Thidreksaga

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Die Thidrekssaga ist eine umfangreiche Sagenkompilation des 13. Jahrhunderts in altnordischer Sprache; neben der älteren norwegischen Fassung (und mit ihr verwandten isländischen Fassungen) existiert auch eine knappere altschwedische aus dem 15. Jahrhundert (Didrikskrønike), von der zumeist angenommen wird, dass es sich um eine verkürzende Übersetzung der uns erhaltenen norwegischen Handschrift handelt. Die Saga erzählt in Prosa (zu den Werken in Versform siehe Dietrichsepik) das Leben des Helden Thidrek af Bern, der im deutschen Sprachraum als Dietrich von Bern bekannt war. Der Sagaschreiber gibt an, seine Erzählung sei "zusammengestellt nach der Erzählung deutscher Männer, teilweise nach ihren Liedern, womit man große Herren unterhalten soll". Vorlage der Saga waren also offenbar Quellen aus dem niederdeutschen Raum (Sachsenland), teils in Prosa, teils in Versen. Seit dem Hochmittelalter, mit dem Eindringen einer niederdeutsch geprägten Adels- und Kaufmannskultur in den Norden (vgl. Hanse), vergrößerte sich das skandinavische Interesse an Dietrich zunächst in Dänemark, Schweden und Norwegen.

Quellenlage

Die Thidrekssaga ist uns in drei Pergament-Handschriften in altwestnordischer (altisländisch-altnorwegisch) Sprache und einer altschwedischen Fassung in zwei sehr ähnlichen Handschriften bekannt. Von zweien der altwestnordischen Pergament-Handschriften liegen heute jedoch nur noch Abschriften vor.

Die altwestnordischen Pergament-Handschriften

Von den drei Pergament-Handschriften gingen zwei verloren. Wahrscheinlich wurden sie bei dem Kopenhagener Stadtbrand im Jahr 1728 vernichtet. Allerdings existieren von beiden verlorenen Handschriften je zwei gute isländische Abschriften auf Papier in der Arnamagnæanischen Sammlung, die als A (AM 178 = Sigle A) mit E sowie B (AM 177=Sigle B) mit D bezeichnet werden.

Die dritte der Pergament-Handschriften ist nun die älteste und wird in der Königlichen Bibliothek in Stockholm aufbewahrt. Sie wird normalerweise „Membrane“ (Mb) genannt und dürfte in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts (am ehesten um 1280) in der norwegischen Hafenstadt Bergen aufgezeichnet worden sein. Diese Version wird bei der Übersetzung ins Deutsche bevorzugt benutzt. Der Text ist allerdings nicht mehr vollständig, vor allem am Anfang und am Schluss gibt es Lücken. Zur Ausfüllung dieser Lücken und zur Anzeige von Varianten werden etwa in der Thidrekssaga-Ausgabe von Bertselsen die arnamagnæanischen isländischen Papierhandschriften A und B benutzt.

Im 1308-1314 verfertigten Handschriftenverzeichnis des Bergener Bischofs Árni Sigurðarson ist eine Handschrift der Thidrekssaga vermerkt. Dahinter wird die heute in Stockholm verwahrte Membran vermutet. Wichtig ist die Lokalisierung einer solch alten Handschrift in der Hanse- und Königsstadt Bergen, da sie Rückschlüsse auf das Entstehungsmilieu der Thidrekssaga zulässt.

Die Stockholmer Membrane lässt die Hand von 5 verschiedenen Schreibern (MB1 bis MB5) erkennen. Die Schreiber MB2 und MB3 waren "Hauptschreiber" bzw. "Abschriftleiter". Diese Redaktoren lassen sich daran erkennen, dass sie offenbar verschiedene Vorlagen benutzten. Aber auch ein und derselbe Redaktor bzw. Schreiber benutzte öfters verschiedene, inhaltlich zueinander widersprüchliche Vorlagen. Dadurch ist die ThS besonders wertvoll für die Sagengeschichte: wir wissen durch sie, dass es in Deutschland verschiedene Versionen der einzelnen Sagen gab. Die bekanntesten Widersprüche innerhalb der ThS sind der mehrfache Tod des Wilzenkönigs Osantrix und die Herkunft der Niflungen - die letztgenannte vom selben Schreiber, Mb3, zweimal unmittelbar hintereinander mit unterschiedlichen Namen der Akteure. Es handelt sich also nicht um irrtümliche Verdoppelungen, sondern um absichtliche Aufnahme unterschiedlicher Sagenfassungen.

Die Membrane wurde bei Übersetzungen ins Deutsche meist bevorzugt, vor allem weil sie das älteste Textzeugnis der Thidrekssaga darstellt. Dabei enthalten die Abschriften A+E und B+D einige Abweichungen. Besonders die Handschrift A fällt dadurch auf, dass sie mit anderen nordischen Überlieferungen wie der Völsunga-Saga in vielem übereinstimmt. So nennt diese Handschrift Kriemhild unter dem Namen Gudrun, sie bezeichnet Brünhild als Budlis Tochter und erzählt als einzige von deren frühem Tod nach Siegfrieds Tod. Auch kennt sie den Namen von Siegfrieds Schwester Signy.

Die altschwedische Fassung

Neben diesen drei mit einander verwandten Handschriften gibt es noch eine altschwedische Fassung in zwei Handschriften (Sv A und Sv B) aus dem 15. Jahrhundert, die Didriks-Krönikan (Dietrichschronik) oder Sagan om Didrik af Bern genannt wird. Sie berichtet insgesamt sachlicher und kürzer, inhaltlich unterscheidet sie sich vor allem am Ende von den isländischen Überlieferungen (in Mb fehlt der Schluss). Dietrich kämpft am Ende mit Wideke Wielandssohn, der die Attilasöhne und Dietrichs Bruder getötet hatte, besiegt ihn, stirbt aber, nach Versenkung Mimungs in einem See, in Schwaben an seinen Wunden. Der Publizist Heinz Ritter-Schaumburg übersetzte sie erstmals ins Deutsche und belegte sie mit der Bezeichnung "Svava", wobei es sich um ein Geisterwort handelt. Heinz Ritter hat die gängige Abkürzung für die altschwedische Version der Thidrekssaga (Didrikskrønike aus dem 15. Jahrhundert), nämlich "Sv", wie sie von Bertelsen in seiner Ausgabe von 1905-11 zusammenfassend für die Skoklosterhandschrift Nr. 115-116, quarto, und die Handschrift K 45 in der Königlichen Bibliothek Stockholm verwendet wurde, offensichtlich missverstanden und willkürlich zu "Svava" ergänzt. In Wirklichkeit steht "Sv" für "svensk" = "schwedisch".

