Schürmann, Paul (1895–1941)

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Sanitätsoffizier dreier deutschen Armeen Prof. Dr. Paul Schürmann mit seiner geliebten Leica

Paul Schürmann (Lebensrune.png 25. Juli 1895 in Gütersloh; Todesrune.png gefallen 2. Juli 1941 bei Borissow) war ein deutscher Militärpathologe, Tuberkuloseforscher und Sanitätsoffizier des Deutschen Heeres, der Reichswehr und der Wehrmacht. Im Ersten Weltkrieg studierte Paul Schürmann nach einer Verwundung im Infanterie-Regiment „Prinz Friedrich der Niederlande“ (2. Westfälisches) Nr. 15 Medizin und wurde Feldhilfsarzt. 1920 schloß er sein Studium in Heidelberg ab, arbeitete in der Krebsforschung und habilitierte 1927 in Hamburg. Von 1930 an arbeitete er als außerordentlicher Professor am Pathologischen Institut der Charité Berlin. 1935 trat er als Stabsarzt in die Wehrmacht ein und baute ein „Institut für Allgemeine und Wehrpathologie“ an der Militärärztlichen Akademie Berlins auf.

Tod

Kurz nach Beginn des Unternehmens „Barbarossa“ fiel Oberfeldarzt Prof. Dr. Paul Schürmann an der Kriegsfront, er wurde posthum mit Wirkung vom 1. Juli 1941 zum Oberstarzt befördert.

Tatbericht

Quelle
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Wer war Oberstarzt Prof. Dr. Paul Schürmann?

„Um Paul Schürmann werden wir Zeit unseres Lebens trauern. Mit ihm ist eine große Hoffnung der deutschen Pathologie dahingegangen.“ (Robert Rössle)

An der Nordseite des Telefonmastes 1399 westlich der Beresina-Autobahnbrücke bei Borissow endete das Leben von Oberfeldarzt Professor Dr. Paul Schürmann. An jenem 2. Juli 1941 vermeldete das Kriegstagebuch der 18. Panzerdivision, die einen Brückenkopf über den Fluss erkämpft hatte, lediglich: „Igelstellung liegt in schwerem feindlichen Artilleriefeuer…Flakgeschütze werden zusammengeschossen. Neue Panzer-Abteilung ansetzen, um nach vorn Luft zu schaffen“. Weshalb starb einer der herausragendsten deutschen Pathologen, Hochschullehrer und Wissenschaftler an diesem entlegenen Ort in Weissrussland?

Geboren wurde Paul Schürmann am 25. Juli 1895 in Gütersloh. Er besuchte das dortige Gymnasium, erlangte im Sommer 1914 sein Notabitur, um danach als Kriegsfreiwilliger und Infanterist im westfälischen Infanterieregiment 15 an der Westfront die Schrecken des Stellungskriegs zu erleben. Noch während des 1. Weltkriegs begann er daraufhin, in Freiburg und Heidelberg Medizin zu studieren. Das Jahr 1917 sah ihn schon als Feldhilfsarzt kommandiert zu einer Prosektur des Heeres in Würzburg. Dieser neue Sanitätsoffizier-Dienstgrad war im März 1916 für nichtapprobierte Unterärzte, mithin noch Medizinstudenten, eingeführt worden. In dieser infolge der Kriegsereignisse wichtigen und mit Sektionsgut reichlich frequentierten Einrichtung, kam der junge Schürmann erstmalig mit dem Fach der pathologischen Anatomie in Kontakt.

Im Jahr darauf erkrankte er zudem an Lungentuberkulose, deren weitere Erforschung, Diagnostik und Behandlung ihn in den Folgejahren nicht mehr loslassen sollte. Nach seiner Approbation 1921 arbeitete Paul Schürmann zunächst am Krebsforschungsinstitut in Heidelberg und der Deutschen Heilstätte Davos. Sein weiterer Werdegang und sein wissenschaftliches Leben ist im Anschluss von drei der bedeutendsten Koryphäen der pathologischen Anatomie in Deutschland beeinflusst worden: Von Christian Georg Schmorl am Pathologischen Institut des Stadtkrankenhauses Dresden Friedrichstadt, Theodor Fahr im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und schließlich Robert Rössle, einem der Amtsnachfolger Rudolf Virchows am Pathologischen Institut der Berliner Charité.

