Freiwillige Wachabteilung Bahrenfeld

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Die Freiwillige Wachabteilung Bahrenfeld war ein Freikorps in Bataillonsstärke unter dem Kommando des 55jährigen Majors Paul Fromm von der Schutztruppe aus Deutsch-Südwestafrika. Die ab August 1919 als „Zeitfreiwilligenkorps Groß-Hamburg“ (Die Bahrenfelder) bezeichnetet Freiformation wurde am 12. März 1919 in Hamburg-Bahrenfeld gegründet, um gegen den kommunistischen Terror der Spartakisten in der Stadt vorzugehen.

Vorläufer der Abteilung war eine Bürgerwehr mit dem Decknamen „Die Wolke“, die auf Initiative des Hamburger Überseekaufmanns Richard C. Krogmann aus Offizieren und Feldwebeln, aber auch Schülern und Studenten[1] bestand. Dieser gut bewaffnete Wehrverband, der von Hamburger Bürgerfamilien finanzielle Zuwendungen erhielt, fand bald darauf – mit Unterstützung der dortigen Kommandantur – in dem Kasernenkomplex an der Luruper Chaussee in Bahrenfeld seinen festen Stützpunkt.

Kommunistischer Aufmarsch, Hamburger Oberaltenallee, Juni 1919

Widerstand gegen den kommunistischen Terror

Schon im April 1919 gab es schwere durch die Kommunistische Partei Deutschlands aufgestachelte Unruhen im Schanzenviertel und auf Sankt Pauli, aber die 675 Mann der Wachabteilung konnten auf Befehl des Kommandanten von Groß-Hamburg Walther Lamp’l für Ruhe sorgen. Nach Berichten der Polizei gab es während dieser Tage in Hamburg insgesamt 560 Einbrüchen und Plünderungen, fernerhin forderten die roten Unruhen 18 Todesopfer, unter ihnen sechs Plünderer, die von den Sicherheitsmannschaften auf der Stelle erschossen worden waren.

Die realitätsverleugnende SPD-Fraktion der Bürgerschaft bemerkte trotz der gerade vergangenen Unruhen im Zusammenhang mit der Debatte um eine eventuelle Rückkehr des Generalkommandos von Schwerin nach Hamburg:

„In keiner deutschen Großstadt ist bisher die öffentliche Ruhe und Ordnung so einwandfrei und ohne Blutvergießen aufrecht erhalten worden wie in Groß-Hamburg.“

Es sollte nur die Ruhe vor einem noch heftigerem Sturm eines Kommunistenputsches sein. Am 23. Juni 1919 benutzten die linken Gewalttäter (in Zusammenarbeit mit den linkslastigen Zeitungsverlagen der Stadt) den sogenannten von Gerüchten und Halbwahrheiten angefachten Hamburger Sülzeaufstand, um das einfache und nach dem kriege auch an Hunger leidendes Volk aufzuwiegeln und gegen die Stadt und dessen Bewohner vorzugehen. „Immer wilder schien die Masse, immer rasender tobte sie und wollten ihre Opfer haben“, so ein Augenzeuge. Der Fabrikant Jacob Heil wurde schwer mißhandelt, auf den Rathausplatz verfrachtet, dort von den hysterischen Massen weiter gefoltert und unter den Augen von mehreren tausend Schaulustigen in Tötungsabsicht bei den Alsterarkaden über die Brüstung der Schleusenbrücke in die kleine Alster geworfen. Am Rathausmarkt kam es zu einem Schußwechsel mit der Volkswehrwache und einer Belagerung durch den Arbeiterrat.

Am Vormittag des 24. Juni ermittelten die linken Hetzer die im Heilschen Betrieb tätigen Personen, schleppten sie, einem Spießrutenlauf gleich, zu Fuß oder auf Wagen durch die Stadt und schleppten einige von ihnen auf dem Rathausmarkt zur Bestrafung. Nachdem dort ein „Pranger“ für Selbstjustiz aufgestellt wurde, versuchte die Rathauswache einzugreifen. Die Kommunisten schossen auf sie, und die bereitgestellte Freiwillige Wachabteilung Bahrenfeld mußte eingreifen. Vom Stadthaus aus, gingen die Bahrenfelder zu Fuß zum Rathaus, um dort die 40 Volkswehr- und 60 Schutzleute zu entsetzen. Die Truppe wurde von den Massen „unter Schmährufen und dem Spitznamen ‚Noskegarden‘ [...] johlend empfangen“. Zugleich kam es zu einem blutigen Zwischenfall. Die bewaffnete Menge griff die letzte Abteilung des Zuges an, ein Zivilist entriß einem Bahrenfelder eine Handgranate und warf diese zurück auf die Bahrenfelder. Die Handgranate prallte jedoch ab, fiel zu Boden, explodierte und verletzte dabei einen kleinen Jungen schwer. Die Bahrenfelder kämpften sich schießend durch die Menge und erreichten trotz Verwundungen das Rathaus. Der Mitbegründer der Freiwilligen Wachabteilung Bahrenfeld Oberstleutnant Becker berichtetet später dazu:

