Herrenreiter
Herrenreiter (auch: Herren-Reiter) sind im Pferdesport Reiter, die das Rennreiten als Amateure und ohne Entgelt betreiben, ihr eigener Herr sind, im Gegensatz zum angestellten Profi-Reiter oder zum Jockei (Jockey), der stets Berufs-Pferderennreiter ist. Die Herrenreiterei, d. h. die Amateur-Rennreiterei, als Symbol kühnen deutschen Reitergeistes, galt als der erfolgreichste Zuschauersport des Deutschen Kaiserreiches, wobei der Radrennsport später entscheidend von den Strukturen und Einrichtungen profitierte.
Inhaltsverzeichnis
Erläuterung
Herrenreiter reiten vorwiegend (wenn auch keine Voraussetzung) das eigene Pferd und gehörten lange Zeit zum Offizierkorps der Kavallerie oder der Artillerie, wo eine Ausübung des Reitsportes nur ohne Bezahlung erfolgen durfte. Herrenreiter nehmen, zumindest so die Wahrnehmung von außen, eine gesellschaftliche Stellung als Kavalier und Ehrenmann ein. Ebenso stammten sie vorwiegend aus dem deutschen Adel.
Jockey Club
Während der 1840 gegründete Jockey Club nur Adlige aufnahm, nahm der 1867 gegründete „Union Klub“ in Berlin Adlige und Bürgerliche auf. Voraussetzung war nichtsdestoweniger ein gewisser Reichtum, der Jahresbeitrag des exklusiven Klubs war teuer, aber vor allem kosteten Pferde, Ausbilder und Transport für die Tiere Unmengen an Geld, weshalb die Bürgerlichen Millionäre und Unternehmer waren.
Offiziere
Offiziere wurden vom Adel, vom Regimentschef, vom Landesherrn und zuweilen vom Kaiser selbst finanziert, ab 1920 hatte sich die Reichswehr zunehmend die prestigehafte Herrenreiterei angenommen und übernahm die Finanzierung ihrer Reiter.
Anfänge
Am 22. August 1822 wurden in Deutschland in Bad Doberan (Mecklenburg) die ersten Galopprennen in Kontinentaleuropa gelaufen und der Pferderennsport begann, Kontinental-Europa zu erobern. Unterstützt wurden Pferderennen vom mecklenburgischen Adel und besonders vom Herzoghaus. In seinen Ursprüngen auf dem Festland war der Rennsport ein reiner Amateursport, somit Herrenreiterei.
Im Jahre 1829 bekamen die Mecklenburger Rennen (nach Doberan auch in Güstrow) Konkurrenz: Am 17. Juni fand in Lichterfelde der erste Berliner Renntag statt. Die Impulse dazu kamen vom preußischen Könighaus: Kaiser Wilhelm, damals noch Prinz Wilhelm von Preußen, gehörte 1828 als Zielrichter zu den Stewards in Doberan, und sein Vater, König Friedrich Wilhelm III übernahm das Protektorat des in Berlin gegründeten Vereins für Pferdezucht und Pferdedressur.
Bereits 1830 erscheint mit Leutnant Ernst Graf von Schlippenbach (1804–1885; Herr der Herrschaft Heiligenkreuz in Kroatien, späterer preußischer Oberst und Mitglied der kroatischen Magnatentafel) von den 2. Garde-Ulanen der erste aktive Offizier in der „Championatsliste“. Die Zahl der im Rennsattel aktiven Herrenreiter stieg schnell von 13 (1830) über 38 (1834) auf 72 im Jahre 1838.
1850 wurde die Parforce-Jagdgesellschaft in Pardubitz gegründet. Parallel dazu wurden in der Nähe der großen deutschen Städte Wien, Prag (wo später die „Kaiserpreise“ ausgetragen wurden) usw. Rennbahnen für den Vollblutsport in Flachrennen und Jagdrennen für Herrenreiter (in erster Linie Offiziere) ausgeschrieben.
Unter der Herrschaft („Masterschaft“) von Egon Prinz von Taxis wurde der Hindernissport eifrig gepflegt. So war er Mitinitiator der 1868 gegründeten Große Wiener Steeple-Chase in der Freudenau, das anfangs nur für Herrenreiter ausgeschrieben wurde.
Im Jahre 1924 wurden Kurt-Christoph von Knobelsdorff (am 30. April 1945 als Zivilist von einem Tiefflieger der Royal Air Force ermordet), Friedrich Sigismund Prinz von Preußen und Hans-Christian von Wietersheim-Muhrau (1899–1984) vom „Turnier-Herren-Reiter- und -Fahrer-Verband“ mit der Großen-Plakette des Verbandes „Für hervorragende Leistungen“ ausgezeichnet.
Das Jahr 1933 brachte Veränderungen. Der „Verband Deutscher Herrenreiter“[3] wurde umbenannt und erhielt den heute noch gültigen Namen „Verband Deutscher Amateur-Rennreiter“, seit 1935 durften auch geeignete Damen mitreiten. Die „Liste der Unsterblichen“ des Verbandes führt Otto Suermondt an.
Welthauptstadt der Reiterei
Lange Zeit war lange Zeit Hannover die „Welthauptstadt der Reiterei“. Nachdem Preußen sich des Königreichs Hannover bemächtigt hatte, wurde nach dem Deutschen Bruderkrieg im Jahr 1866 das Königlich preußische Militär-Reit-Institut (M.R.I.) von Schwedt an der Oder nach Hannover verlegt. Dies war als versöhnender Ausgleich für manch` bittere Kriegsfolgen gedacht. Mit dem neuen Institut kam eine große Zahl an Offizieren, Unteroffizieren und Reitpferden in die Stadt. Dies belebte den Handel, das Handwerk und die Gastronomie. Später in den zwanziger und dreißiger Jahren trug jene Einrichtung den Namen „Kavallerieschule Hannover“.
Die großartigen Erfolge seiner Reiter auf nationalen und internationalen Turnieren verhalfen der damaligen Provinzstadt zu dem Ruf einer Hauptstadt der Reiterei. Der größte Triumph der Offiziere der Kavallerieschule waren die spektakulären Resultate der Olympischen Spiele 1936. Sie gewannen in allen drei Disziplinen, dem Jagdspringen, der Dressur und der Military (heute Vielseitigkeitsreiten; bis 1924 international nur aktiven Offizieren auf Armeepferden gestattet), sowohl im Einzel- als auch im Mannschaftswettbewerb alle sechs Goldmedaillen.[4]
Herrenreiter-Championat
Das „Herrenreiter-Championat“ war eine Abfolge von Reit- bzw- Pferderennen in einem Jahr, der Reiter, mit den meisten Siegen wurde „Champion der deutschen Herrenreiter“.
Bekannte Herrenreiter (Auswahl)
- August Wilhelm Julius Graf von Bismarck
- Bogislav von Heyden-Linden
- Alfred Walter Heymel
- Jenö von Egan-Krieger
- Carl-Friedrich Freiherr von Langen
- Georg von Lehndorff
- Franz von Papen
- Barthold Suermondt
- Otto Suermondt (bei 1463 Ritten 506 Siege)
Weibliche Herrenreiter
- Irmgard von Opel
- Siegerin in zahlreichen Disziplinen, 1934 als erste Frau mit ihrem Trakehner Schimmelhengst „Nanuk“ Siegerin des Deutschen Springderby, sie verwies die Offiziere Harald Momm und Heinz Brandt auf die Plätze zwei und drei.
Herrenfahrer
Trabrenn- oder Autorennfahrer, die als Amateure antreten bzw. im eigenen Wagen fahren, und somit nicht Werksfahrer sind, werden als Herrenfahrer bezeichnet. Besitzer eines eigenen Kraftfahrzeuges, die auf einen Fahrer (Chauffeur) verzichten, wurden Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts ebenfalls Herrenfahrer genannt.[5] Manfred von Brauchitsch gilt im allgemeinen als „letzter Herren-Fahrer“.
- „Der Kriegsausschuß des Roten Kreuzes sucht Automobile mit Herrenfahrer und Chauffeur möglichst mit Vollbereifung für Einrichtung des Autodienstes von den Grenzen zu den Armeen zur Beförderung von Liebesgaben an die Truppen. Meldungen werden an den Kriegsausschuß Berlin, Reichstag, Portal II, erbeten.“[6]
Herrensegler
Herrensegler waren Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts Amateursegler außerhalb der Marine oder Handelsschiffahrt, die oft dem Adel oder dem Geldadel angehörten, da der Kauf und die Instandhaltung eines geeigneten Bootes finanziell aufwendig war. Auch zahlreiche Vereine wurden gegründet. So wurde z. B. die „Wettfahrtvereinigung Berliner Gig-Segler“ am 2. April 1906 von Herrenseglern gegründet (ab 11. Januar 1925 in „Zeuthener Yachtclub“ umbenannt.
Deren Ziel war es, den Gig-Segelsport mit Hilfe von Wettfahrten sowie der Stiftung von Preisen zu fördern. Bekannte Herrensegler der Sonderklasse waren u. a. Barthold Arons, Otto Berghoff, Oskar Gleier, Max Berke, Otto Protzen, Richard Krogmann, Paul Franke und Hans Harder. Sie waren zumeist Mitglieder renommierter „Klubs“, darunter Berliner Segler-Club, Kaiserlicher Yacht-Club, Berliner Yacht-Club, Zeuthener Segler-Verein, Royale Club de Voile des Belgique usw.
Herrensegler und Hoheiten
- „Die Etikette sollte gewahrt bleiben und deshalb wenden wir uns den höchsten Sphären der Sonderklassensegler zu – der kaiserlichen Familie. S.K.H. Prinz Heinrich, der Kaiserbruder, und die anderen Prinzen, – die Söhne des letzten deutschen Kaisers, als da waren Ihre Königlichen Hoheiten Kronprinz Wilhelm sowie die Prinzen Eitel-Friedrich und Adalbert, segeln jetzt (1905) in der Sonderklasse. Eitel-Friedrichs Yachten tragen alle den Namen Elisabeth (I bis IV), genannt nach der Großherzogin Elisabeth. Adalberts Yachten heissen Jeck (I bis IV). Die Sonderklassen des Kronprinzen tragen stets den Namen Angela (I bis VI). Prinz Heinrich war Miteigner der Tillys (III bis XVII). Der Kaiser höchstselbst ließ lieber segeln; (Samoa I bis III und Niagara).“[7]