Dass es sich bei der schwedischen Fassung der Thidrekssaga um eine Übersetzung handelt, gibt sie selbst ganz am Schluss zu verstehen, mit den Worten: Herrn Didriks Buch hat nun sein Enden, Gott möge seine Gnade senden Dem, der es tat auf Schwedisch wenden. Vor allem deshalb wird die altschwedische Fassung im Allgemeinen für eine verkürzte Übersetzung der altwestnordischen Membrane betrachtet.

Heinz Ritter bestreitet diese Abhängigkeit und hält die schwedische Fassung für die Übersetzung eines nicht mehr existierenden dänischen oder niederdeutschen Textes, wofür auch die verwendeten niederdeutschen Namen der Helden und zahlreiche Danismen sprächen. Er verweist auch auf das Verhältnis der beiden Handschriften (Sv A und Sv B) der schwedischen Fassung, die ihm zufolge eigenständige Übersetzungen ein und desselben Textes sein müssen. Dies wäre an den vielfach verwendeten gleichbedeutenden aber anders lautenden Worten erkennbar. Die ausländische Quelle müsse aber aufgrund der starken Verwandtschaft beider Handschriften dieselbe gewesen sein und könne somit nicht die Membrane sein. Die Handschrift Sv B enthält allerdings nur den ersten Teil der Thidrekssaga bis etwa zu Sevekins Rache, weshalb sich dies nicht auf den ganzen Text bezieht.

Inhalt

Um die Gestalt des Thidrek (Didrik, Dietrich) von Bern - der seit dem Hochmittelalter mit dem Ostgotenkönig Theoderich gleichgesetzt wird - gruppiert sich eine größere Zahl ursprünglich vermutlich in andere Kontexte gehörende Heldensagen wie diejenige von Siegfried, die Nibelungensage, die Sage von Wieland dem Schmied und die Wilzensage, deren Protagonisten mittels Gefolgschaft oder Verwandtschaft mit Thidrek verknüpft werden. Dadurch wird die Thidrekssaga zur frühesten Kompilation deutscher Heldensagen in Prosaform, weshalb sie in der germanistischen Forschung häufig benutzt wird.

Überblick über den Inhalt der Kapitel

Im Folgenden die Inhaltsangabe der Membrane-Überlieferung (s.u.) nach Hanswilhelm Haefs (2004, S.76-94), nach der Inhaltsangabe in Klammern die Anzahl der Unterkapitel. Die Unterteilung in die Erzählsequenzen stammt von Kramarz-Bein (2002).

I. Erzählsequenz: Jugend und Erprobung

(Hier sind nur die isländischen Hss. A und B sowie die altschwedische Fassung Textzeugen. Der Anfang von Mb ist verloren.)

  • Prolog. Enthält sagengeschichtlich wichtige Informationen über das Verständnis der Sagen und Angaben zu den Quellen der Saga.
  • Kap. 1 "Ritter Samson und seine Söhne" (14): Ritter Samson, ein beinahe riesengroßer, schwarzhaariger Krieger, verliebt sich in Hildisvid, die Tochter des Jarl Rodgeir von Salerni (meist mit Salerno gleichgesetzt), und entführt sie mit ihrer Zustimmung. Zunächst lebt er mit ihr als Räuber in einem Wald; dort erschlägt er den Jarl sowie König Brunstein, die Hildisvid zurückholen wollen. Schließlich wird er von den Bürgern Salernis auf einem Thing zum Herzog gewählt und dann sogar zum König erhoben. Mit Hildisvid hat er zwei Söhne, Erminrik und Thetmar. Im Alter beginnt er noch einen Krieg gegen Jarl Elsung von Bern (meist mit Verona in Oberitalien gleichgesetzt). Er erschlägt Elsung eigenhändig und verheiratet dessen Tochter Odilia mit seinem jüngeren Sohn Thetmar, den er zum König von Bern macht. Mit seinem ältesten Sohn Erminrik zieht er weiter nach Süden gegen Rom, stirbt aber auf dem Weg dorthin. Erminrik erobert den Großteil des Römergebietes "samt vielen Inseln des griechischen Meeres" (Die nüchterne altschwedische Fassung nennt hier nur Grekin). Seinen dritten Sohn, Aki, den er mit einer Nebenfrau hatte, machte Samson zum Herzog von Fritila.
  • Kap. 2 "Jung Thidrek" (8): Erzählt von König Thetmar und seinem Sohn Thidrek. Thidrek wächst zu einem Mann von gewaltiger Kraft und mit vielen guten Eigenschaften seines Großvaters Samson heran. Hildibrand (entspricht dem deutschen 'Hildebrand'), Sohn des Herzogs von Venedi (oft mit Venedig gleichgesetzt), kommt nach Bern und wird von Thetmar zum Erzieher des jungen Thidrek bestellt. Thidrek fängt auf der Jagd den Zwerg Alfrik (die nordisierte Form des deutschen Namens 'Alberich'), der ihm, um freigelassen zu werden, das von ihm selbst geschmiedete Schwert Nagelring ausliefert. Mit diesem großartigen Schwert kämpft Thidrek mit Hildebrands Hilfe gegen die zauberkundige Riesin Hild und ihren Mann Grim. Obwohl sich die Körperhälften der erschlagenen Hild durch Zauber wieder zusammenfügen können, gelingt es ihm, sie endgültig zu töten. Thidreks wertvollstes Beutestück ist der Hildegrim genannte Helm der beiden Ungeheuer. Durch diese und andere Großtaten wird Thidrek berühmt.
  • Heime ist der Sohn des Studas, des Verwalters von Brynhilds Gestüt auf Burg Seegard in Schwaben. Vom Gestüt der Brynhild kommen die besten aller Heldenrosse. Heime hieß ursprünglich nach seinem Vater 'Studas'; da er jedoch so grimmig ist wie der Drache Heimir, der bösartigste aller Drachen, wird er später nach diesem benannt. Von seinem Vater Studas bekommt Heime den Hengst Rispe. Heime zieht zu Thidrek und fordert ihn zum Zweikampf auf; dem Sieger sollen die Waffen des Unterlegenen gehören. Thidrek siegt; Heime lässt sich von ihm als Gefährten aufnehmen.

