Custer, George Armstrong
George Armstrong Custer ( 5. Dezember 1839 in New Rumley, Ohio; gefallen 25. Juni 1876 am Little Bighorn, Montana) war ein deutschamerikanischer [1] Oberstleutnant der Union im Sezessionskrieg und Teilnehmer an den Indianerkriegen. Sein Erfolg als Kavalleriekommandeur in der Unionsarmee ist zu einem Großteil auf seine hervorstechenden Eigenschaften Tapferkeit und Kühnheit zurückzuführen. Custer galt als aggressiver und tollkühner Offizier, der im Gefecht weder sich noch seine Gegner schonte. Zusammen mit seinem Bruder Thomas Custer fiel er in der Schlacht am Little Bighorn. [2] [3]
Inhaltsverzeichnis
Familie, Jugend und Ausbildung
Custer wurde als Sohn von Emanuel Henry und Maria geboren und erhielt den Spitznamen „Autie“, weil er als kleines Kind seinen zweiten Vornamen falsch aussprach. Er hatte vier jüngere Geschwister, Thomas, Margaret, Nevin und Boston, sowie mehrere ältere Halbgeschwister aus der ersten Ehe seiner Mutter mit Israel Kirkpatrick, der 1835 verstarb. Einen Großteil seiner Kindheit verbrachte George mit seiner Halbschwester und seinem Schwager in Monroe, Michigan, wo er die McNeely Normal School besuchte. George war ein sehr lebhaftes Kind, welches sich wenig für den Unterricht interessierte und an zahlreichen Schülerstreichen beteiligt war; mehrfach stand er kurz vor einem Schulverweis. 1856 erhielt er dennoch sein Diplom als Lehrer für das Gymnasium. Es dauerte nicht lange, bis er seines Berufs überdrüssig wurde und sich für den Besuch der Militärakademie West Point bewarb. Custer trat im Herbst 1857 in die Akademie ein, wo er wieder durch zahlreiche Undiszipliniertheiten auffiel. Mit 90 Verweisen stand er kurz vor dem Rauswurf, konnte aber im Juni 1861 sein Studium als Letzter in einer Klasse von 34 Schülern beenden. Als der Sezessionskrieg ausbrach, verließ Custer die Akademie und kam als Leutnant zum 2. US-Kavallerie-Regiment. Im November 1862 lernte Custer eine gefragte junge Frau kennen: Elisabeth „Libbie“ Bacon, die Tochter des Richters Daniel Bacon. Zunächst wehrte Libbie die Annäherungsversuche des selbstbewußten jungen Offiziers ab, doch bald darauf wurden die beiden zu einem Paar. Libbies Vater war nicht mit der Beziehung einverstanden, dennoch entstand ein regelmäßiger Briefwechsel zwischen Libbie und George. Im Februar 1864 heiratete er Elisabeth, mit der Custer zeitlebens eine von tiefer Zuneigung geprägte Beziehung führte. Nach seinem Tod sollte Libbie nicht erneut heiraten.[2] [3]
Sezessionskrieg
Custer konnte sich schon früh im Krieg als risikofreudiger und zupackender Mann profilieren. Als Generalmajor John G. Barnard während des Halbinsel-Feldzugs am Chickahominy-Fluß Halt machte und aufgrund der Wassertiefe darüber diskutierte, wo er den Fluß überqueren sollte, wurde Custer aktiv und ritt sofort auf seinem Pferd in die Mitte des Flusses, um festzustellen, ob dieser passierbar war. Bereits diese Tat machte ihn bei wichtigen hochrangigen Offizieren bekannt. Ebenso zeichnete er sich bald als ein zuverlässiger Offizier aus, der sich für besondere Aufgaben vielfach freiwillig meldete. Oftmals war er in einem Einsatzgebiet der erste Soldat, der den Feind angriff. In einem Fall war er seinen eigenen Männern so weit voraus, daß der Feind ihn vom Rest seines Kommandos abschnitt. Bei vielen Gelegenheiten entging er in den Schlachten nur knapp der Gefahr, elf Pferde wurden unter ihm weggeschossen.
Im zeitweiligen Rang eines Captains diente er im Stab der Generäle George B. McClellan und Alfred Pleasanton. Am 29. Juni 1863 wurde Custer zum Brigadegeneral befördert und mit dem Kommando einer Brigade in Judson Kilpatricks Division beauftragt. In dieser Position führte er seine Männer in der Schlacht von Gettysburg an, wo er an den Kämpfen auf dem East Cavalry Field teilnahm. Während des gesamten Krieges zeichnete sich Custer weiterhin als furchtlos, aggressiv und vorpreschend aus. Seine Bereitschaft, Angriffe von der Front statt von hinten zu führen, brachte ihm bei seinen Untergebenen hohen Respekt ein. Custer führte 1864 den entscheidenden Angriff in der Schlacht von Yellow Tavern an, in der einer seiner Soldaten den General der Konföderierten J.E.B. Stuart tödlich verwundete. Im gleichen Jahr spielte er eine wichtige Rolle im Shenandoah Valley Feldzug, dann bei Third Winchester und Cedar Creek. Am 8. April 1865 sperrten Custers Truppen die Rückzugslinien von Robert E. Lee bei Appomattox ab.[2][3]
Indianerkriege
1866 wurde Custer zum Oberstleutnant der neu geschaffenen 7. US-Kavallerie ernannt und mit dem Kommando über die Kavallerie im Westen betraut. Im folgenden Jahr nahm er 1867 an Winfield Hancocks Expedition gegen die südlichen Cheyenne-Indianer teil. Die militärische Operation verlief ungünstig und Custer fand sich am Ende vor einem Kriegsgericht wieder. Doch bevor er zum angesetzten Verfahren in in Fort Leavenworth, Kansas, erschien, besuchte Custer seine Frau, um sich von ihrer Gesundheit zu überzeugen, da es in dem Gebiet einen Choleraausbruch gegeben hatte. Als er verspätet in Fort Leavenworth eintraf, wurde er unter Arrest gestellt. Die Anklagepunkte lauteten:
- Abwesenheit von seinem Kommando ohne Erlaubnis
- Verhalten zum Schaden der guten Ordnung und militärischen Disziplin
- Befehl, Deserteure ohne Gerichtsverfahren zu erschießen
- Verweigerung der medizinische Versorgung für Deserteure
Das Kriegsgericht befand ihn in allen Punkten für schuldig und verurteilte ihn zu einer einjährigen Suspendierung vom Dienstgrad ohne Bezahlung. Sein Freund General Philip Henry Sheridan holte ihn letztlich wieder zur Kavallerie zurück. [2][3]
1868 wütete ein Konflikt zwischen Cheyennes und Siedlern. Die US-Armee sandte als Reaktion auf die Indianerangriffe im Arkansas-Tal einen Winterfeldzug aus. Custer befehligte das 7. US-Kavallerie-Regiment in einem Feldzug, der mit der Schlacht von Washita am 27. November 1868 seinen Höhepunkt erreichte. Im Morgengrauen griff Custers Einheit ein ahnungsloses Indianerdorf an, das von Häuptling Black Kettle befehligt wurde. Custers Männer töteten alle Krieger, verschonten aber auf Custers Befehl, wann immer es möglich war, Frauen und Kinder.
1873 sollte Custers Einheit wieder in Aktion treten. Diesmal wurde Custer damit beauftragt, die Northern Pacific Railroad Survey zu schützen, während sie sich entlang der Yellowstone-Gebiete bewegte, um Schienen zu verlegen. Die Lakota-Indinaer waren davon besonders betroffen und griffen in der Folge regelmäßig die Untersuchungsgebiete an. Obwohl es damals keiner der beiden Parteien bewußt war, war dies der erste Kontakt zwischen Sitting Bull, Crazy Horse, Gall und anderen bemerkenswerten Lakota-Anführern und ihrem berühmten Gegner George Armstrong Custer.
Im folgenden Sommer 1874 wurde Custers Einheit zur Vermessung der Black Hills der Lakota entsandt. Kaum sechs Jahre vorher hatte die US-Regierung den Indianern den Besitz der für sie heiligen Berge garantiert. Aber als eine der Erkundungstruppen Gold in den Bergen fand, war diese Garantie hinfällig. Die Armee versuchte, ein Fort in den Black Hills zu errichten und Custers Einheit wurde beauftragt, einen geeigneten Standort für ein Fort zu finden, das gebaut werden sollte.
Ende 1875 wurde bekannt, daß hochrangige Beamte in Washington, D.C. in einen Skandal verwickelt waren, bei dem es um den Verkauf exklusiver Handelsrechte an Festungen und Posten in der oberen Missouri-River-Region ging. Die für den Handel mit militärischen Festungen erforderlichen Lizenzen wurden vom Kriegsminister William Belknap erteilt. Im März und April 1876 sagte Custer vor einem Kongreßausschuß aus, daß Belknap an der Bestechung beteiligt war. Darüber hinaus brachte Custers Aussage Präsident Grants eigenen Bruder Orville in Verbindung mit der Korruption. Dies brachte Custer in eine prekäre Situation mit dem US-Präsidenten, der sich zum damaligen Zeitpunkt in der letzten Planungsphase einer Offensive gegen Lakota- und Cheyenne-Indianer befand. Custer behielt letztlich den Befehl über das 7. Regiment.
Im Frühjahr 1876 entsandte die US-Armee drei Großverbände, die aus mehreren Regimentern der Kavallerie, Infanterie und Artillerie bestanden. Ihr Ziel war es, das Gebiet der Lakota und Cheyenne zu räumen und sie in das Reservat der Großen Sioux zu zwingen. Custers Regiment war Teil des größten Verbandes, der aus Fort Abraham Lincoln kam. General Alfred Terry befehligte den Feldzug, Custer war Terrys Untergebener. Am 22. Juni wurde auf Befehl von Terry Custers 7. vor den restlichen Verband entsandt, um als Stoßtruppe gegen eine erwartet große Indianerstreitkraft zu dienen. Am Morgen des 25. Juni befahl Custer aufgrund von Späherinformationen, die darauf hindeuteten, daß die Lakotas und Cheyennes zu fliehen drohten, seiner 7. Kavallerie den Angriff. Am Ende des Tages waren 263 Soldaten und etwa 80 Lakotas sowie Cheyennes tot.
Tod
Custer fiel in der Schlacht am Little Bighorn im letzten Verteidigungsstand (Last Stand) seiner Truppe. Sein Bruder Thomas wurde aufgrund von Rachegelüsten des Indianerhäuptlings Rain-in-the-Face grausam verstümmelt und konnte nur noch anhand seiner Offizierstätowierung „TWC“ identifiziert werden.[4] Custer wurde zunächst begraben, später aber exhumiert und am 10. Oktober 1877 in der Militärakademie in West Point bestattet.[2]
Sonstiges
Der Tod Custers wurde er US-amerikanischen Öffentlichkeit am 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag, bekannt. Während sich in Philadelphia große Menschenmassen angesammelt hatten, um die Unabhängigkeit zu feiern, löste die Nachricht, daß ein berühmter Held des Sezessionskrieges an einem schmalen Bach in Montana gefallen war, einen großen Schock und Trauer aus. Seine Frau Libbie überlebte George um 57 Jahre. Für den Rest ihrer Tage kämpfte sie in der Öffentlichkeit für das Bild ihres Mannes als eine mutige, tapfere und edle Gestalt. Im offiziellen Geschichtsbild gilt Custer bis heute unter Historikern als umstrittene Figur. Mehrere Städte in verschiedenen US-Bundesstaaten sind nach ihm benannt.[2][3]
Verweise
Literatur
- Elizabeth Bacon Custer: Boots and Saddles: Or Life in Dakota with General Custer. Digital Scanning, 2002, ISBN 1-58218-126-8, Reprint des Originals von Harper & Brothers, New York 1885.
- Evan S. Connell: Son of the Morning Star. Custer and the Little Bighorn. New York 1985.
- Jerome A. Greene: Washita: The U. S. Army and the Southern Cheyennes, 1867–1869. Norman, OK 2004.
- Jeffry D. Wert: Custer: The Controversial Life of George Armstrong Custer. New York 1996.
- Jay Monaghan: Custer: The Life of General George Armstrong Custer. 1959, ND Lincoln, NE 1971.