Provisorische Nationalversammlung für Deutschösterreich

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Die Provisorische Nationalversammlung für Deutschösterreich trat nach der Auflösung der Donaumonarchie ans Pult der Republik Deutschösterreich bis aus den Wahlen am 16. Februar 1919 eine Konstituierende Nationalversammlung hervorging.

Geschichte

Am 30. Oktober 1918 wurde das zu Deutschösterreich gehörende Land Deutschböhmen von seiten deutschböhmischer Abgeordneten errichtet. Am gleichen Tage proklamierten die Abgeordneten aus Ostböhmen, Nordmähren und Westschlesien die Gründung des Sudetenlandes als Teil der Republik Deutschösterreich.

Brief an den VS-amerikanischen Präsidenten

Ebenfalls am 30. Oktober 1918 verfaßte der Vollzugsausschuß der Provisorischen Nationalversammlung einen Brief an den Präsidenten Woodrow Wilson, um ihn auf die Bildung des selbstständigen deutschösterreichischen Staates und auf die Lage der bedrohten deutschen Gebiete aufmerksam zu machen:

„In Böhmen gibt es neben 134 Gerichtsbezirken, in denen die Tschechen die Mehrheit der Bevölkerung darstellen, 93 Gerichtsbezirke, in denen die Mehrheit der Bevölkerung deutscher Nationalität ist und die deutsche Sprache spricht. Diese 93 Bezirke stellen ein Gebiet von 18.385 Quadratkilometern dar. Nach der Volkszählung vom Jahre 1910 ... wohnten in diesem Gebiete 2.395.541 Personen, die sich im täglichen verkehr der deutschen Sprache und eingesprengt nur 80.143 Personen, die sich der tschechischen Sprache bedienen. Es besteht also innerhalb Böhmens ein zusammenhangendes Gebiet, dessen überwiegende Bevölkerungsmehrheit deutsch ist. Ebenso bildet der westliche Teil von österreichisch-Schlesien und der an ihm angrenzende nördliche Teil von Mähren ein zusammenhängendes deutsches Siedlungsgebiet, und auch die südlichen, an das deutsche Niederösterreich angrenzenden Gebiete Mährens sind deutsch. Insgesamt wohnen in Böhmen, Mähren und Schlesien nach der letzten Volkszählung 3.512.682 Deutsche. Es ist selbstverständlich, daß der deutschösterreichische Staat die deutschen Gebiete Böhmens, Mährens und Schlesiens beansprucht.“
„Wir sind überzeugt, Herr Präsident, daß Sie nach sorgfältiger Prüfung dieser Fragen den von Ihnen verkündeten Grundsätzen entsprechend es ablehnen werden, 3,5 Millionen Deutsche gegen ihren Willen dem tschechischen Staate zu unterwerfen und sie zu einem Verzweiflungskampf gegen die ihnen drohende Fremdherrschaft zu zwingen. Das Zeitalter der Demokratie in Mitteleuropa kann nicht damit beginnen, daß ein Volk von 3,5 Millionen Menschen einem volk von 6,3 Millionen Menschen unterworfen wird.“
„Der dauernde Frieden in Europa kann nicht dadurch begründet werde, daß in dem neuen tschechoslowakischen Staate eine deutsche Irredenta geschaffen wird, deren ständige Hilferufe nach Berlin und Wien dringen und den Frieden Europas gefährden würden. Eine solche Vergewaltigung der Deutschen widerspräche auch dem von Ihnen, Herr Präsident, im Punkt 2 Ihrer Rede vom 12. Februar dieses Jahres aufgestellten Grundsätze, daß Völker und Provinzen nicht von einer Staatsoberhoheit in eine andere herumgeschoben werden, als ob es sich lediglich um Gegenstände oder Steine in einem Spiel handelte, und ebenso dem dritten und vierten der dort aufgestellten Grundsätze, wonach jede Lösung einer Gebietsfrage im Interesse und zugunsten der betroffenen Bevölkerung und derart erfolgen müsse, daß alle klar umschriebenen nationalen Ansprüche die weitestgehende Befriedigung finden sollen, ohne neue Elemente von Zwist und Gegnerschaft, die den Frieden Europas und somit der ganzen Welt wahrscheinlich wieder stören würden, aufzunehmen. Wir fordern daher, daß die deutschen Gebiete Böhmens, Mährens und Schlesiens als ein Bestandsteil des deutschösterreichischen Staates anerkannt werden und ihre künftige staatliche Zugehörigkeit in Gemeinschaft mit ihm frei bestimmen sollen. Wir sind bereit, mit der berufenen Vertretung der tschechischen Nation über die Abgrenzung unserer Gebiete zu verhandeln. Sollte es sich aber als unmöglich erweisen, die Grenzen einvernehmlich festzusetzen, so schlagen wir vor, daß die Bevölkerung der umstrittenen Gebiete berufen werden soll, selbst durch allgemeine Volksabstimmung zu entscheiden, zu welchem Staat sie gehören will ... In analoger Weise wären diese Grundsätze auch auf die deutschen Siedlungsgebiete im Süden und auf die Regelung der staatlichen Grenzen gegenüber Italien und und dem südslawischen Staaten anzuwenden. Sie, Herr Präsident, haben erklärt, daß Sie gegen die Regierungen der Mittelmächte, aber nicht gegen das deutsche Volk Krieg führen. Sie haben erklärt, daß Sie gleiche Gerechtigkeit für alle Nationen, auch für das deutsche Volk verwirklichen wollen. Wir apellieren daher an Sie, Ihre Autorität für das Selbstbestimmungsrecht unserer Nation einzusetzen.“

Der Brief wurde nicht beantwortet.

Zitate

Siehe auch

Quelle

  • Taras Borodajkewycz, Saint Germain, Diktat gegen Selbstbestimmung, Eckartschrift 31, Wien 1969, zitiert in Saint Germain, Verrat am Selbstbestimmungsrecht, Der Eckart, September 2019, Seite 4-6

Fußnoten

  1. Der Eckart, Die Sudetendeutschen auf dem Weg in die Knechtschaft, September 2019, Seite 25