Adel

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Ausschnitt des ReiterstandbildsBamberger Reiter“: Ein Bildnis und Sinnbild allgemeinen nordisch-menschlichen Adels. Die im Hochmittelalter geschaffene Skulptur symbolisiert deutsches (→ Deutscher Adel), nordisches (→ Edeling) und weißes Menschentum in seiner besten Ausprägung.

Adel (althdt.: adal oder auch ediliedles Geschlecht“, „die Edelsten“, lat.: nobilitas „Adel“, „Berühmtheit“) bezeichnet im staatsrechtlichen Sinne einen Stand, der verschiedene Ehren- und andere Rechte vor den übrigen Staatsbürgern in der Form besitzt, daß diese Vorrechte eine besondere Klasse der Ausgezeichneten begründen. Beruht eine derartige politische und soziale Auszeichnung auf Verleihung an die Person, so ist sie Individual- oder persönlicher Adel; beruht sie dagegen auf Geburt, so ist sie Geburts- oder Erbadel, welcher in der Regel mit dem Begriff Adel bezeichnet wird. Die Bedeutung eines erblichen Adels beruht auf der Geschichte.

Erläuterung

Von einem höheren Standpunkt bezeichnet Adel auch im ganz allgemeinen und eigentlich zutreffenden Sinne die Besten innerhalb eines Volkes (→ Edelmann) oder die dort mit besonderen menschlichen Vorzügen Ausgezeichneten; so auch z. B. „Geistesadel“, „Adel des Herzens“, „Sittlicher Adel“. Immer wieder forderten Philosophen, u. a. Plato, Schopenhauer[1] oder Nietzsche die Herrschaft oder auch die Herauszüchtung eines in diesem ursprünglichen Sinne gemeinten menschlichen Adels. Der wohl einzige größere und auch weltanschaulich getragene Versuch zur Umsetzung dieser Forderung war der Nationalsozialismus.[2]

Geschichte des europäischen Erbadels

Entstehung

Karl der Große („Karlsbüste“ aus dem Domschatz des Aachener Doms. Vermutlich nach 1349) : Die historische Persönlichkeit, auf den sich der europäische Erbadel wohl am häufigsten berufen hat.

Ein gleichsam traditionelles Anrecht gewisser Familien auf die Führerschaft findet sich schon in der Geschichte der alten Germanen und selbst noch ziemlich weit hinein in die Geschichte des Deutschen Reiches in tatsächlicher Geltung und Wirksamkeit. „Reges ex nobilitate sumunt“ („sie nehmen ihre Könige mit Rücksicht auf den Adel des Geschlechts“) sagt Tacitus von den Germanen. In der Zeit von Heinrich I. bis zum großen Interregnum galt es als Regel, den Nachfolger des deutschen Königs aus dem Kreise seiner Söhne oder nächsten Verwandten zu nehmen, und zwar so, daß noch bei Lebzeiten des Königs von ihm der, den er als Nachfolger für würdig erachtete, bezeichnet und von den Großen und dem Volke bestätigt wurde; erst wenn kein Glied der Familie der Erwartung einer ausgezeichneten Tüchtigkeit entsprach, wurde von der ganzen Dynastie ab- und zu einer anderen übergegangen.

Von dieser Art germanisch geprägtem Adel, der in einem traditionellen Anspruch auf höhere Schätzung bestand und die allgemeine Gleichheit (in den grundsätzlichen Pflichten und Rechten) aller Freien nicht aufhob, ist wesentlich verschieden der spätere, aus dem Feudalwesen hervorgegangene Adel, der sich seit dem Mittelalter zunehmend über fast alle Staaten Europas verbreitete. Der „Dienst des Königs“ war das einzige und höchste Streben aller durch körperliche oder geistige Tüchtigkeit hervorgetretenen Männer geworden. Je näher der Person des Königs, desto edler und ausgezeichneter dünkte sich ein jeder. Wer nicht unmittelbar dem König dienen konnte, der suchte Dienstmann eines königlichen Dienstmannes zu werden. Der Leibeigene sah sich über den Freien, der Römer oder Gallier über den Genossen des herrschenden Stammes, den Franken, der Güterlose über den auf eigenem Gute Seßhaften gestellt, wenn der König ihm eine Stelle um seine Person oder im Dienste des Reiches verlieh.

