Stolberg-Wernigerode, Otto Fürst zu

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Otto Graf und Fürst zu Stolberg-Wernigerode als Ritter des Hohen Ordens vom Schwarzen Adler, um 1890; er war u. a. Kanzler des Johanniter-Ordens und General der Kavallerie à la suite (seit 1892) der Preußischen Armee sowie „Allerhöchstihrer außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter bei Seiner Kaiserlichen und Königlich apostolischen Majestät“.

Otto Graf zu Stolberg-Wernigerode, seit 1890 Reichsfürst zu Stolberg-Wernigerode (Lebensrune.png 30. Oktober 1837 in Gedern; Todesrune.png 19. November 1896 auf Schloß Wernigerode), war ein deutscher Garde-Offizier, Jurist, Politiker und Vizekanzler unter Reichskanzler Otto von Bismarck sowie erbliches Mitglied des preußischen Herrenhauses und der ersten Kammer der Stände des Großherzogtums Hessen. Zuletzt war er Präsident des Herrenhauses und Vorsitzender der preußischen und deutschen Vereine vom Roten Kreuz. Als solcher war er auch bei den internationalen Zusammenkünften dieser Vereine zu Karlsruhe 1887 und zu Rom im April 1892 als Vorsitzender. Ab 1890 gehörte der Reichsfürst um deutschen Hochadel.

Leben

Otto Graf zu Stolberg-Wernigerode

Otto zu Stolberg-Wernigerode war Sproß eines weitverzweigten Adelshauses, dessen Stammbaum sich bis in das 13. Jahrhundert zurückverfolgen läßt. Vom Harz aus erstreckt sich der Familienbesitz bis nach Hessen, wo Otto am 30. Oktober 1837 als jüngstes von drei Kindern zur Welt kam. Er war noch keine vier Jahre alt, als die Familie einen doppelten Schicksalsschlag verkraften mußte: Binnen vier Wochen starben erst der ältere Bruder Albrecht und dann der Vater Hermann. Mutter Emma, geb. Gräfin Erbach-Fürstenau, und Großvater Henrich übernahmen die Erziehung des Jungen.

Nach dem Schulbesuch (Gymnasien in Freiimfelde bei Halle/Saale) und Duisburg) studiert Otto bis 1858 u. a. Rechtswissenschaft, Nationalökonomie und Geschichte, zunächst in Göttingen, später in Heidelberg, an einer der ältesten deutschen Universitäten. Anschließend trat er bis 1861 freiwillig der Preußischen Armee bei (Regiment der Gardes du Corps des Garde-Korps); erst dann übernahm der junge Graf die Regierungsgeschäfte seiner Grafschaft Wernigerode.

„Die ersten Bethätigungen seines vaterländischen Sinnes waren Werke der christlichen Nächstenliebe. Nach dem deutsch-dänischen Feldzuge nahm er verwundete Krieger in Pflege und behielt sie dann meist in seinen Diensten. Größere Dienste leistete er im J. 1866: als Delegirter des Militärinspecteurs der freiwilligen Krankenpflege bei der Mainarmee war er beim Stabe des Generals Vogel von Falkenstein und nahm als solcher an verschiedenen Gefechten Theil, wobei er auch mehrfach im Feuer stand. So konnte er denn auch nach hergestelltem Frieden an dem erhebenden Einzuge der Truppen in Berlin theilnehmen. Die persönliche Bethätigung zum Heil leidender Krieger gehörte zu seinen Lieblingsaufgaben; er erfüllte sie als Mitglied des Johanniterordens, als welches er seit 1868 die Stelle eines Commendators für die Provinz Sachsen, von 1872—1885 die des Ordenscanzlers einnahm, sowie als Vorsitzender des Central-Comités der deutschen Vereine, wie besonders des deutschen Vereins vom Rothen Kreuz, bis an sein Ende und hat auch gebührende Anerkennung dafür gefunden.“[1]

Der Corpsstudent wurde später u. a. Mitglied des Reichstages sowohl des Norddeutschen Bundes als auch des Kaiserreiches, Präsident des Preußischen Herrenhauses, Botschafter des Deutschen Reiches in Wien und wurde am 1. Juni 1878 in die Ämter des stellvertretenden Reichskanzlers und Vizepräsidenten des preußischen Staatsministeriums berufen. Er gehörte zu den reichsten Großgrundbesitzern Deutschlands. Sein Besitz umfaßte etwa 60.000 Hektar.

