts Felix Frankfurter, der Schatzsekretär Morgenthau und andere, die mit dem Präsidenten Roosevelt persönlich befreundet sind. Sie wollen, daß der Präsident zum Vorkämpfer der Menschenrechte wird, der Religions- und Wortfreiheit, und er soll in Zukunft die Unruhestifter bestrafen.

Diese Gruppe von Leuten, die die höchsten Stellungen in der amerikanischen Regierung einnehmen und die sich zu den Vertretern des „wahren Amerikanismus“ und als „Verteidiger der Demokratie“ hinstellen möchten, sind im Grunde doch durch unzerreißbare Bande mit dem internationalen Judentum verbunden. Für diese jüdische Internationale, die vor allem die Interessen ihrer Rasse im Auge hat, war das Herausstellen des Präsidenten auf diesen „idealsten“ Posten eines Verteidigers der Menschenrechte ein genialer Schachzug.

Sie haben auf diese Weise einen sehr gefährlichen Herd für Haß und Feindseligkeit auf dieser Halbkugel geschaffen und haben die Welt in zwei feindliche Lager geteilt. Das Ganze ist als meisterhafte Arbeit aufgemacht worden:

Roosevelt sind die Grundlagen in die Hände gegeben worden, um die Außenpolitik Amerikas zu beleben und auf diesem Wege zugleich die kolossalen militärischen Vorräte zu schaffen für den künftigen Krieg, dem die Juden mit vollem Bewußtsein zustreben. Innerpolitisch ist es sehr bequem, die Aufmerksamkeit des Publikums von dem in Amerika immer zunehmenden Antisemitismus abzulenken, indem man von der Notwendigkeit spricht, Glauben und individuelle Freiheit vor den Angriffen des Faschismus zu verteidigen.

Jerzy Potocki
Botschafter der Republik Polen


Potocki-Bericht vom 30. April 1939

Der nächste Bericht ist unter dem Datum des 30. April 1939, das Potocki unmittelbar nach einem privaten Treffen in seiner Residenz mit General Edwin Martin „Pa“ Watson schrieb, ein Berater und Vertrauter des amerikanischen Präsidenten. Zwei Tage zuvor, am 28. April, hatte Adolf Hitler eine vernichtende und sarkastische rede an den Deutschen Reichstag gehalten, in Reaktion auf einen öffentlichen Appell Roosevelts an Hitler vom 14. April, um die Integrität einer Reihe von Ländern zu garantieren, darunter Irland, Syrien und Palästina (die dann von den Briten besetzt wurden). Diese Herangehensweise an Hitler war einzig und allein darauf angelegt, die Öffentlichkeit in Amerika anzusprechen, weil sie so viele sachliche und politische Fehler enthielt, daß Hitler in der Lage war, Verachtung und Sarkasmus sowohl auf seinen Inhalt als auch auf seinen Autor sehr effektiv zu Haufen. Nach dieser Rede kam General Watson, auf Roosevelts Anfrage hin, zu einer privaten Diskussion mit dem polnischen Botschafter.

Quelle
Folgender Text ist eine Quellenwiedergabe. Unter Umständen können Rechtschreibfehler korrigiert oder kleinere inhaltliche Fehler kommentiert worden sein. Der Ursprung des Textes ist als Quellennachweis angegeben.

An den Außenminister in Warschau:

Heute Abend empfing ich in meinem Privathaus General Watson, einen engen Vertrauten des amerikanischen Präsidenten. Der General erklärte, er handele auf Anweisung des Präsidenten und wünschte, dass ich den Inhalt seiner Informationen an die polnische Regierung in Warschau weiterleite.

Es scheint, dass die rede von Reichskanzler Hitler in Berlin vom 28. April den Präsidenten wütend gemacht hat, den der General mir versichert, glaubt, dass Reichskanzler Hitler ihn öffentlich lächerlich gemacht und verachtet hat. Das waren die genauen Worte von General Watson.

Es wurde auch erklärt, dass, weil die Familie des Präsidenten, auf der Seite seiner Mutter und Vaters jüdisches Blut hat, der Präsident zusätzliche gründe hat, Reichskanzler Hitler und die Deutschen zu hassen.

Der Präsident war anscheinend überrascht und am meisten beunruhigt über den Besuch des deutschen Außenministers (von) Ribbentrop in Warschau im Januar dieses Jahres. Dem Präsidenten ist bekannt, dass die Deutschen versucht haben, Polen zum Beitritt zum Antikominternpakt zu bewegen, und ich versicherte dem General, dass Polen, das den Franzosen nicht gut gesinnt sei, sich weigere, sich mit Reichskanzler Hitler zu verbünden.

