Baltische Landeswehr

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Die Baltische Landeswehr wurde im November 1918 aus baltendeutschen Freiwilligen zur Abwehr der Bolschewisten in den drei baltischen Provinzen gebildet. Nach anfänglichen Mißerfolgen gelang im Frühjahr 1919 die Befreiung Kurlands und Livlands.[1] Ab Februar 1919 unterstanden die Baltenregimenter der Baltischen Landeswehr, die Eiserne Division, die eintreffende 1. Garde-Reserve-Division und verschiedene kleinere Freikorps dem VI. Reserve-Korps unter Rüdiger von der Goltz. Kommandeur der Landeswehr war seit Februar 1919 der reichsdeutsche Major Alfred Fletcher.

Ehrenzeichen der Stoßtruppe der Baltischen Landeswehr (links) und Ehrenkreuz der Baltischen Landeswehr (rechts), gestiftet 1920; verschiedene Ausführungen mit und ohne Schwerter Für die reichsdeutschen Freiwilligen gab es ab Juli 1919 das Baltenkreuz. Links der Freiwillige der Landeswehr Guido Nikolai Georg von Maydell aus dem Hause Stenhusen (1876–1934).

Geschichte (Überblick)

Alfred Fletcher, Befehlshaber der Baltischen Landeswehr im Baltenland und kurzzeitig Militärgouverneur von Riga

Waffenstillstandsabkommen

Am 15. Dezember 1917 wurde zu Brest-Litowsk zwischen der deutschen Reichsregierung und der russischen Sowjetregierung ein Waffenstillstandsabkommen geschlossen. Nachdem die getroffenen Vereinbarungen seitens der Russen mehrfach gebrochen worden waren, befahl die Oberste Heeresleitung die Wiederaufnahme militärischer Operationen. Die deutsche 8. Armee besetzte daraufhin im Februar 1918 die baltischen Provinzen Kurland, Livland und Estland bis zur Linie Narwa–Pskow–Polozk. Die im Bereich der militärischen Möglichkeiten liegende Einnahme von Sankt Petersburg unterblieb, wahrscheinlich mit Rücksicht auf die angespannte Lage an der Westfront.

Novemberverbrechen

Nach dem Zusammenbruch des Kaiserreiches vom 9. November 1918 erhielt das AOK 8 den Befehl zur Räumung der russischen Ostseeprovinzen unter gesicherter Rückführung des Heeresgutes. Die zum großen Teil aus älteren Jahrgängen bestehende 8. Armee wurde schnell durch die revolutionären Parolen zersetzt und löste sich praktisch auf. Narwa wurde am 28. November1918 geräumt, es folgten Dorpat am 18. Dezember 1918, Dünaburg am 22. Dezember 1918, Riga am 3. Januar 1919 und schließlich am 8. Januar 1919 auch die kurländische Hauptstadt Mitau. Die sowjetrussischen Divisionen drängten zügig nach, besetzten die baltischen Länder und errichteten bolschewistische Räteregierungen.

Kampf um das Baltenland

Den deutschen Kontingenten gelang es ab Februar 1919, die sowjetischen Verbände, die zuvor Estland und weite Teile Lettlands erobert hatten, zurückzudrängen und am 18. März 1919 Mitau zu befreien. Lettland blieb allerdings auch in der Folgezeit Schauplatz von Kämpfen. Zugleich traten Differenzen zwischen der deutschen Seite und der lettischen Regierung unter Kārlis Ulmanis auf, unter anderem über die Beibehaltung der Privilegien des baltendeutschen Adels.

Niederwerfung der Räteregierung Ulmanis

Am 16. April 1919, nach der Niederwerfung der Räteregierung Ulmanis, wurde eine neue, ebenfalls bürgerliche, aber sehr eng an Deutschland angelehnte freiheitliche Regierung unter Andrievs Niedra (1871–1942) gebildet, die einige deutschbaltische Mitglieder vorweisen konnte. Ulmanis sah sich jedoch weiterhin als Regierungschef Lettlands an, was zu bewaffneten Konfrontationen zwischen beiden Lagern führte. Die Deutschbalten traten hierbei als wichtige Stütze Niedras auf.

Die Bildung erster Freiwilligen-Detachements

Denkmal zur Erinnerung des Einzuges der Deutschen in Libau (vor dem Kurhaus), das 1916 durch das Deutsche Heer befreit wurde und für die Baltendeutschen 1918/19 als letzte Bastion des Deutschtums und der Sicherheit vor dem Ansturm der Bolschewisten diente.

Um eine geordnete Rückführung der Truppen und des Heeresgutes zu sichern, rief das Armee-Oberkommando 8 zur Bildung freiwilliger Verbände auf. Auch die inzwischen von der Entente anerkannten provisorischen Regierungen von Estland, Lettland und Litauen formieren Schutzeinheiten gegen die ihre Selbständigkeit bedrohenden sowjetrussischen Divisionen. Ebenfalls sammelte sich die baltendeutsche Bevölkerung in Freiwilligenkorps. So entstanden in Estland das „Baltenregiment“ unter dem deutschen ehemaligen Offizier der Kaiserlichen Russischen Armee von Weiß in Livland und in Kurland die „Baltische Landeswehr“ unter dem reichsdeutschen Oberstleutnant von dem Hagen (ab Februar 1919 Kommandeur der Brigade Kurland beim VI. Reserve-Korps). Die Ausrüstung all dieser Einheiten erfolgte durch die Lager des AOK 8.

Die sich bei der 8. Armee in Aufstellung befindlichen Freiwilligen-Abteilungen wurden unter Oberst Kummer zu einer „Eisernen Brigade“ zusammengefaßt und schon im Januar 1919 bei Riga gegen die sowjetrussischen Truppen eingesetzt. Riga war jedoch nicht zu halten, die rote Regimenter stürmten – die Übermacht war groß – dennoch warfen sich die noch sehr kleine Baltische Landeswehr und die Eiserne Brigade gegen den bolschewistischen Sturm. Am 2. Januar hatte der reichsdeutsche Stab beschlossen aufzugeben, um sich in die Herzogsstadt Mitau zurückzuziehen (wo aus der Eisernen Brigade eine Division werden sollte), am 3. Januar 1919, um die Mittagszeit, verließen die letzten Verteidiger (das IV. Freiwilligen-Bataillon der Eisernen Brigade und die Kundschafter-Abteilung der Landeswehr unter Wilhelm Baron von Engelhardt) die einstige Hansestadt. Für die Deutschbalten, die zurückbleiben mußten, fing eine Zeit des Leidens und des roten Terrors an, wie schon ab 1915, als die Stadt von Russen besetzt war und erst 1917 befreit werden konnte.

Ab Mitte Januar 1919 sicherten deutsche, baltendeutsche und lettische Verbände die Windau-Linie, die als letzte verteidigungsfähige Stellung vor der deutschen Grenze anzusehen war. Auf einer Frontbreite von ca. 80 km – die Linie Goldingen–Sheimeljany – standen die „Eiserne Brigade“ mit 300 Mann (ab Ende Januar 1.000), die „Baltische Landeswehr“ mit 500 Mann (ab Ende Januar 700) und das lettische Bataillon des Oberstleutnants Kolpak mit 200 Mann (ab Ende Januar 250). Der kleine Haufen brachte entgegen aller Erwartungen die Rote Armee zum Stehen. Da Mitau auch verloren ging, zogen sich die Reste nach Libau zurück, das seit 1916 in deutscher Hand war. Das Stabsquartier der Baltischen Landeswehr wurde Mitte Februar 1919 nach Katzdangen verlegt.

Anfänge der Landeswehr

„Lied der Baltischen Landeswehr“ (auch bekannt als Baltische Wacht und Das Lied der letzten Reiter)
Operationskarte

Die Baltische Landeswehr war ein militärischer Freiwilligenverband der ehemaligen drei baltischen Provinzen in Kurland unter deutscher bzw. deutschbaltischer Führung seit dem 11. November 1918. Am 2. Januar 1919 gehörten ihr 1.200 Deutschbalten, 400 Letten und 70 Russen an.