Erbadel

Zunächst war dadurch nur ein persönlicher Dienstadel begründet, der jedoch durch die Verbindung von Amt und verliehenem Grundbesitz in einen Erbadel überging. Die Könige verliehen den durch Eroberung erworbenen Grundbesitz zunächst den Heerführern, welche damit ihren ererbten Allodialbesitz verbanden, und den Besitz mit dem Amt, z. B. der Grafenwürde, erblich zu machen wußten. Noch leichter gelang die Vererbung den Ministerialen und Rittern mit dem Besitztum, welches ihnen die Lehnsmannen des Königs, die Herzöge, Markgrafen und Grafen, verliehen, weil mit diesen Lehen ursprünglich keinerlei öffentliches Amt, vielmehr nur Verpflichtung zur Kriegsfolge verbunden war.

Hochadel

Die Besitzer reichsunmittelbarer, d. h. solcher Güter, die nicht von einem Lehnsherrn zweiter Ordnung abhingen und die zugleich gewisse Hoheitsrechte (als Ausfluß des ursprünglichen Reichsamtes, dessen Zubehör sie waren) mit sich führten, wurden in Deutschland zu dem hohen oder Reichsadel, die Besitzer von Gütern der anderen Art dagegen zur Ritterschaft, im späteren Sprachgebrauch zum niederen Adel gerechnet. Der hohe Adel (oder Hochadel), zu welchem die geistlichen und weltlichen Würdenträger und Beamten des Reiches, die Erzbischöfe, Bischöfe, Herzöge, Markgrafen, Pfalzgrafen, Landgrafen und Grafen gehörten, übte im Bereich seiner Besitzungen mehr oder weniger vollständige landesherrliche oder Regierungsrechte aus; die Inhaber von Reichsämtern, die Herzöge, Markgrafen, Landgrafen, Pfalzgrafen, Grafen sowie die Erzbischöfe und Bischöfe hatten auch das Recht der Reichsstandschaft oder das Stimmrecht auf den Reichstagen. Nicht so die bloßen Reichsfreiherren ohne hohe Gerichtsbarkeit oder Reichsritter, die nicht zum eigentlichen hohen Adel gerechnet wurden, obgleich sie sich von dem landsässigen Adel durch ihre Reichsunmittelbarkeit sowie durch gewisse, den Herrschaftsrechten der eigentlichen Reichsstände (Landesherren) mehr oder weniger nahekommende Vorrechte unterschieden, daher eine Art von Mittelstellung zwischen diesem und jenem einnahmen.

Mediatisierung

Der größte Teil der Reichsunmittelbaren des Deutschen Adels wurde 1803 und 1806 „mediatisiert“, d. h. der Landeshoheit eines benachbarten Landesherrn unterworfen, behielt jedoch den Rang und die Vorrechte von Mitgliedern des hohen Adels, soweit er solche besessen, insbesondere auch, was die eigentlichen Reichsstände betrifft, das Recht der Ebenbürtigkeit mit den regierenden Familien. Die Privilegien des hohen Adels beruhen, soweit sie nicht beseitigt waren, bis zum Ende des Ersten Weltkrieges materiell auf der Deutschen Bundesakte Art. 14. Die Titel Graf, Freiherr kamen von Haus aus nur den Reichsunmittelbaren zu (es gab nur Reichsgrafen, Reichsfreiherren) und konnten nur vom Kaiser oder von den Reichsvikarien verliehen werden, jedoch haben die Kurfürsten von Brandenburg seit 1663 Standeserhebungen selbständig vorgenommen. Mit Ende des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation im Jahre 1806 wurde dieses Recht von den einzelnen Landesherren ausgeübt.[3]

Frankreich

Auch in Frankreich gab es bis zur Revolution von 1789 einen hohen und einen niederen Adel, die beide wie in Deutschland aus dem Lehnswesen entstanden waren. Der französische Hochadel umfaßte die sogenannten pairs du royaume, die aber seit den Kapetingern keine landesherrlichen Rechte mehr besaßen. Später wurden sie auch aus den amtlichen Stellungen verdrängt, aus dem obersten Gerichtshof durch rechtsgelehrte Richter und aus dem Hohen Rat (le grand conseil) durch die beharrliche Tendenz des französischen Königtums nach unumschränkter Gewalt, so daß zuletzt in Frankreich schon vor der Revolution hoher und niederer Adel sich kaum noch durch etwas anderes als durch gewisse äußere Auszeichnungen unterschied. Ein sehr zahlreiches und angesehenes Kontingent zum niederen Adel stellte in Frankreich vor der Revolution die sogenannte noblesse de la robe, d. h. die Mitglieder der hohen Gerichtshöfe oder Parlamente.