„Man kann sich denken, wie dieser Vorgang auf die Masse, die ohnedies schon die Bahrenfelder haßte, wirkte. Kaum war Lamp’l mit den Bahrenfeldern im Rathaus, als die aufgepeitschte Menge nachzustürmen versuchte. […] Bald setzte ein starkes Maschinengewehr und Gewehrfeuer auf das Rathaus ein, welches aber auf Befehl Lamp’ls nicht von den Bahrenfeldern erwidert wurde.“

Nach gescheiterten Vorstoßversuchen der Wandsbeker Husaren unter Rittmeister Braune („Volkswehr Braune“) und einer Einwohnerwehrabteilung in Richtung Rathaus, bei denen jeweils ein Mitglied der Husaren und der Einwohnerwehr erschossen wurden, gelang es in der Frühe die Rathausbesatzung noch um einige Züge der „Freiwilligen- Wachabteilung“ unter Hauptmann Senftleben zu verstärken.

Mord im Rathaus

Die nun 210 Mann der Wachabteilung, die sich nun verschanzt hatten, beschützten das von den Sozialdemokraten regierten Rathaus vor dem Ansturm, trotz schweren Beschusses und Handgranatenangriffen der selbsternannten KPD-Arbeiterschaft. Das Rathaus wurde nun belagert. Die Lage war für die Insassen hoffnungslos, 8.000 bis 12.000 Spartakisten und Anhänger drohten, das Rathaus niederzubrennen und dessen Besatzung zu ermorden. Die Wachabteilung verhandelte und gab zum Schutz aller schließlich, nach Zusicherung freien Abzuges, auf. Als die freiwilligen Soldaten, viele kaum 18jährig, nachmittags am 25. Juni 1919 das Rathaus ohne Waffen verließen, wurden viele von ihnen entgegen der Versprechungen, in der von der tobenden Menge bestialisch abgeschlachtet oder in der Alster ertränkt, 42 Bahrenfelder wurden zum Teil schwer verwundet. Spätere Gerichtsakten und die Leichen der Bahrenfelder haben bewiesen, daß im Rathaus „wild gewordene Weiber […] auf ihren Körpern“ herumgetreten haben. Unter jenen, die ums Leben kamen, war auch der Senatorensohn Fritz Sander; er sprang, von einer Kugel im Gesicht verletzt und vor einer ihn verfolgenden Menge flüchtend, ins Alsterbecken am Rathaus und wurde „beim Wiederauftauchen von einem jungen, nie entdeckten Burschen durch Kopfschuß getötet“. Bernhard Mausolf wurde später für diesen Mord angeklagt, konnte aber nicht verurteilt werden.

So verübten laut späterer Gerichtsakten „Horde[n] Halbwüchsiger (junge Männer zwischen fünfzehn und zwanzig) zum Teil mit Gewehren und Revolvern bewaffnet“ nicht nur Plünderungen, sondern auch die ersten „mehr spielerischen Angriffe“ auf das Rathaus gingen von einem „Trupp von Halbstarken“ aus, und beim späteren Angriff auf die Kolonne der Bahrenfelder waren wiederum „Halbstarke“ an vorderster Front vertreten. 26 Aufständische wurden im Verlauf des Abwehrgefechtes getötet.

Mit der Erstürmung des Rathauses waren die Unruhen noch nicht ganz an ihrem Ende angelangt. Um 14 Uhr drangen kommunistische Aufständische auch in das Stadthaus ein. Hier wurden Akten verbrannt und weitere Waffen (die Waffenläden Hamburgs wurden schon am Vortag geplündert) geraubt, von denen die meisten gerade erst infolge der Aprilunruhen beschlagnahmt worden waren. Auch das Strafjustizgebäude der Hansestadt und das Untersuchungsgefängnis wurden gestürmt, Mörder und vergewaltigter befreit. Das Polizeigefängnis und das Landgericht Altonas wurden verwüstet, u. a. von den ehemaligen gefangenen des erstürmten vorher erstürmten Untersuchungsgefängnisses.

Freikorps befreit Hamburg

Generalmajor Matthiaß aus Lübeck gab am 26. Juni 1919 den Befehl:

„Hamburg wird abgeschlossen; Oberst Freiherr von Lebedur in Bahrenfeld schließt westlich der Alster den Raum Elbe-Alster, Oberst von Werder in Wandsbek östlich der Alster den Raum Alster-Elbe ab. Major Hueg (Reichswehr-Pionier-Bataillon 9) in Harburg schließt die Stadt mit dem Pionier-Bataillon 9, einer Infanterie- und einer Maschinengewehr-Kompanie des Reichswehr-Regiments 19 (Oldenburg) unter Major Ostermeyer auf dem Südufer der Elbe ab und sperrt die Übergänge nach Hamburg. Die Eiserne Flottille (Korvettenkapitän Lahs) mit acht Torpedoboten sperrt die Elbe und stellt die Verbindung zwischen den Detachements Lebedur und Hueg her.“