Neugliederung der Kurlandfront

Die am 10. Februar 1919 von Kassel nach Kolberg verlegte OHL entsendete zur Stabilisierung der Kurlandfront, d. h. zum verstärkten Schutz der Reichsgrenze, den Generalmajor Graf Rüdiger von der Goltz – den Befreier Finnlands – mit dem Stab des VI. Reserve-Korps und der neu aufgestellten 1. Garde-Reserve-Division nach Libau. Außerdem wurde in Bartenstein/Ostpreußen das Armee-Oberkommando „Nord“ eingerichtet. Die bisher selbständig operierenden Freiwilligenverbände wurden alle dem Generalkommando VI unterstellt. Für die baltische Front ergaben sich nunmehr folgende Befehlsverhältnisse:

Kriegsgliederung der Baltischen Landeswehr vom 20. Mai 1919
Kavallerie der Baltischen Landeswehr

Unterstützungskräfte der Landeswehr

Die Baltische Landeswehr wurde verstärkt durch:

Schlachten

Operation „Tauwetter“

Deutsche Offensive im Rahmen der Operation „Eisgang“, März 1919 im Baltenland

Für die Balten war das Ziel des Kampfes die Befreiung Kurlands und Livlands von den Sowjets; die reichsdeutschen Führer erstrebten eine möglichst weiträumige Sicherung Deutschlands gegen den Bolschewismus und die Verwirklichung der Siedlungsversprechen für ihre Soldaten. Alle drei Ziele waren nur offensiv zu erreichen, und so arbeitete der Stab der „Eisernen Division“ einen Operationsplan aus, der angriffsweise die Front in drei Etappen auf 30 km ostwärts verlegte.

Der Gefechtsstreifen der „Eisernen Division“ war 20 km breit, und zur Verfügung standen 93 Offiziere, 259 Unteroffiziere und 1.342 Mann mit 100 MGs, vier Minenwerfer, acht Feldgeschütze und die Fliegerstaffel 427 des Hauptmanns Bruno Loerzer. Die Aktion war sowohl mit der Landeswehr im Norden als auch mit der 1. Garde-Reserve-Division im Süden abgestimmt, die gleichzeitig begrenzte Angriffe durchführen sollten.

Die erste Angriffsetappe der Märzoffensive in Kurland – unter dem Decknamen „Tauwetter“ – begann am 3. März 1919 mit dem Angriff des Detachements des Hauptmanns Athos von Schauroth auf Tyrschkle, das genommen wurde, und den Vorstoß der Bataillone „Balla“ und „von Borcke“ auf Pampeln. Der direkte Angriff der Gruppe des Majors Doin gegen Murajewo blieb jedoch im feindlichen Feuer liegen. Hier wurden bedauerlicherweise die Erfahrungen vom 8. Februar 1919 bei den Kämpfen an der Windau nicht beachtet,[3] es fehlte sowohl das Überraschungsmoment wie auch die Umfassung von Norden. Der Führer Major Doin wurde schwer verwundet, Rittmeister Baron von Nolde blieb vor dem Feinde. Erst am 5. März 1919 konnte dieser Verkehrsknotenpunkt mit Unterstützung eines Panzerzuges durch die Bataillone des Majors Erich Balla und des Hauptmanns von Liebermann erstürmt werden.

Der 6. März brachte ein folgenschweres Ereignis, welches die gesamte weitere Entwicklung im Befreiungskampf beeinflussen sollte. Im Morgengrauen gingen die Bataillone „von Borcke“ und „von Liebermann“ auf Grawern vor und nahmen den Ort nach kurzem Kampf. Zur gleichen Zeit griff von Norden ein lettisches Bataillon an, und es kam am Ortsrand irrtümlicherweise zu einem Kampf zwischen Deutschen und Letten. Das Letten-Bataillon trug russische Mäntel und war daher von den Bolschewisten nur schwer zu unterscheiden. Hier fielen der lettische Kommandeur und ehemalige kaiserlich-russische Oberst Kolpak (Koltschak) und sein Adjutant, ein deutscher Artillerieoffizier. Auf deutscher Seite waren ebenfalls vier Gefallene zu beklagen. Ein Mitkämpfer schilderte den tragischen Vorgang sachlich und anschaulich folgendermaßen:

„Das Gefecht wurde dadurch abgebrochen, daß wir von drüben kein Feuer mehr erhielten und uns ein Meldereiter von links umritten hatte. Von dort wurde zum Bataillonsstabe durchgegeben, daß wir eine lettische Formation vor uns hätten, die gleich uns gegen die Bolschewisten kämpfte. Es war uns nicht bekannt, daß außer der baltischen Landeswehr, die feldgrau trug, auch noch lettische Truppen mit uns marschierten, die zu ihrem Unglück auch noch in russischen Uniformen staken. Später konnte ich in Erfahrung bringen, daß vor dem tragischen Gefecht tatsächlich zwischen uns und den Letten sich rote Truppenteile befunden hatten, die auch von unserer Streife richtig erkannt waren. Diese müssen sich seitlich verzogen haben, wodurch wir mit den Letten aneinandergerieten.“

Schnell verbreitete sich bei den lettischen Truppen, dann in der gesamten Bevölkerung, die von bolschewistischen Agitatoren verbreitete Version, die Deutschen hätten Kolpak mit Absicht erschossen. Das sowieso nicht sehr gute Verhältnis zwischen Letten einerseits und Balten und Reichsdeutschen andererseits wurde ausgesprochen schlecht. Es bildeten sich nun lettische Banden, die den deutschen Nachschub störten und Spionagedienste für die Sowjets leisteten. Bewährt hat sich in diesen Kämpfen die von Major Bischoff konzipierte Gefechtstaktik: aus dünnen Marschkolonnen mit weit voraus sichernden Spitzen bei Feindberührung sofort zum seitlich ausholenden Angriff auf die Flanken des Gegners ansetzen. Schnelligkeit, Geländeausnutzung und Beweglichkeit mußten die numerische Überlegenheit des Feindes ausgleichen.

Operation „Eisgang“

Baltikumkämpfer Ernst Stolpe, Unteroffizier in der Nachrichten-Kompanie des Freiwilligen-Bataillons „von Bülow“ (siehe Ärmelabzeichen) bei der Brigade „Schaulen“/3. Kurländisches Infanterie-Regiment; Baltenkreuz am 1. Oktober 1919, Eisernes Kreuz II. Klasse am 13. Januar 1920

Am 6. März 1919 erteilte das General-Kommando VI die Genehmigung zum Vormarsch an die Kurländische Aa und damit zur Einnahme der alten Herzogsstadt Mitau. Unter der Tarnbezeichnung „Eisgang“ begann nunmehr die zweite Etappe der Angriffsoperation.

Operation „Frühlingswind“

Auf dem nördlichen Frontabschnitt nahmen die Balten am 15. März 1919 Talsen und am 16. März Tuckum ein – hier konnte der Stoßtrupp der Baltischen Landeswehr unter Hans Baron von Manteuffel eine Gruppe von 108 gefangenen Balten befreien, die sich schon auf dem Transport nach Riga befanden. Um Anschluß an die stürmisch vorwärtsdrängende Landeswehr zu halten, verlegte Bischoff den Schwerpunkt der Eisernen Division nun auf den nördlichen Flügel. Die dritte Angriffsetappe lief unter dem Decknamen „Frühlingswind“, und die Eiserne Division wurde nun zu zwei Kampfgruppen zusammengefaßt:

  • Kampfgruppe I unter Major Wilhelm Carl Albert Arthur von Kleist (1875–1939) mit den Kolonnen „Balla“, „Besser“, „Borcke“ und „Liebermann“ und
  • Kampfgruppe II unter Major Graf Kanitz mit den Kolonnen „Petersdorff“ und „Volkmar“.

Am 19. März 1919 erstürmte die Gruppe „von Kleist“ nach weit ausholender Umfassung die starken Stellungen bei Doblen und mußte sich auch hier wieder gegen die sich verbissen schlagenden deutschen Matrosen kämpfen. Während der Kämpfe bei Doblen erhielt der Stab der Eisernen Division die überraschende Meldung, daß die Baltische Landeswehr schon in Mitau eingedrungen sei. Sofort setzte Bischoff die Gruppe „Kanitz“ zum rücksichtslosen Stoß auf die Stadt an, bei Auzhof kam es zu einem verlustreichen Kampf gegen starke Feindkräfte; hier wurde Oberleutnant Volkmar verwundet, dessen Kolonne der Rittmeister Graf von der Groeben übernahm.