England

Nach England kam das feudale Adelswesen schon vollständig ausgebildet mit der normannischen Eroberung 1066. Wilhelm der Eroberer teilte das ganze Land in eine Menge von Kriegslehen und vergab diese, in größerer oder geringerer Anzahl, an die Führer seines Heers, die ihrerseits wieder damit ihr Gefolge belehnten. So entstand auch hier ein hoher und ein niederer Adel, die „Barone des Reichs“ und die „Ritter der Grafschaften“.

Andere europäische Länder

In Schweden und Dänemark, wo das germanische Element (→ Nordische Rasse) vergleichsweise wenig vermischt wurde, gibt es keinen hohen Adel, in Norwegen überhaupt keinen Adel.

Dagegen findet sich in Spanien ein hoher Adel, die „Granden“, und ein niederer, die „Hidalgos“. Auch in Italien bestanden beide Klassen, ebenso in Böhmen, Polen und in Ungarn.

Überall und insbesondere in den Ländern mit romano-germanischem Staatswesen, wo sich der Lehnsstaat am stärksten entwickelte, ist der Adel aus den zwei Faktoren entstanden: aus großem Grundbesitz und aus berufsmäßiger Waffenfähigkeit und Kriegsbereitschaft. Denn auch die hohen Staatsämter der großen Reichsbeamten hatten anfangs einen vorwiegend militärischen Charakter: die Herzöge und Markgrafen waren die Führer der großen Heereskörper, unter denen wieder die einfachen Grafen kleinere Abteilungen befehligten. Daher fand auch die Belehnung der Herzöge mit der Fahne, dem Symbol der Heeresgewalt, statt, und diese großen Lehen hießen dann fürstliche Fahnenlehen. Später wurde es dem Adel freigestellt, auch andere Berufsarten zu wählen, sogar solche, welche zuvor als entschieden unadelig gegolten hatten, z. B. den Großhandel. Auf dieser Grundlage bewegte sich der, daneben allerdings auch in der Regel grundbesitzende, städtische Adel oder das sogenannte „Patriciat“, wobei es freilich vorkam, daß der ausschließlich ritterlicher Lebensweise treu gebliebene Landadel diese seine ehemaligen Standesgenossen als Abgefallene und der wahren Berufsehre verlustig Gegangene von seinen Turnieren ausschloß. Eine andere Folge dieser Erweiterung des Adelsbegriffs war das Aufkommen eines Brief- oder Papieradels, d. h. die Verleihung von Adelstiteln durch den Landesherrn ohne gleichzeitige Belehnung mit einem rittermäßigen Gut oder ohne den vorausgehenden Besitz eines solchen.