Dort arbeitete Schürmann nach seiner Habilitation in Hamburg, zum „Planmäßigen a. o. Professor“ berufen, als Prosektor. Seine Habilitationsschrift und zahlreiche vorhandene Originalarbeiten zeugen von außerordentlicher wissenschaftlicher Akribie und Begeisterung gerade für die Erforschung der Tuberkulose. Dabei stand in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein deutlich höheres Autopsiegut als heute zur Verfügung, beispielsweise konnte Schürmann anhand von 1 000 Leichenöffnungen Quantität, Morphologie und Stadien tuberkulöser Veränderungen beschreiben und somit Aussagen zu dem pathognomonischen Bild früher Infektionsstadien treffen. Zudem befasste er sich experimentell mit der in den zwanziger Jahren von Leon Calmette und Camille Guérin entwickelten, nach ihnen benannten und damals in der Diskussion stehenden „BCG“-Impfung. Es verwundert daher nicht, dass Schürmann als pathologischer Gutachter im Rahmen der Aufklärung des größten Impfunglücks des 20. Jahrhunderts zu Rate gezogen wurde. In Lübeck waren 1930 von 246 erstmals in Deutschland mit BCG geimpften Neugeborenen 77 auf Grund einer unsachgemäßen Behandlung und Verwechslung der BCG-Stämme mit hochvirulenten Tuberkelbazillen gestorben.

Im Jahr 1935 wurde Paul Schürmann zunächst mit dem Dienstgrad eines „Stabsarztes“ an die im Vorjahre wieder begründete Berliner Militärärztliche Akademie berufen. Diese zentrale Ausbildungseinrichtung für Sanitätsoffiziere der Wehrmacht lag im Gebäude der 1919 aufgelösten „Kaiser-Wilhelms-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen“ an der Ecke Scharnhorststraße/Invalidenstraße direkt gegenüber der Charité. Heute beheimatet das repräsentative Gebäude das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie.

Schürmann avancierte dort zum Leiter der Lehrgruppe C, der Forschungsgruppe der Akademie. Es gelang ihm schnell, diese in den Folgejahren mit dem Schwerpunkt der Militärpathologie aufzubauen, einem Fach, das er als Basis für andere medizinische Disziplinen mit militärmedizinischer Bedeutung ansah. Noch vor Kriegsbeginn erkannte er z. B. die besondere Forschungswürdigkeit für Kriegsschäden des Zentralnervensystems und gab den Anstoß zu der ersten zentralen Erfassung derartiger Verwundungen. Er schlug bereits 1938 vor, in der dem Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung angeschlossenen Forschungsklinik eine Reserveklinik für Kopfschussverletzte einzurichten. Die Verbindung zur universitären Forschung nicht abreißen zu lassen, war ihm dabei stets ein besonderes Anliegen, so organisierte er Fachtagungen an der Akademie, bei der die bedeutendsten Pathologen der damaligen Zeit anwesend waren, wie 1937 Erich Letterer, Ludwig Aschoff und Arnold Lauche.

Den jungen Sanitätsoffizieranwärtern muss Schürmann ein besonderer charismatischer Lehrer und Dozent gewesen sein, wie zahlreiche Zeitzeugen berichten. Zudem war er ein leidenschaftlicher Fotograf und Filmer, der es als einer der ersten Militärärzte verstand, einschlägige Lehrfilme zu drehen und sanitätsdienstliche Motive, insbesondere Erstversorgung und Bergung von Verwundeten mit dem neuen Medium ins allgemeine Bewusstsein zu rücken. Diese Begeisterung für die Möglichkeiten der Fotografie führte nach Beginn des Krieges dazu, dass Schürmann sich mit einem Filmtrupp der Militärärztlichen Akademie vordersten Einheiten anschloss, um an möglichst authentische Aufnahmen zu kommen, so beim Übergang über die Aisne in Frankreich im Juni 1940. Dort wurde er auch erstmalig verwundet. Höhepunkt dieses fotografischen Schaffens sollte die Luftlandung auf Kreta am 20. Mai 1941 werden. Schürmann begleitete mit seinen Fotografen die Fallschirm- und Gebirgsjäger, die auf Kreta landeten. Mit einer Ju 52 auf den Flugplatz Maleme eingeflogen, drehte er dort einen Lehrfilm über den Truppensanitätsdienst während der schweren Kämpfe in unwegsamem Gelände.

