Grenzschutz Ost

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„Die Polen werden, sowie wir unseren Grenzschutz schwächen, sofort in Westpreußen und Oberschlesien einrücken und vollzogene Tatsachen schaffen. Die Verstärkung ihrer Wehrmacht durch die Hallerschen Divisionen wird ihnen dabei zugute kommen. Sollte uns Posen, was ich immer noch zu hoffen wage, zum größten Teil wieder zugesprochen werden, so müssen wir doch die nötigen Kräfte haben, um es zu besetzen. Ich sehe sehr schwarz für den Osten, wenn wir nicht wenigstens wieder die Warthelinie bekommen. Im Falle der Schwächung unseres Grenzschutzes müssen wir damit rechnen, daß die Erregung der Bevölkerung des Posenschen Restgebietes und der im Grenzschutz verwendeten Posener Flüchtlinge erheblich gesteigert würde; ein regelrechter Bandenkrieg in der Provinz kann die Folge sein. Gegenüber Ostpreußen würde der Abbau des Grenzschutzes das Land dem Bolschewismus restlos ausliefern, denn die Regierungen in Litauen und Lettland können den Bolschewismus nicht aufhalten. Der Bolschewismus würde alsdann auch das deutsche Gebiet östlich der Weichsel durchsetzen und neue Chancen für die Polen schaffen. Der Grenzschutz für Ostpreußen kann nicht eher aufgegeben werden, als wir wissen, was aus Rußland wird.“Generalleutnant Groener

Grenzschutz Ost, auch Grenzschutz Ostpreußen (ursprünglich Armeeoberkommando „Heimatschutz Ost“) bezeichnet die deutschen militärischen Verbände (Freikorps, Freiwilligen-Verbände, Zeitfreiwillige, Selbstschutz Oberschlesien usw.) in Ostdeutschland zur Grenzsicherung gegen den Einfall der Bolschewisten, später als Rote Armee bekannt.

Geschichte

Hans Tröbst von der Marine-Brigade „Ehrhardt“ trägt u. a. das Bewährungsabzeichen des V. Armeekorps, das Baltenkreuz, das „Deutschordensschild zur Erinnerung an den Grenzschutz Ost“ am Oberarm und, oberhalb des Eisernen Kreuzes I. Klasse, das schwarze Armee-Kreuz der freiwilligen Russischen Westarmee (Graf-Keller-Kreuz).
Ein junger Offizier des Grenzschutzes Ost
Plakat zur Anwerbung
Bewährungsabzeichen des V. Armeekorps

Der Grenzschutz Ost bildete einen Teil der Vorläufigen Reichswehr und gliederte sich in die Armeeoberkommandos „Nord“ (April 1919: 103.000 Mann) mit Sitz in Bartenstein/Ostpreußen und „Süd“ (April 1919: 106.000 Mann) mit Sitz in Breslau. Die operative Führung wurde durch die Oberste Heeresleitung (OHL), deren Hauptquartier sich seit Februar 1919 in Kolberg befand, ausgeübt. Daneben wurde beim Kriegsministerium eine „Zentrale Grenzschutz Ost“ (Zegrost) eingerichtet (dessen Geschäftsstelle sich im Berliner Schloß Bellevue befand), die für organisatorische Fragen zuständig war.

Oberste Heeresleitung
HQ: Kolberg/Pommern
Chef der OHL: Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg
Erster Generalquartiermeister: Generalleutnant Wilhelm Groener
Zentralstelle Grenzschutz Ost (Zegrost)
Sitz: Berlin (Schloß Bellevue)
Stabschef: Major Friedrich Wilhelm Freiherr von Willisen
AOK Nord
HQ: Königsberg, später Bartenstein/Ostpreußen
Oberbefehlshaber: General der Infanterie Ferdinand von Quast
Stabschef: Generalmajor Hans von Seeckt/Oberst Wilhelm Heye
AOK Süd
HQ: Breslau/Schlesien
Oberbefehlshaber: General der Infanterie Kurt von dem Borne
Stabschef: Generalmajor Fritz von Loßberg

