Weihnachtsbaum
Der Weihnachts- oder Lichterbaum (auch: Julbaum)[1] sowie der Weihnachtszweig zum Weihnachtsfest gehen auf einen alten germanischen Brauch zur Wintersonnenwende zurück und sind ein heidnisches Symbol dafür, daß in der tiefen, kalten und dunklen Jahreszeit des Winters die Götter und die Natur den Menschen nicht verlassen. Darum muß es ein Nadelbaum (weil er über den ganzen Winter grünt) oder ein zuvor in Wasser gestellter Nadelzweig sein. Ebenso symbolisiert er die immer grünende Weltenesche. Nach dem Brauchtum wird der Weihnachtsbaum um die Julzeit aufgestellt und dann in der Fasnachtszeit im Funkenfeuer verbrannt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Zur Feier der Wintersonnenwende, Jul, wurden bei den Germanen grüne Zweige als Schutz und Zaubermittel sowie zur Beschwörung des Sommers geschlagen. In vermutlich allen Kulturen und Religionen ist der immergrüne Baum Wohnsitz der Götter und damit Zeichen des Lebens gewesen.
Der Baumkult unserer germanischen Ahnen ist weit bekannt. Und so ist es nicht verwunderlich, daß es zur Julzeit auch einen Julbaum gibt. Erstmals wurde er in der Minnedichtung im 12. und 13. Jahrhundert erwähnt, später hauptsächlich in Ratsverordnungen, die „das Ausputzen der Stuben mit Tannengrün und Bäumen“ verbieten.
Eine Sitte der Mittwinterzeit war das Hineinholen eines sogenannten „Wintermaien“ ins Haus, um Dämonen und Geister zu vertreiben, das Frühjahr zu bringen und Fruchtbarkeit zu fördern. Da es nicht immer gelang, Obstbaumzweige – die ursprünglichen „Wintermaien“ – rechtzeitig zum Blühen zu bringen, setzten sich die immergrünen Zweige und ab dem 16. Jahrundert in einer stehenden Form zunehmend durch.
Diese Sitte, grüne Tannenzweige ins Haus zu stellen, wird schon für 1494 im „Narrenschiff“ von Sebastian Brant bezeugt. Aus dem Jahr 1535 ist überliefert, daß in Straßburg kleine Eiben, Stechpalmen und Buchsbäumchen verkauft wurden, die noch ohne Kerzen in den Stuben aufgehängt wurden.
1605 soll es dann bereits einen mit Äpfeln geschmückten, aber noch kerzenlosen Weihnachtsbaum in Straßburg gegeben haben, der als „Gabenbaum“ oder „Bescherbaum“ errichtet war.
Im 16./17. Jahrhundert taucht der Weihnachtsbaum auch bei Gemeinschaftsfeiern von Zünften und Bruderschaften auf.
Der erste kerzengeschmückte Tannenbaum schließlich ist überliefert, als 1611 in Schlesien im Schloß der Herzogin Dorothea Sybille von Schlesien aufgestellt. Im 18. Jahrhundert wurde der Tannenbaum immer häufiger. Der preußische König Friedrich der Große (1740–1786) berichtete 1755 von Tannenbäumen, an denen die Eltern „vergoldete Erdäpfel“ (also Kartoffeln) aufhängen, um „den Kindern eine Gestalt von Paradiesäpfeln vorzuspiegeln“. Im Jahr 1755 schmückte der Kaufmann Johann Ernst Gotzkowsky den ersten Weihnachtsbaum in Berlin mit versilberten und vergoldeten Kartoffeln; er wollte auf diese Weise die Bemühungen Friedrichs des Großen (auch als Kartoffelkönig in die Geschichte eingegangen) unterstützen, die Kartoffel als Grundnahrungsmittel in Preußen einzuführen. Später wurden auch blaue und rote Kartoffeln als Weihnachtsbaumschmuck verwendet.
Johann Wolfgang von Goethe lernte den Weihnachtsbaum in Straßburg 1770 kennen, und so ist eine der frühesten literarischen Erwähnungen in seinem Roman „Die Leiden des jungen Werthers“ von 1774 zu finden. Auch wenn der Weihnachtsbaum schon in Berlin und Hamburg vor 1800 bezeugt ist: allgemein gebräuchlich wurde er erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Daß seine Verbreitung nur relativ langsam vorankam, hatte viel damit zu tun, daß ihn die Kirchen wegen seiner „magischen Herkunft“ (also seines heidnischen Hintergrundes) zunächst abgelehnt und ihn seit dem Mittelalter mehrmals verboten hatten, auch unter Strafen.
In Berlin tauchte der erste Weihnachtsbaum um 1780 auf. Durch den deutschen Prinzgemahl Albert der britischen Königin Victoria (1837–1901) kam der Weihnachtsbaum auch nach England. Die ärmeren Volksschichten dagegen begnügten sich oftmals mit dem Weihnachtskranz. Ab dem 19. und 20. Jahrhundert kam der Tannenbaum auch in die Wohnzimmer katholischer Familien. In die Neue Welt kam der Weihnachtsbaum im Reisegepäck deutscher Auswanderer.
