Feuerbach, Anselm Friedrich

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Professor Anselm Feuerbach

Anselm Friedrich Feuerbach (Lebensrune.png 12. September 1829 in Speyer; Todesrune.png 4. Januar 1880 in Venedig) war ein deutscher Maler. Er gilt als einer der bedeutendsten deutschen Vertreter des Idealismus in der Malerei des 19. Jahrhunderts. Er arbeitete von 1856 bis 1873 meist in Rom, von 1873 bis 1876 in Wien, wo er monumentale Bilder mit mythologischen Themen in melancholisch-heroischer Grundhaltung schuf („Iphigenie“ 1862 und 1871, „Medea“ 1867 und weitere). Als eines seiner Hauptwerke gilt „Das Gastmahl des Platon“ in zwei Fassungen (1869 und 1873).

Leben

Bildnis einer Römerin (Nanna), 1861; Anna Risi, genannt Nanna, war eine Römerin, die im 19. Jahrhundert mehreren bedeutenden Malern Modell stand. Mehrere Jahre war sie die Geliebte und Muse von Anselm Feuerbach. Eines dieser Nanna-Gemälde von Feuerbach hing auch in der Großen Halle des Berghofs (Obersalzberg). Im Frühjahr 1860 hatte er zum ersten Mal der verheirateten Anna Risi kennengelernt. Sie saß ihm Modell für das Dresdner Madonnenbild (Ende Oktober 1859/April 1860) und einige Studienköpfe. Man kann im Werk Feuerbachs zwei Typen der Nanna-Bilder unterscheiden: naturhafte und idealisierte. In der Madonna mit musizierenden Engeln verarbeitete Feuerbach die Eindrücke aus Venedig und von Raffaels Madonnen-Bildern in Florenz. Sie saß ihm aber auch für mehrere Studienköpfen (teils verlorenes Profil) der Jahr 1861, die zwischen wehmütigem, erhabenem, unnahbarem und stoischem Charakter changieren und sich leicht verkaufen ließen. Das künstlerische Interesse an Nanna wurde durch eine Beziehung zwischen den beiden vertieft. Für Nanna, die an einer „unheilbaren Herzkrankheit“ litt, gab der Maler sogar das Rauchen auf. Nanna stand dem Maler Modell für geplante Bilder wie der „Iphigenie“ und dem „Gastmahl“, den historisierenden „Porträts“ der Bianca Capello (um 1548–1587) und der Lucrezia Borgia. Der Stoff für die „Iphigenie“ geht zurück auf Goethes „Iphigenie auf Tauris“ und der Oper von Willibald Gluck. Für die „Iphigenie“ ließ er sich ein antikisches Gewand schneidern und hielt sich Mitte Juli 1861 in Anzio auf, um Meeresstudien zu betreiben. Nanna, antikisch gekleidet, erinnerte ihn an eine Statue von Phidias – und wurde zum Inbegriff seiner Griechenland-Sehnsucht. Mit dem Bild der ersten Fassung der „Iphigenie“ (1862, Hessisches Landesmuseum, Darmstadt) gelang Anselm Feuerbach 1862 der Durchbruch. Er stellte es in Karlsruhe, Stuttgart und Berlin aus; in Berlin wurde das Gemälde mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Im Oktober 1865 verlor Anselm Feuerbach sein Lieblingsmodell, da Anna Risi mit einem Engländer nach Süditalien davonlief. In „Orpheus und Eurydike“ (1869, Belvedere) verarbeitete er seinen Verlust. Drei Jahre später bettelte sie Feuerbach in elendem Zustand in Rom an, wurde jedoch von ihm zurückgewiesen. In Lucia Brunacci hatte dieser 1867 ein neues Modell und eine neue Geliebte gefunden.
Anselm Feuerbach wurde am 12. September 1829 als Sohn des Gymnasialprofessors für Alt-Griechisch und Latein Joseph Anselm Feuerbach (1798–1851) in Speyer geboren. Sein Vater unterrichtete am bayerischen Gymnasium Speyer und trieb archäologische Studien, publizierte eine Studie über den „Vaticanischen Apoll – eine Reihe archäologisch-ästhetischer Betrachtungen“ (Nürnberg 1833) und folgte 1836 dem Ruf an die badische Universität in Freiburg, wo er als Professor für klassische Philologie und Archäologie tätig war. Anselm Feuerbache Mutter hieß Amalie (geb. Keerl). Die Tochter