Abs, Hermann

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Hermann Josef Abs

Hermann Josef Abs (Lebensrune.png 15. Oktober 1901 in Bonn; Todesrune.png 5. Februar 1994 in Bad Soden am Taunus) war ein bekannter deutscher Bank- und Finanzfachmann. Er war von 1957 bis 1967 Vorstandssprecher der Deutschen Bank AG und Teilnehmer der Bilderbergerkonferenzen 1958, 1961 und 1966.[1]

Werdegang

Hermann Josef Abs war der Sohn eines Wirtschaftsjuristen und einer Fabrikantentochter. Nach dem Abitur, das Abs am Humanistischen Städtischen Gymnasium seiner Heimatstadt Bonn ablegte, wollte er eigentlich Mathematik und Musik studieren, wandte sich dann aber angesichts der unsicheren Wirtschaftslage zunächst den Rechtswissenschaften und der Volkswirtschaftslehre zu. Schon nach einem Semester entschied er sich aus familiären Gründen für das Bankfach und absolvierte in Köln eine Banklehre. In langjähriger Auslandstätigkeit in London, Amsterdam, Paris und in den Vereinigten Staaten schuf er die Voraussetzungen für seine spätere erfolgreiche Laufbahn.

Wirken

1935 wurde er bereits Teilhaber des Bankhauses Delbrück, Schickler & Co. in Berlin, in das er 1929 eingetreten war.[2] Ab 1937 saß er im Aufsichtsrat des Konzerns IG Farben. Die Berufsbezeichnung Bankier behielt Abs auch bei, als er 1938 Mitglied des Vorstands und Direktor der Auslandsabteilung der Deutschen Bank in Berlin wurde. In dieser Stellung ging ihm bei Verhandlungen über ausländische Stillhaltekredite der Ruf als bester deutscher Kenner des Problems voraus.[3]

Auf dem Höhepunkt seines Einflusses in der Zeit des Dritten Reiches, 1942, bekleidete er vierzig Aufsichtsratsmandate, u. a. von deutschgeführten, international wirkenden Konzernen. Da die Zahl der Aufsichtsratsmandate gesetzlich auf 20 begrenzt war, erhielt er eine Sondergenehmigung von Reichswirtschaftsminister Funk. Abs gehörte zur Kriegszeit auch dem Beirat der Deutschen Reichsbank, dem Währungsausschuß, dem Rußland-Ausschuß der Deutschen Wirtschaft und dem Siebener-Ausschuß der Deutschen Golddiskobank an. Bei Kriegsende schied er zunächst aus der Deutschen Bank aus, behielt aber eine Reihe wichtiger Aufsichtsmandate.

Nach 1945 wurde er in einer jugoslawischen Prozeßfarce in Abwesenheit als angeblicher Kriegsverbrecher zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Die Ostberliner Propaganda behauptete, der inzwischen zum Finanzberater des Bonner Kanzlers Adenauer aufgestiegene Abs sei an NS-„Arisierungen“ beteiligt gewesen.[4] Gegen diesen Vorwurf setzte sich der Bankier vor Gericht in der Bundesrepublik mit Erfolg durch. Große Verdienste erwarb sich Abs um die 1948 gegründete Kreditanstalt für Wiederaufbau in Frankfurt/M., deren stellv. Aufsichtsratsvorsitzender er im Mai 1951 wurde. Als Ehrenvorsitzender des Verwaltungsrates blieb er diesem Institut, über das insgesamt 20 Mrd. DM Gegenwert-Gelder aus der VS-Marshallplan-Hilfe für Investitionskredite an die deutsche Industrie verteilt wurden, bis zuletzt verbunden.[5]

Eine glänzende finanzdiplomatische Leistung vollbrachte Abs, als er im Sommer 1952 die deutsche Delegation bei der Konferenz zur Regelung der Auslandsschulden in London leitete.[6] Abs erreichte damals (eine Reduzierung der westalliierten Forderungen an die Deutschen von 25 auf 14 Milliarden Mark) in einer aussichtslos erscheinenden Position ein Abkommen (Londoner Schuldenabkommen vom 27. Februar 1953), das es der deutschen Wirtschaft möglich machte, im Ausland wieder Glaubwürdigkeit und Vertrauen zu gewinnen und mit dem die internationalen Grundlagen für die Souveränität der Bundesrepublik und für das Alleinvertretungsrecht der Bundesrepublik gelegt wurden.