Trauer an Prof. Dr. Schürmanns Kriegsgrab in Borissow; später von den Russen geschändet und eingeebnet.

Der daraus resultierende Filmbericht „Seite an Seite“, der gemeinsam von Schürmanns Filmtrupp aus der Militärärztlichen Akademie und PK-Mitarbeitern gedreht, geschnitten und später propagandistisch aufgearbeitet wurde, konnte kürzlich im Filmarchiv des Bundesarchivs Koblenz wieder entdeckt werden und steht nun der Historischen Sammlung des Sanitätsdienstes an der Sanitätsakademie München zur Verfügung. Gezeigt wird u. a. die Erstversorgung von Schwerverwundeten unter feindlichem Feuer, der schwierige Rücktransport in weitergehende Sanitätseinrichtungen und erstmalig auch die Rückführung von Verwundeten durch Lufttransport in Lazarette auf dem griechischen Festland. Schürmann selbst wurde bei den Dreharbeiten auf Kreta am 25. Mai 1941 in vorderster Frontlinie verwundet, musste zwei Tage später mit einer Transportmaschine nach Athen-Phaleron verbracht und im Feldlazarett Sismanoglion bis zum 8. Juni 1941 behandelt werden.

Kaum genesen ließ sich Prof. Schürmann 10 Tage später mit seinem Filmtrupp zur Heeresgruppe Mitte nach Polen kommandieren, um – zugeordnet dem Stab der 18. Panzerdivision – den Einsatz des Sanitätsdienstes beim Angriff auf die Sowjetunion zu dokumentieren. Nach Überschreitung des Bugs nördlich von Brest-Litowsk am 22. Juni und raschem Vormarsch auf Minsk wurde eine Kampfgruppe der Division für einen Panzerraid über 100 km ins Hinterland der Sowjets zusammengestellt. Ziel war die Einnahme der operativ wichtigen Autobahn- und Eisenbahnbrücken über die Beresina bei Borissow.

Weltgeschichtlich bedeutend waren die Beresina-Brücken bereits im November 1812 geworden, hier passierte die napoleonische Armee bei ihrem katastrophalen Rückzug den Fluss. In schweren Kämpfen konnte am 1. Juli 1941 die Autobahnbrücke von Panzereinheiten gestürmt und ein Brückenkopf am Ostufer gebildet werden. In den frühen Morgenstunden des 2. Juli erfolgte nach Artilleriebeschuss ein Gegenstoß der Sowjets, dem seinerseits wieder durch einen Entlastungsvorstoss der I./Pz.Rgt. 18 begegnet wurde. Schürmann muss sich dabei in vorderster Linie befunden haben und starb „mit der Leica in der Hand“ am frühen Morgen des 2. Juli durch ein Artilleriegeschoss.

Paul Schürmann wurde zunächst am Damm der Autobahnbrücke in einem Feldgrab beigesetzt, im Herbst 1941 erfolgte die Umbettung in den neuen zentralen Ehrenfriedhof Borissow. Fotografien beider Grablagen befinden sich in der Historischen Sammlung. Die Lage des Grabes ist an Hand von genauen Aufzeichnungen bei der Deutschen Kriegsgräberfürsorge bekannt, trotzdem konnte es bis heute nicht wieder aufgefunden werden, da der Friedhof nach der Rückeroberung Borissows durch die Rote Armee 1944 eingeebnet und später überbaut worden ist. Schürmann, der für seine Leistungen auf Kreta mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse ausgezeichnet worden war, wurde posthum zum 1. Juli 1941 zum Oberstarzt befördert.

Quelle: V. Hartmann, R. Mellentin: Paul Schürmann


Familie

Paul Schürmann war der Sohn des Kaufmanns Heinrich Schürmann (1863 bis 1929) und dessen Ehefrau Wilhelmine, geborene Weber (1871 bis 1940). Er hatte vier jüngere Geschwister. Verheiratet war Dr. Schürmann mit der Zahnärztin Susanne, geb. Struve, die er während seiner Zeit in Dresden kennengelernt hatte. Aus der Ehe sind drei Töchter entsprossen.

Auszeichnungen (Auszug)

Ehrung

  • Paul-Schürmann-Preis (Verleihung seit 1968 durch die Deutsche Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie)