Jabotinsky, Wladimir

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Wladimir Zeev Jabotinsky (* 18. Oktober 1880 in Odessa; † 8. August 1940 in VSA) war ein führender, radikaler Zionist sowie Schriftsteller, Redner und Gründer der Jüdischen Legion im Ersten Weltkrieg.

Werdegang

Erste Aktivitäten für den Zionismus

Jabotinsky wurde als Sohn einer bürgerlichen Familie geboren. Er wurde im traditionellen jüdischen Sinn erzogen und lernte als Kind Tanach und Hebräisch, entfernte sich aber bald vom orthodoxen Judentum. Seine Universitätsjahre verbrachte er als Jurastudent in Rom, wo er den Geist des europäischen Liberalismus aufnahm und eine Art Bohemien wurde. Hier wurde er aber auch stark vom Nationalismus Garibaldis beeinflusst, der zur Vereinigung Italiens geführt hatte. In Italien sei er Zionist geworden, sagte Jabotinsky später, nachdem er nach Odessa zurückgekehrt war. Nach seinen Studien wurde er Journalist und schrieb unter dem Pseudonym Altalena für verschiedene Zeitungen zunächst auf russisch, dann auf jiddisch und schließlich auf hebräisch.

1903, zur Zeit des Pogroms von Kischinew, nahm Jabotinsky am sechsten Zionistenkongreß teil und identifizierte sich bei dieser Gelegenheit völlig mit der Persönlichkeit Theodor Herzls und seinem Programm des Zionismus. Jabotinsky entwickelte sich zu einem der beredtesten Sprecher der russischen Juden und zu einem der außerordentlichsten Redner der Moderne, der seine Ansprachen in russischer, hebräischer, deutscher, jiddischer, englischer und französischer Sprache halten konnte.

1908 schickte ihn die Zionistische Exekutive in die Türkei, wo er versuchte, die Unterstützung der ottomanischen Behörden zu gewinnen. 1909 besuchte er erstmals Palästina.

Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde er als Korrespondent einer Moskauer Zeitung nach Westeuropa geschickt. Bei seinem Zusammentreffen mit Joseph Trumpeldor in Alexandria schlug er die Gründung einer Jüdischen Legion vor, die unter Führung der Briten das Land Israel von der türkischen Herrschaft befreien sollte. Nach der Formierung des „Ersten Jüdischen Regiments“ (mit einer Menora als Feldzeichen) überschritt Jabotinsky als Kommandant der ersten Kompanie den Jordan und erhielt für diese Tat eine Auszeichnung, die er kurz darauf wieder zurückgab.

Jabotinsky hoffte, die Legion auch nach dem Beginn des britischen Mandats erhalten zu können. Es kam zu Meinungsverschiedenheiten mit den Briten. Nachdem Jabotinsky während der arabischen Unruhen 1920 geholfen hatte, die Juden der Jerusalemer Altstadt zu verteidigen, wurde er verhaftet und zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Schließlich wurde er von Hochkommissar Herbert Samuel begnadigt und nach nur drei Monaten aus dem Gefängnis von Akko entlassen.

Chaim Weizmann empfahl Jabotinsky für eine Position in der Exekutive der WZO („World Zionist Organization“). In dieser Funktion teilte er die Verantwortung für die Annahme von Churchills Weißbuch von 1922.

1923 verließ Jabotinsky die Exekutive, enttäuscht über die britische Politik gegenüber dem Zionismus und über die Versöhnungsbereitschaft der zionistischen Führung. Im selben Jahr gründete er die Jugendbewegung Betar und die Weltunion der Zionistischen Revisionisten (die im Jahre 1925 begründete Abspaltung vom offiziellen, durch Chaim Weizmann repräsentierten Zionismus), die am Zionistischen Kongress 1927 neun Mandate erhielt. Die großisraelisch orientierten Revisionisten beriefen sich auf die „ursprünglichen“ Ziele der Juden und lehnten jegliche Kompromisse mit den Arabern in der Frage der jüdischen Besiedlung Palästinas und der Gründung eines Judenstaates ab.