(Hier beginnt der erhaltene Teil von Mb)

  • Kap. 3 "Erste Redaktion der Wilzensaga" (19): Die Wilzen sind ein Volk, das von der ThS widersprüchlich lokalisiert wird: meist südlich der Ostsee, manchmal näher an Russland, manchmal westlicher; manchmal aber auch als 'Groß-Schweden' mit Teilen nördlich und südlich der Ostsee. Diese Saga ist in Mb in zwei Fassungen ("Redaktionen") aufgenommen, die inhaltlich keine großen Unterschiede aufweisen, aber stilistisch sich unterscheiden. Es sieht so aus, als hätten zwei Übersetzer den selben deutschen Text übersetzt und der Redaktor Mb3 sich entschlossen, auch die zweite Version aufzunehmen; diese folgt in Mb erst viel später: zwischen den Geschichten von 'Herburt und Hilde' und 'Walther und Hildegund'. Die isländischen Handschriften bieten nur die "Zweite Redaktion" der Wilzensaga, und zwar weder dort, wo Mb die "Erste Redaktion" noch dort, wo Mb die "Zweite Redaktion" hat, sondern nach den Sagen von Velent, Vidga, Ecke und Fasold.
  • Der Inhalt der "Ersten Redaktion der Wilzensaga": Erster Bericht über die Kämpfe zwischen Wilzen und Russen. Der Wilzenkönig Vilcinus besiegt den Russenkönig Hertnit zieht in dessen Hauptstadt Holmgard (Nowgorod) ein und macht Russland tributpflichtig. Auf der Rückfahrt über die Ostsee nach dem Russenkrieg wird sein Schiff von einer Meerfrau angehalten; er geht an Land, wo sie ihm als Frau begegnet und ein Kind empfängt. Die Meerfrau überbringt das Neugeborene in das Reich des Vilcinus, das unter dem Namen Vadi zu einem Riesen heranwächst. Vilcinus übergibt Vadi 12 Höfe in Schweden. Vilcinus hat auch einen menschlichen, aber grimmigen und habgierigen Sohn Nordian. Nach dem Tode des Wilzinus gelingt es Hertnit, Nordian zu unterwerfen; der und später Nordians riesenhafte Söhne Aventrod, Etgeir, Aspilian und Viðolfr werden Hertnit zinspflichtig. König von Wilzenland wird einer der Söhne Hertnits, Osantrix, während Russland und Polen ein anderer Sohn Hertnits, Waldimar, erbt. Hertnit überlässt Nordian nur Seeland.

Osantrix schickt zwei seiner Neffen auf Werbungsfahrt zu König Melias von Hunaland (das heutige Westfalen) um die Hand von dessen Tochter Oda. Der hochmütige Melias lässt jedoch die Werber ins Gefängnis werfen. Osantrix bedient sich auf dem Rachefeldzug einer List (er zieht inkognito an den Hof des Melias und gibt sich dort als Friedrich, König von Spanien, aus) und der Kraft der riesigen Söhne Nordians. Insbesondere Viðolfr Mittumstangi (im König Rother, der das Vorbild für die Brautwerbung des Osantrix darstellt, heißt er Widolf mit der stangen) verbreitet solchen Schrecken, dass die anderen Riesen ihn an Eisenketten halten müssen, und er nur im ärgsten Kampfgetümmel losgelassen wird. Die Gefangenen werden befreit, die Königstochter wird entführt. Osantrix probiert ihr inkognito einen silbernen und dann einen goldenen Schuh an; die Schuhe passen. Dann gibt er sich zu erkennen. Die Schuhprobe ist hier unmotiviert; im König Rother hat sie Sinn. Osantrix heiratet Oda und zeugt mit eine Tochter, Erka (diese wird später die Frau Attilas).

  • Kap. 4 "Attilas Brautwerbung" (22): Der Friesenprinz Attila wird König von Heunenland (auch Hunaland) des Reiches der Heunen oder Hunen (nicht: Hunnen; die Schreibung von Doppelbuchstaben wurde im Mittelalter allerdings sehr unregelmäßig gehandhabt), indem er sich durch List in den Besitz der Wilzenprinzessin Erka (der Tochter des Osantrix) bringt. Die Werbung Attilas um Erka ist der Werbung des Osantrix um Oda strukturell ähnlich; insbesondere können beide Bräute nur durch Listen erworben werden. Während Osantrix bei seiner Werbung um Oda selbst die entscheindende Rolle spielt, verdankt Attila das Gelingen der Werbung weitgehend dem zweiten von ihm ausgesandten Werber, Markgraf Roðolfr von Bakalar; dieser entspricht dem mittelhochdeutsche Rüedeger von Bechelaren (Pöchlarn in Niederösterreich).
  • Kap. 5 "Die Geschichte von Velent dem Schmied" (29): Vadi, der riesische Sohn des König Vilcinus aus Kapitel 3 / Unterkapitel 3 mit einer Meerfrau vom Walde, hat einen Sohn namens Velent, der bei Zwergen in der Balver Höhle in die Schmiedelehre geht. Nach Vadis Tod erschlägt er die Zwerge, kommt nach Jütland zu König Nidung als Hofschmied, schmiedet sein berühmtes Schwert Mimung. Nidung lässt ihm die Fußsehnen durchschneiden, damit er nicht fliehen kann. Velent rächt sich dafür, indem er die Königssöhne erschlägt und ihre Schädel zu Schädelbechern verarbeitet, aus denen Nidung trinkt ohne es zu wissen, und indem er die Königstochter vergewaltigt. Velent flieht mit Hilfe eines aus Vogelflügeln konstruierten Flugapparates (wie der Daidalos der griechischen Sage). Auf Befehl Nidungs muss Velents Bruder Egil, der Meisterschütze, auf den Davonfliegenden schießen; es kommt zu Egils Meisterschuss (direkte Verwandtschaft mit der Sage von Wilhelm Tell): Velent hatte mit Egil ausgemacht, er solle im Falle es so käme auf eine mit Blut gefüllte Blase, die Velent unter seiner Achsel befestigte, schießen, damit es so aussähe, als habe Egil seinen Auftrag erledigt. Egil trifft tatsächlich die Blase genau. Im Wegfliegen enthüllt Velent Nidung seine Rachetaten. Aus der Verbindung mit der Königstochter entspringt der Sohn Vidga, es kommt nach Nidungs Tod zur Versöhnung mit Nidungs Sohn.