Als sich die Nachfolgeinstitute der früheren Deutschen Bank (u. a. Süddeutsche Bank) 1957 wieder zur Deutschen Bank zusammenschlossen, wurde Abs wie selbstverständlich Vorstandssprecher.[7] 1967 wechselte er in den Aufsichtsrat der Bank, dessen Vorsitz er noch bis zu seiner Ablösung durch F. H. Ulrich (1976) innehatte.[8] Die Deutsche Bank, der Abs als Ehrenvorsitzender weiterhin eng verbunden blieb, verdankte Abs viel, allerdings ist er auch für die „teilweise absolutistisch anmutende Machtstellung des deutschen Universalbankensystems“ (FAZ) verantwortlich gemacht worden. Als Sprecher und Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bank sowie als Vorsitzender bzw. Mitglied in zahlreichen Aufsichtsräten führender deutscher Industriekonzerne übte Abs einen finanz- und wirtschaftspolitischen Einfluß aus, der weit über die deutsche Industrie hinausreichte und schließlich auch die Politiker skeptisch stimmte. Zeitweise kontrollierte er als Aufsichtsratsvorsitzender bis zu 30 Aktiengesellschaften. Die 1965 vollzogene Neuregelung im Aktienrecht, die die Zahl von Abs inländischen Aufsichtsmandaten auf 14 schrumpfen ließ, wurde unverhohlen „Lex Abs“ genannt. Abs, bekannt für ironisch-sarkastische Bonmots, meinte damals: „Von allen Maßnahmen, die je zum Schutze meiner Gesundheit getroffen wurden, war dies bestimmt die einschneidendste.“[5]

Mitte der 1950er Jahre verhandelte Abs, den David Rockefeller einmal „den führenden Bankier der Welt“ nannte, auch um die Freigabe des 1941 konfiszierten deutschen Vermögens in Amerika und weilte deshalb als Leiter deutscher Delegationen mehrfach in den Vereinigten Staaten. Verschiedene Versuche Konrad Adenauers, dem mit ihm eng befreundeten Ratgeber Abs wichtige Ministerämter in Bonn anzubieten — etwa das Außenministerium und das Finanzministerium —, lehnte Abs stets ab, weil Minister aus den Parteien kommen sollten, wie er meinte.[5]

Im November 1963 und im Frühjahr 1967 half Abs der Firma Krupp in Essen aus Liquiditätsklemmen. Alfried Krupp von Bohlen und Halbach berief Abs kurz vor seinem Tod 1967 in den damaligen Krupp-Verwaltungsrat. Nach der Umwandlung des Krupp-Konzerns in eine Kapitalgesellschaft Anfang 1968 wurde Abs Aufsichtsratsvorsitzender des Unternehmens, legte dieses Amt aber bereits im Juni 1970 wieder nieder.[5]

Einigen Staub wirbelte Abs Rechtsstreit mit dem Ostberliner Schriftsteller Eberhard Czichon (SED) auf.[9] Im November 1970 bestätigte die 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart die von Abs und der Deutschen Bank erwirkte Einstweilige Verfügung gegen die Weiterverbreitung des Czichon-Buches „Der Bankier und die Macht - Hermann Josef Abs in der deutschen Politik“. Der Widerspruch Czichons wurde zurückgewiesen. In einer Verlautbarung der Deutschen Bank hieß es zusätzlich: Es entspreche der bisherigen Taktik der Gegenseite (vertreten durch den Ostberliner Staranwalt Kaul), daß sie jetzt weiter versuche, „mit unbegründeten Strafanträgen gegen Abs“ über ihren verlorenen Prozeß hinwegzutäuschen. Eine Delegation von Gewerkschaftlern der BR Deutschland wurde im Februar 1971 bei Abs vorstellig, weil Czichon in seinem Buch behauptet hatte, Abs habe seinerzeit an der Arisierung von jüdischem Besitz mitgewirkt. Abs unterbreitete den Gewerkschaftsvertretern umfangreiches Entlastungsmaterial. Im Juni 1972 wurden Czichon und sein Kölner Verleger Pahl-Rugenstein von der 17. Zivilkammer des Stuttgarter Landgerichts verurteilt, an die Deutsche Bank und Abs Schadenersatz in Höhe von insgesamt 20.000 DM zu zahlen. Das Gericht kam zu der Auffassung, daß keiner der im Prozeß behandelten Vorwürfe gegen Abs und die Deutsche Bank zutreffe.

Abs hatte zahlreiche hohe Posten in der bundesdeutschen Wirtschaft (u.a. bei Krupp und Daimler-Benz) inne. Zuletzt machte er Schlagzeilen durch seine Beteiligung an der Ersteigerung des Evangeliars Heinrichs des Löwen.

