Zeitgeschichte

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Als Zeitgeschichte oder auch Neueste Zeit bezeichnet man den jüngsten Abschnitt der Geschichte, wobei dessen Beginn wahlweise auf das Jahr 1914, den Ausbruch des Ersten Weltkrieges, das Jahr 1917, in dem die VSA in den Krieg eintraten und die Oktoberrevolution in Rußland eine kommunistische Diktatur etablierte, das Kriegsende 1918 und den damit verbundenen Zusammenbruch der jahrhundertealten Monarchien der Hohenzollern und Habsburger, in jüngerer Zeit auch auf das Jahr 1945 mit dem Untergang des Deutschen Reiches und dem Triumph der beiden universalistischen Ideologien des Kapitalismus und des Kommunismus, angesetzt wird.

Eine Bewertung der BRD-Zeitgeschichte aus dem Jahr 1989

Quelle
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Das westdeutsche Kulturmandarinat rotiert, nichts als selbstreferenziell, um immer dieselben Jahrestage, immer dieselben Klitterungen, immer dieselben Verdikte. Einst absichtsvolle Strategie, mittlerweile wahnhafter Zwang, lustvoll empfundene Idiotie, intellektuelle Selbstentkernung, vielleicht auch bloß Erschlaffung und Niveauverlust, der Preis für Durchbürokratisierung und Funktionalität.

Sobria ebrietas: die stocknüchterne Besoffenheit der Zeit-Geschichtler, dieser Historiker ohne Zeit, spottet jeder Beschreibung; sie kommen ohne Archive, ohne Memoiren, ohne Nachlässe, ohne Augenschein aus – ihnen genügt Theologisches.

Wenn sie schreiben, beten sie; wenn sie argumentieren, verdammen sie; wenn sie recherchieren, zaubern sie. Ihre Forschungsprojekte gleichen Scheiterhaufen, auf denen die Vergangenheit verfeuert wird; im gespenstischen Widerschein züngelnder Flammen tanzen zelotische Wissenschaftskobolde ihren Betroffenheits-Cha-Cha-Cha, feixende Beschwörung, mit dem Drudenfuß auf der terra stipendiata, mit dem FDGO-Hirn in magischen Wolken, Rituale allerorten, Volkspädagogia perennis, windelweiche Wissenschaft – feste Bezüge.

Jeder Band ein Grabstein mehr auf dem Gottesacker deutscher Traditionen, ein Beinhaus aus Wörtern und Papier, das tausend Verlage, hundert Fakultäten und eine Handvoll Blätter Tag für Tag füllen. Nimmersatt nährt sich diese Tausendschaft nekrophiler Kannibalen vom zähen Fleisch eines Leichnams, der zu seinen Lebzeiten Deutschland hieß. (…)

Da bleibt kein Knochen unbenagt, die manischpedantische Erfassung sämtlicher Schweißperlen auf den Stirnen dienstverpflichteter Galizierinnen genügt, um komplikationslos habilitiert zu werden. Haberschartig hört man es rotzig daherschnarren: „Ob tausend oder zweitausend Jahre Geschichte dabei draufgehen[,] interessiert mich nur insoweit, als der antifaschistische Panzergraben für unsereins fertig wird.“

Quelle: Heinz-Theo Homann: Siebzehnhundertneunundachtzig folgende, Editorial der „Vierten Etappe“, Bonn, September 1989, S. 7–12 (7 f.)


Filmbeitrag

Wird die Zeitgeschichte instrumentalisiert? Interview von Johannes Conrad mit Michael Friedrich Vogt

Siehe auch

Literatur