Als Standesherr war er Mitglied der Ersten Kammer der hessischen Landstände. 1884 wurde er Corpsschleifenträger der Saxo-Borussia. Das hohe Ansehen, das er zeitlebens genoß, zeigt sich vor allem durch die vielen Ämter, die er außerhalb der Politik innehatte: Kanzler des Johanniterordens (1872–1876) sowie Vorsitzender, seit 1891 (nach dem Ableben des Feldmarschalls Grafen Moltke) Kanzler des Hohen Ordens vom Schwarzen Adler, Vorsitzender der außerordentlichen Generalsynode (1875), des Zentralkomitees der deutschen Vereine und des preußischen Vereins vom Roten Kreuz.

Reichsfürst

1677 zweigte sich von Stolberg-Wernigerode die Linie Stolberg-Gedern ab, die 1742 von Kaiser Karl VII. in den Reichsfürstenstand erhoben wurde und nach dem Erlöschen im Jahre 1804 wieder von Stolberg-Wernigerode beerbt wurde. Im Zuge der Mediatisierung mußten sich die reichsunmittelbaren Grafen zu Stolberg-Wernigerode dem Königreich Preußen und die Grafen zu Stolberg-Stolberg sowie die Grafen zu Stolberg-Roßla dem Kurfürstentum Sachsen unterstellen. Seit 1890 durfte Otto von Stolberg-Wernigerode, mit Genehmigung Kaiser Wilhelms II., den Reichsfürstentitel aus dem Jahre 1742 führen, auf dessen Annahme sein Vorfahre Graf Christian Ernst von Stolberg-Wernigerode (1691–1771) seinerzeit verzichtet hatte.

Tod

Otto Graf und Fürst zu Stolberg-Wernigerode.jpg
Stolberg-Wernigerode, Otto Fürst zu.jpg

Otto Fürst zu Stolberg-Wernigerode verstarb 1896 auf Schloß Wernigerode, die Beisetzung kam einem Staatsakt gleich:

„Die großartige Begräbnißfeier am 23. November, bei der Oberconsistorialrath und Hofprediger Dr. Renner die Trauerrede über Jesaias 57, 2 hielt und bei der die kaiserlichen Majestäten, hohe Fürstlichkeiten, die königlichen Staatsbehörden, das Herrenhaus und andere Körperschaften persönlich oder durch Kranz- und Blumenspenden vertreten waren, entsprach der Stellung und den Verdiensten des Entschlafenen. Es darf nicht bezweifelt werden, daß bei dem nicht enden wollenden Zuge des Leichengefolges eine aufrichtige Verehrung und Liebe zum Ausdruck kam, die sich der Verewigte in weiten Kreisen, zumal in seiner Grafschaft erworben hatte. Einen äußeren Ausdruck ihrer innigen Verehrung und Liebe suchten die Kreisstände der Grafschaft Wernigerode dem verewigten Fürsten durch ein am 30. Oktober 1900, seinem 63. Geburtstage, an einer besonders hierzu geeigneten Stelle des fürstlichen Lustgartens errichtetes Denkmal zu geben, auf welchem eine von Professor Walter Schott, einem Sohne der Grafschaft, meisterhaft modellirte, von Lind in Berlin in Kupfer getriebene Büste des Fürsten angebracht ist. Sonst ist natürlich an bildlichen Darstellungen des Fürsten kein Mangel, sie finden sich in manchen Gemälden auf den fürstlich und gräflich stolbergischen Schlössern, besonders in Wernigerode und in Zeitschriften. Von Einzeldrucken ist ein Kniestück hervorzuheben, das den späteren Fürsten in jüngeren Jahren in der Uniform der Gardes du Corps darstellt, auf einer sorgfältigen im Auftrage des Fürsten ausgeführten Radirung ist derselbe im Brustbilde und in der Generalsuniform mit etwas strengem Gesichtsausdruck vorgeführt. Als lebenswahr ist eine viel in den Handel gekommene Photographie von Scharwächter in Berlin zu bezeichnen.“[2]

Familie

General der Kavallerie à la suite der Armee Otto Fürst zu Stolberg und Wernigerode war seit dem 22. August 1863 mit Anna Elisabeth Prinzessin von Reuß zu Köstritz verheiratet. Das Paar hatte folgende Kinder:

Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)

Literatur

  • Konrad Breitenborn:
    • Im Dienste Bismarcks – Die politische Karriere des Grafen Otto zu Stollberg-Wernigerode, Verlag der Nation, ISBN 978-3373003946
    • Fürst Otto zu Stolberg-Wernigerode: Schloßherr – Diplomat – Politiker, 1996, ISBN 9783929330700

Fußnoten

  1. Eduard Jacobs: Stolberg-Wernigerode, Otto Fürst zu/seit 1890, in: Allgemeine Deutsche Biographie 54 (1908), S. 551-564
  2. Stolberg-Wernigerode, Otto Fürst zu von Eduard Jacobs in: „Allgemeine Deutsche Biographie“, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 551–564