Die Deutsche Bank hatte am 31. Juli 1998 mit der Vorlage des Berichts einer von ihr beauftragten Historiker-Kommission erstmals eingeräumt, daß ihrer Führungsspitze, namentlich dem damals für die Auslandsgeschäfte zuständigen Hermann Josef Abs, vermutlich bekannt war, daß von ihr zur Zeit des Nationalsozialismus gehandeltes Gold aus jüdischen Besitz stammen sollte. Die Bank betont, sie bekenne sich zu ihrer „moralisch-ethischen Verantwortung“. Sie stehe deshalb auch mit dem World Jewish Congress in Verbindung. Im Zusammenhang mit dem sog. „Raubgold“ war gegen die Deutsche Bank und die Dresdner Bank eine Milliardenklage des jüdischen Anwalts Edward Fagan in den Vereinigten Staaten von Amerika anhängig.

Familie

Hermann Abs war mit Inez, geb. Schnitzler, verheiratet. Er hinterließ einen Sohn Thomas Vincent, der Abs Gut Bentgerhof bei Remagen bewirtschaftet, und eine Tochter Marion Claude sowie sieben Enkel und sieben Urenkel. Er starb am 5. Februar 1994 im Alter von 92 Jahren in Bad Soden.

Auszeichnungen

Ordenskapitel der Ritter des Ordens zum Heiligen Grabe (1950), Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern (1953; Schulterband 1966), Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik (1988), Ehrendoktorate der Universitäten Göttingen, Mannheim, Sofia und Tokio, ferner Jabach-Medaille (1967), Bernhard-Harms-Preis (1968), Johann-Friedrich-Schär-Plakette, Hessischer Verdienstorden (1990), Staatspreis Nordrhein-Westfalen (1992) u. a. 1981 wurde er Ehrenbürger der Stadt Frankfurt/M. Mehrfache Bemühungen, ihm auch die Ehrenbürgerschaft seiner Heimatstadt Bonn zuzuerkennen, scheiterten jeweils am Widerspruch der Bonner SPD-Rathausfraktion, die ihre Zustimmung zuletzt im Februar 1989 mit der Begründung verweigerte, die Deutsche Bank (und damit auch Abs) habe während des Dritten Reiches „gemeinsame Sache mit den Nazis gemacht“.

Mitgliedschaften / Ämter

Hermann Josef Abs war Mitglied etlicher Aufsichtsräte großer deutscher Unternehmen (→ Deutschland AG): u. a. Mitglied des Kulturkreises im Bundesverband der Deutschen Industrie, Gouverneur der Europäischen Kulturstiftung in Amsterdam und Förderer der Max-Planck-Gesellschaft, ferner Vorsitzender des Freien Deutschen Hochstifts und Vorsitzender des Vorstandes für das Beethoven-Haus in Bonn. Sein letztes aktives Wirtschaftsmandat, den Aufsichtsratsvorsitz der Dahlbusch Verwaltungs-AG, Gelsenkirchen, gab Abs nach über 50 Jahren (!) im Oktober 1988 auf. Als Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrates war Abs bis zuletzt zahlreichen großen Unternehmen verbunden.

Der erste Vorsitzende des KfW-Verwaltungsrates war Otto Schniewind, sein Stellvertreter war Hermann Josef Abs.

Zitat

  • „A wie Abs, B wie Abs und S wie Abs.“[10]

Fußnoten

  1. Bilderberger: Alle Namen der deutschen Teilnehmer von 1954 an, dieunbestechlichen.com
  2. 1935 wurde Abs Teilhaber eines Berliner Bankhauses, danach Mitglied des Vorstandes und Direktor der Auslandsabteilung der Deutschen Bank in Berlin.
  3. Internationales Biographisches Archiv 18/1994
  4. Ostberliner Vorwürfe, Abs habe an »Arisierungsmaßnahmen« mitgewirkt, wurden vor Gericht entkräftet.
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 Munzinger-Archiv GmbH, 1994
  6. Abs war Leiter der deutschen Gesandtschaft bei der Konferenz zur Regelung der Auslandsschulden in London, verhandelte über die Freigabe der in den USA 1941 beschlagnahmten deutschen Vermögen.
  7. Seit 1957 Vorstandssprecher der neugegründeten Deutschen Bank, wurde Abs später deren Aufsichtsratsvorsitzender.
  8. 1957 bis 1967 war Hermann Abs Chef der Deutschen Bank.
  9. Eberhard Czichon untersuchte den OMGUS-Bericht der amerikanischen Militärregierung über die Macht der Banken aus dem Jahre 1946 und setzte sich kritisch mit der Rolle von Hermann Josef Abs ab 1938 in der Deutschen Bank auseinander.
  10. Der große alte Mann, Managermagazin, 14. Oktober 2001