Der General erklärte weiter, dass Präsident Roosevelt das Gefühl habe, dass Reichskanzler Hitler gestoppt werden muss, bevor er einen neuen Krieg beginnt und bevor er alle Juden in Deutschland misshandelt und vertrieben hat. Der General erwähnte in diesem Zusammenhang besonders die polnischen Juden. Es gibt sehr starke Gefühle in den Vereinigten Staaten gegen einen weiteren europäischen Krieg und der amerikanische Präsident muss einen anderen Weg finden, um die Flammen des Krieges in Europa zu schüren. Aus meinen fragen an General Watson geht hervor, dass Präsident Roosevelt nur sehr wenige tatsächliche Kenntnisse über die Verhältnisse in Europa hat und aus Rache allein handelt.

Präsident Roosevelt, so sein Adjutant, wünscht, dass die polnische Regierung allen Versuchen von Reichskanzler Hitler entgegentritt, zu einer Verhandlungslösung über die Frage von Danzig zu kommen und standhaft zu bleiben. Ich konnte dem General versichern, dass die polnische Regierung nicht beabsichtigt, sich dem Druck von Reichskanzler Hitler in dieser Angelegenheit zu beugen und sich nicht um die polnische Kontrolle über ehemalige deutsche Gebiete zu kümmern.

Der General erklärte, der Präsident sei sich unserer Haltung bewusst, machte aber einen sehr starken Vorschlag, dass die polnische Regierung das Feuer mit dem Feuer bekämpfe, direkt zitiere und sich offen dem Kanzler Hitler widersetze. Der Präsident kennt Gruppen von prominenten Deutschen, viele in hohen Militär- und Regierungsämtern, die sich völlig gegen Hitler und den Nationalsozialismus stellen und sich bei Ausbruch eines Krieges gegen ihr Regime auflehnen.

General Watson hat mir außerdem eine Abschrift eines Vertragsentwurfs mit der Sowjetunion gezeigt, in dem dargelegt wird, dass die sowjetische Armee sich mit der polnischen Armee bei der geringsten Provokation den deutschen anschließen wird. Der Präsident hat ferner vorgeschlagen, dass eine solche Provokation leicht von der polnischen Regierung geliefert werden könnte und der darauf folgenden Aggression der deutschen Streitkräfte der Mut der polnischen Streitkräfte und der macht der Sowjetunion entgegenstehe.

Ich versuchte dem General zu erklären, dass die polnische Regierung mit der Sowjetunion sicherlich nicht befreundet war und sie sogar als gefährliche potentielle Feinde und nicht als Verbündete betrachtete. Ich wies auch darauf hin, dass die Sowjets 1920 in polnisches Gebiet eingedrungen waren (von der Redaktion – es war ein Krieg der von polnischer Seite angezettelt war), um den neu gebildeten polnischen Staat vollständig zu unterwerfen. Der General hatte keine Ahnung von der Schlacht um Warschau im Jahre 1920, eine Schlacht, in der dieser Autor sicherlich eine ernsthafte Rolle spielte. Der General sprach warmherzig über die Sowjetunion und versicherte mir, dass Stalin nach einer militärischen Niederlage der Deutschen keine territorialen Forderungen an den polnischen Staat hätte und sich sofort hinter seine Grenzen zurückziehen würde.

Der Präsident scheint keine Kenntnis von der Situation in Polen zu haben, und man sollte weiter beachten, dass die polnische Botschaft hier keine Informationen über einen solchen möglichen Vertrag zwischen den Sowjets und den Amerikanern erhalten hat. Obwohl der General eine transkribierte Kopie dieses Vertrages bei sich hatte, war es nur ein Entwurf und hatte keinerlei identifizierende Unterschriften.

Dies erscheint diesem Schriftsteller als bloßer bluff seitens des amerikanischen Präsidenten, und da es völlig unmöglich war, eine informierte Diskussion mit seinem Kommunikanten zu haben, wurde der General darauf hingewiesen, dass seine Botschaft sofort an den Minister weitergeleitet würde.

Es scheint, dass die Boshaftigkeit des amerikanischen Präsidenten in Verbindung mit seinem Ehrgeiz, im Amt zu bleiben, ein sehr gefährliches Geschäft ist und seine hinterhältige Einmischung in Angelegenheiten, die er nicht versteht, zu sehr ernsten Konsequenzen führen könnte, nicht für die Vereinigten Staaten, die von einer europäischer Krieg, aber für ganz Europa.

Jerzy Potocki
Botschafter der Republik Polen


Literatur