Rosvænge, Helge
Helge Anton Rosvænge; auch: Rosenvinge-Hansen, Roswaenge; ( 29. August 1897 in Kopenhagen; 19. Juni 1972 in München) war ein dänischer Tenor.
Leben
Der dänische Tenor Helge Roswaenge (auch: Rosvaenge, Rosvænge) wurde am 29. August 1897 als Helge Anton Rosenvinge Hansen in Kopenhagen geboren. Zunächst absolvierte er nach dem Abitur an der Technischen Hochschule seiner Geburtsstadt ein Ingenieurstudium, welches er mit der Note „sehr gut“ und Diplom abschloß, hatte während dieser Zeit jedoch schon privaten Gesangsunterricht bei einem ehemaligen Schüler des legendären polnischen Tenors Jean de Reszké1) genommen. Das Schicksal trieb ihn auf einem Erholungsurlaub, den er bei Bekannten, einem Künstlerehepaar in Schwerin, verbringt, dann doch seiner Bestimmung entgegen. Da hatte er durch seine Freunde, die am Schweriner Landestheater engagiert waren, sehr oft Gelegenheit, die Oper zu besuchen, und hier lernt Roswaenge seine künftige Gattin kennen, die damals als Koloratursängerin an der Oper wirkte. Seinem Schweriner Aufenthalt verdankt der Künstler auch das schnelle Erlernen der deutschen Sprache. Schwerin öffnet dem Sänger Roswaenge die Pforten zu einem internationalen und außergewöhnlich schnellen Aufstieg.
Sein Operndebüt gab der Autodidakt Roswaenge 1921 als Don José in Bizets „Carmen“ am Stadttheater von Neustrelitz und verzeichnete erste Erfolge. Ein weiteres Engagement führte den Tenor dann 1922 für zwei Jahre zusammen mit seiner damaligen ersten Ehefrau, der ungarischen Sopranistin Ilonka Holndonner, in das thüringische Altenburg, über Basel (1924 – 1926) und Köln (1926 – 1929) kam Roswaenge Ende 1929 nach Berlin an die „Staatsoper“ sowie 1930 nach Wien, avancierte mit seiner ungemein brillanten Stimme schnell zu einem der bedeutendsten Tenöre nicht nur im deutschsprachigen Raum – wurde gar als Nachfolger von Richard Tauber gefeiert. Bis 1950 blieb er der Wiener „Staatsoper“ verbunden, die neben Berlin zu seiner künstlerischen Heimat wurde. Bei seine Gastauftritten an so bedeutenden Bühnen wie in Salzburg, München oder London glänzte Roswaenge vorwiegend mit Titelrollen in Opern von Giuseppe Verdi, Wolfgang Amadeus Mozart oder Giacomo Puccini, mit Wagner-Partien war er eher selten zu hören; seine wenigen Auftritte, wie 1934 und 1936 sein „Parsifal“ in Bayreuth hinterließen jedoch stets nachhaltigen Eindruck.
1932 trat Roswaenge erstmalig in [[Salzburger Festspiele|Salzburg bei den Festspielen als Tamino in Mozarts Die Zauberflöte auf und wurde von Fachwelt und Publikum gleichermaßen umjubelt. Bis 1939 stand er regelmäßig bei den Festspielen auf auf der Bühne, brillierte dort unter anderem auch als Herzog von Guienne in Carl Maria von Webers „Oberon“ oder als Florestan in Beethovens „Fidelio“, mit dem er 1938 auch am Londoner „Covent Garden“ das Publikum in seinen Bann zog. Neben seinem Mozart–Repertoire, glänzte Roswaenge mit dramatischen Heldenrollen in Verdi–Opern wie beispielsweise als „Otello“ und „Rigoletto“, er interpretierte den Alfredo Germont in „La Traviata“ oder den jungen Arrigo in „Die Sizilianische Vesper“ ebenso grandios wie den ägyptischen Feldherrn Radames in „Aida“ oder den Titelhelden Manrico in „Der Troubadour“. Roswaenge gab den Gounodschen „Faust“, den Canio in Leoncavallos „Der Bajazzo“ oder den Rodolfo in Puccinis „La Bohème“, überzeugte aber auch bei seinem Ausflug in die Moderne: So gestaltete er beispielsweise 1950 an der „Wiener Staatsoper“ den Moritatensänger in der Brecht/Weillschen „Die Dreigroschenoper“.
