Livland
Livland oder Liefland ist eine Landschaft im Baltikum, die von Riga bis zum Peipussee reicht. In einem weiteren Sinne umfaßt Livland die Gebiete der heutigen Staaten Estland und Lettland im damaligen Meistertum Livland im Deutschordensstaat.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Auf dem Augsburger Reichstag von 1530 wurde Livland zum Bestandteil des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, 1558 erfolgte die Invasion russischer Truppen und der Livländische Krieg gegen die baltischen Ritterschaften und dem Landmeister des Deutschen Ordens.
Im Jahre 1721 fiel die Gegend durch Eroberungen Peters des Großen an sei Reich und bildete mit dem damaligen Estland (dem heutigen Nordteil der Republik Estland) und Kurland (seit 1795) eines der drei Ostseegouvernements, die vom baltendeutschen Adel jeweils autonom verwaltet wurden. Das von 1721 bis 1917 bestehende kaiserlich russische Gouvernement Livland mit der Hauptstadt Riga und der Universitätsstadt Dorpat umfaßte in etwa das heutige Südestland (mit Dorpat) und das nordöstliche Lettland bis zur Düna. 1917 begann der Terror des Bolschewismus in Kurland und Livland, aber auch der Widerstand, der in einem Freiheitskampf gipfeln sollte.
Abstammung des baltischen Geschlechts Szoege/Zoege von Manteuffel
Die mittel- und nordgermanischen Vorfahren der Deutschbalten kamen als Kreuzritter, Missionare und Kaufleute in den fernen Norden, ins Baltikum (Riga, Dorpat, Reval usw.), wo zu diesem Zeitpunkt staatlich nichtorganisierte finnougrische Stämme von Esten und Liven und die baltischen, d. h. indogermanischen Vorfahren der heutigen Letten lebten. Im Laufe von fast 700 Jahren bildeten die Deutschen, die andauernd einen starken Nachschub aus dem Mutterland erhielten, im Baltikum eine politische, soziale und kulturelle Landesoberschicht – und dies ungeachtet der jeweiligen Staatsmacht (dänisch, schwedisch, polnisch oder russisch). Ihre besondere politische und soziale Stellung bildete eine Ausnahme im Gesamtbild der anderen deutschen Diasporagruppierungen in Mittelosteuropa. Albert von Buxthoeven, der einer Bremer Ministerialenfamilie entstammte, war als unangefochtener Patriarch aller Deutschen im Baltenland von 1199 bis 1201 Bischof von Livland und von 1201 bis 1229 Bischof von Riga. Die andauernde Rivalität zwischen Bischof Albert und dem Schwertbrüderorden trübte dieses Bild allerdings, mündete aber 1210 in einen Schiedsspruch des Papstes, der dem Orden noch weitergehende Rechte zugestand.
Die Zöges (damals noch Zoje, Zoye, ggf. auch Soye) stammten, so die allgemeine Annahme, aus Pommern (insbesondere aus Stralsund und Schwerin, wobei eine ursprüngliche Abstammung aus Nordgermanien durch Wikingeransiedlung nicht ausgeschlossen ist; im Norwegischen bedeutet Søye „der Starke“), aber auch aus der Erzdiözese Bremen (somit Pommern-Niedersachsen). Große Teile der südlichen Küstenregionen der Ostsee fielen an Dänemark, 1219 (durch die Duldung der livländischen Landmarschälle des deutschen Schwertbrüderordens,[1] 1220 vom deutschen Kaiser Friedrich II. genehmigt) sogar der Norden Estlands, das damalige Livland. Der Besitz dieser Gebiete war allerdings nicht von langer Dauer, da eine Koalition aus norddeutschen Landesherren und Städten Dänemark 1227 bei Bornhöved schlug, Estland 1346 an den Deutschen Orden verkauft wurde und Dänemark 1370 die Vorherrschaft der Hanse (Erster und Zweiter Waldemarkrieg) in der Ostsee anerkennen mußte. Die dänische Krone behielt somit die Kontrolle über Estland und Tallinn (mit kurzer Unterbrechung von 1227 bis 1238) bis 1346.