Durch die Figuren von Vidga (entspricht dem Witege oder Wittich genannten Helden der deutschen Sagen), Velent (Wieland der Schmied) und Attila ist die Wilzensaga mit Thidrek verknüpft.

  • Kap. 6 "Vidgas erste Ausfahrt " (22): Vidga zieht nach Bern, um sich in einem Zweikampf gegen Thidrek zu erproben, und begegnet unterwegs Gefährten Thidreks, darunter Hildibrand. Dieser vertauscht das wunderbare Schwert Mimung im Zweikampf Vidgas gegen Thidrek, um Thidreks Leben zu schonen. Nur dadurch kann Thidrek siegen. Hildibrand gibt aber Vidga Mimung zurück, als Thidrek ihn erschlagen will. König Thetmar trennt Vidga und Thidrek; Vidga wird Gefährte Thidreks.
  • Kap. 7 "Thidreks Kämpfe mit Ecke und Fasold" (13): Thidrek erschlägt auf einem Ausflug Ecke und gewinnt dessen Bruder Fasold als Gefährten.
  • Kap. 8 "Von Thetleif dem Dänen" (-): Heime wird verbannt und schließt sich einer Räuberbande an. Thetleif Aschenpuster wird vorgestellt, dieser kämpft auf seinem Weg zu Thidrek gegen Ingram und Heime, Heime kehrt nach Bern zurück, Thetleif wird Thidreks Mann. Es kommt zum Kampf zwischen Waltari von Wasgenstein und Thetleif. Amlung wird Kämpe Thidreks. König Thetmar stirbt.
  • Kap. 9 "Der Wilzensaga zweiter Teil" (19): Vildiver kommt zu Thidrek, Herbrand wird Thidreks Bannerträger, Attila bittet Thidrek um Hilfe gegen Osantrix von Wilzenland, Vidga wird von den Wilzen gefangen genommen, Vildiver befreit Isung, Heimir entwendet dem ohnmächtigen Vidga Mimung, Attila lobt Thidreks Gefährten.
  • Kap. 10 "Der Zug gegen Jarl Rimstein" (5): Auf Bitte seines Onkels Ermanrik, der als Kaiser in Rom herrscht, zieht Thidrek gegen Jarl Rimstein und besiegt ihn; Heime und Vidga streiten, die Stadt Gerimsheim (Germersheim) wird erobert.
  • Kap. 11 "Jung-Sigurd" (18): Sigmund, König von Tarlungaland, wirbt um Sisibe von Hispania. Sie wird verleumdet, ihn betrogen zu haben, und soll dafür im Wald ermordet werden. Die beiden gedungenen Mörder sind sich jedoch uneins; Sisibe entbindet im Wald und legt das Kind in ein gläsernes Metgefäß; die beiden Männer geraten in Kampf und stoßen dabei an das Gefäß, das in den Fluss rollt und meerwärts treibt. Sisibe stirbt vor Schmerz darüber. Das Glasgefäß zerschellt an einem Ufer; eine Hirschkuh säugt das Kind. Ein Schmied, Mimir, der im Wald Kohlen brennt, findet das Kind und zieht es auf. Er gab ihm den Namen Sigurd (entspricht Siegfried). Da dieser bald so stark wird, dass es die Schmiedeknechte verprügelt und den Amboss in den Boden schlägt, will er es von seinem Bruder Regin, der als Drache im Wald lebt, umbringen lassen. Sigurd erschlägt den Drachen mit der Holzaxt und einem Baumstamm und kocht sich das Drachenfleisch. Mime, voll Angst, schenkt ihm, um ihn gut zu stimmen, eine Rüstung und das Schwert Gram und verspricht ihm ein Ross von Brynhilds Gestüt; trotzdem erschlägt er Mime. Sigurd kommt zu Brynhild, diese nennt ihm seine Herkunft, schenkt ihm ein Ross.
  • Kap. 12 "Die Heldenschau" (21): Die Frau des Königs Aldrian schläft im Garten ein, ein Albe wohnt ihr bei, so wird der Sohn Högni/Hagen gezeugt. Die Helden an Thidreks Hof (Hildibrand, Heime, Widga, Jarl Hornbogen, Amlung, Sintram, Fasold, Wild-Ewer und Herbrand) werden vorgestellt.
  • Kap. 13 "Thidreks Zug ins Bertangenland" (38): Thidrek zieht gegen König Isung im Bertrangenland. Dort kämpft Sigurd für Isung gegen Thidrek, mittels eines Ableite-Eids kann er in höchster Not Mimung einsetzen und gewinnt. Sigurd wird Thidreks Mann.