Generalleutnant Groener vor dem Kabinett Scheidemann

Generalleutnant Groener adressierte nach der Begrüßung durch Philipp Scheidemann die Kabinettssitzung vom 24. April 1919 und berichtete zur Lage im Osten:

Es war mir ein großes Bedürfnis, gerade den gegenwärtigen Augenblick zu benutzen, um nochmals ein zusammenfassendes Bild unserer militärischen Lage zu geben. Die Aufgabe, die der OHL für den Osten zugefallen war, war eine dreifache:
1. An der Bolschewistenfront einen sicheren Wall vorwärts der ostpreußischen Grenzen möglichst auf der kürzesten Linie zu schaffen und dahinter gewissermaßen einen seuchenfreien Raum zwischen dem Wall und unserer Grenze3. Nicht beabsichtigt von vornherein war eine weitreichende Offensive. Soweit Offensivmaßnahmen durchgeführt wurden, dienten sie nur der Herstellung der kürzesten Linie. Gleichzeitig mit diesen militärischen Aktionen erfolgte die innere Konsolidierung von Ost- und Westpreußen.
2. An der Posener Front war eine starke Defensive zur Abwehr weiterer polnischer Angriffe und gleichzeitig die Vorbereitung für eine Wiedernahme der Provinz Posen, Bereitstellung von Truppen zur schnellen Versammlung auf beiden Flügeln notwendig. Hiermit verbunden war, wie bei der ersten Aufgabe, die innere Konsolidierung, insbesondere der Provinz Pommern.
3. An den Schlesischen Fronten mußte eine zuverlässige Sicherung Oberschlesiens und der Grafschaft Glatz gegen polnische und tschechische Einfälle geschaffen werden, und zwar nach drei Seiten hin: nach der Provinz Posen, Polen und Tschechien. Auch in Schlesien mußte für die innere Konsolidierung der Verhältnisse Sorge getragen werden, wenn wir nach außen erfolgreich militärisch operieren wollten.
Die Sicherung der Grenzen gegen die Bolschewisten hat das AOK Nord, die Sicherung der Grenzen gegen Polen und Tschechen das AOK Süd übernommen; beide Aufgaben sind restlos erfüllt worden. Wir sind zur Zeit für alle Fälle bereit, die im Osten noch passieren können und haben somit einen festen Untergrund für die Führung der Auswärtigen Politik im Osten geschaffen. Nachdem die Anfänge des Grenzschutzes schon vor dem Eintreffen der Obersten Heeresleitung in Kolberg [Anm.: 14. Februar 1919] organisiert waren, handelte es sich seitdem insbesondere noch um die Gliederung der einzelnen Verbände für taktische und operative Aufgaben; vorher waren die Verbände noch keine operationsfähigen Truppen. Es war notwendig, die Kommandoverhältnisse neu zu regeln, die Truppe wieder fest in die Hand der Führer zu bekommen und die Kräfte zu vermehren. Ich kann melden, daß auch diese Aufgabe nunmehr erreicht ist.
Ich gehe über zu der Lage im einzelnen und möchte zunächst an der Hand der Karten einen genauen Überblick über die Verhältnisse im Osten geben. Was die Gesamtstärke der Sowjets anlangt, so sind die Nachrichten darüber sehr schwankend. Die beabsichtigte Aufstellung der Dreimillionenarmee ist Trotzki nicht gelungen. Zur Zeit wird mit einer Gesamtstärke von 1,2 Millionen Bolschewisten gerechnet, davon etwa 300 000 Mann an der Ostfront, 300 000 Mann an der Südfront, 300 000 Mann an der Westfront, 50 000 an der Murmanküste, der Rest im Innern. Die bolschewistische Operation gegen die Ukraine hat erhebliche Kräfte der Sowjettruppen in Anspruch genommen; aber die Sowjets haben dadurch nicht unerhebliche Verstärkung