Mit den wenigen Kraftwagen der Division erreichte der Stab am 21. März 1919 Mitau und fand die Landeswehr in einer äußerst prekären Situation. Die Russen hatten im Gegenstoß die Aa überschritten und waren bereits in die Bahnhofsvorstadt eingedrungen, die Verluste der Balten waren sehr hoch, und Munitionsmangel lähmte die Feuerkraft der Kompanien. Sofort setzte Bischoff auch die Gruppe „von Kleist“ direkt gegen Mitau an, und mit letzter Kraft gelang es den deutschen Freiwilligen, die sowjetischen Angriffskolonnen zu zerschlagen und über die Aa zurückzuwerfen.

Vorstoß der Landeswehr auf Mitau

Die Landeswehr unter Major Fletcher trat am 18. März 1919 von Tuckum aus hinter der feindlichen Frontlinie zu einem zwanzigstündigen Gewaltmarsch über 60 km an und konnte am folgenden Morgen im Handstreich die kurländische Hauptstadt einnehmen. Diese gegen jede taktische Planung durchgeführte Unternehmung war eine militärische Tollkühnheit, die ausschließlich von menschlichen Beweggründen diktiert und geleitet wurde. Zu Recht mußten die Balten befürchten, daß bei einem planmäßig vorgetragenen Angriff die Bolschewisten Zeit finden würden, um unter der deutschen Bevölkerung ein Blutbad anzurichten, wie dies anderswo geschehen war. Nur ein gänzlich überraschender Vorstoß konnte dieses verhindern, und so traten sie eben zu diesem übermenschlichen Marsch an.

Nichtsdestoweniger gelang es den Sowjets noch, 351 Gefangene, darunter viele Frauen, nach Riga abzutransportieren. Durch Schnee und Eis wurden sie die 42 km nach Riga getrieben, und 67 von ihnen wurden auf diesem Leidensweg von ihren Peinigern erschossen oder erschlagen, von den Vergewaltigungen erfuhren die baltendeutschen Männer erst später.

Um Mitau an der Aa-Linie zu sichern, stieß die Eiserne Division am 22. März 1919 bis zur Eckau vor und hatte hier harte Kämpfe gegen russische Panzerzüge zu bestehen. Das Freikorps „Lüneburg-Volck“ zerschlug bei diesen Kämpfen endgültig das deutsche Matrosen-Regiment „Karl Liebknecht“, doch wurde der Führer, der deutsche Schriftsteller und Abenteurer Oberleutnant Herbert Volck, schwer verwundet und kehrte nicht mehr zur Truppe zurück.

Verluste

Die Verluste der Eisernen Division vom 3. März bis 22. März 1919 betrugen 13 Offiziere und 159 Mann, davon ein Drittel an Gefallenen. Führer und Männer der seit knapp fünf Wochen bestehenden Division hatten sich hervorragend bewährt.

Zunehmende Unsicherheit im Hinterland

Wilhelm „Wilja“ Baron von Engelhardt (1862–1921) gilt als einer der Begründer der Baltischen Landeswehr; er gründete Ende 1918 eine Selbstschutztruppe, bildete Anfang 1919 die Kundschafter-Abteilung der Landeswehr, die ab Mitte Februar 1919 zur Kavallerie-Abteilung Engelhardt ausgebaut wurde. Seine Söhne Eugen (1899–1948) und Rudolf „Rudi“ Robert (1896–1991) kehrten vom Kriegsdienst und Studium in Deutschland zurück und kämpften an seiner Seite, während die beiden jungen Schwestern und Mutter Marie Thekla Felicie, geb. Baronesse von Engelhardt, aus dem Hause Alt-Born, in Sicherheit gebracht wurden. Diplom-Forstwirt Eugen, der später, nach der Enteignung, nun als Freiherr von Engelhardt galt und zu Ehren seines Vaters das Buch „Der Ritt nach Riga“, aber auch das vielbeachtete 1943 erschienene Werk „Weißruthenien, Volk und Land“.[4] Eugen wurde als Feldmeister (Leutnant) der Landeswehr angegeben, zuweilen aber auch als Rittmeister, Rudi, der älteste der fünf Kinder des Gutes Schönheyden, etwa 20 km südöstlich von Dünaburg, wird mindestens Leutnant gewesen sein. Eugen, der 1917 in Riga von der Schulbank aus als Kriegsfreiwilliger in das Deutsche Heer trat und bei einem Sonderstab diente, wurde 1931 NSDAP-Mitglied und 1934 aus Lettland ausgewiesen, danach Leiter des Instituts zum Studium der Judenfrage in Berlin, im zweiten Weltkrieg Forstschützer im besetzten Weißrußland. Rudi mußte bis 1917 in der Kaiserlich-Russischen Armee kämpfen, bis das Deutsche Heer Riga befreit hatte; ging zum Studium nach Berlin, trat dem Stahlhelm-Bund bei, wurde 1929 Mitglied beim NSKK und war später, nachdem er 1934 Hermann Göring kennengelernt und gemeinsam mit ihm in der Schorfheide gejagt hatte, NSKK-Führer, 1943 Offizier der Wehrmacht und nach dem Krieg wohlhabender Güterdirektor in Türnitz.

Während die Deutschen an der Bolschewistenfront unbedingt die Oberhand behielten, hatte sich in ihrem Rücken – wie schort lange befürchtet – ein regelrechter zweiter Kriegsschauplatz gebildet. Die von den Fronttruppen abgezweigten Streif- und Besatzungsabteilungen hatten weder die Räuberbanden noch die heimlichen und offenen Bolschewisten im Hinterland zu Paaren treiben oder wenigstens im Zaum halten können. Dazu kam die unklare Haltung der lettischen Zwangsmobilisierten, die nach einer Meldung der 1. Garde-Reserve-Division durch umherfahrende Straßenpanzerwagen „zum Kampf gegen die baltischen Barone“ einberufen wurden. Auch das Geschwader „Sachsenberg“ (darunter Gotthard Sachsenberg, sein Stellvertreter Eberhard Cranz und dessen jüngerer Bruder Carl Cranz sowie Theo Osterkamp, Josef Jacobs u. a.) meldete ähnliche Wahrnehmungen aus der Gegend von Rudbaren.

So war es möglich, daß am 17. April eine 50 bis 60 Mann starke Abteilung des Bataillons „Henke“, die ohne Sicherung von Grobin nach Durben marschierte, bei letztgenanntem Ort in ein regelrechtes Feuergefecht mit lettischem Militär verwickelt wurde. Bei diesem gab es auf beiden Seiten Tote und Verwundete. Schließlich wurde die deutsche Abteilung von der Führung nach Grobin zurückgenommen, um politische Weiterungen zu vermeiden. Tags darauf wurden lettische Ansammlungen in der Gegend von Frauenburg gemeldet, so daß die Fronttruppen wegen einer möglichen Rückenbedrohung gewarnt werden mußten.

Am 21. April meldete der Ortskommandant von Hasenpot, daß am 19. April 1919 in Rudbaren zwei Offiziere und drei Mann der Baltischen Landeswehr meuchlings erschlagen worden waren. Gleichzeitig wurden deutschgesinnte Besitzer festgenommen, Schloß Amboten geplündert und die Windau-Brücke bei Schrunden gesperrt.

Überall wurden Deutsche überfallen und ermordet, zum Teil trugen die Rot-Letten deutsche Uniformen, die sie den Erschlagenen abgenommen hatten. Die Wut, die Verzweiflung und der Haß der Landeswehr und der Freikorps wurden immer größer. So wurde am 29. April eine Gendarmeriepatrouille in der Tuckumer Gegend von einer Bande von etwa 30 Mann überfallen. Im Kreise Talsen waren mehrere Banden tätig, die einzelne Reiter, Fernsprechbautrupps und Landeseinwohner überfielen und Fernsprechleitungen zerstörten. In Plawen westlich des Angern-Sees fielen ihnen am 13. Mai sieben Mann der Abteilung „Hahn“ zum Opfer.

