Psalmen
Psalmen (von kirchenlat. psalmus; Einzahl Psalm) sind im biblisch-alttestamentlichen Buch der Psalmen gesammelte religiöse Texte, die im jüdischen Altertum niedergeschrieben wurden. Sie sind daher Bestandteil der religiösen Überlieferung des Judentums und des Christentums. Wie die ganze Bibel fallen sie unter den Begriff Judaikum und gelten Bibelanhängern als heilig. Übersetzungen in verschiedene Sprachen gab es bereits vor Martin Luther, der die Psalmen im Zuge seiner Bibelübersetzung ins Deutsche übertrug.
Inhaltsverzeichnis
Herkunft
Das Buch der Psalmen soll in seinen Bestandteilen spätestens im 2. Jahrhundert v. d. Z. in dieser Form zusammengewachsen sein. Die Entstehung jedes einzelnen der etwa 150 Psalmen, sowohl vom Verfasser als auch von der Zeit her, ist unklar. Verfassernamen („Ein Psalm Davids“; „Psalmen Salomos“) gelten vielfach als nachträglich eingefügt. Es gibt zudem noch in anderen Teilen des Alten Testaments Psalmen.
Christliche Handhabung
Im Christentum wurden die im israelitischen Kultus beheimateten Psalmen seit früher Zeit messianisch auf Jesus hin gedeutet und über die Zeiten zur Affirmation der eigenen Rechtgläubigkeit und gleichzeitig zur Befeuerung des Hasses auf „die Gottlosen“ vorgebetet und vorgesungen. In christlichen Kirchen- und Gemeindeveranstaltungen werden sie auch heute noch eingesetzt, ebenso im Religionsunterricht als wertvolles Gut nähergebracht und allgemein in diesem Sinn gewürdigt:
- „Die Frömmigkeit der Menschen des alten Bundes findet ihren lebendigen Ausdruck in dem geistgewirkten Zeugnis der Psalmen.“[1]
Daß die Psalmen vom Menschen als einem Nichts vor Gott (Ps. 8,5; 144,3–4), als von Staub (Ps. 103), als einem Wurm (Ps. 22,7) und ewig züchtungsbedürftigem räudigen Sünder (Ps. 38) reden, ist heute kaum noch Gegenstand der Verkündigung. Gelegentlich des Zitierens von Psalmen nimmt man ausschließlich die wenigen Psalmen oder Teile von ihnen, die traditionell als dichterisch, erhebend, tröstlich gelten und angenehm klingen, wie der bekannte Psalm 23 („Der Herr ist mein Hirte“).
Gehalt an jüdisch-christlichen Werten
Die Psalmen sind wie das ganze Alte Testament[2] wesentlich durchzogen von Gewaltverherrlichung gegen solche, welche die jüdische Gruppe („Volk Israel“) zum Feind erklärt, von Haß und Racheschwüren, von Triumphgeschrei für Jahwes Ausrottungsaktionen zugunsten seines angeblich auserwählten Volkes, ebenso von blutrünstiger Eroberungs- und Mordgier, die sich auf die Zukunft richtet.
Welche raublüsternen und haßerfüllten jüdisch-christlichen Werte sich in den Psalmen der Hl. Schrift widerspiegeln und aussprechen, belegen diese wenigen Beispiele:[3]
Psalm 2,7–12:
- „Ich will von der Weisheit predigen, daß der HERR zu mir gesagt hat: Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeuget: heische von mir, so will ich dir Heiden zum Erbe geben und der Welt Enden zum Eigentum. Du sollst sie mit einem eisernen Zepter zerschlagen; wie Töpfe sollst du sie zerschmeißen. So lasset euch nun weisen, ihr Könige, und lasset euch züchtigen, ihr Richter auf Erden! Dient dem HERRN mit Furcht und freut euch mit Zittern! Küßt den Sohn, daß er nicht zürne und ihr umkommt auf dem Wege; denn sein Zorn wird bald entbrennen.“
Psalm 3,8:
- „Auf, HERR, hilf mir, mein Gott! denn du schlägst alle meine Feinde auf den Backen und zerschmetterst der Gottlosen Zähne.“
Psalm 18,38–48:
- „Ich will meinen Feinden nachjagen und sie ergreifen, und nicht umkehren, bis ich sie umgebracht habe. Ich will sie zerschmettern; sie sollen mir nicht widerstehen und müssen unter meine Füße fallen. Du kannst mich rüsten mit Stärke zum Streit; du kannst unter mich werfen, die sich wider mich setzen. Du gibst mir meine Feinde in die Flucht, daß ich meine Hasser verstöre. Sie rufen – aber da ist kein Helfer – zum HERRN; aber er antwortet ihnen nicht. Ich will sie zerstoßen wie Staub vor dem Winde; ich will sie wegräumen wie den Kot auf der Gasse. Du hilfst mir von dem zänkischen Volk und machst mich zum Haupt unter den Heiden; ein Volk, das ich nicht kannte, dient mir; es gehorcht mir mit gehorsamen Ohren. Ja, den Kindern der Fremde hat’s wider mich gefehlt; die Kinder der Fremde verschmachten und kommen mit Zittern aus ihren Burgen. Der HERR lebt, und gelobt sei mein Hort; und erhoben werde der Gott meines Heils, der Gott, der mir Rache gibt und zwingt die Völker unter mich.“