Bis in die 1940er Jahre wetterte der Papst gegen den Weihnachtsbaum, aber die Kirche versuchte danach – als Teil der allgemeinen Strategie, so zu tun, als ob Weihnachten ein christliches Fest sei –, den Weihnachtsbaum auf den Namen „Christbaum“ umzutaufen.
Heute ist der Weihnachtsbaum in fast allen Häusern und Kirchen üblich, Weihnachten 2013 wurden in der BRD etwa 29 Millionen Bäume (im Wert von 700 Millionen Euro) aufgestellt.
Berühmte Weihnachtsbäume stehen auf dem Petersplatz in Rom und auf dem Trafalgar Square in London. Der Papst erhält jedes Jahr einen Weihnachtsbaum für den Petersplatz zum Geschenk.
Beschmückung
Der Weihnachtsbaum wurde traditionell mit Nüssen, Gebildegebäck, Lametta (wird als Schneesymbol oder als Bild des Nornengespinstes gedeutet), Papierblumen, Oblaten und Kerzen (die Symbol für das wiederkehrende Licht der Götter und der Götter und Geister selbst sind) geschmückt. Das Sinngebäck wird nach Tieren des Waldes oder heidnischen Symbolen gebacken.
Oft wird der Julbaum noch mit Ketten aus Rosinen, mit Äpfeln oder anderem Trockenobst behängt. Sie stehen für die Keimfähigkeit des Lebens. Je nach Größe des Baumes können natürlich ebenso kleine Geschenke daran gehängt werden.
Heutzutage werden die Äpfel meistens durch Glaskugeln und die Kerzen häufig durch elektrische Lichterketten ersetzt. Ebenso steckt meistens ein Stern auf der Spitze des Baumes, und es wird eine christliche Krippe darunter gestellt.
Jüdisch-christliche Reaktionen
Im Alten Testament[2] wird das Hauen von Bäumen im Walde als heidnischer Brauch (→ Baumkult) gekennzeichnet, den das Volk Israel nicht übernehmen solle.
Gedichte
Den Julbaum schmücken wir
- Der Julbaum ist groß, die Zweige sind leer,
- wie wolln wir ihn schmücken, was geben wir her?
- Den Apfel für Idunn, den Hammer für Thor,
- Das Goldhaar für Sif, und die Hand ist für Tyr.
- Der Julbaum ist groß, die Zweige sind leer,
- wie wolln wir ihn schmücken, was geben wir her?
- Das Herz ist für Freya, der Zapfen für Frey,
- Die Muschel für Njörd und die Perle dabei.
- Der Julbaum ist groß, die Zweige sind leer,
- wie wolln wir ihn schmücken, was geben wir her?
- Das Auge für Odin, die Schlüssel für Frigg,
- Den Hasen Ostara, so wie es sich schickt.
- Der Julbaum ist groß und ist nun nicht mehr leer,
- von unserem Schmuck sind sie prächtig und schwer.
- Der Julbaum ist groß und die Zweige sind voll,
- Die Götter vereinigt, so wie es sein soll.[3]
Herbstlieder
- Schlanke Tanne, zagest du
- Nicht vor Wintereinsamkeit,
- Oder träumst schon hoffend zu
- Sel'ger Christnachtzeit?
- Werd' als Weihnachtsbaum dich seh'n,
- Kerzenhell geschmückt,
- Kindlein jubelnd um dich steh'n
- Wunderreich beglückt.
- Und es denkt dann mein Gemüth
- Meiner Liebe Weihnachtsbaum,
- Dessen Lichter rasch verglüth,
- Die entzündet kaum.[4]
Der Weihnachtsbaum
- Ach! ich suche weit und breit
- Meines Lebens erste Zeit,
- Wo ich noch an Spiel und Tand
- Meine größte Freude fand.
- Wie das Kind doch so vertraut
- Auf die grünen Fluren schaut;
- Doch den Jüngling trägt sein Sinn
- Zu den lichten Sternen hin.
- Von der Kindheit gold'nem Traum
- Blieb mir nur der Weihnachtsbaum,
- Den der Vater dieser Welt
- An dem Himmel aufgestellt.
- Seine Feuer trügen nicht,
- Brennen ewig hell und licht,
- Jahre gehen ein und aus;
- Löschen doch kein Lichtchen aus.
- Lieder für mein wundes Herz,
- Heiterkeit in Gram und Schmerz,
- Manchen lieben schönen Traum
- Biethet mir der Weihnachtsbaum.
- Dankend blick' ich oft hinan,
- Meine Seele flüstert dann:
- All die Gaben schön und werth
- Hat der liebe Christ beschert.[5]
Das Weihnachtsbäumlein
- Es war einmal ein Tännelein
- mit braunen Kuchenherzlein
- und Glitzergold und Äpflein fein
- und vielen bunten Kerzlein:
- Das war am Weihnachtsfest so grün,
- als fing es eben an zu blühn.