des Ansbacher Appellationsgerichtsrats hatte 1826 Joseph Anselm Feuerbach geheiratet und 1827 die gemeinsame Tochter Emilie geboren. Die Familie war evangelisch und in Franken ansässig, wo die Onkel von Anselm Feuerbach zur intellektuellen Elite zählten: Karl Feuerbach war Mathematiker, Eduard Feuerbach Jurist, Ludwig Feuerbach Philosoph sowie Friedrich Feuerbach Indologe. Bereits 1830 verstarb Anselm Feuerbachs Mutter an Lungentuberkulose, weshalb Anselm und Emilie bis 1834 bei ihren Großeltern in Ansbach aufwuchsen. Joseph Anselm Feuerbach heiratete 1834 Henriette Heydenreich (1812), die selbst als Pianistin, Komponisten und Schriftstellerin tätig und mit namhaften Gelehrten, Kunstschaffenden, Musikern und Musikerinnen befreundet war. Kurze Zeit darauf übersiedelte die Familie nach Freiburg.
In der Schule wurde Anselm Feuerbach als Primus und Wunderkind bekannt. Er zeichnete viel. 1839 schoss ihm ein Freund durch Hand und Arm, weshalb er später vom Militärdienst befreit wurde. Während der Heilung eines Schlüsselbeinbruchs perfektionierte er das Zeichnen mit der linken Hand, entsprechend den Fähigkeiten seiner rechten. Der Vater hatte aus Italien Münzen, Gipsabgüsse, Stiche nach Michelangelo und einige Mappen der Münchner Schleißheimer Galerie mitgebracht, was Feuerbach später als das Fundament seiner künstlerischen Betätigung bezeichnete. Neben Werken der Antike zählten Peter Paul Rubens und Anthonis van Dyck zu den früh bewunderten Malerstars des werdenden Künstlers. Ab 1843 erhielt Anselm Feuerbach systematischen Zeichenunterricht bei Franz Wagner, dem Anatomiezeichner der Universität. Da ihm erste bildhauerische Versuche misslangen, riet ihm sein Vater davon ab. Im folgenden Jahr zeichnete Feuerbach eine Folge von Szenen aus dem Nibelungenlied. Je stärker seinen künstlerischen Neigungen nachgab, desto schwächer wurden seine Leistungen in der Schule. Das veranlasste die Familie, Anselm Feuerbach am 8. April 1845 als Schüler auf die Düsseldorfer Akademie zu schicken.
Anselm Feuerbach arbeitete zunächst als „Malerknabe“ im Wilhelm von Schadows Atelier und machte Zeichenstudien im Antikensaal. Großherzog Leopold von Baden, sein Landesherr, unterstützte die Ausbildung in Düsseldorf mit einem bescheidenen Stipendium. Zu den wichtigsten Ausbildungsmethoden zählten das Kopieren nach antiken Gipsskulpturen wie dem Apoll von Belvedere, den Borghesischen Fechter, den Diskuswerfer uvm. sowie erste Aktstudien nach lebenden Modellen. Um sich fortzubilden, las Feuerbach die Bibel, Goethe und Uhland, Shakespeares „Sturm“, kunstgeschichtliche Vorlesungen und die Bücher von Winckelmann. Die Werke seiner Lehrer werden von Anselm Feuerbach intensiv studiert aber nicht zum alleinigen Vorbild erhoben. […] Am 18. Februar 1846 wurde Anselm Feuerbach in die Malklasse aufgenommen; kurze Zeit später entstanden erste Bildnisstudien. Seine Lehrer waren Wilhelm von Schadow, Carl Ferdinand Sohn, Johann Wilhelm Schirmer und Carl Friedrich Lessing. Vor allem Lessings Landschaften beeindrucken den Schüler tief, weil sie so poetisch und einfach wären. Von ihm lernte er, dass die Landschaftsstimmung in der Staffagefigur kulminiert. Schon früh zeigt sich Feuerbachs Interesse am Komponieren, an geometrischen Berechnungen, Austüfteln von vielfigurigen Kompositionen. […]