Entwicklung des Adels in England

In England ließen die starke Königsgewalt und ein lebenskräftiges Volkstum der Angelsachsen den Adel keine beherrschende Stellung als Sonderstand gewinnen. Dagegen fand sich der Adel bald durch das allzu scharfe und zum Teil in Willkür ausartende Regiment der Könige zu einer Opposition gegen dieses veranlaßt, bei welcher er aber, um Erfolge zu erzielen, auf die Unterstützung auch der übrigen Volksklassen, insbesondere der früh zu Wohlstand gelangten größeren Städte, nicht verzichten konnte. Daher erkämpfte der Adel in England keine Freiheiten für sich, ohne solche zu gemeinsamen für die ganze Nation zu machen. Wenn aber doch einmal der Adel dieser klugen Politik untreu wurde, so benutzte das Königtum die Gelegenheit, durch Zugeständnisse im allgemeinen Volksinteresse die anderen Klassen wieder stärker an sich zu ziehen und so ein bedenkliches Übergewicht des Adels zu verhüten. So kam es, daß in England der Adel kein schroff von den anderen Klassen gesonderter Einzelstand wurde, sondern vielmehr ein organischer, mit allen übrigen eng verwachsener Teil des Gesamtnationalkörpers geblieben ist. Der niedere Adel ist schon früh fast gänzlich mit dem Bürgertum verschmolzen, insbesondere durch die gemeinsame Anteilnahme an der politischen Vertretung des Landes im Unterhaus, wohin schon 1265 neben zwei Rittern aus jeder Grafschaft auch zwei Bürger aus einer Anzahl von Flecken berufen wurden. Der hohe Adel, die Nobility, hatte lange Zeit ein wichtiges politisches Vorrecht, nämlich daß die Häupter seiner Geschlechter geborene Mitglieder des Oberhauses, des höchsten Gerichtshofes Großbritanniens und einer der großen gesetzgebenden Gewalten waren, daß dieselben in solcher Eigenschaft, als Peers of England, nur von ihresgleichen, den im Oberhause vereinigten Peers, gerichtet werden konnten, und daß sie gewisse äußere Auszeichnungen je nach ihrem Rang, als Herzöge, Marquis, Earls, Viscounts oder einfache Barons oder Lords, genossen. In allem anderen war auch die Nobility dem für alle gleichen „gemeinen Recht“ unterworfen.

Die agrarischen Privilegien des Adels, als Inhabers des großen Grundbesitzes, welche in den europäischen Festlandstaaten so drückend auf dem kleinen Grundbesitz lasteten, wie Frone und andere Herrenrechte, sind in England schon sehr früh und ohne heftige Kämpfe, ja so unvermerkt, daß die Geschichtsschreiber kaum anzugeben wissen, wann und wie, verschwunden. Von Bedeutung ist auch, daß der hohe Adel Englands sich in Bezug auf das Familienrecht nicht so streng von dem Bürgerstande abschied, wie es auf dem Kontinent der Fall war. Nicht allein die Mitglieder der hohen Aristokratie, Herzöge, Marquis, Earls u. s. w., sondern selbst königliche Prinzen haben sich unbedenklich mit Töchtern des Bürgerstandes vermählt. Jakob II., der letzte Stuart, heiratete die Tochter des Kanzlers Hyde (späteren Grafen von Clarendon), und die beiden Töchter aus dieser Ehe, Maria und Anna, nahmen, die erste als Gemahlin Wilhelms III. und Mitregentin, die zweite als alleinregierende Königin, den Thron von England ein. Erst das deutsche Haus Hannover brachte das Prinzip der Ebenbürtigkeit auf den englischen Thron mit, das jedoch in der hohen Aristokratie nie zur Herrschaft gelangte. Ferner hatte die Krone das ihr zustehende Recht, die Peerswürde zu verleihen, von jeher dazu benutzt, um teils Männer von Genie, Kenntnissen, Erfahrungen und Verdiensten um die geistige Größe des Landes, teils solche, welche bedeutende materielle Mittel erworben hatten, in die Reihen des hohen Adels zu versetzen.[4]

Entwicklung auf dem europäischen Festland

Ganz anders war die Entwicklung der Adelsverhältnisse auf dem europäischen Festland, mit Ausnahme etwa der Niederlande und Italiens, wo der Adel auch zum Teil infolge der allgemeinen nationalen Schicksale dieser Länder den anderen Klassen des Volkes näher blieb. Am schroffsten dagegen sonderte er sich im Westfrankenreich (später Frankreich) vom Bürgertum ab, etwas weniger anfangs in Deutschland, bis das französische Beispiel auch hier Eingang fand. In Frankreich hatte es eine Zeitlang den Anschein, als ob Adel und Bürgertum gemeinschaftlich in einer allgemeinen Vertretung (den états généraux) die Rechte des Landes gegen das Übergewicht der königlichen Prärogative verteidigen sollten. Aber das Königtum wußte den Adel an sich zu ziehen, ihn aus einem selbständigen, mitten im Volke stehenden Grundbesitzadel zu einem gefügigen, vom Volke losgetrennten Hofadel zu machen. Dabei hielt er alle die drückenden Privatvorrechte fest, welche ihn, zumal der kleinen ländlichen Bevölkerung gegenüber, als ein dem Volke fremdartiges, feindliches Element erscheinen ließen. Der Grundsatz, wonach der Adel von anderem, edlerem Blute ist als das Volk, wurde in seiner ganzen Schroffheit ausgebildet, proklamiert und betätigt. Heiraten zwischen Adligen und Bürgerlichen, wenn schon durchs Gesetz nicht verboten, galten doch als Mißheiraten (mésalliances).

