Vertrag von Verden
Der Vertrag von Verden (meist Vertrag von Verdun genannt) wurde am 10. August 843 zwischen den drei überlebenden Söhnen Ludwigs des Frommen und Enkeln Karls des Großen in Verden an der Maas geschlossen. Diese waren sich streitig gewesen, wer welchen Anspruch auf das Erbe ihres Vaters hatte. Die Vorverhandlungen zu diesem Vertrag wurden vom 19. bis 24. Oktober 842 in der Basilika St. Kastor in Koblenz von 110 Gesandten der betroffenen Herrscher geführt. Der Vertrag von Verden war die Voraussetzung für die spätere Entstehung des Heiligen Römischen Reiches (Deutscher Nation).
Inhaltsverzeichnis
Ergebnis
Ergebnis der Verhandlungen, die nicht als Vertragstext niedergeschrieben wurden (bzw. vermißt werden), war die Teilung der Macht der germanischen Herrscher im Fränkischen Reich und dessen Aufspaltung in drei Teile:
- das Westfrankenreich Karls des Kahlen, Ursprung des späteren Frankreichs
- das Ostfrankenreich Ludwigs des Deutschen, Ursprung des Ersten Deutschen Reichs
- das Mittelreich (Lotharii Regnum) Lothars I., Ursprung des späteren Lothringens und Norditaliens
Lothar erhielt zudem die römisch-deutsche Kaiserwürde.
Kurzer Bestand, Wirkung
Die Dreiteilung hatte jedoch nur kurzen Bestand. Bereits 855 wurde das Mittelreich Lotharingien aufgeteilt (Prümer Teilung), danach 870 im Vertrag von Meersen und schließlich 880 im Vertrag von Ribemont.
Nominell und ideell wurde bei der Teilung die Reichseinheit gewahrt - nominell durch das Bemühen um eine gemeinsame Politik, ideell durch die Brüdergemeinschaft. Das Reich wurde immer noch in seiner Gesamtheit als gemeinsames karolingisches Herrschaftsgebiet angesehen. Primär ist die Teilung nicht als Reichsteilung, sondern als Herrschaftsteilung innerhalb der Königsfamilie zu betrachten. Zu einer dauerhaften Wiedervereinigung der Reichsteile sollte es jedoch nicht mehr kommen.
Dem Vertrag gingen lang andauernde, von gegenseitigem Mißtrauen begleitete Verhandlungen voraus. In diesem Zusammenhang wurde das Reich inventarisiert (Descriptio regni). Die Teilung wurde unter dem Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit der geographisch-politischen Lage und des wirtschaftlichen Ertrages vorgenommen.
In den westfränkischen Reichsannalen, den Annales Bertiniani, heißt es in Bezug auf den Vertrag von Verden:
- „Karl begab sich zur Zusammenkunft mit den Brüdern und traf sie in Verden. Hier erhielt Ludwig, nachdem die Teilung ausgeführt war, alles jenseits des Rheins, dazu diesseits die Städte und Gaue von Speyer, Worms und Mainz; Lothar das Land zwischen Rhein und Schelde bis zu ihrer Mündung und dann das Land um Cambrai, den Hennegau, das Lomensische (zwischen Maas und Sombre) und Castricische (südlich davon) Gebiet, und die Grafschaften links der Maas und weiter bis zum Einfluss der Saône in die Rotten, und der Rhone entlang bis zum Meer mit den Grafschaften auf beiden Seiten. Außerhalb dieser Grenzen erhielt er bloß Arras durch die Güte seines Bruders Karl. Der Rest bis Spanien fiel Karl zu. Und nachdem sie gegenseitige Eide geschworen schied man zuletzt voneinander.“
In den ostfränkischen offiziösen Annales Fuldenses heißt es:
- „Als von den Edlen das Reich aufgenommen und in drei Teile geteilt war, kamen in Verden in Gallien die drei Könige im August zusammen und teilten das Reich: Ludwig erhielt den östlichen Teil, Karl den westlichen, Lothar als der älteste den dazwischen gelegenen Anteil. Als sie so Frieden gemacht und durch Eidschwur bekräftigt hatten, zogen sie heim, um jeder seinen Teil zu sichern und zu ordnen. Karl, der Anspruch auf Aquitanien erhob, da es von Rechts wegen zu seinem Reiche gehöre, wurde seinem Neffen Pippin lästig, indem er ihn durch zahlreiche Einfälle heimsuchte, öfters aber große Verluste im eigenen Heere erlitt.“
Bedeutung
Der Vertrag von Verden besiegelte das endgültige Scheitern der Staatsidee der in Person und Amt des Kaisers repräsentierten Reichseinheit, auch wenn unter Karl III. das Fränkische Reich für wenige Jahre seine äußere Einheit wiedererlangte.
Der Vertragsschluß von Verden gilt als Anfangspunkt einer Entwicklung, die schließlich im hohen Mittelalter zur Entstehung Deutschlands und Frankreichs führte. Im Vertrag von Verden kann man somit den Anfangspunkt der deutschen Geschichte erblicken.
Siehe auch
Literatur
- Hans Ferdinand Massmann: Deutsch und Welsch, oder, Der Weltkampf der Germanen und Romanen : ein Rückblick auf unsere Urgeschichte zur tausendjährigen Erinnerung an den Vertrag zu Verdun (1843) (PDF-Datei)
- Der Vertrag von Verden 843, Hrs. von Th. Mayer. Leipzig, 1943.