Zu Anselm Feuerbachs wichtigsten Auftraggebern dieser Zeit zählte Freiherr Adolf Friedrich von Schack, der den Maler im Dezember 1862 in dessen römischem Atelier besuchte und im folgenden Jahr erste Aufträge an ihn erteilte. Dem gestiegenen Interesse an Anselm Feuerbachs Werk folgt, dass sich Henriette Feuerbach zunehmend als „Managerin“ ihres Stiefsohnes betätigte. 1864/65 entstanden die besten Bilder für Schack, darunter „Romeo und Julia“ (Eisenach), „Laura in der Kirche“ (1865, München), „Hafis am Brunnen“ (1866, München), das „Familienbild“ (1866, München). Die Beziehung zu seinem Mäzen erlitt 1866 einen Rückschlag. Zur selben Zeit dachte Anselm Feuerbach daran, sein Werk durch ein fotografisches Mappenwerk zu publizieren. Früh hatte Feuerbach begonnen, von seinen Kompositionen Daguerrotypien anfertigen zu lassen. Zum einen hatte er so Anschauungsmaterial und zum anderen halfen ihm die Aufnahmen, einen Bildgegenstand weiterzuentwickeln. Die Verhandlungen mit dem Kunstverleger Hanfstaengl in München verliefen allerdings im Sand. Die Beziehung zu Schack zerbrach endgültig im Dezember 1868.
Das Jahr 1867 ist geprägt von dem großen, neuen Atelier Feuerbachs in der Via S. Nicola da Tolentino, wo er die „Medea“ schuf. Der gesundheitliche Zustand des Malers verschlechterte sich, weshalb er jedes Jahr zur Erholung nach Heidelberg und Baden-Baden reiste (ab März bis September). In Baden-Baden traf Feuerbach bedeutende Künstler und Kunstmäzene, die er zu porträtieren hoffte. Ende der 1860er und Anfang der 1870er Jahre entstanden so wichtige Historienbilder wie „Orpheus und Eurydike“ (1869, Belvedere), das „Gastmahl des Plato“ (in zwei Fassungen; 1869 Kriegsverlust, 1873, Nationalgalerie zu Berlin), „Medea“ (zweite Fassung 1870, München), das „Parisurteil“ (1870, Hamburger Kunsthalle), die „Amazonenschlacht“ (in zwei Fassungen: 1869, 1873, Nürnberg), „Iphigenie“ (zweite Fassung, 1871, Stuttgart), „Medea mit dem Dolche“ (1871, Kunsthalle Mannheim) und „Medea an der Urne“ (1873, Privatbesitz).
Am 1. August 1872 ereilte Anselm Feuerbach in Heidelberg der Ruf an die Wiener Akademie. Formalitäten und Bedingungen für die Übernahme der Professur für Historienmalerei wurden in Heidelberg ausgehandelt. Nachdem Feuerbach in Rom die „Amazonenschlacht“ sowie die zweite Fassung des „Gastmahls“ vollendet hatte, reiste er über Baden-Baden, Heidelberg und München nach Wien. Ab 19. Mai 1873 hielt sich Anselm Feuerbach in Wien auf, wo er allerdings von der Situation negativ überrascht wurde: Die Schülerateliers der Akademie waren über die ganze Stadt verstreut, der Neubau der Akademie der bildenden Künste konnte erst im Spätherbst 1876 bezogen werden. Im Herbst 1873 unterrichtete Feuerbach 14 Schüler und stellte schnell fest, dass er mit Hans Makarts Auffassung von Historienmalerei nicht übereinstimmte. Zu seinen Schülern zählte u.a. Theodor von Hörmann (1874), der sich jedoch in der zweiten Hälfte der 1880er Jahre dem französischen Impressionismus zuwandte (→ Theodor von Hörmann. Impressionist aus Österreich). Bereits Anfang des Jahres 1874 schrieb Feuerbach an seine Stiefmutter, dass er daran dachte, die Professur zurückzulegen, da das Rektorat daran arbeitete, Makart eine Professur zu geben.
Die im Künstlerhaus ausgestellten Gemälde „Amazonenschlacht“ (15.1.1874) und die zweite Fassung des „Gastmahls“ (14.2.1874) fielen in der Kritik durch. Dennoch übernahm Feuerbach Aufträge für die Deckenbilder in der Aula des neuen Akademiegebäudes, an denen er ab Oktober 1875 arbeitete. Obwohl sich die Lehrtätigkeit Feuerbachs in Wien positiv zu entwickeln begann, reichte er im Juni 1876 sein Entlassungsgesuch ein. Gründe dafür waren eine falsche Steuerveranlagung und große Gereiztheit des kränklichen Künstlers – im Frühjahr war er an einer Lungenentzündung und an Gelenkrheumatismus erkrankt. Das zweite Entlassungsgesucht zu Neujahr 1877 begründete seine Entscheidung mit gesundheitlichen Gründen. Seinem