Loewe, Lothar
Lothar Loewe (* 9. Februar 1929 in Berlin; † 23. August 2010 ebenda) war ein deutscher Journalist. Bekannt wurde er als ARD-Korrespondent in Washington, D.C., Moskau und Ost-Berlin.
1976 wurde er wegen seiner Berichterstattung aus der DDR ausgewiesen. Von 1983 bis 1986 war er Intendant des Senders Freies Berlin, einem der Vorgänger des RBB.[1]
Inhaltsverzeichnis
Leben
Herkunft
Lothar Ernst Paul Loewe, evangelisch, wurde am 9. Februar 1929 als Sohn eines Beamten in Berlin geboren.
Ausbildung
In der Schlußphase des Zweiten Weltkrieges wurde er noch zum Militärdienst einberufen, verwundet und geriet in Kriegsgefangenschaft. 1948 legte er das Abitur ab. Anschließend schon journalistisch tätig, studierte er von 1953 bis 1954 „Publizistik und Politische Wissenschaften“ an der University of Oregon, VSA.[2]
Wirken
Von 1949-54 arbeitete Lothar Loewe als Reporter bei diversen Berliner Zeitungen. Nach seiner kurzen Studienzeit arbeitete er von 1954-1960 als politischer Redakteur. 1961 wechselte er zur ARD, arbeitete bis 1967 als Fernseh- und Rundfunkkorrespondent in Washington. Von dort berichtete er unter anderem über die „Kuba-Krise“ und die Ermordung John F. Kennedys. Loewe war anschließend bis Ende 1970 als ARD-Fernsehkorrespondent in Moskau tätig. Von 1971 bis 1974 war er Fernseh-Sonderkorrespondent des NDR für die „Tagesschau“ und den „Weltspiegel“ mit Sitz in Hamburg. Im Dezember 1974 erhielt er von den DDR-Behörden die Zulassung als Leiter des neuerrichteten ARD-Studios in Ost-Berlin. Die unbekümmerte und unverblümte Art, mit der Loewe in der Folge über Geschehnisse in der DDR berichtete, kam beim Fernsehpublikum gut an, und dies nicht nur in der Bundesrepublik, da die ARD-Sendungen auch rund 80 % des DDR-Gebietes erreichten. Loewe berichtete unter anderem über die Selbstverbrennung des mitteldeutschen Pfarrers Oskar Brüsewitz. In der SED-Zentrale in Ost-Berlin wurden Loewes Berichte über Widersprüche zwischen den politischen Ansprüchen der DDR-Führung und der gesellschaftlichen Wirklichkeit in der DDR jedoch bald zu einer Quelle des Ärgernisses.
Loewe wurde mehrfach verwarnt und permanent vom Staatssicherheitsdienst beschattet. Im Herbst 1976 forderte die DDR-Regierung von der ARD die unverzügliche Abberufung des mißliebigen Korrespondenten. Der damalige NDR-Intendant Neuffer wies das Ansinnen jedoch zurück.[3]
Am 22. Dezember 1976 wurde Lothar Loewe, wegen „grober Einmischung in die inneren Angelegenheiten der DDR“, von den DDR-Behörden die Akkreditierung entzogen und er selbst aufgefordert, binnen 48 Stunden das Land zu verlassen. Unmittelbarer Anlaß der Ausweisung war ein Kommentar Loewes gewesen, der mit dem Satz endete:
- „Hier in der DDR weiß jedes Kind, daß die Grenztruppen den strikten Befehl haben, auf Menschen wie auf Hasen zu schießen.“
Loewe passierte (als „unerwünschte Person“) am Weihnachtsabend 1976 den Grenzübergang nach West-Berlin.
Nachfolger Loewes als ARD-Korrespondent in Ost-Berlin wurde Fritz Pleitgen. Eine Bilanz seiner DDR-Tätigkeit stellte Loewe im April 1977 in einem Fernsehbericht zur Diskussion, außerdem nahm er im Mai 1977 als Vortragender („Witness“) an einem Hearing der US-Senatskommission für Menschenrechte in Washington teil. 1978 wurde er ARD-Fernsehkorrespondent in Washington.