Wenn trotzdem der Gedanke an die Eroberung Rigas seit dem Erscheinen des VI. Reservekorps im Baltikum immer wieder auftauchte, so waren dafür nicht militärische, sondern allgemein menschliche und politische Gesichtspunkte maßgebend. Balten und Reichsdeutsche konnten den Gedanken nicht verwinden, daß in Riga Hunderte und Tausende von Volksgenossen der bestialischen Grausamkeit fanatisierter Bolschewisten und Letten preisgegeben waren. Immer wieder drangen Gerüchte und sichere Nachrichten von unerhörten Drangsalierungen und Massenerschießungen von Verwandten und Freunden der baltischen Kampfgenossen von Riga herüber. In einer Meldung an die Oberste Heeresleitung vom 20. April wurde die Zahl der in Riga Erschossenen auf 4.500 Männer und 2.500 Frauen angegeben.

Nach der Einnahme von Mitau war jedem klar, welches Schicksal die in der Hand der Bolschewisten befindlichen Gefangenen erwartete. Ein Versuch, den die Eiserne Division auf eigene Faust unternahm, dem Treiben der Roten in Riga durch Androhung von Vergeltungsmaßnahmen Einhalt zu gebieten, konnte nur bedingten Erfolg haben. Den Bolschewisten lag Rücksicht auf ihre in deutscher Gewalt befindlichen Gesinnungsgenossen fern. An die Stelle der mehr gefühlsmäßigen Regungen auf deutscher Seite traten bei den anderen Interessenten einer schnellen Wegnahme Rigas sehr nüchterne sachliche Erwägungen.

Brigade Kurland

Mit dem Abschluß des Feldzuges von Mitau waren aus militärischem Gebiet die organisatorischen Fragen wieder in den Vordergrund getreten. Die oberste Führung war bestrebt, das Mißverhältnis zwischen den großen Stäben und den geringen Truppenstärken zu beseitigen. Das Oberkommando Nord ordnete in diesem Sinne am 26. März 1919 eine vollkommene Neugliederung der ihm unterstehenden Truppen an. Nach dieser wurde von den auf dem kurländisch-litauischen Kriegsschauplatz tätigen Stäben und Truppen das Generalkommando z. b. V. 52 aufgelöst.

Die ihm unterstehenden Truppen wurden unter dem bisherigen Generalstabschef, Oberstleutnant Engelin/Engelien (Generalstabsoffizier: Hauptmann Crato), als Brigade „Schaulen“ zusammengefaßt mit Freiwilligen-Bataillon „Bülow“ (Major von Bülow; Adjutant: Joachim Engel), Detachement/Abteilung „Randow“ (Hauptmann von Randow) und Regiment „Hünicken“ (Major Emil Hünicken). Das Freikorps „von Brandis“ trat zum VI. Reservekorps über.

Bei diesem wurde aus der Eisernen Division und der Baltischen Landeswehr unter dem bisherigen Stabe von dem Hagen u. a. mit Georg von Küchler als Ia eine „Brigade Kurland" gebildet. Zunächst hatten allerdings die vorhandenen Verbände mit der Erhaltung ihres Bestandes alle Hände voll zu tun. Die Brigade Schaulen berichtete schon am zweiten Tage nach der Befehlsübernahme über die unbedingt notwendige Verstärkung an allen Waffen, insbesondere an Artillerie und Bahnschutztruppen.

Die 1. Garde-Reserve-Division meldete Anfang April 1919, daß die Gefechtsstärken durch Beurlaubungen und Entlassungen bedenklich heruntergegangen seien. Oberstleutnant Eberhard von dem Hagen fand im Laufe des Monats Juni 1919 eine andere Verwendung in der Heimat.

Baltische Landeswehr, Mai 1919.jpg

Stärke der Landeswehr im Mai 1919

Im Mai 1919 war die Stärke der Baltischen Landeswehr auf ca. 6.000 Mann, 2.000 Pferde, 17 Geschütze und 156 Maschinengewehre angewachsen. Die Bolschewisten hatten dagegen 10.000 bis 14.000 Mann, zwei schwere und eine Haubitzbatterie, einen Panzerzug und zwei Panzerkraftwagen. Kern der Landeswehr war die Reiterei, unterteilt in drei Abteilungen (die Namen für die einstigen Selbstschutzformationen stammen vom Oberstab der Landeswehr, der im Februar 1919 die Bezeichnungen festgelegt hat):

  • Kavallerie-Abteilung „Engelhardt“ (kaiserlich-russischer Oberst a. D. Wilhelm Baron von Engelhardt, Major der Landeswehr)
  • Kavallerie-Abteilung „Drachenfels“ (kaiserlich-russischer Oberstleutnant a. D. Walter Baron von Drachenfels, Rittmeister der Landeswehr)
  • Kavallerie-Abteilung „Pappenheim“
  • Kavallerie-Abteilung „Halm“
  • Lettische Kavallerie-Abteilung
  • Russische Kavallerie-Abteilung

Im Vergleich erreichte die Eiserne Division im Laufe des Mai 1919 die kriegsgliederungsmäßige Stärke einer Division durch Umbildung der bestehenden Formationen und durch Hinzutritt des Detachements „Poensgen“ (früher Freiwilligen-Bataillon „Poensgen“, seit Mai 1919 im Baltenland). Ein nicht ganz erwünschter Zuwachs war der allmähliche Ausbau des Letten-Bataillons „Ballod“ zur „1. Lettischen Brigade“. Die Verpflegungsstärke der 1. Garde-Reserve-Division stieg auf fast 32.000 Mann. Der Stab dieser Division war auch weiterhin mit besonderem Erfolg bemüht, den inneren Wert der Truppe durch systematische Aufklärung zu heben, indem man ihr immer wieder Zweck und Ziel ihrer Anwesenheit im Baltikum klarlegte. Auch der Siedlungsgedanke wurde damals volkstümlich gemacht. Die Stimmung der Truppe wurde als „im allgemeinen gut“ bezeichnet. Jedenfalls war ein guter Stamm vorhanden, der von der Wichtigkeit der Aufgabe der Bekämpfung des Bolschewismus durchdrungen war und vor allem in einem festen Vertrauensverhältnis zu dem Divisionsführer stand.

Ruhe vor dem Sturm

Letzte Befehlsausgabe

Trotz aller militärischen Erfolge ist nicht zu verkennen, daß die Baltikumer an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angelangt waren. Die Eiserne Division, zum Beispiel, meldete am 5. April 1919:

„Die Mannschaften tragen ihre Wäsche seit mehreren Wochen und können diese weder wechseln noch waschen, da sie über keine zweiten Hemden verfügen, ist leider die Läuseplage außerordentlich groß. Mit Schuhbekleidung und Ausrüstung von Mänteln verhält es sich ähnlich. Trotz dringender Anforderungen und Vorstellungen bei den vorgesetzten Dienststellen ist eine Besserung nicht zu erreichen.“

Die Freiwilligen bedurften unbedingt der Ruhe, die Division einer umfassenden Auffrischung und Neugliederung. Zwei Ereignisse führten die notwendige Ruhepause an der Eckau herbei. Im Südabschnitt trat die 1. Garde-Reserve-Division zum Vormarsch an, und am 23. März 1919 erstürmten die Freikorps des Hauptmanns Cordt von Brandis und des Majors Graf Yorck von Wartenburg die Stadt Bauske. Am 10. April 1919 sprengte das einsetzende Tauwetter die Eisdecke auf Aa und Eckau, und somit mußten die Sowjets hier alle Angriffsunternehmen einstellen.

Major Bischoff und sein Stab nutzten nun die Zeit zur Neuformierung der Division und zur verstärkten Gefechtsausbildung der Truppe. Die von den Werbestellen in Deutschland in Marsch gesetzten Freiwilligen wurden den Bataillonen zugeführt, und die neu im Baltenland eintreffenden Einheiten, z. B. das Detachement des Hauptmanns Poensgen, bestehend aus zwei Infanterie-Bataillonen, einer MG-Abteilung und zwei Eskadrons Kavallerie, wurden jetzt eingegliedert. Der zeitweilig der Division unterstellte baltische Stoßtrupp unter Hans Baron von Manteuffel trat jetzt zur Landeswehr zurück. Aus den doch sehr unterschiedlichen Einheiten der Division wurden echte taktische Verbände gebildet.