Roswaenge, der für seine äußerst flexible Stimme bekannt war, trat auch als Liedsänger in Erscheinung und setzte sich besonders für Werke von Hugo Wolf sowie die skandinavischen Komponisten ein. Zu seinen Glanzzeiten soll er über 200 Vorstellungen pro Jahr gegeben haben, nach dem Zweiten Weltkrieg hatte er zunächst Schwierigkeiten wegen seiner Nähe zum Nationalsozialismus, war nach Russland in das Lager Krasnogorsk nahe Moskau verschleppt worden.
Nach seiner Freilassung kam Roswaenge über Schweden in seine Heimat Dänemark, wo man dem „Deutschenfreund“ die Einreise verweigerte. Doch schon bald konnte er seine Karriere fortsetzen, er gab 1948 in Basel den Radames, wurde wenig später nach Wien eingeladen und kehrte 1949 nach Berlin zurück. Bis 1958 sang er an der „Wiener Staatsoper“", zog sich dann allmählich von der Bühne zurück – nicht zuletzt wegen der Entwicklung, daß italienische Opern in der Originalsprache gesungen wurden. Roswaenge war jedoch auf die deutsche Sprache festgelegt und eine erneute Einstudierung der Rollen lehnte er ab. Er gab jedoch weiterhin erfolgreiche Konzerte mit Arien und Liedern, ging auch auf eine Operetten–Tournee. Als Mittsechziger gab er erstmals in Neu York eine Vorstellung mit einem Arienabend in der „Carnegie Hall“, trat 1963 noch einmal im Neu Yorker „Madison Square Garden“ auf. Seine Stimme hatte bis ins hohe Alter seinen warmen und sonoren Klang behalten, noch mit 65 Jahren sang er eindrucksvoll den Manrico in „Der Troubadour“. Roswaenges Stimme gehört zu jenen, die man unter Hunderten sofort wiedererkennt, nicht aufgrund einer außergewöhnlichen Schönheit ebendieser Stimme, sondern aufgrund eher eines Artikulationsmangels, der hellen und spitzen I–Laute, die aufdringlich hervorstechen. Diese oft parodierte und kritisierte Eigenart seiner Stimme war so etwas wie ein Markenzeichen, ein weiteres waren die leicht angesetzten, enorm tragfähigen Spitzentöne, die an italienische Tenöre wie Giovanni Martinelli und Giacomo Lauri-Volpi denken lassen.
Bis zu seinem Tod war der mehrfach zum Kammersänger ernannte Helge Roswaenge als Gesangspädagoge in München tätig; dort starb er am 19. Juni 1972 im Alter von 74 Jahren (einige Quellen nennen auch den 17. Juni als Todestag). Seine letzte Ruhe fand er auf dem Friedhof der dänischen Gemeinde Glostrup nahe Kopenhagen.
Filmographie
- 1932: Der Knalleffekt
- 1935: Verlieb’ Dich nicht am Bodensee
- 1936: Martha. Letzte Rose
- 1938/39: Salzburg, die Festspielstadt
- 1961: Die Banditen. Fernsehinszenierung der Operette von Jacques Offenbach.
- 1968: Die Landstreicher, Fernsehfilm nach der Operette von Carl Michael Ziehrer
- 1969: Walzertraum, Fernsehfilm nach der Operette von Oscar Straus
Schriften
- Lache Bajazzo: Ernstes und Heiteres aus meinem Leben, Andermann, München 1953
- Mach es besser mein Sohn: ein Tenor erzählt aus seinem Leben, Koehler & Amelang, Leipzig 1962
- Leitfaden für Gesangsbeflissene: eine heitere Plauderei über ernste Dinge, Obpacher, München 1964