Am 1. Juli 1919 marschierte Generalmajor Paul von Lettow-Vorbeck mit Teile des Garde-Kavallerie-Schützen-Korps (genannt Korps „Lettow“; Stärke ca. 10.000 Mann) in Hamburg ein, und bereitete dem roten Spuk ein Ende. Auf die feigen Mörder der mutigen und ehrenhaften Soldaten der Wachabteilung wurde nunmehr Jagd gemacht. Die Marine-Division „von Lettow-Vorbeck“ konnte letztendlich die kommunistischen Ausschreitungen beenden und die Mitläufer entwaffnen. Eines der wesentlichen besonnenen Anliegen des Korps von Lettow-Vorbeck war die Entwaffnung der Zivilbevölkerung. Alle Waffen sollten vom 1. bis 3. Juli abgegeben werden. Wer dieser Aufforderung nachkam, sollte nicht wegen unbefugten Waffenbesitzes bestraft werden. Die linksextremistische Gruppe „Freien Sozialisten“ rief dennoch per öffentlichem Anschlag dazu auf, „die Waffen nicht niederzulegen, sondern jetzt weiter für den Sozialismus zu kämpfen“. Insgesamt wurden durch Abgabe und vom Korps in den folgenden Tagen durchgeführte Waffensuchungen 185 Maschinengewehre, 8.000 Gewehre, 2.000 Karabiner, eine Kanone und zwei Granatwerfer sichergestellt.

Hamburgs Erster Bürgermeister Werner von Melle in einem Schreiben vom Juli 1919 an Generalmajor von Lettow-Vorbeck:

„Die Unruhen vom 24. und 25. Juni hatten aber abgesehen von ihren unmittelbaren Folgen einen bedeutsamen politischen Hintergrund. Es kann kaum daran gezweifelt werden, daß sie künstlich hervorgerufen waren, um als Mittel zur gewaltsamen Beseitigung der gegenwärtigen politischen Gewalt in Hamburg und ihrer Ersetzung durch ein irgendwie geartetes Rätesystem zu dienen.“

Bahrenfelder zur Reichswehr

Die Wachabteilung Bahrenfeld wurde im Juli 1919 in das Jäger-Bataillon „Groß-Hamburg“ der Reichswehr umgewandelt.

Ehrung der Toten

Die 17 Gefallenen vom 24./25. Juni 1919

Hehres Gedenken: Ehemalige „Bahrenfelder“ sind 1934 auf dem Rathausmarktplatz Hamburg zur Ehrung der von Kommunisten ermordeten Kameraden in Paradeuniform samt Großer Ordensschnalle angetreten.

An die Ermordeten erinnert heute noch eine Gedenktafel im Inneren des Hamburger Rathauses:

  • U.Offz. BRATH, Otto
  • Freiwilligen Jäger BRINKMANN, Albert
  • Frw. Jäg. HAMM, Bernhard
  • U.Offz. MENGDEHL, Werner
  • Vizefeldw. MÖLLER, Walter
  • Leutnant zur See d. R. MÜLLER, Heinrich
  • Frw. Jäg. NEUY, Erich
  • Lt. z. S. d. R. OVENS, Ove
  • Frw. Jäg. RATHKE, Walter
  • Frw. Jäg. REUNERT, Kurt
  • Ltn. d. R. SANDER, Fritz
  • Frw. Jäg. SCHMIDT, Wilhelm
  • Vizefeldw. TAEGER, Robert
  • Frw. Jäg. THO SEETH, Hans
  • Vizewachtmeister WOLFF, Heinrich
  • Frw. Jäg. ZIMMERMANN, Siegfried
  • Husar ZUCHT, Anton

Bekannte Angehörige

Der spätere SS- und Polizeiführer Heinrich Lankenau war Angehöriger Garde-Kavallerie-Schützen-Division und der Freiwilligen Wachabteilung Bahrenfeld, andere Mitglieder der Wachabteilung Bahrenfeld, die später im Nationalsozialismus Karriere machen sollten, waren der Franco-Verbindungsmann Johannes Bernhardt, der Polizeigeneral und SS-Brigadeführer Walther Bierkamp und der SS-Gruppenführer und Einsatzgruppenchef Bruno Streckenbach. Weitere bekannte Mitglieder waren Percy Ernst Schramm und Karl Oetker (1896–1957).

Siehe auch

Literatur

  • Merkblatt des Zeitfreiwilligenkorps Groß-Hamburg, Adolff (1919)
  • Heinz Dähnhardt: Die Bahrenfelder. Geschichte des Zeitfreiwilligenkorps Groß-Hamburg in den Jahren 1919/20, Alster-Verlag (1925)
  • Joachim Paschen: Frieden, Freiheit, Brot! — Revolution 1918/19 in Hamburg, DOBU-Verlag (2008), ISBN 978-3934632332

Fußnoten

  1. Zu den vielen Schülern und Studenten, die sich zur „Freiwilligen Wachabteilung“ meldeten, gehörte neben den Senatorensöhnen Percy Ernst Schramm und Fritz Sander, aber auch Bruno Streckenbach, der ab 1933 als Chef der Hamburger Gestapo und im Zweiten Weltkrieg als Leiter der Einsatzgruppe I im Polenfeldzug sowie als Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes in Krakau und Amtschef im Reichssicherheitshauptamt war.