Befreiung von Riga

Ansichtskarte von Alt-Riga: „Der Schlossplatz, vorn die Brücke zur Zitadelle um 1860“.

Zusammenfassung

Artillerie der Batterie „Medem“ vor Riga

Am 22. Mai 1919 gelang den Baltikumskämpfern die Befreiung Rigas. Die provisorische Reichsregierung in Berlin verbot zwar ein Vorgehen über die erreichte Linie und befahl den Abzug der kampfstärksten Einheit, der 1. Garde-Reserve-Division. Noch bevor diese Division verladen war, wurde das Unternehmen auf Riga auf eigenen Entschluß des Korps durchgeführt. Am 22. Mai gelang ein Handstreich der Landeswehr auf Riga, geführt von der Elite der Stoßtruppe unter Hans Baron von Manteuffel. Reichsdeutsche Verbände hielten die rechte Flanke bei Bauske gegen einen Umfassungsversuch. Am Ende der Schlacht waren große Teile der sowjetlettischen Armee aufgerieben, die selbsternannte bolschewistische Regierung der „Lettischen Sowjetrepublik“ flüchtete nach Dünaburg.

In Riga, wo bereits eine Hungersnot drohte, wurden etwa 18.000 politische Gefangene befreit. VS-amerikanische Schiffe brachten Lebensmittel in die Stadt. Durch den schnellen Vormarsch konnten viele Rotarmisten und Sowjetfunktionäre die Stadt nicht mehr rechtzeitig verlassen und versteckten sich feige unter der Zivilbevölkerung.

Vorbereitung

Das erklärte Kampfziel der Balten war von Beginn an die vollständige Befreiung des Landes vom bolschewistischen Regime und die Sicherung des eigenen Besitzes. Die reichsdeutschen Freiwilligen waren ursprünglich zur Sicherung des Rückmarsches der 8. Armee und zum Schutze der Grenze angetreten. Der Siedlungsgedanke und die in harten Kämpfen geschlossene Waffenbrüderschaft mit den Balten lenkte das Denken der reichsdeutschen Soldaten nun ebenfalls in die Bahn einer endgültigen Befreiung und Befriedung des Landes. Symbol für diesen Kampf war die alte deutsche Hansestadt Riga.

Am 17. Mai 1919 wurde dem Stab der Eisernen Division von Major Fletcher, dem Kommandeur der Baltischen Landeswehr, mitgeteilt, daß er vom AOK Nord die Zusage erhalten habe, daß sich die Eiserne Division dem geplanten Angriff auf Riga anschließen dürfe. Dagegen lag bei Major Bischoff eine Anordnung der Reichsregierung in Berlin vom 10. Mai 1919, wonach alle reichsdeutschen Truppenteile in ihren derzeitigen Stellungen zu verbleiben hätten. Einen Tag später klärte es sich auf, der Ia des VI. Reserve-Korps, Hauptmann von Jagow, übermittelt der Eisernen Division mündlich den Befehl des Generalmajors Graf von der Goltz, am 22. Mai 1919 zum Angriff auf Riga anzutreten, und zwar zur Unterstützung der Landeswehr.

Ein Flankenangriff auf Riga durch Forcierung der Düna bei Jakobstadt, wie im September 1917, war nicht möglich, weil bereits Teile der 1. Garde-Reserve-Division nach Westpreußen abtransportiert wurden. So blieb nur der Frontalangriff auf die Stadt. Das Gelände barg für den Angreifer erhebliche Schwierigkeiten, der unwegsame Tirulsumpf deckte Riga nach Westen, und so waren die Truppen der Eisernen Division auf die Chaussee und Bahnlinie Mitau–Riga angewiesen, deren Engen leicht verteidigt werden konnten. Nach Abstellung von Sicherungseinheiten für Mitau und den rechten Flügel an der Eckau stellte sich die Eiserne Division mit rund 2.800 Mann zum Angriff bereit. Es wurden vier Sturmkolonnen gebildet:

Stoßtruppen-Kommandeur Hans Joachim Paul Adolph Baron von Manteuffel genannt Szöge, der „Befreier von Riga“, gefallen am 22. Mai 1919
  • 1. Kolonne: Hauptmann von Liebermann mit I. Bataillon/2. Kurländisches Infanterie-Regiment
  • 2. Kolonne: Major von Kleist mit II. und III./2. Kurländisches Infanterie-Regiment
  • 3. Kolonne: Hauptmann von Poensgen mit dem 3. Kurländischen Infanterie-Regiment
  • 4. Kolonne: Major von Lossow mit dem 1. Kurländischen Infanterie-Regiment
  • Divisionsreserve: Major Graf Kanitz mit Kurländisches Kavallerie-Regiment, Pionier-Bataillon, MG-Scharfschützen-Abteilung „von Petersdorff“ und Panzerkampfwagen-Abteilung.

Im Norden bei Kalnzem schloß die Baltische Landeswehr an den linken Flügel der Division, sie war durch reichsdeutsche Detachements verstärkt und trat mit 2.500 Mann auf Riga an.

Sturm auf Riga

Am 22. Mai 1919 morgens um 1.30 Uhr begann der Angriff. Liebermann nahm den Bahnhof Garosen, von Kleist stieß auf Olai vor, und Lossow nahm Zenhof in Besitz. Der feindliche Widerstand war erstaunlich gering, es wurden Olai und Tilten erstürmt und die Misse in stürmischem Vorgehen überschritten. Major Bischoff meinte:

„Es ist als ob das Wort Riga alle Müdigkeit verscheucht!“

Eine Fliegermeldung unterrichtete den Stab: Keine gegnerischen Truppenkonzentrationen vor Riga. Um eine Versammlung sowjetischer Verbände an der Ostflanke der Eisernen Division zu verhindern, drehte Major Bischoff das Kavallerie-Regimet auf Baldon und das 2. Infanterie-Regiment sowie das Jäger-Bataillon auf Keckau ab, alle übrigen Verbände gingen weiter direkt auf Riga vor. Da schlug eine weitere Fliegermeldung beim Stab der Eisernen Division wie eine Bombe ein:

„Landeswehr im Kampf an der Straßenbrücke in Riga!“

Die Baltische Landeswehr, verstärkt durch die reichsdeutschen Abteilungen „Graf zu Eulenburg“ und „Freiherr von Medem“, warfen im ersten Anlauf die Sowjetrussen bei Kalnzem und öffneten damit den Weg nach Riga am Südufer des Babbitsees. Südlich der Straße verlief ein Bohlenweg durch den Tirulsumpf über Dsilne nach Riga. Dieser Weg aber war die kürzeste Verbindung zur heimlichen Hauptstadt des Baltenlandes. Auf Drängen der baltischen Stoßtruppe des Leutnants Baron von Manteuffel sammelte Hauptmann von Medem 120 Reiter, vier MGs und vier Feldgeschütze und kämpfte sich damit die 15 km nach Dsilne frei. Von dort wurden, ohne Widerstand vorzufinden, die restlichen 16 km im Galopp zurückgelegt, und um 11.30 Uhr setzte dieses Häuflein balten- und reichsdeutscher Freiwilliger zum Angriff auf die Rigaer „Lübeck-Brücke“ an.

Während ein Teil der Kämpfer die Westauffahrt zur Lübecker Brücke sicherte, jagten Baron von Manteuffel, Hauptmann von Medem und der Leutnant d. R. Albert Leo Schlageter mit zwei MGs und einem Geschütz über die Brücke und bildeten am Ostufer der Düna den ersten Brückenkopf.