Ansinnen wurde stattgegeben und Hans Makart zu Feuerbachs Nachfolger erwählt. Durch Monumentalaufträge suchte die Akademieleitung Anselm Feuerbach an Wien zu binden. Zu den wichtigsten Aufgaben zählte, ihn die Deckengestaltung der Aula des neuerrichteten Akademiegebäudes am Schillerplatz anzuvertrauen. Als Gehilfen wählte Feuerbach seinen Lieblingsschüler Adalbert Hynais. Da er den Olymp ohne Handlung als „langweilig“ empfand, schlug er den Titanensturz vor. Theophil Hansen konzipierte für die Decke eine kleinteilige Aufgliederung, die Feuerbach rundweg ablehnte. Stattdessen sieht sein Gemäldeentwurf von 1874 ein großes Mittelbild vor, das oben und unten von je zwei querrechteckigen Feldern begleitet wird. Erst im Herbst 1874 konnte sich der Maler damit durchsetzen, da die Bauleitung dem Ministerium unterstand, welches Hansens Vorgabe der Deckenteilung ablehnte. Da in der Aula die Gipsgüsse der Akademie aufgestellt werden sollten, sah das Programm vor, die Antiken in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Für seinen Titanensturz wählte Feuerbach Höhepunkt und Entscheidung des Kampfes zwischen den Göttern des Olymp und den Titanen, wie sie in Hesiods „Theogonie“ geschildert werden. Das zentrale Feld zeigt oben Zeus im Sonnenwagen, der von zwei Schimmeln gezogen wird. Unter ihm stürzen die Titanen, rechts hinter ihm steht die gerüstete Pallas Athene und links der Wagenlenker Apollo. Inmitten der gefallenen Titanen steht Mars in Siegesgestus – in seiner Ausformung folgt er Benvenuto Cellinis „Perseus mit dem Haupt der Medusa“ bzw., da er sich um einen männlichen Kopf handelt, auch der alttestamentarische David mit dem Haupt des Goliaths mitschwingt. Die gesamte Komposition ist von Peter Paul Rubens „Das kleine Jüngste Gericht“, „Der Engelsturz“, „Der Höllensturz der Verdammten“ und Michelangelos „Jüngstes Gericht“ in der Sixtinischen Kapelle beeinflusst. Anselm Feuerbach deutete die Titanomachie als Sieg der Kultur über die rohen Naturkräfte.
Im September 1876 stellte Anselm Feuerbach u.a. das „Gastmahl“, die „Amazonenschlacht“, „Iphigenie“ und „Aretino“ auf der Internationalen Kunst- und Industrieausstellung im Münchner Glaspalast aus. Für einen Studienkopf erhielt Feuerbach die „Große Goldene Medaille“. Ab Oktober des Jahres mietete er sich drei große Atelierräume im Palazzo Rezzonico. In diesem Jahr entstanden noch Vorarbeiten für das „Konzert“ (1876/77) und ein Bild für die Industrie- und Handelskammer. Für das Bild der Handelskammer verlieh ihm König Ludwig II. von Bayern das Ritterkreuz I. Klasse vom Zivilverdienstorden des Hl. Michael. Vermutlich sollte diese Würdigung die Berufung Anselm Feuerbachs zum Direktor der Münchner Akademie als Nachfolger Pilotys vorbereiten. Der 1878/79 in Venedig gemalte „Titanensturz“ für die Decke der Aula der Akademie traf im April 1879 in Wien ein. Feuerbach Pläne, als Porträtmaler nach London zu übersiedeln, zerschlugen sich. Für „Medea“ und den „Titanensturz“ erhielt er nur enttäuschende Resonanz auf der Münchner Herbstausstellung. Obwohl Feuerbach weiterhin Ideen und Konzepte für Bilder entwickelte, scheint in diesem Jahr bereits seine Schaffenskraft gelähmt zu sein.
Am 4. Januar 1880 starb Anselm Feuerbach im Alter von 50 Jahren an einem Herzschlag im Hotel Luna in Venedig. Sein Leichnam wurde nach Nürnberg überführt, wo er am 12. Januar auf dem Nürnberger Johannisfriedhof beigesetzt wurde. Die „Nürnberger Künstlerklause“ richtete Anselm Feuerbach eine kleine Gedächtnisausstellung aus. Im April 1880 folgte die große Ausstellung des Nachlasses Feuerbachs in der Berliner Nationalgalerie.[1]

Wirken

Zu seinem Wirken heißt es:[2]

Des gleichnamigen Kriminalisten Enkel und ebenfalls gleichnamigen Archäologen Sohn; hervorragender Historienmaler. Größeren Einfluß als Schadow zu Düsseldorf und Cornelius zu München übte in letzter Stadt Rahl auf ihn aus, sowie in Paris Couture. Nach wechselndem Aufenthalt in Karlsruhe, Venedig, Rom, München wurde er 1873 Professor der Wiener Akademie. Feuerbach war eine genialische Natur, die jedoch mehrere Phasen durchzumachen hatte, bis sie zu völlig originaler Meisterschaft in der Darstellung antiken Lebens gelangte, großartig in den Stoffen, ergreifend oder charakteristisch in der Auffassung, stimmungsvoll und satt im Kolorit; nur selten sind seine Farben frostig, z. B. „Ariost mit schönen Frauen im Park zu Ferrara“. Die erste bedeutende Frucht seiner italienischen Studienzeit ist „Dante mit edlen Damen zu Ravenna lustwandelnd“. Seit der bekannte Dichter und Mäcen Graf Schack in München den jungen Meister mit Aufträgen für seine Galerie erfreute, entfaltete sich dessen künstlerische Eigenart zu klassischer Größe; davon zeugen Bilder wie „Medea“, „Urtheil des Paris“, „Amazonenschlacht“ und sein berühmtestes, freilich im Ton etwas kaltes Gemälde „Gastmahl des Plato“.


Quelle
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[Er] wuchs auf, als die Cornelianer im Zenit ihres Ruhmes standen und ihre künstlerischen Theorien, Anschauungen und Werke in Deutschland lebhaften Widerhall weckten. Es ist natürlich, daß die Klassizisten und Romantiker die gesamte künstlerische Entwicklung des jungen Feuerbach grundlegend beeinflußten, obendrein war sein Vater Archäologe. Aus dieser Grundlage seiner künstlerischen Entwicklung wird es auch klar, daß er nicht wie der zehn Jahre jüngere Leibl direkte Beziehungen zu dem zeitgenössischen Leben gewann, sondern wie die Klassizisten und Romantiker sich seine Themen aus einer fernen, verklungenen Zeit holte. Das literarhistorische Element in seiner Kunst hat ihn seiner Zeit, die inzwischen weiter fortgeschritten war, als den letzten Nachfahr der Romantiker so fremd erscheinen lassen. Er reiht sich den Romantikern an. Und doch können wir Feuerbach nicht mit ihnen in einem Atem nennen. Warum? Weil seine Historienbilder Leben darstellen und in sich selbst beruhen. Sie stellen Werte in sich dar, die wohl in einer Beziehung rückwärts, aber in anderem Betracht ebenso sehr vorwärts deuten. Das erhellt am besten daraus, daß seine Bilder keiner literarischen Erklärung bedürfen. Sein Studiengang gibt uns Anweisungen zur Erschließung seines Wesens. Er lernte in Düsseldorf unter Schadow, studierte darauf drei Jahre in Paris unter Couture, der starken Einfluß auf ihn gewann, und ging dann nach Italien.