gewonnen, daß ein Teil der Petljura-Truppen zu ihnen übergegangen ist. Die Widerstandsfähigkeit der nationalukrainischen Kräfte hat sich als sehr gering herausgestellt. Seit den letzten Wochen ist an der Sibirischen Front eine neue große Operation des Admirals Koltschak gegen die Sowjets im Gange. Zuverlässige Nachrichten aus der Ukraine besagen, daß die Sowjets aus den in der Ukraine kämpfenden Truppen 150–200 000 Mann in die Gegend von Woronesch zusammenziehen wollen; der Zweck dieser Maßnahme kann nur die Bereitstellung für eine Verwendung dieser Truppen gegen Koltschak oder an der Westfront sein. Im Westen sind zwei neue Divisionen vor unserem linken Flügel eingetroffen, die 11. bei Riga, die 4. Division weiter südlich. Die Operationen an der Murmanfront sind zur Zeit eingestellt. Wenn man die Gesamtlage der Sowjets überblickt, so ist zu sagen, daß augenblicklich der Sowjetregierung die größte Gefahr aus dem Osten droht. Im Süden hatten die Sowjets Erfolge gegen die Freiwilligenarmee und die Donkosaken zu verzeichnen. Das Vorgehen der Sowjettruppen gegen Bessarabien und die rumänische Grenze ist zunächst auf keinerlei besonderen Widerstand gestoßen. Zuverlässige Nachrichten darüber, wie die rumänischen Truppen sich gegenüber einem Überschreiten der bessarabischen Grenze und dem Eindringen in Rumänien selbst verhalten werden, liegen noch nicht vor. An der polnischen Front kämpfen die Bolschewisten mit wechselndem Glück. Vor einigen Tagen soll ein Panzerzug nach Wilna hereingefahren sein, Straßenkämpfe in der Stadt zwischen Polen und Bolschewisten sind gemeldet; westlich Wilna stehen die Sowjettruppen noch. Um Lida wird zwischen Polen und Bolschewisten mit wechselndem Erfolg gekämpft. Was die innere Verfassung der Sowjettruppen anbelangt, so ist ein Bericht über die gegenwärtigen Verhältnisse in der Roten Armee, der uns über das Auswärtige Amt zugegangen ist, besonders interessant. In diesem Bericht wird ausgeführt: „Die wichtigste Frage, welche die Sowjetregierung beschäftigt, ist die Frage der Roten Armee. Durch eine Anzahl Befehle und Verordnungen Trotzkis wird die Beunruhigung innerhalb der Zentralmacht Rußlands wegen der Zustände in der Roten Armee treffend gekennzeichnet. Besonders charakteristisch sind die Erlasse wegen der Kommandogewalt, aus denen hervorgeht, daß die frühere Methode der Aufhetzung der Soldaten gegen ihre Führer sich an der Sowjetmacht rächt. Trotzki weist auf das Verderbliche der unter den Truppen herrschenden Voreingenommenheit gegen die Führer aus der Zahl der früheren Cadreoffiziere hin. In gleichem Sinne äußert sich auch der Oberkommandierende der Roten Armee Wazetis: die Kommandoangelegenheit in der Armee befinde sich in katastrophalem Zustand. Der Mangel an Offizieren würde schwer empfunden. Das Sowjetrußland liefe Gefahr, ohne Generalstab zu bleiben. Die Schaffung eines Roten Generalstabes sei bis jetzt noch nicht gelungen, denn der „Roten Militärakademie“ könne keine ernste Bedeutung beigelegt werden. Aus der „Roten Akademie“ gingen „Rote“ hervor, aber keine Führer und kein Generalstab. Es gäbe eine große Anzahl Truppenabteilungen, an deren Spitze militärisch völlig unausgebildete Führer ständen. Wenn ehemalige Offiziere die Soldaten auf ihre Pflichten hinwiesen, setzten sie sich Beschimpfungen und Drohungen aus. In einer der letzten Nummern der „Iswestija“ beschäftigt sich Trotzki ebenfalls mit der Frage der Kommandogewalt. Er weist nach, wie sehr die Tätigkeit früherer zaristischer Offiziere nutzbringend sei. Dem Einfluß ehemaliger, zur Roten Armee übergegangener Offiziere sei es zweifellos zuzuschreiben, daß in einzelnen Truppenteilen Disziplin und Pflichtbewußtsein wiederkehrten, und die Soldaten ihren Dienst nicht nur aus Furcht vor Strafen täten“. Die Bolschewisten haben bisher die Disziplin mit dem Terror aufrechterhalten, aber jetzt erkannt, daß dies nicht genügt.
Im Norden haben wir unsere Stellung bis an den Meerbusen von Riga herangeschoben, wollen aber Riga nicht nehmen [Anm.: Am 22. Mai 1919 wurde Riga von Truppen der Eisernen Division und der Baltischen Landeswehr befreit]. Wir stehen annähernd auf der kürzesten Linie. Unsere Angriffe zur Herstellung der kürzesten Linie trafen die bolschewistischen Truppen unvorbereitet, sie waren auch geschwächt durch die gleichzeitigen Angriffe in Estland. Der Widerstand war gering. Geschlossenen Angriffen sind die altrussischen Truppen stets ausgewichen; vortrefflich bewährt haben sich aber die bolschewistischen Letten-Regimenter, die bei Riga auch heftige Gegenangriffe gemacht haben. Wir beobachten bei den Sowjets die Taktik, den Feind erst durch Propaganda zu entnerven und dann erst anzugreifen, wie dies in der Ukraine auch gut gelungen ist. Die Inbesitznahme der Ukraine hat den Sowjettruppen auch eine wesentliche Verstärkung an Kriegsmaterial gebracht, damit wurde ihrem Munitionsmangel abgeholfen. Mit dem Indienststellen der bolschewistischen Flotte muß in der nächsten Zeit gerechnet werden. Die Lage an unserer bolschewistischen Front ist zur Zeit etwas entspannt, insbesondere auch durch den Angriff des Admirals Koltschak im Osten. Es darf aber auch wohl angenommen werden, daß die Sowjets sich von einem Eindringen in unser Land keinen Erfolg versprechen, nachdem wir den Widerstand organisiert und die Truppen wieder in der Hand haben. Leider ist die spartakistische Hetzarbeit in Ost- und Westpreußen immer noch nicht vollständig unterbunden, aber es ist sehr schwer, die Hetzer rechtzeitig zu fassen. Wenn es gelingt, Ost- und Westpreußen gesund zu erhalten, dann werden wir alle etwaigen bolschewistischen Angriffe abwehren können. Wenn wir aber der Hetzarbeit wieder die Tür öffnen, so kann ich keine Gewähr übernehmen. Für die militärische Situation der nächsten Wochen ist die Entscheidung auf politischem Gebiet zu suchen. Entweder wir verbleiben weiter in der Defensive gegen die Bolschewisten, oder wir unternehmen eine Offensive, diese aber nur im Verein mit unseren bisherigen Feinden. Auf die Mitwirkung französischer Truppen legen wir dabei allerdings keinen Wert, sie wären auch ungeeignet. Eine Offensive wäre in folgender Weise zu denken: polnische Truppen wären in Richtung Minsk, unsere Kräfte mit amerikanischen, evtl. auch englischen zusammen bei Wilna, Dünaburg und Riga einzusetzen. Die englische Flotte müßte gegen Riga vorgehen sowie auf Reval, Narwa und Petersburg und dort Truppen landen. Der Zeitpunkt für eine solche konzentrische Operation würde im Mai gekommen sein. Sie würde den Zweck verfolgen, die Bahn Wilna–Petersburg in die Hand zu bekommen. Ob eine solche Offensivoperation im Sinne Amerikas und Englands