Psalm 9,7:
- „Der Feind ist vernichtet, zertrümmert für immer, die Städte hast du zerstört; jedes Gedenken an sie ist vergangen.“
Psalm 18,30:
- „Denn mit dir kann ich Kriegsvolk zerschlagen und mit meinem Gott über die Mauer springen.“
Psalm 44,6:
- „Durch dich wollen wir unsre Feinde zerstoßen; in deinem Namen wollen wir untertreten, die sich wider uns setzen.“
Psalm 83,10–11:
- „Tue ihnen, wie den Midianitern, wie Sisera, wie Jabin am Bach Kison, die vertilgt wurden bei Endor und wurden zu Kot auf der Erde.“
Psalm 110,5–6:
- „Der HERR zu deiner Rechten wird zerschmettern die Könige am Tage seines Zorns; er wird richten unter den Heiden; er wird ein großes Schlagen unter ihnen tun; er wird zerschmettern das Haupt über große Lande.“
Psalm 137,8–9:
- „Du verstörte Tochter Babel, wohl dem, der dir vergilt, wie du uns getan hast! Wohl dem, der deine jungen Kinder nimmt und zerschmettert sie an dem Stein!“
Psalm 58,4–11:
- „Die Gottlosen sind verkehrt von Mutterschoß an; die Lügner irren von Mutterleib an. Ihr Wüten ist gleichwie das Wüten einer Schlange, wie die taube Otter, die ihr Ohr zustopft, daß sie nicht höre die Stimme des Zauberers, des Beschwörers, der wohl beschwören kann. Gott, zerbrich ihre Zähne in ihrem Maul; zerstoße, HERR, das Gebiß der jungen Löwen! Sie werden zergehen wie Wasser, das dahinfließt. Sie zielen mit ihren Pfeilen; aber dieselben zerbrechen. Sie vergehen wie die Schnecke verschmachtet; wie eine unzeitige Geburt eines Weibes sehen sie die Sonne nicht. Ehe eure Dornen reif werden am Dornstrauch, wird sie ein Zorn so frisch wegreißen. Der Gerechte wird sich freuen, wenn er solche Rache sieht, und wird seine Füße baden in des Gottlosen Blut.“
Psalm 149,2–9:
- „Israel freue sich des, der es gemacht hat; die Kinder Zions seien fröhlich über ihren König. Sie sollen loben seinen Namen im Reigen; mit Pauken und Harfen sollen sie ihm spielen. Denn der HERR hat Wohlgefallen an seinem Volk; er hilft den Elenden herrlich. Die Heiligen sollen fröhlich sein und preisen und rühmen auf ihren Lagern. Ihr Mund soll Gott erheben, und sie sollen scharfe Schwerter in ihren Händen haben, daß sie Rache üben unter den Heiden, Strafe unter den Völkern; ihre Könige zu binden mit Ketten und ihre Edlen mit eisernen Fesseln; daß sie ihnen tun das Recht, davon geschrieben ist. Solche Ehre werden alle seine Heiligen haben. Halleluja!“[4]
Siehe auch: Archetyp eines jüdischen Völkermordes
Siehe auch
Literatur
- Heinz-Werner Kubitza: Der Glaubenswahn: Von den Anfängen des religiösen Extremismus im Alten Testament. Tectum Wissenschaftsverlag, 2017, ISBN 978-3828838499 [372 S.]
- Erich Glagau:
- Die grausame Bibel. Verlag Tim Schatowitz, 7. Aufl. 1998, ISBN 3933343003
- Gott beim Wort genommen, Teil I. Verlag Werner Symanek, Gladbeck 1993, ISBN 3927773131
- Maximilian Oettinger: Der Fluch. Vernichtende Rede in sakralen Gesellschaften der jüdischen und christlichen Tradition. Hartung Gorre Verlag, Konstanz 2007, ISBN 3-86628-118-8
- Frank van der Velden: Psalm 109 und die Aussagen zur Feindschädigung in den Psalmen. Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 1997, ISBN 978-3-460-00371-2
- Rainer Schepper: Gott beim Wort genommen. Das Alte Testament auf dem ethischen Prüfstand, Verlags-Werkstatt Klingler und Soehnel, Argenbühl-Christazhofen 1993, ISBN 3928448072, S. 316–323
- Fritz Rienecker / Gerhard Maier: Lexikon zur Bibel, R. Brockhaus Verlag, Wuppertal u. Zürich 1994, Stichwort Psalmen