Jabotinsky als radikaler Zionist

Zur Teilnahme am 16. Zionistenkongress verließ Jabotinsky 1929 Palästina. Aufgrund von arabischem Druck verboten ihm die britischen Behörden, dorthin zurückzukehren. Nach dem Weißbuch von 1930 attackierte Jabotinsky die Briten bitter. Er war der Meinung, die Briten würden den zionistischen Standpunkt besser respektieren, wenn die WZO der Mandatsregierung gegenüber ihr Ziel, die Etablierung eines jüdischen Staates in Palästina, mit jüdischer Mehrheit und beschützt durch eine jüdische Armee schärfer vertreten würde.

„Junge Juden, lernt schießen“, verlangte er schon in den zwanziger Jahren. Nur mit militärischen Taten, davon war der vorausschauende Revolver-Zionist Wladimir Jabotinski überzeugt, könne der jüdische Traum von einem eigenen Land, dem Erez Israel, verwirklicht werden.

Jabotinski rief zunächst die militärische Untergrundorganisation "Haganah" mit ins Leben, 1931 die radikale „Irgun“ - deren Kämpfer verbreiteten jedoch bald durch Terroranschläge gegen Araber und die britische Mandatsmacht Angst und Schrecken.

Jabotinski war die Vorgehensweise der sozialistischen Zionisten unter Chaim Weizmann und David Ben-Gurion viel zu verhalten; er gründete deshalb 1925 die „revisionistische“ Bewegung, die einen radikalen Nationalismus propagierte und gegen jede Teilung Palästinas war. Wegen seiner rassistischen Auffassung als „Wladimir Hitler“ auch unter Zionisten verfemt, propagierte Jabotinski eine „eiserne Mauer“ aus Bajonetten gegen die Araber und forderte ein Groß-Israel mit Gebieten sogar östlich des Jordans.

Jabotinsky hielt die Zeit für die Revisionisten gekommen, unabhängig politisch tätig zu sein. Die Mehrheit der Revisionisten lehnte aber einen solchen Schritt ab, da er den Bruch mit der WZO bedeuten würde. Als Kompromiss sollte eine Resolution dem 17. Zionistischen Kongress 1931 in Basel vorgelegt werden. Bei Nichtannahme der Resolution würden sich die Revisionisten von der WZO trennen. Als der Kongress die Resolution ablehnte, zerriss Jabotinsky seine Mitgliedskarte, ging hinaus und rief: „Das ist kein Zionistischer Kongress!

Jabotinskys Beziehung zu Ben Gurion blieb jedoch aufrecht. 1934 schlossen die beiden ein Abkommen ab, das die Histadrut ablehnte, und 1935 blieben die Revisionisten dem Zionistischen Kongress fern. Jabotinsky gründete in Wien die „Neue Zionistische Organisation“. Das Programm wiederholte Jabotinskys Ziel eines jüdischen Staates beiderseits des Jordan, großangelegte jüdische Einwanderung mit dem Ziel, die Diaspora aufzulösen und eine jüdische Armee. Die Kultur des Landes solle auf den jüdischen Werten basieren, die Staatssprache sei Hebräisch.

Er versuchte, die Unterstützung europäischer Regierungen für die Einwanderung von 1,500.000 osteuropäischen Juden zu erreichen. Jabotinsky sah den Holocaust, bevor er stattgefunden hatte: „Es gibt keine Zukunft in der Diaspora. Alle Juden werden dort vernichtet werden. Die sogenannten neuen Kräfte, die sich weltweit erheben, werden das jüdische Volk nicht retten. Die einzige sichere Zuflucht ist Eretz Israel, und wenn wir unser Volk retten wollen, müssen sie jetzt auswandern! Wenn wir die Diaspora nicht liquidieren, wird sie uns liquidieren!

Während der arabischen Aufstände 1936 bis 1939 wurde Jabotinsky 1937 Oberkommandant der radikalen Terrororganisation Irgun, die Attentate auf Palästinenser und Briten ausführte. In seinem Buch „Die jüdische Front“ (1940) beschrieb er seine Vorstellungen über die jüdische Haltung während des Krieges und danach. Im Laufe der Dreißigerjahre wurde Menachem Begin zu seinem wichtigsten Schüler und Anhänger, der anfangs 1944 die Führung von Irgun übernahm und später als israelischer Ministerpräsident amtierte.

