Deutscher Schutzbund für das Grenz- und Auslandsdeutschtum
Der Deutsche Schutzbund für das Grenz- und Auslandsdeutschtum (DSB) setzte sich für das Grenz- und Auslandsdeutschtum ein, bzw. diente der Flüchtlingsfürsorge für die Heimatvertriebenen in der Weimarer Republik. Der Schutzbund wurde auf Initiative des Vereins für das Deutschtum im Ausland, Schulverein e. V. (VDA) ins Leben gerufen und fungierte als Dachorganisation von rund 120 Verbänden. Sie bestanden teilweise schon vor 1918. Federführend für das „Grenz- und Auslandsdeutschtum“ war der Juniklub. Ziel des Zusammenschlusses war es, „als Verband der Verbände eine Einheit des Denkens und Handelns auf volksdeutschem Gebiet“ herbeizuführen und stand jenseits aller konfessionellen und parteipolitischen Bestrebungen. Über die ihm angeschlossenen Verbände (BdA, VDA, Forschungsinstitute[1] sowie zahlreiche katholische und protestantische Vereine) erreichte der Schutzbund mehr als eine Million Menschen. 1922 faßte das Auswärtige Amt die Vereine zusätzlich im „Zweckverband der freien Deutschtumsvereine“ zusammen.
Inhaltsverzeichnis
Gründung
Der offiziell am 26. Mai 1919 unter dem Eindruck drohender Abspaltung von Reichs- und Volksteilen einem Monat vor dem Versailler Schanddiktat gegründete Schutzbund stand in seiner Gründungsphase unter dem bestimmenden Einfluß des Major i. G. Freiherr von Willisen (1876–1933), Generalstabschef im Grenzschutz Ost, ohne dessen Vorgaben er zumindest so nicht zustande gekommen wäre. Maßgeblich an der Gründung beteiligt war der „Verein Kriegerhilfe Ost“ und der Vorstand des VDA.
Erster Vorsitzender wurde der VDA-Chef Franz von Reichenau, ein kaiserlicher Diplomat außer Diensten, sein Stellvertreter wurde der Zweite Vorsitzende von Willisen. Dieser vermittelter überdies Kontakte zu Angehörigen der Altherrenschaft des VdSt, die, wie im Fall des Juni-Klubs, auch bei der Gründung des Schutzbundes beteiligt waren.
Erste Aktivitäten fanden in von Willisens Grenzschutz-Ost-Dienststelle im Schloß Bellevue. Später zog der Bund in die Berliner Motzstraße 22 in Berlin W 30 bzw. Berlin-Schöneberg (Schutzbundhaus; später hatte hier auch der Volk und Reich Verlag ein Büro), wohin auch der Juni-Klub im November 1920 umsiedelte und wo am 4. Februar 1925 der „Volksdeutsche Klub“ eingerichtet wurde. Von Reichenaus Nachfolger wurde 1921 Friedrich von Lindequist, von Willisen wurde 1922 von Karl Christian von Loesch abgelöst, einem Berliner Universitätsprofessor für Ethnologie und Paläontologie.
Erläuterung
Infolge des Waffenstillstandes im November 1918 (→ Erster Weltkrieg) kam es zu Zwangsaussiedlung von etwa fünf Millionen Menschen in Europa, die meisten von ihnen litten unter die aufgelegten politisch-territorialen Änderungen für die Gebiete die zur aufgelösten Donaumonarchie gehört hatten.
Etwa eine Million Deutsche strömten ab 1919 aus den abgetrennten Reichsteilen in das verbliebene Kernland ein, von denen etwa 150.000 aus dem annektierten Reichsland Elsaß-Lothringen, und dazu knapp 850.000 aus den an den neu gebildeten Staat Polen zugeteilten Gebieten Westpreußen, Provinz Posen und Ostoberschlesien.
Eine erste Auswanderung ging mit dem Bekanntgabe des Friedensvertragsentwurf am 7. Mai 1919 einher, die nächste große Flüchtlingswelle entstand anschließend an die Unterzeichnung des Vertrages in Versailles am 26. Juni 1919. Aufgrund des deutsch-polnischen Vertrages vom 9. November 1919 konnten deutsche Lehrer und Beamte kontrolliert abberufen werden, jedoch bis Januar 1920, als die neue Grenzziehungen in Kraft traten, welche eine grenzüberschreitende Massenflucht einleiteten.
Bereits am 2. Juni 1919 war von seiten der polnischen Regierung der Ausnahmezustand verhängt worden. Im Staatsvertrag hatte sich Polen das Recht eingeräumt deutsches Eigentum liquidieren zu dürfen. Um den Zustrom einzudämmen, den das Deutsche Rote Kreuz nicht bewältigen konnte, verabschiedete die Regierung in Berlin am 28. Juli 1921 ein Gesetz, das nur noch Zwangsaussiedlung aus dem polnischen Staatsgebilde als Grund für die Flucht in die Weimarer Republik rechtfertigte, um die zugespitzte Lage auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt beruhigen zu können. Während die ersten Auswanderer der Jahren 1918 und 1919 überwiegend durch familiäre Hilfe auskommen konnten, brauchten 60 bis 70 Prozent der späteren Flüchtlinge unbedingt staatliche Unterstützung. Im Rahmen dieser Flüchtlingsfürsorge erledigte der Deutsche Schutzbund für das Grenzland-Ausländerdeutschtum seine Arbeit.
Unter den örtlichen Initiativen zur Unterstützung der vertriebenen Ostdeutschen trat vor allem der „Opfertag für die aus dem Ausland zurückflutenden Deutschen“ im preußischen Erfurt hervor. Hier wurden bereits am 21. September 1919 Spenden für die Hilfsbedürftige eingesammelt.
Verkleinerung und Auflösung
Im Jahre 1930 erfolgte die Umbildung zum „Deutschen Schutzbund, Volksdeutscher Arbeitskreis e. V.“ Die Dachorganisation wurde zu einer zahlenmäßig begrenzten Arbeitsgemeinschaft führender Vertreter der Vereine für Grenz- und Auslandsdeutschtum als persönlich berufener Mitglieder umgebaut. Der Arbeitskreis ging 1933 im in „Volksbund für das Deutschtum im Ausland“ umbenannten VDA auf. 1936 erfolgte die endgültige Auflösung.
Personen
Zu den führenden Persönlichkeiten des DSB gehörten Karl Christian von Loesch, erster Geschäftsführer sowie Spiritus rector des Bundes, später geschäftsführender Vorsitzender, und der führende Volkstumstheoretiker sowie Mitbegründer des Juniklubs Max Hildebert Boehm. Beide waren literarisch sehr aktiv, so daß sie zugleich als theoretische Führer der Bewegung galten.
Siehe auch
- Ostforschung • Abstimmungsgebiet
- Grenzmark Posen-Westpreußen
- Kampf um Oberschlesien • Deutsch-Österreich
- Vertreibung • Deutschtum im Ausland
- Deutsches Freikorps-Ehrenmal auf dem Annaberg
Literatur
- Berthold Petzinna: Erziehung zum deutschen Lebensstil, S. 177 ff.
- Hans-Peter Brachmanski: Vertreibung begann schon nach 1918. Damals: Vertriebene willkommen!, Schlesische Nachrichten, Februar 2020, S. 27