II. Erzählsequenz: Heiraten

  • Kap. 14 "Sigurds und Gunnars Hochzeit" (14): erzählt, wie Gunter Brünhild und Sigurd Gunters Schwester Grimhild bekommt. Brünhild verweigert sich Gunter, Gunter bittet Sigurd, Brünhilds Magdtum zu brechen. Sigurd gelobt Stillschweigen. Gunter gelobt, deswegen keine Feindschaft zu hegen.
  • Kap. 15 "Herbort und Hilde" (11): Herbort zieht als Brautwerber für Thidrek zu König Artus von Britannien um dessen Tochter Hild, entflieht aber mit der Prinzessin, wohnt ihr bei, erschlägt seine Verfolger, wird Herzog bei einem fremden König und erwirbt sich bei diesem großen Ruhm. Thidrek gewinnt Gudilinda als Tochter des Königs Drusian.
  • Kap. 16 "Waltari und Hildigund" (4): Waltari von Wasgenstein, Neffe König Ermanriks, und Hildigund, Tochter von Ilias von Griechenland, kommen zu König Attila von Susat als Geiseln. Sie fliehen gemeinsam, Waltari wird aller Verfolger Herr, auch Högnis, der ihn von hinten feig erschlagen will: Hildigund bemerkt ihn, warnt Waltari, der mit einem Wildschweinknochen, den er gerade abgenagt hat, Högni ein Auge ausschlägt. Sie kommen zu König Ermanrik, der Attila durch große Geschenke freundlich stimmt.
  • Kap. 17 "Jarl Iron" (34): Jarl Iron ist Sohn von König Artus von Britannien. Irons Frau heißt Isolde (diese Isolde hat nichts mit den Isolden der Tristan-Sage zu tun). Irons Bruder ist Apollonius von Tyra. Iron ist jagdsüchtig, bei einer der Jagden wird er Gefangener des Königs Salomon von Frankreich. Isolde erreicht seine Freilassung, stirbt aber bald darauf. Iron zieht als Witwer und Gefolgsmann Attilas zu einem Fest Ermanriks nach Rom. Er kehrt auf dem Weg dorthin bei Herzog Aki Örlungenschutz ein. Akis Frau Bolfriana und Iron verlieben sich ineinander. Der Jarl steckt Bolfriana einen Zauberring an. Herzog Aki erschlägt Iron, stirbt aber wenig später. Die verwitwete Bolfriana heiratet Widga Wehlandssohn. Sie wird Mutter der Örlungen (Arlungen), die später Opfer des Ermanrik werden.

III. Erzählsequenz: Untergang und Tod

  • Kap. 18 "Sifkas Rache" (8): König Ermanrik schändet in Abwesenheit seines bis dahin getreuen Ratgebers Sifka dessen Frau. Sifka veranlasst den König zuerst, seine Söhne zum Tode zu verurteilen oder in den Tod zu schicken. Danach führt er den Tod der Örlungen-Neffen herbei. Das Vermögen Widgas, des Stiefvaters, wird vernichtet.
  • Kap. 19 "Thidreks Flucht" (-): Sifka hetzt Ermanrik gegen Thidrek auf, Ermanrik zieht gegen Thidrek, Heime verfeindet sich mit Ermanrik, Thidrek flieht erst zu Rodingeir, dann nach Susat zu Attila.
  • Kap. 20 "Der Wilzensaga dritter Teil" (25): schildert die Kriegsfahrten Thidreks gegen die Ostländer der Wilzen und Russen.
  • Kap. 21 "Thidreks Zug gegen Ermanrik" (21): Thidrek erhält von Attila nach Fürsprache der Königin Erka ein Heer. Sogar die Söhne Attilas werden ihm anvertraut. Es kommt zur Schlacht von Gronsport an der Mosel (in der Dietrichepik die Rabenschlacht; Raben ist der alte deutsche Name für Ravenna, wo Theoderich begraben liegt und die deutsche Sage diese 'Ravennaschlacht' ansiedelt). In der Schlacht fällt Herzog Naudung, Attilas Söhne und Thidreks Bruder Jung Theter kommen durch Vidgas Mimung zu Tode, worauf dieser von Dietrich verfolgt aber nicht erreicht wird. Thidrek kehrt glücklos zu Attila zurück. Wieder setzt sich Königin Erka bei Attila für Thidrek ein; er wird von der Schuld für den Tod der Etzelsöhne freigesprochen. Königin Erka stirbt. Thidrek dient weiter bei Attila.
  • Kap. 22 Der nächste Teil der Nibelungensage: "Sigurds Tod" (7): Im Niflungenland in Werniza (nach Meinung der meisten Forscher: Worms am Rhein) herrscht König Gunnar mit seinem Bruder Högni und seinem Schwager Jung Sigurd. Das Reich floriert vor allem wegen der Stärke und Weisheit Sigurds. Eines Tages betritt Brynhild die Halle, in der schon Grimhild, Sigurds Frau, im Hochsitz sitzt, und verlangt von ihr, diesen zu verlassen, weil er ihr allein gebühre (ein Hochsitz bot zwei bis drei Personen Platz; der Streit geht also allein von Brynhild aus). Grimhild antwortet, das sei der Sitz ihrer Mutter. Brynhild erinnert nun Grimhild daran, dass Sigurd hinter einer Hirschkuh hergelaufen sei (eine Anspielung auf Sigurds Jugend im Wald), und daher seine Frau hinter Gunnars Frau zurücktreten müsse. Daraufhin wird sie von Grimhild bloßgestellt, die ihr vor den Anwesenden das Geheimnis von Brynhilds Entjungferung verrät. Diese öffentliche Bloßstellung und die Tatsache, dass Sigurd Grimhild davon erzählt hat führen dazu, dass Brynhild im Mordrat, an dem außer ihr Gunnar, Högni und Gernoz teilnehmen, Sigurds Tod verlangt. Ihr Argument ist nicht so sehr ihre Beleidigung, als dass Sigurd immer mächtiger würde und eine Gefahr für die Niflungen darstelle. Högni ersticht Sigurd von hinten, der auf einer von den Mördern zu diesem Zweck inszenierten Jagd aus einem Bach trinkt. Ein Kennzeichen wie im Nibelungenlied (Kreuzchen auf dem Hemd) ist in der Ths nicht nötig, da Sigurd den ganzen Bereich zwischen den Schulterblättern nicht mit Drachenblut bestreichen hatte können. Die Leiche tragen sie heim und werfen sie Grimhild ins Bett. Sie behaupten, ein Eber hätte ihn auf der Jagd getötet. "Dieser Eber bist du gewesen", sagt Grimhild Högni auf den Kopf zu.
  • Kap. 23 "Hertnidis Kampf mit Isung" (7): Tod von Fasold und Thetleif - Waltari war schon vor Gronsport gefallen - Thidrek vereinsamt immer mehr.
  • Kap. 24 "Grimhilds Rache" (42): In diesem längsten Kapitel der ganzen Saga kommt es zu wesentlich geringeren Abweichungen vom Nibelungenlied als in früheren Abschnitten. Stellenweise merkt man deutlich die Benutzung einer gemeinsamen Vorlage, z.B. dass Oda (Nibelungenlied: Ute) ihren Söhnen vor der Abreise an den Hof Attilas einen warnenden Traum von toten Vögeln erzählt. Beide Werke sind jedoch von ihrer Vorlage stark abgewichen: die Ths nach überwiegender Meinung der Forscher, indem sie, wie auch in anderen Sagen, das Geschehen nordwärts verlegte (siehe oben zu 'Ravennaschlacht'); das Nibelungenlied, indem es, Kriemhild moralisch aufwertend, sie von Hildebrand erschlagen lässt, der nicht als so vorbildlich gelten kann wie Dietrich. Die Ths, in der Thidrek Grimhild auf Befehl Attilas erschlägt, hat hier sicher das Ursprüngliche. An einigen Stellen benutzt die Ths (bzw. ihre Quelle) aber anscheinend nicht nur dieselbe Vorlage wie das Nibelungenlied, sondern kennt auch dieses selbst und benutzt es als 'Nebenquelle'. Einige Formulierungen der Ths ähneln nämlich mehr der jüngeren Bearbeitung "C" des Nibelungenliedes als dessen ursprünglicher Fassung.
  • Kap. 25 "Thidreks Heimkehr" (38): Berichtet wird der Abschied von Attila, die Klage über Rodingeirs Tod, das Treffen mit und der Sieg über Jarl Elsung "von Babilonia". Thidrek erfährt, dass Ermanrik erkrankt ist.
  • Kap. 26 "Thidreks und Hildibrands Empfang in Bern" (9): Hildebrand trifft seinen Sohn Alibrand. Nachdem der Vater den Sohn besiegt hat, geben sie sich zu erkennen, Alibrand übergibt Thidrek Bern. Ermanrik stirbt, Sifka will Herrscher werden. Thidrek zieht zur Schlacht gegen Sifka.
  • Kap. 27 "Thidreks Sieg" (4): Thidrek siegt in der Schlacht gegen Sifka, Thidrek besteigt den Thron zu Romaburg. Hildebrand und die Königin Herrad sterben.
  • Kap. 28 "Thidreks Drachenkampf" (7): König Hernit findet im Kampf gegen einen Drachen den Tod. Seine Frau, wieder eine Isolde, wartet vergebens. Thidrek kann den Drachen besiegen, reitet in Hertnis Rüstung nach dessen Burg und heiratet Isolde.
  • Kap. 29 "Attilas Tod" (6): Aldrian, Sohn Hagens, wächst an Attilas Hof auf. Seine Mutter gibt ihm gewisse Information und Schlüssel. Aldrian rächt Hagen, indem er Attilas Goldgier ausnutzt. Nach Attilas Tod wird Thidrek auch König von Hunenland.
  • Kap. 30 "Heimes und Thidreks Ende" (10): Bericht über dieser beiden letzten Helden Tod. In der altschwedischen Überlieferung endet er allerdings damit, dass Didrik Wideke Welandssohn besiegt, doch an den Wunden stirbt.

Nibelungen und Thidrekssaga

Mehrere, durch andere Erzählungen unterbrochene Episoden der Ths behandeln die Nibelungensage, wobei die Nibelungen hier durchweg Niflungen genannt werden. Einige Episoden erzählen die Geschichte ähnlich wie das deutsche Nibelungenlied, andere Passagen weichen sehr stark von ihm ab. Noch größer sind die Unterschiede der Ths zu den anderen nordischen Fassungen (Liederedda, Snorra Edda, Völsungasaga). So ist Brynhild, die im Nibelungenlied als amazonenhafte Königin aus dem fernen Island dargestellt wird, in der Ths anfangs Herrin über einen Ort Namens Seegard in Schwaben (womit nicht zwingend das heutige Schwaben gemeint sein muss - zu karolingischer Zeit existierte auch ein Svava-Gau in Ostsachsen). Dort hat sie ein berühmtes Gestüt, von dem die Streithengste der berühmtesten Helden kommen; auch das Ross Sigurds (das er von ihr erhält). Zudem wird sie von Sigurd (= Siegfried) entjungfert - im Nibelungenlied hilft Siegfried lediglich König Gunther, die widerspenstige Brünhild in der zweiten Brautnacht zu bezwingen, damit Gunther den Beischlaf mit ihr vollziehen kann. Ganz anders verläuft dies in der übrigen altnordischen Überlieferung: dort wirbt Sigurd in Gunnars (= Gunthers) Gestalt um Brynhild, weil dieser die Hindernisse (Flammenwall) auf dem Weg zu ihr nicht überwinden kann, legt aber in der darauffolgenden Nacht, die er als Hochzeitsnacht mit ihr verbringen muss, sein Schwert zwischen beide, um sie für den Freund jungfräulich zu bewahren.

In der Ths fordert Brynhild Sigurds Tötung, weil Sigurd Grimhild das Geheimnis der Brautnacht verraten hatte. Dass sie mit Gunnar einen geringeren Helden als Sigurd heiraten musste, ist der Grund für ihre Verweigerung in der Hochzeitsnacht.

Unterschiede zur oberdeutschen Überlieferung

Im Unterschied zur mittelhochdeutschen Dietrichepik wird die Figur Dietrichs in der Thidrekssaga weniger positiv gezeichnet. Sein Zögern, mit Ecke zu kämpfen, scheint eher auf Angst denn - wie im oberdeutschen Eckenlied auf moralisch begründete Bedachtsamkeit gegründet. Siegfried besiegt er zwar - wie im Rosengarten zu Worms, doch nur mit einer List, die es ihm ermöglicht, Wittichs Mimung einzusetzen, einer List, die ihn unfair erscheinen lässt und Siegfried als einen Betrogenen. Demgegenüber ist die Figur des Wittich viel positiver gezeichnet. Es spricht auch nicht für Thidrek, dass er Heime, der sich zeitweise einer Räuberbande anschließt, immer wieder unterstützt, ihn wieder an den Hof aufnimmt, nachdem er als Räuberhauptmann von Dietleib besiegt wurde. Wenn es im Gegensatz zum Nibelungenlied nicht Hildebrand, sondern Dietrich selber ist, der Kriemhild erschlägt, erscheint das zwar durch das stark negative Bild der Kriemhild durchaus gut motiviert zu sein. Umgekehrt wirkt es nicht zivilisiert oder höfisch, sondern rückt ihn weiter in die graue Vorzeit, wo das Töten einer vielleicht schuldigen, doch wehrlosen Frau gegen keine sittliche Ordnung verstieß.

Die Saga schließt damit, dass Heime zum Mönch wird, aber noch einen Riesen tötet. Davon erfährt Dietrich, holt den einzig noch lebenden der alten Gesellen zu sich und rächt ihn, indem er einen anderen Riesen tötet, welcher Heime erschlagen hat. Bald danach wird Dietrich von einem schwarzen Ross, "abgeholt". Durch diese vermutlich auf die Abneigung christlicher Historiographie gegen die alte Heldenzeit motivierten Motive von Mönchswerdung und Teufelsross verliert Dietrichs Figur ihren Vorbildcharakter.

Wenngleich die Sage wesentlich weiter südlich beginnt - der Ahnherr Dietrichs, Samson, herrscht in Salerni (altschwedische Fassung: Salerna in Appolii), das oft mit Salerno und Apulien oder Salurn gleichgesetzt wird und gewinnt Bern erst später für sich - ist der geographische Schwerpunkt mit Susat (Soest) und den Wilzenkämpfen mehr in den Norden verlagert. Dadurch kommt es zu geographischen Unklarheiten, z.B. in der Episode um den Jarl Iron, dessen Hauptstand Brandinaburg (Brandenburg?) heißt, der aber im benachbarten Waslang-Wald der "westlich an Frankenland gelegen" war jagen kann. Jarl Irons Hauptstadt müsste demnach mehr im Westen liegen. Die altschwedische Fassung nennt in diesem Zusammenhang allerdings nur Brandenburg.

Der wesentliche Unterschied liegt in der Form. Eine an der Biographie Dietrich von Berns ausgerichtete Prosaerzählung gibt es weder in der oberdeutschen noch in der niederdeutschen Überlieferung. Sie ist am ehesten mit der ebenfalls altnorwegischen Karlamagnús Saga (13. Jahrhundert), dem französischen Prosa-Lancelot (etwa zeitgleich mit Thidrekssaga, 1. Drittel 12. Jahrhundert) und Sir Thomas Malorys Arthusroman Le Morte Darthur (1469-1470 entstanden, 1485 publiziert) zu vergleichen. Die rheinische Karlskompilation Karlmeinet (um 1320) ist ebenfalls später und von geringerer Qualität als die Thidrekssaga und zudem in Versform.

Struktur der Sage und Rückschluss auf ihre Entstehungsgeschichte

Die Thidrekssaga ähnelt der zeitgleich geschriebenen Karlamagnus saga und der Legandarischen Óláfssaga (um 1200), beide auch altnorwegisch. Entsprechende Belege für eine Erzähltradition im Niederdeutschen fehlen. Das spricht dafür, dass die Thidrekssaga nicht eine Übersetzung eines niederdeutschen Textes ist, sondern am norwegischen Königshof in der Hansestadt Bergen aus niederdeutschen kleineren Formen (Liedern) selbständig entsprechend der entstandenen norwegischen Lebenszyklus-Saga-Tradition komponiert wurde. Zwar werden im niederdeutschen Sprachraum des 13. Jahrhunderts bedeutende Prosawerke wie der Sachsenspiegel und die Sächsische Weltchronik geschaffen, doch gehören diese anderen Literaturgattungen an. Sie zeigen, dass die Prosa im niederdeutschen Sprachraum im Gegensatz zum mittelhochdeutschen Sprachraum als literaturwürdig gilt.

Gegen die These einer selbständigen Entstehung in Norwegen spricht, dass in der Thidrekssaga stellenweise die Spuren direkter Übernahmen aus schriftlichen deutschen Quellen erkennbar sind, etwa wenn die Saga an mehreren Stellen 'Siegfried' statt 'Sigurd' schreibt. Der von Abschnitt zu Abschnitt uneinheitliche Sprachstil und zahlreiche Widersprüche innerhalb des Werkes zeigen, dass ursprünglich voneinander unabhängige Übersetzungen verschiedener, großteils schriftlicher deutscher Texte nachträglich aneinandergefügt wurden, ohne dass der Redaktor sich bemühte, sie zu vereinheitlichen. Manchmal wurde sogar zweimal hintereinander dieselbe Geschichte in widersprüchlicher Form aufgenommen. Gerade das macht die Thidrekssaga so wertvoll für die Sagenforschung, weil sie widersprüchliche Fassungen mehrerer Sagen dokumentiert. Bekannteste Beispiele für widersprüchliche Doppelungen in der Thidrekssaga: der Tod des Wilzenkönigs Osantrix und die 'Abstammung der Niflungen' (= Nibelungen). Die altschwedische Fassung der Thidrekssaga enthält allerdings keine derartig widersprüchlichen Dopplungen.

Klassifizierung der Thidrekssaga

Die Thidrekssaga geht nach allgemeiner Ansicht auf niederdeutsche Quellen, vermutlich altniederdeutsche Lieder zurück, die durch die hansischen Handelsbeziehungen zwischen den norwegischem Bergen und Deutschland im Mittelalter nach Skandinavien gelangten. Schriftliche, im niederdeutschen Raum vermutete Quellen der Thidrekssaga sind nicht erhalten. Daher gewinnt die Thidrekssaga auch einen Quellenwert für die mündliche Sagenüberlieferung auf deutschem Boden im 12./13. Jahrhundert, etwa in Form des Heldenzeitliedes. Für die germanistische Forschung handelt es sich um ein eigenwilliges Zeugnis, das deutlich von der oberdeutschen mittelhochdeutschen Dietrichepik und dem Nibelungenlied abweicht. Auch die skandinavische Forschung versuchte, sie entweder als Riddarasaga (Rittersage) oder als Fornaldarsaga (Vorzeitsage) zu klassifizieren, obwohl sie keiner der beiden klassischen Genredefinitionen entspricht.