Paolo Veronese, Palma vecchio und Paris Bordone rundeten seine künstlerische Entwicklung ab. Man suche das Venetianische aus seinen Bildern, dem Garten des Ariost, dem majestätischen Porträt einer Römerin und aus Laura und Petrarca in der Kirche herauszulesen, denke über seine vielfältigen Beziehungen zu Couture nach. Vielleicht wäre Feuerbach glücklicher geworden, wenn er ein Jahrzehnt später nach Paris gekommen wäre und Anschluß an ein anderes Künstlermilieu gefunden hätte. Er strebte wie selten einer nach der Farbe, rang mit der Technik; aber schwere Ketten fesselten ihn an das geistige Ambiente, das in seiner Jugend die Grundlagen seines Wesens gebildet hatte. Er mühte sich durch sein ganzes Leben, sich daraus zu befreien. Aus diesem Kampf erwuchs die Tragik seines Lebens. Das lehmige Gelb, das harte Grün und das stumpfe Grauviolett seiner Schatten entsprechen nicht einem glücklichen koliristischen Gefühl. Eine reine Freude bietet in seiner Kunst die Einfachheit der Sprache, die edle Rhythmik seiner Linien und die strenge, reine Form. In diesem Faktum liegt seine Größe. Welch sittlicher Ernst, welch ethisches Bewußtsein spricht aus jedem seiner Bilder. Nicht Frohsinn lacht aus ihnen hervor; eine schwere Traurigkeit, ein feierlicher Ernst schwält vielmehr zu uns nieder. Aber diese Traurigkeit, dieser Ernst sind erlebt, gelitten. Jede seiner Linien zittert in Empfindung. Man muß Geduld haben vor seinen Bildern. So ernste, feierliche Kunstwerke enthüllen sich langsam und sprechen nur zu einer gesammelten Seele. Man genieße den wundervollen Aufbau der Pietä, den Linienrhythmus in diesem Bilde und den natürlichen, zwanglosen und so lebendigen Faltenwurf, unter dem sich die Körper bewegen, die feine Tonskala in dem Seidenkleid der knieenden Laura, wie sie sich vor dem Altar der Kirche zu Avignon beugt, die Innigkeit und gemütreiche Schönheit in dem Bilde Francesca von Rimini und Paolo, die einfach große, plastische Formensprache und die sich darüber breitende Milde in der Idylle aus Tivoli. Man vergleiche diese Bilder etwa mit dem Kolumbus des Piloty. Welch ein Theaterpathos dort und welch schlichter, echter, schwermütiger, deutscher Ernst bei Feuerbach.

Quelle: Die Gemäldesammlungen Münchens – Ein kunstgeschichtlicher Führer durch die Königliche ältere Pinakothek, des Königliche Maximilianeum, Die Sammlung des Freiherrn von Lotzbeck, die Schackgalerie, die Königliche neuere Pinakothek von Otto Grautoff, Klinkhardt & Biermann, Leipzig 1907, S. 120 ff. (PDF-Datei)


Literatur

  • Hermann Uhde-Bernays: Feuerbach, mit 80 Vollbildern (1922) (PDF-Datei)
  • Anselm Feuerbach - Ein Vermächtnis; (1912) (PDF-Datei)
  • Briefe und Bilder Hrsg. von Otto Fischer (1922) (PDF-Datei)
  • Der Maler Feuerbach; Leben, Briefe, Aufzeichnungen. Ein Buch des Andenkens für das deutsche Volk. Ausgewählt und hrsg. von Karl Quenzel (Vorwort, 1919) (PDF-Datei)
  • Zeichnungen von Anselm Feuerbach; fünfzig Tafeln mit Lichtdrucken nach des Meisters Originalen mit einer Einleitung von Hans W. Singer (1912) (PDF-Datei)
  • Eduard Heyck: „Künstler-Monographien, LXXVI. Anselm Feuerbach. Mit 113 Abbildungen“, Velhagen und Klasing 1905 (PDF-Datei)
  • Julius Allgeyer, Carl Neumann: Anselm Feuerbach - Sein Leben und seine Kunst (1904) (Band 1, Band 2)
  • Kurt Martin: Anselm Feuerbach, in: Willy Andreas / Wilhelm von Scholz (Hg.): Die Großen Deutschen. Neue Deutsche Biographie. Propyläen Verlag, Berlin, 4 Bde. 1935–1937, 1 Ergänzungsbd. 1943; Fünfter Band, S. 347–356

Verweise

Fußnoten

  1. Anselm Feuerbach, Art in Words
  2. Dreihundert Bildnisse und Lebensabrisse berühmter deutscher Männer“ von Ludwig Bechstein, Karl Theodor Gaedertz, Hugo Bürkner, Leipzig am Sedantage 1890, 5. Auflage (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!