Entwicklung in Deutschland

Christlicher Krieger (Der Miles christianus aus Officia Ciceronis Teutsch 1565): Armut, Krankheit, Wollust und Tod versuchen den Ritter von der Himmelsleiter herabzuziehen.[5]

In Deutschland erhob sich auf den Trümmern der Gemeinfreiheit und einer starken Reichseinheit, die beide ungefähr gleichzeitig und aus den gleichen Ursachen zugrunde gingen, die Übermacht und der Übermut des Adels. Im Reformationszeitalter sehen wir so ziemlich die letzten Spuren einer edleren, gemeinnützig-politischen Tendenz des Adels in Bezug auf das Ganze in den Bestrebungen eines Teils der Reichsritterschaft zur Herstellung einer zeitgemäßen, insbesondere die verschiedenen Stände und ihre Sonderinteressen einander mehr annähernden Reichsverfassung, in den Einzelstaaten in dem von dem Adel, gemeinsam mit dem Bürgertum, durch das Organ der Landtage teilweise mit großer Hingabe und Opferfreudigkeit unternommenen Kampf für politische und Glaubensfreiheit. Später hörte dies mehr und mehr auf. Der Adel, in den protestantischen Ländern durch die Aufhebung der geistlichen Pfründe um die Mittel der Versorgung seiner jüngeren Söhne gebracht, fast allerwärts infolge des Herabdrückens der Stände relativ machtlos und in Abhängigkeit von der fürstlichen Gewalt, in seiner bisherigen, wenigstens zum Teil volkstümlichen Wirksamkeit beschränkt, suchte Ersatz und Entschädigung im Hofdienst und nahm allmählich alle Hofämter in Besitz. Der Grundsatz der Ebenbürtigkeit trat in seiner vollen Strenge (selbst beim hohen Adel) erst im 17. Jahrhundert auf.

Das Streben des deutschen wie des französischen Adels ging insbesondere seit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges unablässig dahin, einerseits für seine Personen und Güter eine Ausnahmestellung und Befreiungen von dem für die anderen Klassen gültigen Gemeinen Recht, andererseits über die Hintersassen auf seinen Gütern eine möglichst ausgedehnte Gewalt zu erlangen. Für seine Person und Familie Steuerfreiheit, Freiheit von der Konskription, besonderer Gerichtsstand, Bevorzugungen im Hof-, Zivil- und Militärdienst, außerdem allerhand gesellschaftliche Auszeichnungen (Recht der Haustrauung, der unbeschränkten Anzahl von Paten bei Taufen usw.), für seine Güter Patrimonialgerichtsbarkeit, Patronatsrecht, Jagdrecht auf fremder Flur, Gutspolizei, schließlich Schutzherrlichkeit über seine Gutsuntertanen mit allen den dazugehörigen Rechten auf seiten des Herrn, dagegen mit Diensten und Lasten auf seiten der Untertanen u. s. w.: dies war die bisweilen ins Ungemessene ausgedehnte Summe von Ausnahme- und Herrenrechten, welche der Adel auch in Deutschland, der große wie der kleine, nach und nach an sich riß.