Seit langem ist in der Forschung auch strittig, ob es sich um eine Übersetzung oder um eine Kompilation handelt. Die Übersetzungsthese wird vor allem von deutschen, die Kompilationsthese vor allem von skandinavischen Forschern vertreten. Die Vertreter der Übersetzungshypothese gehen vom Vorhandensein einer bis jetzt nicht gefundenen niederdeutschen Gesamtvorlage aus, die in Norwegen nur übersetzt wurde. Ein bekannter Vertreter dieser Übersetzungsthese ist Heinz Ritter-Schaumburg. Die Anhänger der Kompilationsthese halten über Hanseaten nach Norwegen gelangte mündlich tradierte niederdeutsche Lieder für die Grundlage, die erst in Norwegen selbst zum Gesamtwerk der Thidrekssaga geformt wurden. Dazwischen gibt es wenig vermittelnde Positionen, die einen Teil der Entstehung auf noch nicht gefundene schriftliche niederdeutsche Vorstufen zurückführt, die Endkompilation jedoch in Norwegen vermutet.

Die Erforschung der Struktur der Thidrekssaga zeigt, dass die Thidrekssaga im Gegensatz zu älteren Annahmen keine Kompilation im Sinne von einem kunstlosen ‚Sammelsurium‘ darstellt, sondern einen Strukturplan aufweist, der anderen Groß-Kompilationen aus der gleichen Zeit in Norwegen ähnelt, z.B. der Karlamagnús Saga. Der Anteil der sogenannten hansischen Literaturbeziehungen, konkret der hansischen deutschen Kaufleute in Bergen, wird heute weniger hoch eingeschätzt, da ein Kontor der Hanse erst 100 Jahre nach der vermutlichen Entstehung der Thidrekssaga um 1350 gegründet wurde. Auch die in Bergen gefundenen sich auf die Hanse beziehenden Texte beziehen sich eher auf den Rechtsbereich oder das alltäglichen Leben, weniger auf Literatur. Die Darstellung der Thidrekssaga spricht möglicherweise für eine Entstehung direkt am Königshof von Håkon IV. (Norwegen). Durch eine Rezeption der entsprechenden kontinentalen höfischen Literatur um Thidrek/Dietrich/Theoderich, Karl oder den sagenhaften Artus könnte er beabsichtigt haben, eine Art Reichsidee und damit auch eine Konsolidierung seiner Herrschaft zu fördern.

Thidrekssaga als historische Quelle

siehe auch den Hauptartikel Thidrekssaga als historische Quelle.

Einer breiteren deutschen Öffentlichkeit ist die Thidrekssaga seit einigen Jahrzehnten ein Begriff geworden, weil die Publizisten Heinz Ritter-Schaumburg und Reinhard Schmoeckel sie zu Hauptzeugen für eine sagenhistorische Neuinterpretation des Nibelungenstoffs erhoben. In einigen medienwirksamen Veröffentlichungen vertraten sie die These, dass die Thidrekssaga nicht als später Ausläufer der ursprünglich südgermanischen Dietrichsepik, sondern als Bericht von historischen Ereignissen im norddeutschen Raum des 5./6. Jahrhunderts n. Chr. zu gelten habe. Eine wichtige Grundlage für diese Neuinterpretation war eine andere Auslegung der Ortsnamen sowie die Annahme, dass nicht die altnorwegische Thidrek-Sage in der Membrane-Fassung, sondern der kürzere schwedische Sv-Text näher an den nicht erhaltenen Urtexten dieser Sage sei. Dies ließe sich vor allem daran erkennen, dass die Ortsnamen in Sv in der niederdeutschen Fassung erhalten seien, in der altnorwegischen Fassung dagegen übersetzt wurden. Daher habe die Thidrekssaga als historische Quelle für die germanische Frühgeschichte des Rhein-Weser-Raums einen hohen Wert.

Heinrich Beck (1993) stimmt zwar zu, dass das Ortsgerüst der Thidreksaga auf den naiven Leser leicht den Eindruck erweckt, es handle sich hier um einen geschichtlichen Bericht und zwar - eben aufgrund der Ortsnamen - um eine aus dem niederdeutschen Raum. Doch die Thidreksaga sei eben kein historischer Bericht, sondern ein literarischer Text. Und bei der Sagentradition, der oft mündlichen Weitervermittlung geht es dem Übermittler weniger um historische Genauigkeit als vielmehr darum, das zu Übermittelnde an die aktuellen Gegebenheiten von Raum und Zeit anzupassen.

Beispielhaft kann die Problematik der Ortsnamen an der Schlacht von Gränsport (Gronsport) dargestellt werden. Bei der Schlacht von Gronsport an der Mosel (in der Dietrichepik die Rabenschlacht) fallen Attilas Söhne und Thidreks Bruder durch Vidgas Schwert Mimung. Raben ist der alte deutsche Name für Ravenna, wo Theoderich begraben liegt und die deutsche Sage diese 'Ravennaschlacht' ansiedelt). Nach der Membrane verfolgt Thidrek Vidga "bis dorthin, wo die Mosel ins Meer mündet" und schießt ihm seinen Speer nach, bevor Vidga im Meer versinkt. Der Speer bleibt stecken, "und jeder, der dorthin kommt, kann ihn heute noch sehen". Wo? Dort, wo die Mosel ins Meer mündet? Mündet die Mosel nicht in den Rhein? Dieser Satz ist eines der Hauptargumente derer, die die Arbeitsweise eines großen Teiles der Ths (oder ihrer niederdeutschen Vorlagen) so sehen, dass sie südliche Sagenstoffe nach Mittel- und Niederdeutschland oder auch Dänemark mechanisch transferiert, ohne die textliche Umgebung zu verändern. Die altschwedische Fassung der Thidrekssaga, die durchweg sachlicher und logischer berichtet und von Heinz Ritter-Schaumburg als die ursprünglichste Version der Sage angesehen wird, kennt diese Widersprüche nicht. Vidga jagt hier lediglich "am Fluß der Moselstrom heißt" entlang, "sprengte in die Flut und sank gleich unter Wasser". Ritter vermutet Gränsport an der Moselmündung.

Literatur

  • August Wilhelm Krahmer: „Die Urheimath der Russen in Europa und die wirkliche Localität und Bedeutung der Vorfälle in der Thidreksaga“; Moskwa 1862 (PDF-Datei)