Nach der Abschaffung des Landrechtes sowie der Schaffung einer neuen Landordnung und dem Norddeutschen Markgrafenkrieg (nach dem Ende der dänischen Lehnshoheit; von 1308 bis 1317 bis zum Friede von Templin)[2] unterwarf sich der deutsche Adel vorläufig der Dänenherrschaft. Georg Christian Friedrich Lisch schrieb in seinem 1849 erschienenden Werk „Geschichte der Besitzungen der Ritterorden Livlands und Preußens in Meklenburg“:
- „Während der Zeit des Besitzes der Comthurei Krankow stand Meklenburg sicher in vielen Berührungen mit dem Deutschen Orden. Viele Meklenburger hatten sich entweder geradezu oder über Dänemark in den fernen Ostseeländern angesiedelt. Als der König von Dänemark im J. 1318 seine dänisch=esthländischen Vasallen wegen ihrer ritterlichen Thaten mit Erbgütern belehnte, waren unter diesen die meklenburgischen Edelleute Gottschalk Preen, Gödeke von Oertzen, Lambrecht Berkhahn und Johannes Hahn.“
Was jedoch Lisch ausläßt, ist die Tatsache, daß die Deutschen (aus der Hahnschen Linie stammte ohne Zweifel der livländische Ordensmeister Reimar 1323–1328) zuvor ihre freien Erbgüter dem dänischen König Erik VI., auch Schirmvogt zu Lübeck, übertragen mußten, um diese dann 1318 großzügig als Lehen zu empfangen. Zu diesen gehörten u. a. Otto Rosen, Nicolaus von Do(h)len, aber auch Conrad Zöge (so in den Aufzeichnungen geschrieben) dazu.[3]
Die Schwächung der Deutschritter und dadurch die Stärkung der Herrschaft Dänemarks (obschon der Orden sich mit den dänischen Vasallen stets brüderlich einigte) hatte schon früher begonnen. 1297 verlor der Orden sein Haus in Riga (St. Jürgenshof), als der Komtur mit 60 Rittern bei einem Putsch ermordet wurde. Neues Zentrum der livländischen Ordensmacht wurde Wenden. Erst 1330 gelang die Rückeroberung. Ab 1305 hetzte der böhmische Erzbischof von Riga Friedrich von Pernstein (seit dem 21. März 1304 in Amt und Würden) gegen den Orden (er bestätigte am 9. Oktober 1305 die Vorrechte der Stadt, einigte sich widerwillig mit den Deutschrittern und überließ ihnen das Schloß Dünamünde, das vorherige Zisterzienserkloster), zog 1307 auch gegen diesen mit einer Klageschrift nach Avignon, da Clemens V. und seine Kurie sich ausschließlich im Westfrankenreich aufhielten, und ging schließlich nach Rom. Er erließ 1311 mit Unterstützung des päpstlichen Kaplans Franziskus von Moliano und dessen Untersuchungskommission gegen den Deutschen Orden nun Bann und Interdikt. Den Streit mit dem Deutschen Orden legte Papst Johannes XXII. 1319 bei, indem er den Besitz von Dünamünde dem Orden bestätigte und diesem das volle Recht zusprach.
1306 verfaßten Landräte der Provinz Estland ein neues Landrecht (zu dessen 34 Unterzeichnern gehörte auch Conrad Zöge),[4] diese Landordnung übergaben sie zur Bestätigung dem Bischof Heinrich von Reval. Auf dem Landtag zu Wesenberg (September 1306), wo sich der Uradel und die Ritterschaft trafen, übergaben diese dem Bischof Heinrich die Resignation. Der Bischof, als Abgeordneter des Landtages, übermittele das neue Landrecht sowie ein Zeugnis des Adels über seine Person dem dänischen König Erich Mendved, der wiederum den Bischof zum Vizekönig ernannte. Trotz der dänischen Vasallenschaft (dies gilt auch für Mecklenburg, Pommern und Pommerellen) ist die selten grassierende Annahme, daß das Geschlecht Szoege/Zoege von Manteuffel ggf. dänischer und nicht deutscher Abstammung war, unbelegt und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit falsch.
Mittelalterliche Städte in Livland
Um 1561 existierten folgende Städte (Jahr des Stadtrechts):
Freie Stadt Riga
- Riga, (1201) – erste und größte Stadt Livlands, Freie Hansestadt und Sitz des Erzbischofs und Landmeisters des Deutschen Ordens.
Ordensgebiet
- Wenden (1224) – Sitz des Landmeisters.
- Reval (1248) – eine der drei größten Städte Livlands.
- Pernau (1265)
- Fellin (1283)
- Weißenstein (1291)
- Wesenberg (1302)
- Wolmar(1323)
- Narva (1345)
- Goldingen (1347)
- Mitau (1376)
- Windau (1378)
Erzbistum von Riga
- Kockenhausen (1277)
- Roop (1325)
- Lemsal (1368)
Fürstbistum von Dorpat
- Dorpat (1230), eine der drei größten Städte Livlands.
Fürstbistum von Oesel-Wiek
- Hapsal (1279)
Fürstbistum von Kurland
- Hasenpoth (1378)
- Pilten (1557)
Moderne Städte
Im heute lettischen Teil
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Im heute estnischen Teil
Siehe auch
Literatur
- Garlieb Merkel: „Die Vorzeit Lieflands. Ein Denkmahl des Pfaffen- und Rittergeistes“, Band 1 1798 (PDF-Datei)
- Moritz Willkomm: „Streifzüge durch die Baltischen Provinzen“, Dorpat 1872 (Band 1 Liv- und Kurland (PDF-Datei))
- Kurd von Schlözer: „Livland und die Anfänge deutschen Lebens im baltischen Norden“ (1850) (PDF-Datei)
- Ernst Seraphim: „Geschichte von Livland“ (1906) (PDF-Datei)
- Wilhelm von Gutzeit: „Wörterschatz der Deutschen Sprache Livlands“ (1864) (PDF-Dateien: Band 1, Bqand 2)
- Hermann von Wartberge: „Chronicon Livoniae - Livländische Chronik“, herausgegeben von Ernst Gottfried Wilhelm Strehlke, 1863 (PDF-Datei)