liegt, steht dahin11. Daß derartige Erwägungen eine gewisse Rolle bei der Entente gespielt haben, ist zweifellos. Die Entente hat ja auch schon den Plan gehabt, vom Süden Rußlands aus gegen die Bolschewisten vorzugehen, diese Operation ist aber nicht zustande gekommen. Welche Wirkung eine solche Offensive auf Moskau und den Bestand der Sowjetregierung haben würde, das zu beurteilen ist nicht meine Aufgabe. Sollte eine solche gemeinsame Operation nicht zustande kommen, so bin ich für eine strikte Defensive. Für diese würde es militärisch zweckmäßig sein, eine Verkürzung unserer Front vorzunehmen und zu diesem Zweck unsere Linien auf dem rechten Flügel bis Augustow-Kalvarija westlich Kowno zurückzunehmen. Das Auswärtige Amt bitte ich um Äußerung, ob politische Gründe dagegen sprechen. Militärisch würden wir den Vorteil haben, daß wir Kräfte für die Verstärkung unseres linken Flügels gewinnen könnten. Gegen die Aufgabe von Litauen sprechen vom militärischen Standpunkte aus keine Bedenken, da die OHL militärisch kein Interesse an den Randstaaten hat. Litauen ist nach unseren Beobachtungen noch nicht lebensfähig, die Regierung ist uns nicht freundlich gesinnt, kann aber unsere Hilfe noch nicht entbehren. Es besteht die Gefahr, daß die Franzosen großen Einfluß gewinnen, wenn wir dort fortgehen. Vom militärischen Standpunkte aus ist es gleichgültig, ob Grodno in die Hand der Litauer oder Polen fällt.
Über die neueste politische Lage in Lettland ist die OHL unmittelbar noch nicht ausreichend unterrichtet; an den politischen Verhältnissen hat die OHL kein Interesse, da sie nur rein militärische Aufgaben zu erfüllen hat. Die Hauptsache für uns ist, daß Ruhe hinter der Front herrscht, daß jede bolschewistische Verseuchung verhindert wird, und daß wir den Nachschub glatt regeln können. Die gestürzte wenig deutschfreundliche Regierung scheint stark Anlehnung an die Entente gesucht zu haben. An der Polenfront herrscht durch die Schuld der Polen wieder gesteigerte Kampftätigkeit trotz des Waffenstillstandes. Die OHL hat die schärfsten Befehle gegeben, daß seitens der deutschen Truppen jedwede provokatorischen Handlungen unterbleiben; die Truppen sind über den Waffenstillstandsvertrag aufgeklärt. Die Nachrichten über die Kampftätigkeit gehen jeden Tag durch Funkspruch heraus, so daß die Entente auf schnellstem Wege die Waffenstillstandsverletzungen der Polen erfährt. Die Hauptbrennpunkte sind der Netzeabschnitt, die Thorner Südfront und einzelne Teile der Schlesischen Front. Nach Gefangenenaussagen soll ein polnischer General in einer Ansprache von bevorstehender Zusammenziehung polnischer Truppen südlich Posen, bei Nakel, Bromberg und Thorn gesprochen haben. Es ist klar, daß eine vollständige Ruhe nie eintreten wird, weil die Gemüter der Truppen sowohl wie der Bevölkerung stark erhitzt sind. Die zukünftigen möglichen Angriffsziele der Polen sind in erster Linie Danzig und auch Teile von Oberschlesien. Die Hallersche Armee [Anm.: unter Józef Haller von Hallenburg] verschiebt das Kräfteverhältnis ganz wesentlich zu unserer Ungunsten. Diese Truppen sind gut, sie bestehen zu 4/5 aus amerikanischen Polen und sind vom Bataillonskommandeur aufwärts ausschließlich von französischen Offizieren geführt. Die höheren Stäbe sind stark französisch zusammengesetzt. Mit der Hallerschen