Im Februar 1940 ging Jabotinsky in die VSA, um für eine jüdische Armee Unterstützung zu suchen. Im August starb er in der Nähe von New York an einem Herzinfarkt, in einem Sommerlager von Betar. Seine Beerdigung in Israel wurde von Ben Gurion mit der Begründung abgelehnt: „Israel braucht nicht tote, sondern lebende Juden, und ich sehe keinen Segen in der Vermehrung von Gräbern in Israel“ (in einem Brief vom 7. Mai 1958 an Joseph Lamm vom Bezirksgericht Tel-Aviv).

1964 gestattete Levi Eschkol die Überführung der sterblichen Überreste von Jabotinsky und seiner Gattin und die Bestattung auf dem Herzlberg in Jerusalem.

Wie skrupellos Jabotinsky selbst seinen Anhängern gegenüber agierte, zeigte der Fall des jüdischen Terroristen Josef Ben Schlomo, der wegen Beschießung eines arabischen Autobusses aus dem Hinterhalt zum Tode verurteilt worden war, jedoch hätte begnadigt werden können, wenn die Judenorganisation öffentlich von allen Terrorakten gegen die arabische Bevölkerung abgerückt wäre. Alle anderen waren bereit, nur Jabotinsky nicht: er wollte die Hinrichtung – weil er einen Märtyrer brauchte.[1]

Zitate

  • „Meine Nähe zum Zionismus und zu Eretz Israel basierte auf pragmatischen Überlegungen. Es ist das einzige Land, das eine Lösung für die jüdische Heimatlosigkeit bietet. In Eretz Israel stand unsere Wiege, dort wurden wir eine Nation. Dort bildeten wir unseren Glauben an Einen Gott, dort wurden die Ideen unserer Propheten entwickelt, dort wurde das Lied der Lieder zum ersten Mal gesungen. Eretz Israel stattete uns mit allem Jüdischen aus. Volk und Land Israel sind eins. Und auch nachdem wir aus den Grenzen unseres Landes vertrieben worden waren, war unser ganzen Leben der Bewahrung dessen gewidmet, das in Eretz Israel geschaffen wurde.“ (Aus der Autobiographie)
  • „Unsere jüdischen Interessen erfordern die endgültige Vernichtung Deutschlands, das deutsche Volk samt und sonders ist eine Gefahr für uns, deshalb ist es unmöglich, zuzulassen, daß Deutschland unter der gegenwärtigen Regierung mächtig wird.“[2]
  • „Wenn die Nazis jenseits der Grenzen oder ihre Söldner in Großbritannien und Frankreich schreien oder flüstern, daß dies ein ‚jüdischer Krieg‘ sei, haben sie vollkommen recht: die Mikrobe des Krieges wäre gestorben, hätte man ihr nicht erlaubt, auf der jüdischen Tragödie zu gedeihen.“[3]
  • „Es ist Deutschlands Bestreben, wieder eine Großmacht zu werden, wieder seine verlorenen Gebiete und Kolonien zurückzugewinnen. Unsere jüdischen Interessen verlangen aber, daß Deutschland endgültig vernichtet werde. Die Gefahr für uns liegt im ganzen deutschen Volke, in Deutschland als ganzem. Deutschland wurde, bis auf die Zeit wo es unter jüdischem Einfluß stand, stets von Elementen regiert, die für das Judentum gefährlich waren. Deshalb darf man nicht zulassen, daß Deutschland unter seiner jetzigen Regierung mächtig werde.“ (Ende 1933 in der in Rumänien erschienenen Judenzeitung „Nascha Retsch“)

Literatur

  • Alexandra Pontzen / Axel Stähler (Hgg.): Das gelobte Land. Erez Israel von der Antike bis zur Gegenwart. Quellen und Darstellungen. [=Rowohlts Enzyklopädie] Reinbek bei Hamburg (Rowohlt) 2003, ISBN 3-499-55656-1

Siehe auch

Fußnoten

  1. Wittenberger Tageblatt, 19. August 1940, S. 5
  2. Wladimir Jabotinsky, Januar 1934 in der jüdischen Zeitung "Natscha Retsch" vgl. Walendy: Historische Tatsachen, Heft 15, S. 40
  3. 96-book.png Internet Archive: PDF EPUB DjVu BlätternVladimir Jabotinsky: The War and the Jew, The Dial Press, New York 1942, S. 52:

    „When the Nazis across the frontiers, or their hirelings in Britain and France, yell or whisper that this is a "Jewish War," they are perfectly right: the microbe of war would have died had it not been allowed to batten on the Jewish tragedy.“