In den meisten Ländern bildete der Adel eine geschlossene, entweder durch ausdrückliche, von den Landesherren anerkannte Ordnungen oder doch durch sein gemeinschaftliches Auftreten auf den Landtagen als besonderer Stand, eng verbundene Korporation, welche den Zutritt fremder Elemente streng von sich abhielt. In Mecklenburg ist bis ins frühe 20. Jahrhundert die Aufnahme eines neuen Mitgliedes in den sogenannten „recipierten Adel“, den bestehenden Adelskörper, von der Zustimmung dieses letzteren abhängig geblieben. Lange Zeit sträubte sich der Adel heftig gegen den Übergang adliger, ritterschaftlicher Güter in bürgerlichen Besitz, und viele Landesfürsten glaubten, zur Erhaltung des Adels als Stand ein freilich nicht durchführbares Verbot dagegen erlassen zu müssen. Ebenso gab es viel Streit um die Zulassung nichtadliger oder neu geadelter Rittergutsbesitzer zu den Landtagen, und in manchen Ländern, z. B. Sachsen, fand diese Zulassung nur unter Beschränkungen statt. Die noch ausgedehnteren Vorrechte des hohen Adels, welche demselben nach Wegfall der eigentlichen Landeshoheit noch übrigblieben, waren im Artikel XIV der Deutschen Bundesakte, der diese Rechte garantierte, folgendermaßen spezialisiert: Ebenbürtigkeit mit den regierenden Häusern in Bezug auf Ehen; Autonomie in Anordnung ihrer Familienverhältnisse und Disposition über ihre Güter, jedoch unter Oberaufsicht des Staates; das Recht der Landstandschaft als sogenannte Standesherren; privilegierter Gerichtsstand und Befreiung von aller Militärpflichtigkeit für sich und ihre Familien; die Ausübung der bürgerlichen und peinlichen Gerichtspflege in erster, beziehentlich auch zweiter Instanz; Forstgerichtsbarkeit; Ortspolizei; Aufsicht in Kirchen- und Schulsachen, alles unter Oberaufsicht der Landesregierung. Auch dem ehemaligen bloßen Reichsadel (Reichsfreiherren, Reichsrittern) wurde Autonomie, Landstandschaft, Patrimonial- und Forstgerichtsbarkeit, Ortspolizei, Kirchenpatronat und privilegierter Gerichtsstand zugesichert, jedoch nur nach Vorschrift der Landesgesetze.

Entwicklung in Frankreich nach der Französischen Revolution

In Frankreich hob die Revolution von 1789 nicht nur alle Vorrechte des Adels (die Deputierten des Adels selbst verzichteten darauf in der berühmten Nacht des 4. August)[6], sondern auch den Adel selbst als besonderen Stand auf. Der Gebrauch adliger Titel, Wappen usw. war nun verpönt. Napoleon I. schuf durch die Dekrete von 1806 und 1808 einen neuen Adel, zum Teil mit Majoraten. Im Strafkodex von 1810 wurde die unbefugte Führung von Adelstiteln mit Strafe bedroht. Die Charte von 1814 sprach zwar den Grundsatz der Gleichheit aller vor dem Gesetze aus, gestattete jedoch dem alten Adel, seine Titel wieder zu erneuern, dem neuen, die seinigen zu behalten. Dem König sollte das Recht zustehen, den Adel zu verleihen, jedoch ohne Befreiungen und Vorrechte. Die revidierte Charte von 1830 änderte hieran nichts, wohl aber wurde bei der Revision des Strafcodex 1832 das Verbot des unbefugten Gebrauchs von Adelstiteln in Wegfall gebracht, so daß es seitdem jedem Franzosen frei stand, jeden ihm beliebigen Titel zu führen. Ein Gesetz von 1835 verbot die Errichtung von Majoraten. Ein Versuch des Kaisers Napoleon III., die Titelfrage wieder im Sinne des Strafcodex von 1810 zu regeln, ist ohne nachhaltige Folgen geblieben.

Deutschland im 19. Jahrhundert

In Deutschland hatten zuerst die nach französischem Muster eingerichteten Gesetzgebungen (z. B. in Westfalen und am linken Rheinufer), dann in Preußen die großen Stein-Hardenbergschen Reformen und schließlich seit 1815 neue konstitutionelle Verfassungen (in Baden, Bayern, Nassau, später in Hessen und Sachsen) einen Teil der Adelsprivilegien beseitigt. Ein Versuch, die Rechte des Adels zu kodifizieren, war das der Verfassung angefügte Bayrische Adelsedikt vom 26. Mai 1818. Die Deutsche Nationalversammlung von 1848 ging noch weiter, indem sie in Art. II, §. 137 der Grundrechte neben der Abschaffung der Standesvorrechte und der Bestimmung, daß vor dem Gesetze kein Unterschied der Stände gelte, vielmehr alle Deutschen vor dem Gesetze gleich seien, ausdrücklich den Adel selbst als Stand für aufgehoben erklärte. Die sogenannte Unionsverfassung ließ diesen letzten Satz weg, während sie im übrigen die Fassung der Frankfurter Grundrechte beibehielt.

Durch den Bundesbeschluß vom 23. August 1851 wurden die Grundrechte wieder aufgehoben, also auch jener Beschluß betreffs des Adels; doch waren inzwischen (und zum Teil schon vorher) die Bestimmungen wegen Abschaffung der persönlichen Standesvorrechte des Adels und der an dem ritterschaftlichen Grundbesitz haftenden Privilegien ziemlich gleichlautend in die meisten Verfassungen und Gesetzgebungen der Einzelstaaten übergegangen. Auch hinsichtlich der Rechte der Mediatisierten hatte die Deutsche Nationalversammlung keinen Unterschied gemacht, und die Landesgesetzgebungen waren ihr hierin meist ebenfalls gefolgt. Später wurden, teils durch die freie Initiative der Regierungen, mit oder ohne Zustimmung der Volksvertretungen, teils auf Betreiben des Bundestages, nach Anrufung desselben durch die Mediatisierten, die meisten Rechte derselben wiederhergestellt, so namentlich das Recht der besonderen Vertretung auf den Landtagen. Nach §. 1 des (Bundes-, danach Reichs-)Gesetzes betreffend die Verpflichtung zum Kriegsdienste, vom 9. Nov. 1867, waren die Mitglieder der mediatisierten, vormals reichsständischen Häuser von der Wehrpflicht ausgenommen, sowie nach §. 4 des Gesetzes, betreffend die Quartierleistung für die bewaffnete Macht während des Friedenszustandes, vom 25. Juni 1868, die Gebäude, welche zu den Standesherrschaften der vormals reichsständischen Häuser gehörten, von der Einquartierung befreit. Auch galt die Ehe eines dem hohen Adel angehörigen Mannes mit einer Bürgerlichen als Mißheirat; daher trat die Frau in diesem Falle nicht in den Stand des Gatten ein. Dagegen wurde der Rest der Privatgerichtsbarkeit des Adels durch §. 15 des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 27. Januar 1877 aufgehoben.

20. und 21. Jahrhundert

Im 20. Jahrhundert verlor der Adel in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg die meisten seiner Privilegien, hierbei im österreichischen Teil noch umfassender als im Reichsteil. Dieser Prozeß vollzog sich bemerkenswerterweise ohne bedeutende bzw. irgendwie wirkungsvolle Gegenwehr aus den Reihen des Adels, was sich zum Teil auch als die Folge einer bereits seit langem ablaufenden Degeneration erklären läßt, welcher u. a. durch die in den Jahrhunderten vollzogene Adelsheirat (→ Inzest) Vorschub geleistet worden war. Parallel zu diesem Prozeß folgte eine immer schnellere Ausbreitung des Egalitarismus bzw. Demokratismus, die im deutschen Raum nur noch einmal während des Nationalsozialismus zurückgedrängt wurde, wobei aber auch hier keinerlei Wiedereinsetzung des alten Erbadels in seine frühere Stellung mehr vorgesehen war.

Im 21. Jahrhundert beschränkt sich die Rolle des prominenten Teils der Nachkommen des ehemaligen Adels im wesentlichen nur noch auf repräsentative Aufgaben (in einigen europäischen Staaten) und Darsteller für die Klatschpresse. Die meisten Adelsnachkommen führen aber ein normales bürgerliches Leben.

Zitate

  • „An Habe steh ich arm, ein Los, infolge dessen auch der Adel sinkt.“Euripides[7]
  • „Der Adel besteht in Stärke des Leibes bei Pferden, bei Menschen in guter Denkart.“Matthias Claudius[8]
  • „Adel ist auch in der sittlichen Welt. Gemeine Naturen zahlen mit dem, was sie tun, edle mit dem, was sie sind.“Friedrich Schiller[9]
  • „Der Mensch en masse wird erst dann wieder achtbar werden, wenn er sich entschließt, neuen Adel aus sich zu züchten. Die schönsten Dinge auf Erden sind nur durch Adel möglich. Noch mehr: Der wahre Adel ist selbst das schönste Ding der Erde.“Christian Morgenstern[10]
  • „Wie verheerend aber die Folgen einer dauernden Mißachtung der natürlichen Voraussetzungen für die Ehe sind, mag man an unserem Adel erkennen. Hier hat man die Ergebnisse einer Fortpflanzung vor sich, die zu einem Teile auf rein gesellschaftlichen Zwang, zum anderen auf finanziellen Gründen beruhte.“Adolf Hitler[11]