Armee[1] ist uns im Osten eine neue französische Armee entstanden; das ist sehr wichtig für die Beurteilung der polnischen Frage. Eine Wiedernahme der Provinz Posen mit militärischen Mitteln ist dadurch ganz bedeutend erschwert, aber doch nicht unmöglich geworden. Allerdings müßten wir unsere anderen Fronten ganz erheblich schwächen. Ich kann nicht beurteilen, ob politisch eine Wiedereroberung in Frage kommt. Die Erbitterung in der Bevölkerung wird natürlich immer weiter verstärkt; ob der Friede eine Beruhigung herbeiführt, steht dahin. In der weiteren Entwicklung der polnischen Angelegenheit drohen uns militärisch die allergrößten Gefahren. Wenn die Armee Haller sich wirklich bewährt, und weiter in französischen Händen bleibt, so haben wir im Osten eine sehr beachtenswerte Feindschaft zu erwarten. Wäre die polnische Armee nicht den Franzosen in die Hände gefallen, oder hätten die Polen die Armee allein organisiert, so würde ich die Armee nicht fürchten. Die Hallerschen Divisionen sollen voraussichtlich an der polnischen Ostfront eingesetzt werden, aber das hindert ja nicht, die Divisionen nachher auch woanders hinzuschieben. Gegenüber Oberschlesien haben die Polen die Teschener und Bendziner Gruppe, die vor kurzem geschwächt waren, wieder verstärkt. Dies war möglich durch Einziehung weiterer Jahrgänge. Augenblicklich glaube ich jedoch trotzdem nicht, daß Schlesien unmittelbar eine Gefahr droht. Entscheidend bleiben unsere inneren Verhältnisse; gelingt es uns, im Innern Ordnung zu halten, so habe ich keine Sorge.
Eine gewisse Gefahr für unsere Verhältnisse im Osten bildet der Bund der Posener Flüchtlinge,[2] der die OHL dauernd mit Eingaben bombardiert hat. Die Erregung dieser Leute kann man ja verstehen, wir haben sie aber nach Möglichkeit beruhigt, und ich hoffe, daß sich der Bund zu keinen Unüberlegtheiten hinreißen läßt. An der Tschechischen Front hält die Entspannung an; die Vorgänge in Ungarn haben tschechische Truppen abgezogen, und auch die Unruhen im Deutsch-Böhmischen Randgebiet halten die Tschechen von Unternehmungen gegen uns zurück. Augenblicklich besteht für den Glatzer Kessel keine besondere Gefahr. Nach Vorstehendem sind meine militärischen Schlußfolgerungen folgende: Solange wie möglich müssen wir die militärische Stärke, die wir im Osten gewonnen haben, erhalten. Erst wenn wir wissen, wie der Friede wird, können wir daran denken, den Grenzschutz je nach Gestaltung der inner- und außerpolitischen Lage abzubauen. Die mit dem Abbau des Grenzschutzes verbundene Aufgabe von Gebieten würde ich auch deswegen jetzt nicht für zweckmäßig halten, weil den deutschen Freiwilligen, die in den dortigen Landeswehren eingetreten sind, vertraglich Ansiedelung in diesen Gebieten zugesagt ist. Ein vorzeitiges Abbauen des Grenzschutzes würde nicht nur aus außerpolitischen Gründen eine sehr gewagte Sache sein; auch aus innerpolitischen Rücksichten bitte ich dringend, die sicheren Verhältnisse, die wir im Osten geschaffen haben, nicht zu erschüttern; der Osten ist in der Hand der Regierung, und wir sorgen dafür, daß er in ihrer Hand bleibt. Die Regierung kann jetzt im Osten wieder regieren, sie hat die Macht, ihre Anordnungen dort durchzusetzen. Rütteln Sie nicht an dieser Macht! Sie wird nur nach den Forderungen und den Wünschen der Regierung gebracht.[3]