- Doch nach nicht gar zu langer Zeit,
- da stands im Garten unten,
- und seine ganze Herrlichkeit
- war, ach, dahingeschwunden.
- Die grünen Nadeln war'n verdorrt,
- die Herzlein und die Kerzlein fort.
- Bis eines Tags der Gärtner kam,
- den fror zu Haus im Dunkeln,
- und es in seinen Ofen nahm -
- hei! tats da sprühn und funkeln!
- Und flammte jubelnd himmelwärts
- in hundert Flämmlein an Gottes Herz.[6]
Der Weihnachtsbaum
- Es war der Tannenwald den ganzen Sommer träge,
- Und keine einz'ge Frucht trug er in dem Gehege;
- Um Weihnacht hat man ihm die Stämmchen abgeschlagen,
- Die fremde Früchte doch nun haben müssen tragen;
- Wie haben sie so schwer mit Aepfeln und mit Nüssen
- Und andern Dingen sich belasten lassen müssen!
- Trag' du die eig'ne Frucht, freiwillig, lasse nicht
- Dazu dich nöthigen erst durch den Zwang der Pflicht.
- Man kann ein jedes Ding verschieden wohl betrachten;
- So auch das Stämmchen, das man abschlug um Weihnachten;
- Sieh', also könnte man auch sagen wohl: "es war
- Das Stämmchen ohne Werth das ganze lange Jahr,
- mit vielen anderen von seines Gleichen stand
- Verachtet, einsam es an einem Waldesrand;
- Jetzt, wo das Fest des Herrn, Weihnachten, ist gekommen
- Aus seiner Einsamkeit hat man es nun genommen.
- Man steckt ihm Lichter auf; sieh', wie sie freundlich strahlen!
- Man ziert's mit Aepfeln aus in Gold- und Silber-Schalen;
- Mit Nüssen prangt es jetzt, mit Backwerk aller Art!
- Sieh', wie sich Alt und Jung nun um das Stämmchen schaarten!
- Ist dies das Stämmchen noch, das Niemand wahrgenommen?
- Das erst verachtet war, wie ist's zu Ehren kommen!
- Harr' aus nur in Geduld! Es kommt auch deine Zeit,
- Und morgen ehrt die Welt, was sie verachtet heut'.
- So von zwei Seiten sieht sich an ein Ding verschieden;
- Doch von der besten sieh' du an, was dir beschieden!
- Des Lebens schwere Last, die du zu tragen hast,
- Sieh' an als einen Schmuck und eine Ehrenlast.
- Doch wieder eine Zeit, Weihnachten war vergangen,
- Wie hat das Stämmchen da die Zweige lassen hangen;
- Man hatte es geleert von Aepfeln und von Nüssen;
- Wie hat's zerreißen sich, zerzupfen lassen müssen!
- Was noch vor kurzer Zeit doch Allen schien so theuer,
- Jetzt hat man's endlich gar geworfen in das Feuer;
- Geborgt war nur der Schmuck, war nicht dem Stämmchen eigen;
- Werth selber war es nichts mit allen seinen Zweigen.
- Du aber hüte dich, mit fremdem Schmuck zu gleißen;
- Die Welt wird bald genug ihn dir herunter reißen.
- Und wieder eine Zeit, doch nicht gar lang' hernach,
- Gar lang' war nur die Nacht, und kurz dafür der Tag;
- Da hatten sich gesetzt die Kinder mit den Zofen
- Noch vor dem Schlafengeh'n her zu dem warmen Ofen;
- Denn draußen war es kalt; da war's, als man das Stämmchen
- In's Feuer warf; es gab denn doch ein kleines Flämmchen,
- Wenn auch nicht allzu viel, so hat's doch beigetragen -
- Zur größ'ren Wärme und der Kinder Wohlbehagen.
- Du aber, achte du nie etwas zu gering;
- Ganz werthlos auf der Welt ist nimmermehr ein Ding.
- Und wieder eine Zeit, das Stämmchen war verbrannt;
- Mit and'rer Asche ward's gebracht in's Gartenland;
- Die Asche aber, die vom Stämmchen war gekommen,
- Die hat sie sich zunächst im Rosenstock genommen;
- Was erst als Aschenstaub bei and'rer Asche lag;
- Als Rosenblüthe kommt's nun wieder an den Tag.
- Mein Kind, es fällt dir schwer, dies Wunder zu versteh'n,
- Wiewohl dein Auge es kann alle Tage seh'n;
- Und größer ist es nicht, als daß ein Mensch voll Mängel
- Erst Asche werden muß, und dann ein Gottesengel.[7]
Siehe auch
Literatur
- Jörg Lechler / Emil Forrer: Über den Ursprung des Weihnachtsbaumes, in: „Germanen-Erbe“, Band 1, 1936, S. 262–265