Adorf, Mario
Mario Adorf ( 8. September 1930 in Zürich) ist ein deutsch-italienischer Schauspieler.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Herkunft
Mario Adorf, katholisch, wurde am 8. September 1930 als unehelicher Sohn der Röntgenassistentin Alice Adorf, die aus dem Elsaß stammte, in Zürich geboren. Sein Vater, Matteo Menniti, ein römischer Chirurg, war mit einer anderen Frau verheiratet. Mario Adorf, der seinen Vater als Jugendlicher nur einmal traf, aber später Kontakt zu seinen Stiefschwestern hatte, wuchs in Mayen/Eifel bei seiner Mutter auf. Da seine Mutter als Näherin ihr Geld verdienen mußte, war Adorf als Kind vom vierten bis zum neunten Lebensjahr in einem katholischen Waisenhaus.[1]
Zweiter Weltkrieg
Adorf war Mitglied des Jungvolks und der Hitlerjugend. Im Juli 1944 besuchte er einen Lehrgang einer NS-Führerschule in Hermeskeil und meldete sich am 20. Juli 1944 freiwillig zum Dienst an der Waffe.
- „Ich war in den für uns letzten Kriegstagen beim Volkssturm, im März 1945. Wir wurden mit Panzerfäusten, Gewehren und Handgranaten ausgestattet und sollten die Stadt gegen die Amerikaner verteidigen, die am Morgen des 9.März mit einigen Panzern vor der Stadt aufgetaucht waren. Ich hätte keine Sekunde gezögert, diesen Befehl auszuführen.“[2]
Ausbildung
Mario Adorf besuchte die Oberrealschule in Mayen und machte dort Abitur. Ab 1950 studierte er an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Philosophie und Theaterwissenschaften, ab 1953 an der Universität Zürich. Erste Bühnenerfahrungen sammelte er an Studententheatern sowie als Statist und Regieassistent am Theater in Zürich. Von 1953 bis 1955 absolvierte er ein Schauspielstudium an der Münchner Otto-Falckenberg-Schule.[3]
Wirken
Von 1955 bis 1962 gehörte Mario Adorf dem Ensemble der Kammerspiele München an und erfuhr dort einen prägenden Einfluß durch Schauspieler Friedrich Domin und Regisseur Fritz Kortner. Mario Adorf spielte in München zahlreiche Rollen des Charakterfachs, so den Jimmy in „Der Regenmacher“ (1956), die Nr. 7 in „Die zwölf Geschworenen“ (1958), den Ledadu in „General Quixotte“ (1960), Xerxes in „Die Perser“ (1961) und Stanley Kowalski in „Endstation Sehnsucht“ (1962).
International bekannt und berühmt wurde Mario Adorf vor allem als Filmschauspieler. Bereits während des Studiums wirkte er 1954/55 in drei populären Filmen mit. Seinen ersten großen Leinwanderfolg hatte er 1957 als naiv-brutaler Massenmörder Bruno Lüdke in Robert Siodmaks zeitkritischem „Nachts, wenn der Teufel kam“. Diese Rolle, für die er einen Bundesfilmpreis bekam, legte ihn lange Zeit auf die Gestalt des Schurken und Ganoven fest. In „Winnetou I“ spielte er den bösen Widerpart des edlen Indianerhäuptlings und den Mörder von Winnetous Schwester Ntscho-tschi. Seit Mitte der 1960er Jahre spielte Mario Adorf, der vier Sprachen perfekt beherrscht, vor allem im italienischen Film. Unter anderem verkörperte er die Rolle des Duce und wirkte in der Serie „Allein gegen die Mafia“ mit.[3]
Ende der 1970er Jahre fand er Anschluß an den sogenannten „Neuen deutschen Film“ und spielte in Volker Schlöndorffs „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ und „Die Blechtrommel“ sowie in Rainer Werner Fassbinders „Lola“. Auch im Fernsehen war Mario Adorf als Darsteller gefragt.
Adorf äußerte sich skeptisch gegenüber dem Kapitalismus: „Ich glaube nicht an ewiges Wachstum. Irgendwann wird der Kapitalismus am Ende sein.“ Ein Traum für ihn wäre, „einmal so richtig Karl Marx spielen zu können“.[4]
Familie
Nach kurzer, 1964 geschiedener Ehe mit der Schauspielerin Lis Verhoeven wurde 1968 Monique Faye Adorfs Lebensgefährtin (seit 1985 verheiratet). Aus der Ehe mit Lis Verhoeven stammt Adorfs Tochter Stella-Maria (geb. 1963), die Schauspielerin von Beruf ist. Mario Adorf spricht seine Filmrollen in vier Sprachen (Deutsch, Italienisch, Französisch und Englisch). Er treibt viel Sport, liebt abstrakte Malerei und Musik (Jazz, Bach) und beschäftigt sich in seiner Freizeit mit Modellierarbeiten. Nachdem Adorf jahrelang zwischen seinen Wohnsitzen in Rom und St. Tropez gependelt war, gab er 2004 seine römische Wohnung auf und zog nach München.
Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg
- Amerikaner erschießen Zivilisten mit weißer Fahne
- „Rosenbaum, der Besitzer des Sägewerks an der Kelbergerstraße, wollte verhindern, daß die Amerikaner die Panzersperre, die sich gleich neben seinem Wohnhaus befand, zerschießen und dabei sein Haus zerstören könnten. Also hatte er eine weiße Fahne in die Hand genommen und war den Amerikanern entgegengegangen. Er war auf den ersten Panzer aufgestiegen, als ein einziger Schuß fiel, der ihn tödlich traf.“[5]
- Amerikaner plündern Wohnungen – keine Befreiung
- „Stunden später rasselten lange Kolonnen amerikanischer Panzer in unsere Stadt. Ich stand am Straßenrand unter den Leuten, die still auf die einrückenden Sieger starrten. Kein Applaus, kein Winken. Ich fühlte mich durchaus nicht befreit, sondern empfand den bitteren Geschmack der Niederlage. In den durchlöcherten Taschen meiner Lederhose hielt ich trotzig den Griff meines Finnendolches. Am nächsten Tag musste die gesamte Bevölkerung für 24 Stunden ohne Gepäck die Stadt verlassen, um den Siegern Gelegenheit zum offiziellen Plündern zu lassen. … Als wir am nächsten Morgen zurück durften, fehlte in der Wohnung das wenige, das noch einen Wert hatte: ein Fotoapparat, ein Wecker und ein paar Nippessachen aus dem aufgebrochenen Buffet.“'[5]
- Adorf befürchtet Vergewaltigung seiner Mutter
- „Ich schlich in den Hausflur und wollte in Öhm Pitts Küche schauen, wo meine Mutter krank im Bett lag. Da sah ich die Schulter, den Rücken, den Helm – ein amerikanischer Soldat. Es wurde damals viel über Vergewaltigung gesprochen, aber mehr von Russen und Marrokanern ... Ich würde verhindern, dass meiner Mutter ein Leid geschähe ... Der Ami saß über meine Mutter gebeugt. Unter der zerrissenen linken Hosentasche griff ich nach meinem Finnendolch. Zentimeter für Zentimeter schlich ich mich von hinten heran, hob den Dolch in die Luft, bereit, ihn in den breiten Rücken des Amerikaners zu stoßen. Da hörte ich meine Mutter sprechen. Sie sprach italienisch mit dem Mann.“'[5]
Filmographie
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Werke
- 1992: Der Mäusetöter. Unrühmliche Geschichten
- 1994: Der Dieb von Trastevere. Geschichten aus Italien
- 1996: Der Fenstersturz und andere merkwürdige Geschichten
- 2000: Der römische Schneeball. Wahre und erfundene Geschichten
- 2004: Himmel und Erde. Unordentliche Erinnerungen
- 2005: Mit einer Nadel bloß
Auszeichnungen
- 1958: Bundesfilmpreis: Filmband in Gold (Bester Nachwuchsdarsteller) für „Nachts, wenn der Teufel kam“
- 1958: Preis der Deutschen Filmkritik (Bester Darsteller) für „Nachts, wenn der Teufel kam“
- 1974: Ernst-Lubitsch-Preis
- 1978: Bambi (Beliebtester Schauspieler des Jahres) für „Der Hauptdarsteller“
- 1979: Großer Hersfeld-Preis
- 1982: Bundesfilmpreis: Filmband in Silber für „Lola“
- 1986: Deutscher Darstellerpreis (Bester Darsteller) für Via Mala
- 1992: Goldene Kamera für künstlerische Gesamtleistung
- 1992: Bundesfilmpreis: Filmband in Gold für „Pizza Colonia“
- 1993: Bundesverdienstkreuz
- 1993: Telestar für „Der große Bellheim“
- 1994: Goldene Kamera für „Der große Bellheim“
- 1994: Adolf-Grimme-Preis in Gold für „Der große Bellheim“
- 1995: Romy Platin-Romy
- 1996: Goldenes Schlitzohr
- 1996: Bayerischer Fernsehpreis zusammen mit Günter Strack und Heinz Hoenig für Der Schattenmann
- 1996: Carl-Zuckmayer-Medaille
- 1997: Karl-Valentin-Orden
- 1997: DIVA-Award
- 2000: Bayerischer Filmpreis: Ehrenpreis für sein Lebenswerk
- 2001: Großes Bundesverdienstkreuz
- 2001: Ehrenbürgerschaft der Stadt Mayen/(Eifel) (9. September)
- 2003: Bayerischer Verdienstorden
- 2003: Siegfried-Lowitz-Preis
- 2003: Goldener Ochse – Ehrenpreis des Filmkunstfestes Mecklenburg-Vorpommern
- 2004: Deutscher Filmpreis: Filmpreis in Gold als Ehrenpreis für herausragende Verdienste um den deutschen Film
- 2005: Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz
- 2005: Filmfest München: CineMerit Award
- 2006: Platz 2 in der ZDF-Reihe „Unsere Besten“ in der Sendung „Lieblingsschauspieler“
- 2006: Bambi (Kategorie Kultur)
- 2009: Orden wider den tierischen Ernst
- 2009: FILMZ Rückblende – Auszeichnung des Mainzer Filmfestivals FILMZ
- 2010: Ehrendoktorwürde Johannes-Gutenberg-Universität Mainz
Fußnoten
- Halbdeutscher mit deutscher Mutter
- Halbdeutscher mit italienischem Vater
- HJ-Mitglied
- Schauspieler
- Theaterschauspieler
- Autor
- Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes
- Träger des Bayerischen Verdienstordens
- Träger des Verdienstordens des Landes Rheinland-Pfalz
- Ritter des Ordens wider den tierischen Ernst
- Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste
- Grimme-Preisträger
- Träger des Deutschen Filmpreises
- Romy-Preisträger
- Ehrendoktor der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
- Geboren 1930