Siehe auch

Literatur

Englischsprachig
  • Alexander Jacob: Nobilitas – A Study of European Aristocratic Philosophy from Ancient Greece to the Early Twentieth Century, University Press Of America, 2000, ISBN 978-0761818878 [122 S.], Bezugsnachweis

Verweise

Fußnoten

  1. „Will man utopische Pläne, so sage ich: die einzige Lösung des Problems wäre die Despotie der Weisen und Edlen einer ächten Aristokratie, eines ächten Adels, erzielt auf dem Wege der Generation [Zeugung] durch Vermählung der edelmüthigen Männer mit den klügsten und geistreichsten Weibern. Dieser Vorschlag ist mein Utopien und meine Republik des Plato.“ - Arthur Schopenhauer, In: Parerga und Paralipomena II, Erster Teilband, §127, Seite 278; Ausgabe Diogenes, 1977, Zürich, ISBN 3 257 20429 0
  2. Vgl. hierzu z. B. Richard Walther Darré: Adelserneuerung oder Neuadel?, S. 51 f.: „Für uns bedeutet dies: wir müssen aus dem Ganzen unseres Volkstums, unbekümmert darum, aus welchem Stande der einzelne stammt, diejenigen, die sich als fähige Führer des deutschen Volkes ausweisen, zu Stammvätern von Geschlechtern werden lassen, deren vornehmste Aufgabe es dann ist, Kinder zu erzeugen, die als erwachsene Menschen zu führen verstehen, d. h. geborene Führer sind. Solche aus Leistung in der Führung entstandenen Geschlechter wollen wir ruhig wieder als ‚Adel‘ bezeichnen, Adel aber hier als ein Adel im germanischen Sinne des Wortes verstanden und gedacht. Man kann dies auch so ausdrücken: Das deutsche Volk faßt im Dritten Reich dasjenige Blut, welches sich als Führertum ausgewiesen hat, zu Geschlechtern zusammen, deren vornehmste Aufgabe im Dienste des Volkes es ist, sich so zu verehelichen, daß ihre Kinder immer wieder hochwertiges Menschentum mit angeborenen Führereigenschaften sind, so daß sich das deutsche Volk aus den Besten unter ihnen immer wieder seine Führer erwählen kann und damit die Gewähr besitzt, durch alle Zeiten hindurch gut geführt zu werden.“; Ebenso Alfred Rosenberg: Der Mythus des 20. Jahrhunderts, S. 596: „Der neue Adel wird also Bluts- und Leistungsadel sein.
  3. Vgl. Maurer: Über das Wesen des ältesten Adels der deutschen Stämme (München 1846) und Schröder: Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte (Leipzig 1894).
  4. Gneist: Adel und Ritterschaft in England (Berlin 1853); derselbe: Das heutige englische Verfassungs- und Verwaltungsrecht (2 Teile, Berlin 1857-60; Teil 1 [in 2 Bdn.], 3. Aufl. 1883, 1884).
  5. Quelle: Johannes Rogalla von Bierberstein: Adelsherrschaft und Adelskultur in Deutschland. Frankfurt a.M. 1989, 205.
  6. 4. August 1789: Während der Französischen Revolution beschloß die Nationalversammlung die Abschaffung sämtlicher Vorrechte des Adels, des Klerus, der Städte und Provinzen. Die Feudalherrschaft und die Leibeigenschaft wurden aufgehoben.
  7. Quelle: Elektra 37
  8. Quelle: Wandsbecker Bothe
  9. Quelle: Unterschiede der Stände
  10. In: Stufen, Politisches Soziales
  11. In: Mein Kampf, 10. Kapitel: Ursachen des Zusammenbruchs. 22. Auflage 1944, S. 270


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