Zur Überraschung der Öffentlichkeit kandidierte Lothar Loewe im Juni 1982 bei der Intendantenwahl für den Sender Freies Berlin (SFB) gegen den bisherigen Amtsinhaber Wolfgang Haus (SPD) und setzte sich mit 14 zu 10 Stimmen im Rundfunkrat durch. Für Lothar Loewe hatte sich besonders die CDU stark gemacht, die dem Sender mit publizistischer Unterstützung der „Springer-Presse“, immer wieder „Linkslastigkeit“ vorgeworfen hatte. Loewe selbst betonte dagegen seine parteipolitische Unabhängigkeit. Verschiedene Kommentatoren äußerten Skepsis gegenüber der Berufung des verwaltungsunerfahrenen „journalistischen Frontkämpfers“ in das diffizile Intendantenamt.[3]
Diese Skepsis bestätigte sich bereits wenige Monate nach dem Amtsantritt Loewes (1. März 1983), als erste Klagen über Loewes Führungsstil laut wurden, der von Kritikern als ruppig und „ungewöhnlich autoritär“ bezeichnet wurde. Unmut im Rundfunkrat löste Loewe auch mit einigen Personalentscheidungen aus; inwieweit er Erwartungen nach einer Qualitätssteigerung des SFB-Programms erfüllte, blieb Gegenstand kontroverser Auffassungen. Im September 1985 unterschrieb eine deutliche Mehrheit der SFB-Redakteure ein internes 20-Seiten-Papier, in dem massive Kritik an der Amtsführung des Intendanten geübt wurde (Titel: „Zum Zustand des SFB unter Lothar Loewe“). Wenig später kündigte ihm eine außerordentliche Personalversammlung mit breiter Mehrheit das Vertrauen auf und forderte seine Ablösung. Der Rundfunkrat des Senders schloß sich der Kritik im November 1985 teilweise an. Ein Abwahlantrag gegen Loewe - der erste in der Geschichte von ARD und ZDF - fand im Februar 1986 jedoch nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit (von 27 anwesenden Mitgliedern stimmten 13 gegen, 12 für Lothar Loewe bei 2 Enthaltungen) im Rundfunkrat. Dessenungeachtet resignierte Lothar Loewe wenig später und stimmte einer vorzeitigen Vertragsauflösung zum 31. Mai 1986 zu, weil er seinerseits nicht mehr das erforderliche Vertrauen bei der Mehrheit des Rundfunkrates gegeben sah. Eine großzügige finanzielle Kompensation (die Amtsbezüge wurden bis zum Ende des regulären Vertrages weiterbezahlt, danach trat die Pensionsregelung in Kraft) erleichterte ihm den Abschied. Nachfolger im Intendantenamt wurde der frühere WDR-Justitiar Günther Herrmann.[3]
Von 1988 bis 1990 war Lothar Loewe politischer Kolumnist der Illustrierten „Bunte“. Ab 1990 schrieb er ebenfalls als politischer Kolumnist für „Bild“ und die „Welt am Sonntag“. Im Januar 1992 übernahm er im Auftrag des SFB und der ARD die Aufgabe eines Hörfunkbeauftragten für den „Deutschlandsender Kultur“, der zusammen mit dem Kölner Deutschlandfunk (DLF) und dem Berliner Sender RIAS in ein von Ländern und Bund beschlossenes nationales Hörfunksystem überführt werden sollte. 1994 ging daraus das Deutschlandradio hervor. Loewes diesbezügliche Tätigkeit endet mit der Gründung dieses nationalen Hörfunks. Zuletzt war Loewe als Kolumnist für die Bild-Zeitung tätig.
Werke
Veröffentlichungen
- Lothar Loewe: Abends kommt der Klassenfeind. Eindrücke zwischen Elbe und Oder. Ullstein-Verlag, Frankfurt/M., Berlin, Wien 1977. ISBN 3-548-00656-6.
- Lothar Loewe: „Unser Mann in ...“ - Herausgeber Thilo Koch, 1981.
Filme
- Lothar Loewe und Gerd Ruge: Wie starb John F. Kennedy?, 1964.
Auszeichnungen
Lothar Loewe war Träger des Bundesverdienstkreuzes (1979).
Familie
Lothar Loewe war seit 1967 mit Hannelore, geb. Krueger, verheiratet und hat zwei (Stief-) Kinder: Alexander (geb. 1957) und Oliver (geb. 1960).