„Der Führer der 1. Stoßtrupp-Schwadron, Leutnant Olbrich, fällt. Also abgeprotzt und Gewehre frei. Es gelingt, für Augenblicke das feindliche Feuer zum Schweigen zu bringen und einen kleinen Brückenkopf auf dem östlichen Ufer zu bilden. Um 12 Uhr war die Brücke sicher in deutscher Hand. Kaum ist dies der Fall, da eilen Hauptmann von Medem und der Stoßtruppführer Hans von Manteuffel mit einem Geschütz und wenigen Leuten durch die Altstadt nach der Zitadelle, wo die Masse der baltischen Gefangenen schmachtet. Kurz vor Erreichung des Ziels trifft ein Schuß den Baron von Manteuffel; er ist im Augenblick des Sieges sofort tot. Aber das Befreiungswerk hat Erfolg. Mit Beil und Handgranaten werden die Türen gesprengt. Die Bolschewisten fliehen.“

Mit 12 Freiwilligen kämpften sich die drei Führer zur Zitadelle durch, um dort die Gefangenen zu befreien. Und hier fiel am 22. Mai der Führer der baltischen Stoßtruppe, Hans Baron von Manteuffel, es fielen auch der 35jährige Michael Hermann Graf von Reutern Baron von Nolcken und Leutnant Olbrich; der Führer des weißrussischen Freikorps, Rittmeister Fürst Lieven, wurde schwer verwundet. Noch im Angesicht der Befreiung wurden in der Zitadelle acht deutsche Pastoren erschossen, und im Zentralgefängnis in der Alexanderstraße erschossen sowjetische Kommissare noch 23 Männer und 10 Frauen.

Zu dem Handstreich der Balten- und Reichsdeutschen sagte Bischoff später:

„Die Geschichte verzeichnet wenige Taten von solcher Kühnheit und solchem Opfermut!“

Sofort nach Auswertung der Fliegermeldung stand Bischoffs Entschluß fest, alles, was reiten und fahren konnte, so schnell wie möglich nach Riga zu werfen. Wieder wurden alle verfügbaren Kraftfahrzeuge bemannt, die Schützen der MG-Scharfschützen-Abteilung „von Petersdorff“ saßen auf, und an der Spitze dieser kleinen Stoßtruppe brauste Bischoff los, zerschlug in Thorsenberg den gegnerischen Widerstand und stürmte um 14.30 Uhr die Eisenbahnbrücke über die Düna. Kurz darauf war Riga frei.

Tagesbefehl vom Oberstab der Baltischen Landeswehr
Hauptmann Malmede, II. Deutsch-Baltisches Kampfbataillon.jpg
III. Deutsch-Baltisches Bataillon.jpg

Vollständiger Sieg

Offensichtlich hatte die sowjetische Führung nicht mehr mit einem überraschenden Vorstoß auf Riga gerechnet, aber die Antwort blieb nicht aus. Der russische Großangriff begann noch am 22. Mai 1919, und nur unter schwersten Verlusten gelang es dem Freikorps „von Brandis“ und Graf Yorck, die Stellungen um Bauske zu halten. Am 23. Mai 1919 standen die meisten Einheiten der Eisernen Division auf dem östlichen Dünaufer, die Landeswehr war nordostwärts Riga bis zur Livländischen Aa vorgestoßen und hatte die Fühlung mit dem Gegner verloren.

Am 28. Mai 1919 wurde bei Uexküll das sowjetrussische 24. Schützen-Regiment zerschlagen, und am 31. Mai besetzte die Eiserne Division Friedrichstadt. Die restlichen Sowjetverbände in diesem Frontabschnitt gingen hinter die Ewst-Linie zurück, d. h. bis hinter die alte russische Grenze, und gaben damit vorläufig den Kampf um die Ostseeprovinzen auf.

Schlacht um Wenden

Hauptmann Malmede, Führer des Freiwilligen-Bataillons „Malmede“ (II. Deutsch-Baltisches Kampf-Bataillon) der Baltischen Landeswehr: „In Libau hatte sich durch den Zuzug von weiteren Freiwilligen das Baltische Kampfbataillon unter der Führung von Hauptmann Malmede gebildet. Die Stoßtruppe war auf dem gleichen Wege angewachsen und zählte jetzt 484 Mann. Ihre Angehörigen trugen ein blaues Band um ihre Mützen und wurden vom Gegner respektvoll die ‚blauen Teufel‘ genannt.“ Bei Malmede, der militärhistorisch stets ohne Vornamen geführt wird, könnte es sich um Hans Malmede (Lebensrune.png 27. Juni 1886 in Kappeln an der Schlei) handeln, der nach seinem Dienst als Einjährig-Freiwilliger 1914 als Leutnant der Reserve im Infanterie-Regiment „Lübeck“ (3. Hanseatisches) Nr. 162 mobilisiert wurde, 1917 als Oberleutnant der Reserve schwer verwundet wurde und 1919 als Hauptmann der Reserve in Kurland diente.</ref>

Auch die Baltische Landeswehr war gemäß ihrer Befehle weiter vorgegangen, stieß aber bei der altlivländischen Ordensburg Wenden auf estnische Truppen sowie auf zwei lettische Regimenter unter Oberst Semitan, die den Vormarsch der Balten blockierten, wobei es zu vereinzelten Gefechten kam. Die von England sehr gut ausgerüsteten estnisch-lettischen Verbände waren der Landeswehr weit überlegen, und so entschloß sich das General-Kommando VI, entgegen aller Warnungen Major Bischoffs, den Balten weitere reichsdeutsche Einheiten zuzuführen. So traten von der 1. Garde-Reserve-Division das Badische Sturmbataillon und von der Eisernen Division die MG-Scharfschützen-Abteilung „von Petersdorff“ unter das Kommando der Landeswehr.

„In Wenden hatten die Kavallerieabteilung Drachenfels und die Maschinengewehrabteilung Khaynach zur Verfügung des Führers zu bleiben. Der Stoßtrupp (Balten-Regiment 1) sollte in Riga die Ordnung aufrechterhalten. Als Vormarschwege waren zugewiesen der Gruppe Böckelmann: Kunsing—Kaupen—Ronneburg—Baiding—Stürzenhof—Neusackenhof, der Gruppe Jena: die große Straße Wenden—Wolmar. Die mittlere Gruppe (Malmede) hatte sich ihren Weg zwischen den beiden Flügelkolonnen selbst zu suchen. Nach Erreichung von Neusackenhof sollte die Abteilung Malmede, über Sezenek umfassend, Wolmar, die Abteilung Böckelmann unter Voraussendung einer fliegenden Abteilung über Trikaten Egle gewinnen und die Bahn Walk—Wolmar unterbrechen. Der Angriff sollte erfolgen, sobald die Kolonne Kleist bis drei Kilometer südwestlich Lenzenhof gelangt war, und zwar zeitlich gestaffelt vom rechten Flügel aus. Die Gruppe Jena hatte durch breite Entfaltung einen starken Angriff in der Front vorzutäuschen. Bei einem Gelingen der eingeleiteten Operationen wäre somit eine beiderseitige Umfassung der Esten entstanden, die zu einer schweren Niederlage des Gegners hätte führen können. Da die Voraussetzung für den Angriff, das Eintreffen der Eisernen Division südwestlich Lenzenhof am 20., nicht eintrat, unterblieb der Angriff der Landeswehr an diesem Tage. Er wurde aber mit Rücksicht aus die weite Umfassung über Ronneburg für den Morgen des 21. von dem Oberkommando trotz der Einwendungen des Führers der Landeswehr befohlen. Da die Eiserne Division um diese Zeit unmöglich bereits nordwestlich von Wenden eingreifen konnte, fielen die Angriffe der beiden Verbände zeitlich und räumlich auseinander. Jede von beiden Gruppen mußte siegen, wenn nicht die ganze Operation scheitern sollte.“[5]

Am 19. Juni 1919 erhielt Bischoff den Befehl, mit einem Detachement von fünf Bataillonen den Angriff der Landeswehr auf Wenden zu unterstützen. Bischoffs Bitte, die Division geschlossen einzusetzen, wurde abgelehnt. Schon am folgenden Tag trat die Baltische Landeswehr mit drei Kolonnen (später laut Armeepaßeinträge auch als „Deutsch-Baltische Kampfbataillonen“ geführt) zur Offensive an. Diese Bataillone wurden von reichsdeutschen Offizieren geführt:

  • 1. Kolonne: Major Böckelmann
  • 2. Kolonne: Hauptmann Malmede
    • ab 11. Juli 1919 Kommandeur Major Barth; aus dem Bataillon wurde nach der Befreiung von Riga ein Regiment
  • 3. Kolonne: Rittmeister von Jena
    • Führer ab April 1919, zuvor ab Februar 1919 Rittmeister Karl Ludwig Arthur Botho-Wendt Graf zu Eulenburg, ab dem 7. Juli 1919, als die Reichsdeutschen aus der Baltischen Landeswehr ausschieden, übernahm der baltendeutsche Major Karl Baron von Hahn.

Die 1. Kampfgruppe der Eisernen Division unter Major von Kleist überschritt am 21. Juni 1919 bei Hinzberg die Livländische Aa, die 2. Kampfgruppe unter Hauptmann von Blankenburg ging auf Lemsal vor. Gegen heftigen estnisch-lettischen Widerstand erstürmte von Kleist die Ortschaft Gr. Roop, die Nordgruppe ging jedoch dicht vor Lemsal zurück, als der Führer fiel. Der Gegner griff nun massiert bei Gr. Roop an und verstrickte die Kampfgruppe „von Kleist“ in einen verlustreichen Abwehrkampf. Major Bischoff, inzwischen bei der Kampfgruppe (KGr.) Kleist eingetroffen, erhielt über Funk die Meldung, daß die Baltische Landeswehr bei Wenden geschlagen wurde und daß die von seinem 2. Generalstabsoffizier Hauptmann i. G. Heinz Guderian aus Riga selbständig in Marsch gesetzten Verstärkungen auf Befehl des General-Kommandos VI. nicht der Eisernen Division, sondern den Balten zugeführt wurden. Unter diesem Aspekt brach Bischoff das Gefecht bei Gr. Roop ab und gab den Befehl zur Rücknahme der Front an die Aa.

Die Aufgabe von Riga

„Die Unterzeichnung des Friedensdiktates von Versailles am 28.06.1919 – in dessen Paragraphen 292 und 293 die Räumung des Baltikums von deutschen Truppen festgelegt ist – beschleunigt den verhängnisvollen Gang der Ereignisse. Am 01.07.1919 erscheint vor Dünamünde ein englischer Flottenverband unter estnischer Flagge und beginnt mit der Beschießung Rigas. Die ‚Baltische Landeswehr‘ gibt das Rigaer Wasserwerk auf, das sofort von lettischen Truppen besetzt und stillgelegt wird. Unter dem Eindruck der Beschießung von See her bilden sich in der Stadt lettische und bolschewistische Banden, die Sabotageakte durchführen und einzelne deutsche Soldaten ermorden; nur dem entschlossenen Durchgreifen des Stadtkommandanten, Major Sixt v. Arnim – bisher Artillerieführer der ‚Eisernen Division‘ ist es zu danken, dass es zu keinen größeren Unruhen kommt. Da durch den Schiffsbeschuss die Lage im nördlichen Frontabschnitt kritisch wird, außerdem zu befürchten ist, dass die Dünabrücken zerstört werden, gibt Graf v. der Goltz am 02.07.1919 den Befehl zur Räumung der Stadt Riga. In der Nacht vom 02./03.07.1919 geht die »Eiserne Division« auf das Westufer der Düna zurück, den Abtransport der Verwundeten und des Kriegsmaterials deckt das Jäger-Bataillon, welches dann am 04.07.1919 als letzte deutsche Truppe Riga verlässt.
Unter dem Druck der Entente schließt die national-lettische Regierung einen Waffenstillstand mit den Esten und den revolutionären lettischen Truppen. Hierin wird festgelegt, dass auch die westlichen Vorstädte Rigas – Hagensberg und Thorensberg – geräumt werden müssen. Somit ist auch die Dünalinie nicht mehr zu halten und das Gen.Kdo. befiehlt für alle deutschen Verbände die Rückverlegung in die einstigen Stellungen um Mitau. Befehlsgemäß verlässt die ‚Eiserne Division‘ am 26.07.1919 die Stellungen an der Düna, und die Freiwilligen sehen sich plötzlich in den Ausgangsstellungen vom 22.05.1919 wieder – ohne den Zusammenhang der Geschehnisse zu begreifen. Auch für die baltischen Waffengefährten vollziehen sich nun einschneidende Veränderungen. Auf Druck Englands tritt die Regierung des Niedra zurück und Ulmanis übernimmt erneut das Amt des lettischen Ministerpräsidenten. Die ‚Baltische Landeswehr‘ wird am 26.07.1919 dem Befehl des englischen Obersten Alexander unterstellt und bezieht Stellungen nordöstlich von Riga zum Schutz der lettischen Grenze. Die der Landeswehr unterstellten deutschen Einheiten werden herausgelöst, der Kommandeur Major Alfred Fletcher und seine reichsdeutschen Mitarbeiter entlassen, und das weiß-russische Korps des Fürsten Lieven nach Estland abtransportiert und dort dem Kommando des russischen Generals Judenitsch unterstellt.“

Am 5. Oktober 1919 erklärte Fürst Awaloff-Bermondt, der nun über 15.000 russische und 40.000 deutsche Soldaten verfügte, das gesamte lettische Staatsgebiet zur Operationsbasis der russischen Westarmee und rief Letten und Litauer zum gemeinsamen Kampf gegen den Bolschewismus auf. Während die Litauer bereit waren, gegen Garantie ihrer Selbständigkeit am Kampf teilzunehmen, lehnte die Regierung Ulmanis jede Beteiligung Lettlands ab. Im Gegenteil, die lettische Regierung, die bereits am 24. September 1919 Friedensverhandlungen mit Moskau aufgenommen hatte, zog bei Riga Truppen in Stärke von 15.000 Mann zusammen und bedrohte damit die linke Flanke der zum Angriff auf Dünaburg bereitstehenden russischen Westarmee. Erste lettische Angriffe erfolgten gegen die Stellungen der Eisernen Division am 6. und 7. Oktober 1919.

Verlust des Baltenlandes

Während dieser Kämpfe machte sich schon ein empfindlicher Mangel an Munition, Gerät sowie Sanitätsmaterial bemerkbar, denn am 10. Oktober 1919 hatte die Berliner Regierung die Grenzsperre verschärft, und es kam praktisch kein Nachschub aus Deutschland mehr ins Baltenland.

Am 19. Oktober 1919 wurden Bischoffs Befürchtungen bittere Wahrheit: Ein englischer Flottenverband der Royal Navy mit neun Kriegsschiffen unter lettischer Flagge und dem Befehl des britischen Admirals Cowan erschien in der Dünamündung, eröffnete das Feuer auf Bolderaa und Dünamünde, so daß jetzt die angreifende rot-lettische Infanterie Dünamünde einnehmen konnte. Zur gleichen Zeit beschossen englische Kriegsschiffe bei Libau die Stellungen des Freikorps „von Plehwe“, dessen Kompanien bereits einen Teil der Stadt eingenommen hatten.

Unter dem Schutz der britischen Schiffsartillerie verstärkten die Letten an der gesamten Dünafront ihre Angriffe, und auch im Südabschnitt griffen jetzt plötzlich sowjetrussische und litauische Regimenter die Stellungen der Deutschen Legion an. So fiel am 20. Oktober 1919 bei Friedrichsstadt Rittmeister Ernst Waldemar von Jena. Die Hauptstadt Livlands, Riga, und Kurland waren verloren.

Auch die Rückzugskämpfe waren blutig und verlustreich. Bei Zoden fiel noch am 16. November 1919 der Führer der Deutschen Legion, der Kapitän zur See z. D. Paul Siewert, das Kommando als Legionskommandeur übernahm am 23. November Major Wilfried von Loewenfeld. Während die Verwundeten und zahlreiche baltische und deutsche Flüchtlinge per Bahn abtransportiert wurden, gingen Eiserne Division und Deutsche Legion in drei Marschkolonnen auf die ostpreußische Grenze zurück. Zur Sicherung der Bahntransporte traten am 3. Dezember 1919 das Jäger-Bataillon sowie 2. und 3. Kurländisches Infanterie-Regiment zu einem Entlastungsangriff bei Okmjany an, welcher die lettischen Regimenter weit zurückwarf.

Am 12. Dezember 1919 überschritt der Stab der Eisernen Division bei Memel die Reichsgrenze, die Nachhut der Eisernen Division traf am 25. Dezember dort ein, und die letzten Einheiten der Deutschen Legion betraten in der Neujahrsnacht 1919/20 deutsches Reichsgebiet.

Ende des Baltenkampfes

Der Verrat

Ehrenmal der Baltischen Landeswehr für die Schlacht bei Hinzenberg am 31. Dezember 1918, im 21. Jahrhundert nach Zerstörung durch die Sowjetrussen wiedererrichtet

Das Deutsche Reich sah die Aufgabe der Baltikumer erfüllt – die bolschewistischen Truppen waren weit von der Reichsgrenze abgedrängt worden. Das Reich konnte es sich angesichts der Versailler Friedensverhandlungen auch nicht leisten, offen gegen den Willen der Westalliierten zu agieren. Letztere hatten den Kampf deutscher Einheiten gegen die Bolschewisten befürwortet, waren aber an einem stärkeren Einfluß Deutschlands im Baltikum und an der Wiederherstellung deutschbaltischer Privilegien nicht interessiert. Da Sowjetrußland nun seine Ansprüche auf das Baltikum erst einmal aufgab, gab es in den Augen der Alliierten keinen Grund mehr für eine deutsche militärische Präsenz in der Region. Die Westmächte drohten Deutschland schließlich sogar mit einer erneuten Hungerblockade, sollten die deutschen Verbände das Baltikum nicht verlassen. Der Reichsregierung blieb so nichts anderes übrig, als ihr Engagement zu beenden.

Ehrenkreuz für die Frontkämpfer des Baltenregiments, gestiftet im November 1938 vom ehemaligen Kommandeur Oberst von Weiß im November 1938 anläßlich des 20. Jahrestages der Gründung des Baltenregiments in Reval gestiftet. Verliehen wurde es an Offiziere und Soldaten, die mindestens drei Monate der kämpfenden Truppe angehörten und unter Feuer standen. Verliehen wurde das Kreuz mit einer Verleihungsurkunde mit Verleihungsnummer.
„Der Siedlungsgedanke war einer der maßgebenden Beweggründe für viele Soldaten, sich freiwillig für den Kampf an der Kurlandfront zu melden. Bereits im November 1918 verhandelten der ‚Baltische Nationalausschuß‘ und die OHL über Anwerbung deutscher Freiwilliger zum Schutz des Baltenlandes gegen das sowjetische Rußland. Die Grundbesitzer Kurlands und Livlands unter Führung des Barons v. Manteuffel-Katzdangen wollten ein Drittel ihres Bodens, d. h. ca. 1.000.000 Morgen Land, für Siedlungszwecke zur Verfügung stellen. Jeder deutsche Freiwillige soll 80 Morgen Siedlungsland erhalten, wenn er sich bereit erklärt, mindestens 6 Monate Waffendienst zu leisten. Auch die provisorische Regierung Lettlands des Ministerpräsidenten Ulmanis wendet sich an die Reichsregierung bezüglich Waffenhilfe gegen die Russen. Am 18. Dezember 1918 wird zwischen dem deutschen Reichskommissar für das Baltenland, August Winnig, und der lettischen Regierung ein Siedlungsvertrag abgeschlossen. Danach erhalten alle deutschen Soldaten, die den Schutz des Landes übernehmen, nach Abschluß der Kampfhandlungen die lettische Staatsbürgerschaft und das von den Balten zugesagte Siedlungsland. Dieser Vertrag wird am 29. Dezember 1918 vom lettischen Ministerpräsidenten ratifiziert. Der Siedlungsgedanke findet ganz besonders bei den Freiwilligen der ‚Eisernen Division‘ ein Echo und ist ein entscheidender Faktor für den Einsatz und die Erfolge dieser Truppe.“[6]

Die baltendeutsche Kämpfer fühlten sich von der Reichsregierung in Berlin im Stich gelassen, während die reichsdeutschen Freikorpskämpfer von der lettischen Regierung verraten wurden, da weder die versprochene Staatsbürgerschaft noch das versprochene Siedlungsland, das von den deutschbaltischen Gutsbesitzern zur Verfügung gestellt werden sollte, genehmigt wurde. Statt dessen erklärten die Letten ihre Unabhängigkeit, zwangen die Freikorps mit Hilfe der Alliierten, das Land zu verlassen und enteigneten als Dank für Jahrhunderte der Aufopferung und Treue den baltendeutschen Adel.

Auflösung

Nach der Schlacht bei Wenden gegen die Esten und dem Waffenstillstandsvertrag von Strasdenhof vom 3. Juli 1919 wurde bestimmt, daß die Landeswehr dem Lettischen Oberkommando unterstellt wird. Die freiwilligen Reichsdeutschen mußten den Verband verlassen. Ebenfalls verließen die lettische Brigade, Oberst Balodis und die Abteilung „Lieven“ die Baltische Landeswehr.

Am 1. April 1920 wurde die Baltische Landeswehr zum lettländischen 13. Tuckumschen Infanterie-Regiment mit deutscher Kommandosprache umformiert. Sie hörte damit auf zu bestehen.

Baltenregiment (Livland)

Mit Einverständnis der provisorischen estnischen Regierung vom 26. November 1918 wurde das Baltenregiment aufgestellt. Es bestand aus freiwilligen baltischen Deutschen Estlands und Nordlivlands (mindestens 300 Mann) innerhalb der estnischen Armee bis September 1920 und wurde im Freiheitskrieg an der Nordfront eingesetzt. Kommandeur war Oberst Constantin von Weiß (1877–1959).

„Die Truppen wurden in Rakvere rekrutiert und waren noch Bestandteil des 5. estnischen Regiments. Nach ersten Kämpfen und Rückzug ins Gebiet von Imavere, schloss sich die Einheit am 29. Dezember mit einer weiteren deutsch-baltischen Einheit unter Rittmeister Viktor von der Mühlen zusammen. Die vereinigten Truppen von ca. 450 Mann trugen nun den Namen Baltenregiment. Im Jahr 1919 stieg die Truppenstärke auf ca. 800 Mann an. Im weiteren Verlauf des Krieges kämpfte das Regiment am Fluss Narva, der Stadt Gdow und der Offensive im Oktober 1919 mit Marsch auf St. Petersburg. Der größte Teil des Regiments verblieb im Raum Jamburg. Nach dem Friedensschluss am 2. Februar 1920 in Tartu wurde das Regiment zur Küstensicherung in Nordestland eingesetzt, bevor es im Juli 1920 nach Rakvere zurückkehrte und im August mit der Auflösung des Regiments begonnen wurde. Oberst Constantin von Weiß diente danach weiter in der Armee der Republik Estland. 1945 floh er nach Holstein.“[7]

Literatur

Verweise

Fußnoten

  1. Meyers Lexikon, Band 1, Bibliographisches Institut AG., Leipzig, 8. Auflage 1936
  2. Erbherr auf Willkühnen im Kreise Samland in Ostpreußen, Rechtsritter des Johanniter-Ordens, Offizier der Preußischen Armee (Garde-Jäger-Bataillon) und des Deutschen Heeres, Mitglied der SS (SS-Nr. 293.749) beim Stab/SS-Oberabschnitt Nordost, Vater von Leutnant Heinrich Burggraf und Graf zu Dohna-Schlobitten, gefallen beim Westfeldzug 1940 am 20. Mai.
  3. Hier ergab sich eine Gruppe von 100 deutschen Soldaten den einrückenden Russen und wurde trotz weißer und roter Fahnen bis auf den letzten Mann erschlagen. Am 8. Februar 1919 ließ Major Bischoff endlich einige Verbände offensiv vorgehen: Das Jäger-Bataillon, die Pionier-Kompanie und das Freikorps „Lüneburg“ erstürmten den wichtigen Eisenbahnknotenpunkt Murajewo. Nach Zerschlagung eines sowjetrussischen Regiments und Bergung umfangreichen Kriegsmaterials setzte sich die Kampfgruppe befehlsgemäß ab. Das taktische Ergebnis dieses Vorstoßes war die Erkenntnis, daß gegen Murajewo nur ein von Norden her geführter Umfassungsangriff Aussicht auf Erfolg haben konnte.
  4. Eugen von Engelhardt: Weißruthenien, Volk und Land (1943) – Fragmente
  5. Die Kämpfe im Baltikum nach der zweiten Einnahme von Riga, S. 21
  6. Freiwillige Truppen im Baltikum uvm. Verweis defekt, gelöscht oder zensiert!
  7. Ehrenkreuz für Frontkämpfer des Baltenregiments
  8. Herausgeber: Forschungsanstalt für Kriegs-und Heeresgeschichte im Auftrag des Reichskriegsministeriums
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