Bewährungsabzeichen des V. Armeekorps im Grenzschutz Ost

„Das Bewährungsabzeichen des 5. Armeekorps im Grenzschutz Ost wurde durch Verfügung des Generalkommandos am 9. April 1919 gestiftet. Über die Verleihungsvorschriften ist mir nichts bekannt. Der Kommandeur des 5. Armeekorps war ab 2. Januar 1919 bis 20. September 1919 Carl Georg Wichura, General der Infanterie, mit Standort Posen. Unterstellt war das 5. Armeekorps der 8. Armeeinspektion Berlin. Das Generalkommando des 5. Armeekorps bestand 1919 aus folgenden Truppenteilen: Brigade zur besonderen Verfügung 5 bestehend aus dem 1. und 2. Reserve-Infanterieregiment, Reserve-Artillerieregiment 9 und dem Freikorps Dohna. Weiterhin das Freiwilligen-Korps Schlesien besthend aus 2 Freiwilligen-Brigaden, einer Artillerie-Brigade, einem Dragoner-Regiment, dem Jäger-Regiment Schill, einem Leib-Kürassier-Regiment und dem Freiwilligen Fußartillerie-Bataillon Dieskau vom 6. Armeekorps. Dazu gehörte auch die Freiwillige 10. Infanterie-Division. Zu dieser gehörten: die Freiwilligen Infanterie-Brigaden 19, 20 und 77, die 10. Feldartillerie-Brigade, das Fußartillerie-Regiment 5 und das Freiwilligen Regiment Königsjäger zu Pferd. Weitere Einheiten waren das Ulanen-Regiment 1 und 10, das Freikorps Görlitz und die Volkswehr-Bataillone 1–5. Am 15. November 1918 bildete die Oberste Heeresleitung das Armee Oberkommando Heimatschutz Ost. Zur Grenzsicherung wurden Freiwilligenverbände gebildet (Freikorps). Nach Protesten der polnischen Regierung wurde der Name in Zentrale Grenzschutz Ost umgewandelt. Ende 1918 begann der Polnische Aufstand in Posen, in dem auch das 5. Armeekorps stationiert war. Die deutsche Reichsregierung erlies am 9. Januar 1919 einen Freiwilligenaufruf zur Verteidigung im Grenzschutz Ost. Die Gebiete wurden nach und nach zurückerobert. Nach der Unterzeichnung des Versailler Vertrages gingen die Kämpfe noch einige Zeit weiter. Die Bezeichnung Grenzschutz Ost steht für alle Freiwilligen Verbände und Freikorps die für die Grenzsicherung der Ostgebiete des Deutschen Reiches eingesetzt wurden.“[4]

Bildergalerie

Siehe auch

Kragenspiegel eines Offiziers der Freiwilligen-Brigade Grodno

Fußnoten

  1. Die Blaue Armee (auch Haller-Armee genannt) war der Name der polnischen Streitkräfte, die während des Ersten Weltkrieges im Juni 1917 in Frankreich gebildet wurden und auf Seiten der Entente kämpften.
  2. Der „Deutsche Heimatbund Posener Flüchtlinge“ war aus den dt. Volksräten in Posen hervorgegangen und wurde mit den Worten Georg Cleinows, eines seiner Mitbegründer, in dem Sinne geführt, „den die Volksräte für notwendig hielten: erst kämpfen, dann als geschlossene Macht der Ostmärker auf die Regierung drücken und sich durch ihr mutvolles Eintreten für die Ostmark ein Recht auf die spätere Beachtung erwerben“ (Cleinow, Georg: Der Verlust der Ostmark, Berlin 1934, S. 189). In seinen „Richtlinien“ führte der Heimatbund unter Art. 2 aus: „Alsbaldigste Wiedereroberung unserer Heimat unter Fühlungnahme mit den obersten Militärbehörden zum Zwecke eines gleichmäßigen Vorgehens auf der ganzen Front. Sofortige Herstellung der Verbindung mit der Heimat. Festigung unserer Interessen unserer besetzten Heimat auf der Friedensversammlung und National Versammlung gegenüber der Reichsregierung.“
  3. Kabinettssitzung vom 24. April 1919, Bundesarchiv
  4. Bewährungsabzeichen 5. Armeekorps Grenzschutz Ost, ehrenzeichen-orden.de